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Ausgabe:

1935 Nr. 7

Spalte:

117-121

Autor/Hrsg.:

Schwartz, Eduard

Titel/Untertitel:

Publizistische Sammlungen zum acacianischen Schisma 1935

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 7.

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liehen Gewand eingegangen"; als Belege gelten: Christusauffassung
, Nationalkirchentum und Weltbejahung,
der Glaube an Gott als Schöpfer und Herrn der Ger
schichte, d. h. als Gott der Macht, und sodann der
Gerechtigkeit und Liebe.

Zu diesem zweiten Teil wäre jedoch zu fragen, ob
es für die ganze Frage günstig ist, auf die z. Z. der Völkerwanderung
christianisierten Germanen Bezug zu nehmen
, da man umgekehrt sagen könnte, daß gerade das
Aufgeben des arteignen Glaubens die Rassenmischung
ermöglicht und damit den Untergang vorbereitet hätte. —

Im dritten Teil stellt der Verfasser den unlöslichen
geschichtlichen und organischen Zusammenhang von A.
und N.T. heraus, innerhalb dessen jedoch das A.T. „vor
der Erfüllung" steht, und begegnet dann einigen Einwänden
, die er nicht so sehr als solche des nordischen
Menschen, als vielmehr des nordischen Menschen
nachweist.

Nunmehr kann der Verfasser in einem letzten Teil
zeigen, was uns das A.T. gerade in seiner Stellung neben
dem N.T. und in dessen Ergänzung zu sagen hat: es
„stellt die mittleren Lebenskreise unter Gort"; so zunächst
die Familie, dann vor allem das Volk „als Daseinsform
, innerhalb deren Gottes Wort den Menschen
trifft"; in solcher „Gesamtheit" stehend schaut er Gott
als Herrn der Geschichte, der Zukunft und des sozialen
Lebens, dessen Wille jedoch stets über das Volk hinausgreift
und es mit den andern hineinstellt in das Verhältnis
Gott: Mensch.
Göttingen. A.Brauer.

Schwartz, E.: Publizistische Sammlungen zum acaciani-
schen Schisma. Vorgetragen am 4. 3. 33 u. 2. 6. 34. München :
Bayer. Akad. d. Wiss., C. H. Beck in Komm. 1934. (VIII, 304 S.)
Lex S°. = Abhandlgn. d. Bayer. Akad. d. Wiss. Philos.-hist. Abt. N. F.
H. 10. 1934. RM 30-.

Den von 484 bis 519 währenden Bruch zwischen der
abendländischen und der morgenländischen Kirche haben
die westlichen Zeitgenossen nach dem Konstanti-
nopler Patriareben Acacius benannt, da er die Folge
seiner Verurteilung durch den römischen Stuhl war und
vom Streit um seinen Namen sich fristete. Dieser
Streit zeitigte unter anderm auch zwei Sammlungen von
Papstbriefen und eine Sammlung erdichteter Briefe an
Petrus Fullo von Antiochien über das Trishagion, die
unverkennbar publizistischen Zwecken dienen sollten. Der
Herauso-eber der Konzilsakten dieser Zeit stand nun
vor deröFrace, ob er diese Sammlungen den Bänden der
Acta conciliorum einverleiben oder gesondert veröffentlichen
solle. Er wählte nach reiflicher Überlegung den
zweiten Weg, der es ihm ermöglichte, die verwickelten
Fragen, die^die Texte stellen, eingehend zu erörtern und
der weiteren Forschung zu erschließen, und auch zwei
Einzelgänger, nämlich einen Brief des Papstes Simpli-
cius an Acacius und ein Schreiben des Papstes Sym-
machus an den Kaiser, unterzubringen.

Zuerst bietet Schw. die Texte, da sie schon vor einem
Jahr gedruckt wurden und er durch diese Reihenfolge
die Möglichkeit hatte, in den nachfolgenden Ausführungen
mit Angabe von Seiten- und Zeilenzahl auf sie
Bezug zu nehmen. Die Erläuterungen geben zuerst
(S. 161—262) eine eingehende Geschichte des acaciani-
schen Schismas, und ihr ist eine regestenartige Zusammenstellung
der einschlägigen Urkunden mit 133 Nummern
vorausgeschickt, auf die in der Darstellung jeweils
verwiesen wird. Es ist eine nach Zeitfolge und Zusammenhängen
verwickelte Geschichte, und man kann nur
seine rückhaltlose Bewunderung dem Meister aussprechen
, der mit solcher Gelehrsamkeit und solchem Scharfsinn
Wege durch das Dickicht bahnt, wobei ihm auch
seine Kenntnis des Syrischen zu statten kommt. S.182 f.
A. 3 die Amtszeiten der antiochenischen Patriarchen
von Maxismus bis zum (zweiten) Episkopat Petrus des
Walkers. S. 194 A. 4 die „uralte, starke Nerven erfordernde
Zeremonie, der sich ein alexandrinischer Patriarch
vor seinem Amtsantritt unterziehen mußte". Als
i Todestag des Acacius wird S. 211 A. 2 der 26. November
489 nachgewiesen, nicht 488, wie noch Caspar
; (Papsttum II 141) annimmt. S. 241 ff. findet sich ein
dankenswerter Beitrag zur Geschichte des Trishagion
und seiner Deutung, wie in den Acta Concil. t. IV. 2.
S. VII ff. ein solcher zur Geschichte des eic xijs xpidSoc.

Nicht weniger schwierig sind die Fragen nach Über-
S lieferung, Ursprung und Zweck der Sammlungen, aber
auch hier findet Schw. teils sichere, teils wahrscheinliche
Lösungen. An erster Stelle steht die Veroneser
Sammlung. Sie findet sich für sich im Cod. Veron.
. XXII [ 201 aus dem 6. Jahrh., mit kanonistischen Sammlungen
verbunden in der Freisinger Hs. (jetzt cod. Monac.
6243) und in der Coli. Quesneliana. Diese sind nicht
von einander abgeschrieben, müssen aber wegen übereinstimmender
Verderbnisse als eine Überlieferung au-
j gesehen werden. Dazu kommen für einzelne Stücke noch
andere Hss. Was aber Zeit und Zweck der Sammlung
betrifft, so gelangt Schw. in überaus scharfsinnigen Untersuchungen
(S. 264 ff.) zum Ergebnis, daß sie hineingehört
in die „Reaktion gegen die auf den Ausgleich
mit Konstantinopel hinarbeitende Politik von Gelasius'
unmittelbarem Nachfolger Anastasius, einer erbitterten
fanatischen Reaktion, die schon vor Anastasius' Tod
i im November 498 einsetzte und dann in den Tumulten
bei der Doppelwahl des Symmachus und Laurentius ex-
; plodierte" (S. 272). Auch der Weg, der zu diesem Ergebnis
führt, bringt im einzelnen wertvolle Erkenntnisse.
So S. 264 ff. über den sog. Tractus 1 des Gelasius oder
I die Gesta de nomine Acacii, deren ursprüngliche Fas-
j sung nach O. Günthers Nachweis und Schvv.s Bekräftigung
in der Coli. Avell. Nr. 99 vorliegt. Sie ist sehr
j wahrscheinlich eine in der päpstlichen Kanzlei ausge-
j arbeitete Erläuterung für einen Laien, den vir illustris
Andromachus, den Odoakar als Gesandten nach Kon-
j stantinopel schickte und dem Papst Felix III. diese
! „Instruktion" mitgab, damit er als weltlicher Diplomat
' mit Acacius verhandle, da wegen der abgebrocheneu
I kirchlichen Gemeinschaft ein Geistlicher nicht wohl damit
beauftragt werden konnte. Von diesem erläuternden
Bericht findet sich in der Veroneser Sammlung als Nr. 2
ein Auszug (es ist die Fassung der Ballerini bei Thiel
S. 522 ff.), dessen Schluß aber ebenfalls aus der Kanzlei
des Papstes Felix stammen muß. Man kann hinzufügen,
daß beides, Coli. Avell. 99 und der Schluß des Aus-
' zuges aus der Feder des Gelasius geflossen ist, wie ich
anderwärts zeigen werde. S. 269 f. wird das Rätsel ge-
' löst, das Nr. 10 der Sammlung ( =Gelas. ep. 27, S. 422fr.
I Thiel) aufgibt: es sind aus dem Nachlaß des Gelasius
zusammengefügte Entwürfe, deren Überbleibsel zu Nr. 6
der Sammlung (=Gelas. Tract. 4, S. 557 ff. Thiel) verbunden
wurden. An die ursprünglich in sich geschlossene
und mit Überlegung aufgebaute Sammlung — sie liegt
nur in der Quesneliana vor — setzten sich dann leicht
weitere Schriftstücke an, die sachlich wohl dazu gehörten
, aber den leitenden Gedanken verdunkelten. Da-
; zu gehört das Stück Nr. 11 (= Gelas. ep. 1, S. 287 ff.
Thiel), das noch mehr als 6 und 10 eine Zusammen-
stoppelung von Entwürfen ist; es ist unter dem Namen
des Gelasius überliefert, stammt aber aus der Zeit des
Papstes Felix, da es Acacius und Petrus Mono-us als
i noch lebend voraussetzt (S. 276 ff.).

Die Haupthandschrift der Berliner Sammlung (S.
280 ff.) ist der aus Corbie stammende und durch verschiedene
Zwischenhände nach Berlin gelangte cod.
Berol. 79 aus dem 8. Jahrh., wozu für einzelne Stücke
noch eine Nebenüberlieferung kommt. Eine Reihe von
Schriftstücken ist lediglich aus dogmatischen Gründen
aufgenommen worden, wie Nr. 35, der Traktat 3 des
; Gelasius De duabus naturis (Thiel S. 530 ff.), der im
■ Unterschied von den gelasianischen Traktaten der Veno-
j neser Sammlung keine Zusammenstellung von Entwürfen,
i sondern eine fertige Schrift ist. Die angehängten ym'iot'i;