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Ausgabe:

1936

Spalte:

407-408

Kategorie:

Kirchengeschichte: 20. Jahrhundert, Zeitgeschichte

Autor/Hrsg.:

Petras, Otto

Titel/Untertitel:

Post Christum 1936

Rezensent:

Piper, Otto A.

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Seite 1

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407 Theologische Literaturzeitung 193ü Nr. 22. 408

den Unterschied ausmacht; denn innerhalb der Krankheitssphäre
, innerhalb des Hospitals bleiben wir —
alle der wahren Heilung durch den Heiland bedürftig.

Eine lebendige, nicht intellektualistisehe Theologie
wird diesen Problemen nachgehen gerade nicht mit einem
„fertigen Dogma für den Urgrund allen Geschehens"
und das „bisher scheinbar unüberbrückbare Mißverhältnis
zwischen Theologie und ärztlicher Synthese" (S. 5)
wird nicht bestehen müssen, indem Theologie ehrfürchtigen
und offenen Sinnes hinhorcht auf das kündlich

froße Geheimnis von Gottes Offenbarung in Heiliger
chrift und zugleich das „Erleben am Krankenbett in
seiner ganzen Grausamkeit" (S. 5) im Zusammenhang
mit der Wirklichkeit allen Geschehens in Gesundheit
und Krankheit, Leben und Sterben gegenwärtig hat.
Theologie wird sich auch immer wieder zu jenem „ehrerbietigen
Schweigen und Nachdenken" geführt sehen,
von dem der Verfasser angesichts der in seiner Schrift
berührten gewaltigen Probleme spricht.
Zürich. Walter Out.

zige eigengewachsene Mythus ist. Das meiste von dem,
was sich heute als Mythus bietet, ist wie Petras richtig
erkennt, nur säkularisierter und daher substanzloser
christlicher Mythus. Zwar ist auch dieser neue Mythus
ein Gebilde des Resentiments; nicht des kämpfenden,
sondern des entlassenen Soldaten, nicht des Technikers,
sondern des Geistigen, der den Techniker um seine
Naivität beneidet. Aber eben deshalb verspricht diese
Art Mythus allen Resentimentgeladenen von heute ein
willkommener Trost zu werden,
z. Z. Swansea, S. Wales. Otto A. Piper.

Fab er, Prof. D. Hermann: Aus der Tübinger Stiftskirche. Predigten
. Stuttgart: W. Kohlhammer. (III, 141 S.) 8°. geb. RM 3 —.
Unter diesen 16 Predigten ist eine Abschiedspredigt
für die aus dem Stift scheidenden Kandidaten, die anderen
sind Gemeindepredigten. Gehalten sind sie 1925—1935.
Ausdrücklich datiert ist nur eine: vom Tag der Volksabstimmung
12. 11. 1933. Auf die besonderen Fragen
der Zeit geht F. öfter ein: Enge völkisch begrenzter
Religion S. 23f.; religiöse Einigung S. 25f.; Volksge-
Petras, Otto: Post Christum. Streifzüge durch die geistige Wirk- meinschaft S. 30ff.; „Versagen der Kirche" S, 43 f.;
lichkeit. Berlin: Widerstands-Verlag 1935. (91 S.) gr. 8°. RM 2—. j Artgemäßheit des Christusglaubens S. 58ff. Aber er
Der Verf. beginnt mit einigen gesehichtsphilosophi- nimmt seine Themata nicht aus den Zeitereignissen;
sehen Bemerkungen, die einen begierig machen, ein- er verkündigt das Evangelium, wie es die Gemeinde
gehender über seine Schau des geschichtlichen Ge- 1 braucht, ohne jede einseitige Zuspitzung und Abzwek-
sehehens belehrt zu werden. Er ringt ehrlich um ein ku'ng- Sucht man die Eigenart seiner Predigtweise zu
Verständnis des Verhältnisses von Freiheit und Not- erfassen, so findet man sie am besten in dieser Art:
wendigkeit in der Geschichte und sucht eine Art Exi- wie die Gemeinde das Evangelium braucht,
stentialphilosophie des geschichtlich Handelnden zu Und das ist das Erfreuliche, Anziehende: hier wird nicht
geben. Der Hauptteil der Schrift enttäuscht jedoch künstlich ein Objektivismus aufgerichtet, der schheß-
diese Erwartungen. Er stammt aus einer ganz anderen bch die Gemeinde nicht packt; vielmehr zeigt sich ein
Skht und Haltung heraus. Der Verf. sucht im Grunde ; sehr feines, tiefdringendes Verständnis für die Anliegen,
nichts weiter zu tun, als mit angeblich der Geschichte , Sorgen, Note, die Sehnsucht und das Verlangen, die
entnommenen Gründen sein Verlassen von Pfarramt 1 Jrrungen und Verfehlungen des menschlichen Herzens,
und Christentum zu rechtfertigen. So erhalten wir eine i Diesen Wegen des Menschenherzens geht F. nach, liebe-
„Geschichte" des Christentums vorgesetzt, die im we- I voller, warmer, als mancher andere. Daß er damit
sentlichen auf Bruno Bauer, Nietzsche und Drews auf- | „psychologisch" wird, braucht ihn trotz mancher Theo

gebaut ist, mit etwas Einschlag von J. Burckhardt
her.

Die zweite Hälfte des Hauptteiles analysiert Christentum
und Kirche der Gegenwart und findet, daß sie
rettungslos säkularisiert seien. Da das Christentum aber
wesentlich von dem Glauben an eine Gegenwelt lebe,
sei diese Säkularisierung ein Beweis, daß es vom Geiste
der Geschichte nunmehr verworfen sei. Zu dieser Behauptung
will allerdings schlecht stimmen, daß P. ein
säkularisiertes Christentum selbst noch in den christen-
tumsfeindlichen und heidnischen Strömungen der Gegenwart
zu sehen glaubt. Denn das spricht eher für
die Geschichtsmächtigkeit des Christentums, der sich
selbst seine Gegner nicht entziehen können. Der Verf.
hofft freilich, daß auf diese Säkularisierung nun ein
völlig neuer, unreligiöser Typ Mensch folgen werde,
der sein Leben ganz auf sich selbst gestellt lebe, und
der im Großkriegssoldaten und im technischen Menschen
sich bereits ankündige. Im einzelnen wird man
in dieser Kritik des modernen Christentums und der heutigen
Kirche viel bittere Wahrheiten finden. Die Schrift
ist von einem Menschen geschrieben, der am heutigen
Christentum leidet, weil er eine sehr hohe Auffassung
vom Christentum hat. Aber diese Wahrheiten können
nicht über das Ungenügen seines Geschichtsbildes und
seiner Geschichtsdeutung hinwegtäuschen. Wie alle existenzphilosophischen
Metaphysiken setzt sie unbewußt
die Wünsche und Sehnsüchte ihres Verfassers als einen
bereits erreichten allgemeinen-menschlichen Zustand ein.
Wahrscheinlich ist das, was sich heute im Anschluß
an Nietzsche und Stefan George im Widerstandskreise
und in ähnlichen Bewegungen als neuer Mythus vom ,

Menschen und der Geschichte bildet, die einzige echte ] * * VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN
Gefahr für das heutige Christentum, weil es der ein- | BUCHHANDLUNG IN LEIPZIG C1

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 7. November 1936.

rien nicht anzufechten; er gibt ja in die Menschenseele
hinein das Evangelium.
Breslau-Sibyllenort. M. S c h i a n.

Soeben erscheint:

Gibt es Offenbarung
in der Religionsgeschichte?

Von Missionsinspektor Dr. theol.

Gerhard Rosenkranz, Heidelberg

44 Seiten. 8°. Preis kart. RM. 2.40.

Die Frage nach der Offenbarung außerhalb des Christentums
steht heute im Vordergrund der theologischen Erörterungen
. Der Verfasser richtet sie in eingehender
religionsgeschichtlicher Untersuchung an die mannigfachen
Erscheinungsformen der Religion : Dynamismus, Animismus,
Polytheismus, Henotheismus, Monarchotheismus, Pantheismus
, Atheismus, Monotheismus. Er bejaht eine
außerchristliche Offenbarung auf Grund seiner Untersuchung
. Diese Bejahung zwingt zu neuer Beantwortung
der Frage nach dem Verhältnis von außerchristlicher
Offenbarung. Dazu gibt die vorliegende Schrift über die
Einseitigkeiten bisheriger Antworten der religionsgeschichtlichen
, der supernaturalen und der dialektischen Theologie
hinaus einen Betrag, der das Problem in der heute höchst
notwendigen theologischen Schau der Religionsgeschichte
sehen lehrt.

s

Verantwortlich: Prof. D.W.Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14.
Verlag der J. C. H i n r l c h s'schen Buchhandlung in Leipzig C 1, Scherlstraße 2. - Druckerei Bauer in Marburg.