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Ausgabe:

1936 Nr. 22

Spalte:

395-396

Titel/Untertitel:

Siphre ad Deuteronomium 1936

Rezensent:

Jeremias, Joachim

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395

Theologische Literaturzeitung 1936 Nr. 22.

396

Person des Messias eingeschränkt. In dieser Beschränkung
wird aber zuverlässige Belehrung über erstes Auftreten
und spätere Verwendung bestimmter exegetischer
Traditionen gegeben. Das im Werk Erarbeitete wird
in sehr brauchbaren Indices am Schluß des Werkes
auf S. 196—212 zusammengefaßt und durch eine Bibliographie
, wie sie bei der Einzelbesprechung schon jeweils
zu dem betreffenden Werke gegeben war, auf
S. 213 ergänzt und durch eine Table des Matieres auf
S. 214—217 abgeschlossen. Den Körper des Werkes
bilden die hebräischen Texte mit der französischen Übersetzung
darunter nebst Fußnoten, welche vor allen Dingen
Parallelstellen angeben. Es ist hier eine sehr nützliche
, von umfassender Kenntnis zeugende Arbeit geleistet
worden, der man nur das eine wünschen möchte,
daß sie sich bis in die Einzelheiten als zuverlässig
erwiese. Leider gilt aber auch von diesem Bande, was
von dem vorangehenden zu sagen war, daß er nämlich
Textfehler enthält. Dafür nur einige Beispiele: S. 73
Z. 3 v. o. lies -b statt ib ; S. 135 Z. 3 v. o. lies 13573b
statt -obieb; S. 134 Z. 4 v. o. lies rrax statt fftst, Z. 7.
nbns statt nbns. S. 94 Z. 5. v. o. fehlt vor p^win das
Wort tOfcn. S. 86 letzte Textzeile lies -N-nm statt im
usw. Auch insofern ist das Gebotene für wissenschaftliche
Zwecke nicht ganz ausreichend, als beim Wiederauftreten
eines Textes in einem anderen Werke ein Verweis
auf das frühere Vorkommen gegeben wird, dabei
aber erhebliche Abweichungen in der Textform ganz
unter den Tisch fallen. Man vergleiche z. B. den auf
S. 94 nur angedeuteten Text aus der Pesiqta Lerab
Kahana nach der Ausgabe von Buber S. BM verso mit

dem S. 73 aus ¥ir Hasirim Rabbah mitgeteilten gleichen
Texte. Hier hätte entweder die andersartige Textform
voll mitgeteilt werden, oder aber bei dem ersten
Auftreten in Gestalt von Varianten zur ersten Textform
deutlich gemacht werden müssen. Die Literaturangaben
sind, soweit sie in das Deutsche übersetzte Werke
betreffen, nicht vollständig. Es fehlt z. B. die Übersetzung
der Mechiltha von Winter und Wünsche.

Aus der Zusammenstellung des Verfassers wird die
theologische Wissenschaft den Nutzen ziehen, daß zu
manchen neutestamentlichen Stellen Parallelen aufgedeckt
werden, die kaum bekannt waren. Das gilt nicht
von der von dem Verfasser betonten Identität des Geistes
Gottes mit dem Messias, die schon Hamburger im
2. Bande seiner Real - Encyclopädie in dem Artikel
„Messias" bemerkt hat, wohl aber beispielsweise von
der Abstammung des Messias aus dem Stamme Juda,
wie sie auch Hebr. 6,14 vorliegt, wie auch von der
Tatsache, daß Ruth unter den Vorfahren des Messias
ist. Bei manchen dieser Parallelen wird man allerdings
das Bedenken nicht los, ob sie wirklich auf alter Tradition
beruhen, z. B. bei dem Gedanken, daß der Messias
imäxmQ ist. Andererseits vermißt man andere interessante
Äußerungen wie diese: „Der Gebenedeite sitzt
und erforscht eine neue Thora, die er im Begriff ist,
durch den Messias zu geben", ein Gedanke, der schon
im Targum Jonathan zu Jes. 12, 3 ausgedrückt und im
Midrasch Rabbah zum Hohen Lied aufgenommen worden
ist. Solches mag vielleicht der in Aussicht stehende
Band über die Targumische Exegese über die messiani-
schen Weissagungen bringen, dessen Erscheinen die
Wissenschaft mit demselben Interesse entgegensieht, das
sie an dem hier vorliegenden Bande zu nehmen verpflichtet
ist, und das sie auch an den weiteren Bänden
nehmen wird, die das gleiche Thema auf dem Gebiete
der Apokryphen und der Kabala behandeln sollen.
Goslar am Harz. Hugo D u e n s i n g.

Finkelstein, Dr. Louis: Siphre zu Deuteronomium unter Benutzung
des Nachlasses von H. S. Horovitz, mit kritisch. Apparat u.
Noten hrsg. Breslau: M. & H. Marcus 1935. Lfg. 1 - 3 (je 64 S.) Lex.-8°.
= Corpus Tannaiticum. Abt. 3, Tl. 3. Subskriptionspreis je RM 6—.

Schon jetzt sei auf das Erscheinen der ersten Lieferungen
der lang erwarteten Ausgabe von Siphre zu

Deuteronomium im Corpus Tannaiticum der Ge-
J Seilschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums
hingewiesen. H. S. Horrovitz hat für das Corpus
Tannaiticum Siphre Numeri (mit Siphre zutta), Mechilta
und Siphre Deut, bearbeitet. Siphre Num. konnte er
1917 noch selbst herausgeben; Mechilta wurde unter
i Benutzung seines Nachlasses 1931 von I.A. Rabin heraus-
I gegeben; die Bearbeitung von Siphre Deut, hat Dr. Louis
i Finkelstein, Professor am Jewish Theological Seminary
i of America in New York, besorgt. Finkelstein konnte
das von Horovitz benutzte handschriftliche Material erheblich
erweitern, insbesondere durch die Heranziehung
j einer neu entdeckten Handschrift der Preußischen Staats-
i bibliothek (Acc.Or. 1928, 328 =n).

Wir besaßen bisher noch keine wissenschaftlichen
Ansprüchen genügende Ausgabe von Siphre Deut.; die
Ausgabe von M. Friedmann, Wien 1864, gibt nur einen
Kommentar mit gelegentlichen Bemerkungen über abweichende
Lesarten, aber keinen textkritischen Apparat.
Die neue Auslage mußte also in textkritischer Hinsicht
Neuland beackern. Sie stellt eine Rezension dar mit
weitgehender Berücksichtigung der erwähnten Handschrift
n , folgt also nicht einem bestimmten Textzeugen
, was man bedauern muß, so gewiß dieses Verfahren
auch seine Vorzüge hat. Der Apparat zerfällt
in zwei Teile: einen umfangreichen textkritischen Apparat
und einen Kommentar in hebräischer Sprache, dessen
besonderer Wert in der umfassenden Darbietung des
rabbinischen Parallelmaterials besteht.

Die neue Ausgabe, die eine gewaltige Arbeitsleistung
darstellt, ist unentbehrlich für alle religionsgeschichtliche
Arbeit am Zeitalter der Tannaiten. Sie soll
in 8—9 Lieferungen zu je 4 Bogen erscheinen, von
denen drei vorliegen.
Göttingen. Joachim Jeremias.

Leipoldt, Prof. D. Dr. Joh.: Jesus und Paulus — Jesus oder

Paulus. Ein Wort an Paulus' Gegner. Leipzig: Dörffling & Franke
1936. (94 S.) gr. 8°. RM 3.80.

Das vorliegende Buch ist aus einer Vorlesung entstanden
, die im Sommer 1935 an der Universität Leipzig
für Mitglieder des Pädagogischen Instituts gehalten
wurde. Der Verfasser sagt im Vorwort: „Es handelt
sich hier um eine viel umstrittene und geradezu
entscheidende Frage der Gegenwart." Er weist (S. 7)
darauf hin, daß Leben und Wirken des Apostels Paulus
seit der Urchristenheit vielfach angefeindet, verkannt
und mißdeutet wird. Das gipfelt in den abfälligen
Bemerkungen Alfred Rosenbergs im „Mythus des
20. Jahrhunderts", der bei Paulus eine „Verbastardierung,
Verorientalisierung und Verjudung des Christentums"
findet. Leipoldt bemerkt dazu: „An dieser Stelle wird
deutlich, daß die Frage nach dem Verhältnisse zwischen
Jesus und Paulus nicht in der Studierstube gestellt
wurde. An ihrer rechten Beantwortung hängt das
Verständnis der ganzen christlichen Geschichte."

Nach der Einleitung handelt die Schrift Leipoldts
von den Quellen, der seelischen Entwicklung, Stadt
und Dorf, den Lebenskreisen, Erneuerung oder Neugründung
, Juden und Griechen, Gott und üotteskindschaft,
Gott und Christus, Gewißheit des Heils.

Wer seit den Tagen, da er Pfleiderers „Der Paulinismus
" wie eine neue Offenbarung in sich aufnahm,
manche Schrift über Paulus gelesen hat, ist vorsichtig
neuen Erklärungen und Behauptungen gegenüber.
Auch bei einzelnen Ausführungen Leipoldts kann man
an die wechselnden Bilder des Kaleidoskop erinnert
werden, dessen Steinchen doch dieselben bleiben. Es
berührt dabei angenehm, daß der Verfasser seine
Ausführung mehrfach durch Bemerkungen wie „Es
scheint . . .", „Ich glaube zu beobachten" einleitet und
bereits im Vorwort sagt: „Ich bin mir bewußt, nicht
das letzte Wort zu sagen. Ich habe geradezu den
Eindruck, oft nur den Anfang einer Beobachtungsreihe
vor mir zu haben."