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Ausgabe:

1936 Nr. 1

Spalte:

24

Autor/Hrsg.:

Bornkamm, Heinrich

Titel/Untertitel:

Das Wort Gottes bei Luther 1936

Rezensent:

Schmidt, Friedrich Wilhelm

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1936 Nr. 1.

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von Finnen und Letten, denen ich nicht in ihrer Mutter- Man ist zwar nicht mit Unrecht mißtrauisch gegen die Verspräche
predigen konnte. Überall war der gleiche evange- suche, dieser ganzheitlichen Prägung auch im systematische
Glaube ein so starkes Bindemittel, daß das Tren- tischen Denken zum Ausdruck zu verhelfen und nach
nende zurücktrat oder gänzlich verschwand. Klare Be- modernen metaphysischen Ursetzungen auszuschauen, die
weise für diesen Eindruck sind die wiederholten Bitten dem Christentum gegenüber geöffnet sind, aber das soll-
aus den lettischen und finnischen Gemeinden an mich, te nicht hindern, kühn das Letzte zu wagen. Kawerau
meine Gottesdienste in den Dörfern zu wiederholein, und I unternimmt ein solches Wagnis. Ob es gelungen ist,
die Dankbarkeit für das, was ich in einer fremden Spra- möge jeder selbst entscheiden. Interessant ist der Ver-
che ihnen bieten konnte." Wir fügen weiter an die Hin- ; such auf alle Fälle.

weise auf die sprachschöpferische Arbeit der deutschen Leipzig. Fr. Schulze.

Pastoren in Estland (S. 43): „Bis zum Ende des 19. -_—___—_.

Jhdts. gab es fast nur deutschstämmige Pastoren. Diese Born k a mm, Heinrich: Das Wort Gottes bei Luther. München:
hatten die Bibel, Katechismus, Gesangbuch, biblische , Chr. Kaiser 1933. (55 S.) 8°. = Schriftenreihe d. Luthergesellschaft
Schulbücher aus dem Deutschen ins Estnische übersetzt. | Nr. 7. KM 1.90.
Die kirchliche Presse wurde nur von deutschen Pasta- I Die Veröffentlichung Bornkamms ist erwachsen aus
ren redigiert. Die Predigtbücher, die sich großer Ver- ; seinem auf dem Bneslauer Theologentag gehaltenen Verbreitung
erfreuten, waren fast ausschließlich von Deut- trag. Sie entwick :1t Luthers Wort-Gottes-verständnis aus
sehen verfaßt. Ja, man kann mit einem gewissen Recht der für dasselbe wesentlichen Synthese von Wort und
sagen, daß die estnische Kirchensprache vielfach nach Geist. „In seiner Einheit ist es gesichert gegen die spiri-
deutschem Muster gebildet war, weil tonangebend an tualistische Mißdeutung eines losgelösten inneren Wortes
ihrer Entstehung fast nur Deutsche gearbeitet hatten." j wie gegen die traditionalistische Mißdeutung einer ge-
Und wir schließen diese Mitteilungen mit der Beantwor- setzlichen Mitteilung des äußeren" (44)! Mit Recht wird
tung der Frage (S. 47): „Auch bei einem Gegensatz betont, daß für Luther Wort Gottes „m ic h" betreffende,
zwischen dem Volkstum der Gemeinde und dem des an die Inkarnation des Christus, der Bibel, der Kirche
Pfarrers kann persönliche Achtung, liebe Gewohnheit und ihres Wortzeugnisses gebundene „Anrede" ist,
und beiderseitige Beugung in tiefer Frömmigkeit vor dem die als solche Handeln Gottes, also schlechthin
Sünderheiland noch ein segensreiches Arbeiten an der schöpferisch ist — primär Evangelium. Von daher
Gemeinde gewährleisten. Es liegt aber immer die Gefahr ist auch Luthers Überwindung der Exemplum-Idee und
vor, daß das Trennende sich als stärker erweisen kann ihrer Anwendung auf Christus verständlich. Am Schluß
als das Verbindende. Sobald das Vertrauen der Gemein- der schönen Schrift wird die Auflösung der grandiosen
de infolge des verschiedenen Volkstums erschüttert ist, systematischen Konzeption der lutherischen Wortlehre im
muß der Pastor die Konsequenz ziehen und sein Amt Epigonentum skizziert. — Zur Ergänzung der vorliegenin
dieser Gemeinde niederlegen. Es wäre unverantwort- den Schrift darf ich vielleicht erinnern an mein Heft über
lieh vor der Gemeinde und vor Gott, wenn ein Geist- den Primat des Wortes in der evgl. Kirche (Bertelsmann
lieber auf seinem Posten verbleiben würde, auch nach- 1931) und meinen Artikel Wort Gottes in RGG2 Bd. V.
dem das einstige Vertrauensverhältnis Mißtrauen, Ableh- ■ Münster i. w. Fr W Schmidt
nung oder gar Haß gewichen ist." _L__'____

Berlin. Otto Lerche. Soeben erschien:

Kawerau, Walter: Dogmen-Analyse als Weg zu einem; Ejlie gfieChlSChe UeberSetZUITIg

artgemällen einigen Christentum. Gotha: L. Klotz 1934. (99 S.) gr. 8°. •*••»■ ■ ■

rm2 6o des italienischen Apokalypsen-

Ein merkwürdiges Buch! Der Verfasser steht der . _ , . ,

Oxforder Gruppenbewegung nahe. Er fordert, daß jeder KOmmentSTS VOn redeNg'O OB.

das Experiment selbst macht, ob er mit Gott und der .

Befolgung der geistigen Gesetze glücklicher wird als VeneZia O. r •

ohne sie. Dies und nichts anderes entscheide. Auf die- ,

sem pragmatischen Wege sucht der Verfasser die Theo- Von Dr. Georg Stadtmüller, Breslau,
logie den übrigen Wissenschaften gleichzuschalten. Er

unternimmt es, die Richtigkeit seiner Methode der Gleich- 59 Seiten- 8°- Pr«s RM 4.80.

Schaltung durch Dogmenanalyse innerhalb einer Erörte- Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristl. Literatur,

rung des katholischen und evangelischen Autoritatsglau- Bd. 48, 2.

bens zu erhärten. Man stutzt zunächst, wenn man etwa
liest: „Chemische Verbindungen sind die Gewissensvorstellungen
auch noch in weiterer Hinsicht . . ." (S. 25).
Den Schlüssel für die Verschmelzung beider Bereiche
bringt folgender Satz: „Aus diesem Verständnis der
Chemie, daß in ihr die Betätigung des Willens in bestimmter
Form in Erscheinung tritt, entnehme ich die
volle Berechtigung, den Begriff ,Chemie' auch auf jenes
Gebiet anzuwenden,, das wir Dogmatik nennen." (S. 18).
Die metaphysische Grundlage solcher üeisteshaltung ist
Schopenhauers Voluntarismus. Das merkwürdige Gewand
, in das der Verfasser seine Untersuchungen klei- nT—Is^hT
det, hindert nicht, daß er sich in recht feiner Weise an
die letzten religiösen Motivationen heranfühlt. Auch in
der Gleichschaltung steckt ein Körnlein Wahrheit. Denn
Religion verbindet sich immer mit einer Metaphysik,
und das Christentum besitzt Verwandtschaft nicht nur
zu antiken Versuchen der Systembildungen. Schließlich
ist ja doch die in der Religion erfaßte und in der Meta- !
physik kühn setzende Seele des Menschen eine Ganzheit, j

Ein anonym überlieferter griechischer Apokalypsen-
koramentar, der in der bisherigen exegesegeschichtlichen
Literatur viel Verwirrung angerichtet hat, indem
man ihn zu Unrecht bald dem Andreas von Kreta,
bald dem Arethas von Kaisareia zugeschrieben hat,
läßt sich als Übersetzung des italienischen Apokalypsenkommentars
von Federigo da Venezia O. P. (14. jh.)
erweisen. Dadurch wird diese Ubersetzung, die wahrscheinlich
in dem damals venezianischen Kreta entstanden
ist, zu einem neuen, wertvollen Beweis für
die Einwirkung der abendländischen Theologie auf
den griechischen Osten in spätbyzantinischer Zeit

VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN
BUCHHANDLUNG IN LEIPZIG C1

Mit einer Prospektbeilage des Verlars der Dürrschen Buchhandlung, Leipzig Cl.
Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 18. Januar 1936.

I. v. W. g. — Verantwortlich: Prot. D.W.Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14.
Verlag der J. C. Hin ri ch s'schen Buchhandlung in Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.