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Ausgabe:

1936 Nr. 20

Spalte:

359-360

Autor/Hrsg.:

Peterson, Erik

Titel/Untertitel:

Der Monotheismus als politisches Problem 1936

Rezensent:

Piper, Otto A.

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359

Theologische Literaturzeitung 1936 Nr. 20.

360

frischen Augen zu sehen, um für die Frühzeit, in die
uns ein Blick vergönnt wird, und ihre Möglichkeiten aufgeschlossen
zu bleiben. Gehen wir von vornherein von
der Überzeugung aus, etwa daß das vierte Evangelium
in Ephesus entstanden sein müsse oder, daß es für
Justin Hl. Schrift war, dann wird eine lange und schon
ein bißchen abgenutzte Kette lediglich ein neues Glied
empfangen. Bemühen wir uns dagegen, einmal wieder
von vorne anzufangen, dann werden uns vielleicht neue
und weiterführende Erkenntnisse geschenkt werden.
Göttingen. W. Bauer.

Serapion of Thmuls, Against the Manicheesby Robert Pierce Casey.
Cambridge: Harvard University Press. (80 S.) = Harvard Theologi-
cal Studies XV. 8 sh. 6 d.

In einer Zeit, in der die Forschung über das Mani-
chäertum auf einer ganz neuen Grundlage fast stürmisch
fortschreitet, ist es erwünscht, alles, was zur Aufklärung
dienen kann, in möglichst brauchbarer Form zu besitzen.
So begrüßen wir die Arbeit Caseys, die uns im Anschluß
an seine frühere Abhandlung über The Text of the
Anti-Mankhaean Writings of Titus of Bostra and Serapion
of Thmuis (Harvard Theological Review XXI
1928, 97—111) eine neue, und wohl endgiltige Ausgabe
von Serapions antimanichäischer Schrift beschert.
Endgiltig auch insofern, als das Ergebnis der Bemühungen
des Serapion um seinen Gegenstand für diesen
längst nicht so aufschlußreich ist, wie die gegen den
Manichäismus gerichteten Werke des Titus von Bostra
oder gar des Augustin, die eine viel reichere Kenntnis
offenbaren.

C. teilt den Text auf Grund von fünf Handschriften
mit, von denen er die eine, und zwar besonders wichtige
, Kod. V. vom Berge Athos, in die gelehrte Welt einführt
. Sie bestätigt erneut die Richtigkeit der grundlegenden
Ergebnisse der Forschung von A. Brinkmann
(Die Streitschrift des Serapion von Thmuis gegen die
Manichäer: Sitzungsbericht der Berliner Akademie 1894,
479 ff.). Außer über die Fragen des Textes handelt die
Einleitung über den Autor, wobei die Seiten 6—16 eine
nützliche Übersicht über die Besonderheiten seiner Sprache
und Ausdrucksweise geben.

Der 3. Abschnitt prütt Serapions Werk unter dem
dreifachen Gesichtspunkt: 1. Was wußte S. von seinem
Gegner? 2. Wie bekämpft er ihn? 3. Was verrät er
etwa an eigenem geistigem Leben? In letzterer Hinsicht
wird der Einfluß deutlich, den der Kreis um den
hl. Antonius übt, ebenso der vonseiten der Alexandrini-
schen Katecheten schule. Doch ist Serapions Art, die
Schrift zu lesen und zu deuten, um vieles einfacher als
die des Origenes.

S. 29—78 bieten den Text samt Apparat, S. 79 f.
läßt einen Index der Schriftstellen folgen.
Göttingen. W. Bauer.

Peterson, Erik: Der Monotheismus als politisches Problem.

Leipzig: Jakob Hegner 1935. (158 S.) 8°. Geb. RM 4.50.

Aufgebaut auf eine Fülle von Einzelmaterial, bietet
Peterson eine Untersuchung über die Geschichte der
Idee der nov«E>xfa ÖE0* 'n <*en ersten 5 Jahrhunderten
unserer Zeitrechnung. Als philosophisches Problem
sichtbar werde die göttliche Monarchie zuerst bei Philo,
der dabei jedoch peripatetische Erörterungen über das
Verhältnis der üqct Gottes zu den 8w«iu«^ der Welt
und die Schultradition des hellenistischen Judentums in
Ägypten voraussetze. Von ihm hätten wahrscheinlich
die christlichen Apologeten den Begriff übernommen.
Celsus habe dagegen polemisiert und den politischen
Gehalt des Bildes von der göttlichen Monarchie zu
einer politischen Polemik gegen die Christen benutzt.
Das ist nach Peterson das entscheidende Ereignis
in der Geschichte des Begriffes geworden. Der Einwand
des Celsus besagt, daß der christliche Monarchiegedanke
notwendigerweise zur Unduldsamkeit und damit letztlich
zur Auflösung des einen Imperiums führen müssen.

| Origenes habe demgegenüber gezeigt, wie die Allein-
I herrschaft Gottes Frieden unter den Völkern stifte und
I die Grundlage der Pax Romana sei. Eusebius habe diese
j politische Ausdeutung der göttlichen Monarchie nach
verschiedenen Seiten hin ausgebaut. Der eschatologische
Gesichtspunkt des Origenes werde bei ihm durch den
I historischen und zugleich politischen ersetzt: Imperium
I Romanum, Friede und der eine Monarch auf Erden
entsprächen dem Monotheismus. Diese Gedanken Eu-
sebs hätten einen starken Einfluß auf die gesamte patri-
! stische Literatur gehabt. Nach bei Orosius fänden sie
| sich. Aber bereits die Arianer hätten sie kompromittiert.
Sie seien bei ihnen zu einer politischen Theologie geworden
, die die Interessen des Imperiums und des
! Kaiserhauses der klaren Erkenntnis der göttlichen Natur
| Christi untergeordnet hätten. Die göttliche Monarchie
habe keinerlei Entsprechung in der Kreatur. So habe
Augustin die Pax Augusti kritisiert, und Gregor von
Nazianz habe wie schon Dioysius von Rom mit Nachdruck
vertreten, daß das Anliegen des Monarchiebegriffes
nicht der Monotheismus, sondern die eine Herrschaft
der Trinität sei. Damit sei theologisch die Bin-
I dung der christlichen Verkündigung an das Imperium
i Romanum gelöst worden, und zugleich grundsätzlich
! der Bruch mit jeder „politischen Theologie" vollzogen,
die die christliche Verkündigung zur Rechtfertigung einer
politischen Situation mißbrauche.

Petersens Studie hinterläßt trotz des Reichtums an
Gelehrsamkeit keinen überzeugenden Eindruck. Man
wird ihm in seiner Polemik gegen eine politische Theologie
voll zustimmen können, aber das Zusammentreffen
von Monarchie-Begriff und politischer Theologie bei
Eusebius ist in keiner Weise als notwendig erwiesen.
- Bei Origenes sehe ich noch keine Spur von „politischer"
| Theologie, und Peterson selbst scheint in seiner Gegen-
j Überstellung von Origenes und Eusebius (S. 80) das zu
fühlen. Origenes weist den politisch gemeinten Einwand
des Celsus ab mit einem Hinweis auf die geschichtlichen
Tatsachen und vermeidet es, sich in eine
I grundsätzliche politische Erörterung einzulassen. Wie
i wenig Monarchie und politische Theologie innerlich zu-
I sammenhängen, zeigt sich darin, daß sich bei Celsus
j Polytheismus und politische Theologie zusammenfinden,
während Augustin, Gregor von Nazianz u. a. die göttliche
Monarchie ohne politischen Nebensinn lehren. Für
| die Geschichte des Problems bei Philo wäre wohl die
Bedeutung des Alten Testamentes mehr zu unterstreichen
. Die Idee der göttlichen Monarchie ergibt sich für
Philo mit zwingender Notwendigkeit von dorther. Das
A.T. lehrt, daß alle Herrschaft in der Welt von Gott aus-
i geübt wird, d. h. daß er der eine König über alle Natur
i ist, und daß der König in Israel der Stellvertreter Gottes
) ist, also nur regiert unter dem göttlichen Gesetz, nicht
; herrscht. Mit dieser Auffassung Gottes sind also bereits
j Kosmo logisches und Politisches in der Idee der Herr-
I schaft Gottes vereinigt. Ebenso ist der Gedanke eines
j Kampfes Jahves mit den Chaosgewalten dem A.T. ganz
' geläufig, man braucht also bei Philo nicht an Vorbilder
aus dem Polytheismus zu denken. Philos Abhängigkeit
| von peripatetischen Gedankengängen besteht also mehr
J in der Terminologie als in der Sache.

Swansea, Wales. Otto A.Piper.

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| Boethius, Anicius Manlius Severinus: Philosophiae Consolationis
libros quinque rec. t Guilelmus Weinberger. Wien: Hölder-
Pichler-Tempsky u. Leipzig: Akad. Verlagsges. 1934. (XXXI, 229 S.)
gr. 8°. = Corpus Scriptorum Eccl. Latinorum. Vol. 67. RM 16—.
Diese neue Ausgabe der Consolatio des Boethius, die
) für geraume Zeit wohl abschließend genannt werden
| kann, hat hinsichtlich der Bearbeiter unter keinem günstigen
Stern gestanden: der Hauptherausgeber Wilhelm
j Weinberger und sein Mitarbeiter August Engelbrecht, die
die Vorarbeiten Rudolf Peipers und Georg Schepps' benutzten
, sahen beide nicht ihr Erscheinen, da der Tod
I sie vorher hinwegnahm. Zwar schrieb Weinberger noch