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Ausgabe:

1935 Nr. 7

Spalte:

115-116

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Hans

Titel/Untertitel:

Die Psalmen 1935

Rezensent:

Meinhold, Johannes

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Seite 1

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115

Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 7.

116

und Tritt Blößen in den elementarsten Dingen gibt, und
dem es auch an dem guten Willen fehlt, das notwendige
Wissen aus naheliegenden Quellen zu erwerben.

Nun verspricht man sich, und verspricht man uns,
wertvolle Aufschlüsse aus den neuerdings begonnenen
Grabungen, andenen freilich Niemand beteiligt scheint, der
irgend etwas von germanischem Altertum versteht. Was
man davon bisher gehört hat und was einem an Ort
und Stelle gezeigt wird, bestätigt eben nur was wir alle
von vornherein zugestehn: es sind unzweideutige menschliche
Spuren gefunden, welche weit über das Christentum
hinaufreichen — aber vorläufig nichts was mit einer
heidnischen Kulthandlung irgendwie zusammenhängen
muß. Es kann sich dabei immerhin auch um zeitweilige
Wohn- oder Zufluchtsstätten handeln. Aber wir werden
uns gern belehren lassen, wenn dieser Einwand beseitigt
wird.

Göttingen. Edward Schröder.

Schmidt, Hans: Die Psalmen. Tübingen: J. C. B. Mohr 1934.
(160 S.) gr. 8°.= Handbuch zum Alten Testament. Hrsg. von O.
Eißfeldt. 1. Reihe, 15. 2. Liefg. RM 6.60 ; in Subskr.6 —.

Für den seiner Zeit in dem Mohrschen Verlage erschienenen
Hand-Kommentar zum Alten Testament läßt
nun der gleiche Verlag das „Handbuch zum Alten Testament
" unter der Leitung von Eißfeldt herausgehn. Es
ist umfassender geplant als das frühere Werk. Bei
der I. Reihe, die Kommentare zu den Büchern des Alten
Testaments bieten soll, kommen hinzu: das biblische
Reallexioon von Galling-Halle (schon erschienen) und
die Religion des Alten Testaments von H. Schmidt-Halle.
Die II. Reibe soll dann die Apokryphen und Pseudepi-
graphen bieten. — H. Schmidt, von dessen Psalmauslegung
jetzt der erste Teil (S. 1—160; Ps. 1—85) vorliegt
, hat sich schon verschiedentlich zu den Psalmen
geäußert, so in seinem „das Gebet der Angeklagten im
A.. T. 1928", seiner „Thronfahrt Jahves am Fest der
Jahreswende im alten Israel 1927" und in seinem schönen
vor der Luthergesellschaft in Magdeburg am 31.
Januar 1933 gehaltenen Vortrag über „Luther und das
Buch der Psalmen 1933". Er ist also auf dem Gebiet
schon ausgewiesen. Die vorliegende Lieferung bietet
zunächst nur die Übersetzung und Auslegung der ersten
85 Psalmen. Eine Einleitung zum Kommentar dürfte
wohl am Schluß erfolgen und dem Leser Auskunft
über Zusammensetzung und Entstehung des Psalters
und dann auch über den in der neueren Literatur sich
zeigenden Wandel und Fortschritt in der Auslegung
bringen: Der Übersetzung, die wortgetreu sein soll und
darum natürlich nicht selten etwas hölzern klingt, z. B.
4, 4: „als ein Wunder gibt Gort Gnade", 58, 4 „ihr wägt
dar das Gewalttum Eurer Hände", Ps. 33,17 „ein Trug
ist das Roß für den Sieg" u. a. m., folgt die Angabe von
Textoonjecturen und vom metrischen Bau. Im Ganzen
ist der Verfasser mit Textoonjecfuren sehr sparsam, vielleicht
hier und da zu sparsam, und da ists denn ganz
gut, wenn man seinen Vorgänger bei Mohr, nämlich
Duhm, daneben legt, der ja nun allerdings oft zu leicht
einen neuen Text herstellt. Wenn Schmidt z. B. Ps.45,
7 an dem 'rrrr:*?' des Textes festhält und übersetzt
„Dein Thron o Gott (= o König) steht immer und
ewig" (so auch Gunkel z. d. St.), so dürfte doch die
Annahme, daß hier weil in einem „elohimischen" Psalm
das ursprüngliche trirp* als rrrr verlesen und zu D^mx
gemacht wurde (Bruston, Duhm) wohl das Richtige
treffen. Es ist im A. T. keine Stelle nachzuweisen, die
uns das Recht gibt, dem israelitischen Könige Göttlichkeit
in den Augen seiner Untertanen beizulegen. Das
widerstreitet durchaus dem religiösen Denken und
Empfinden Israels. So sollte es heißen: Dein Thron
(o König) wird bestehen immer und ewig. — Anderseits
ists auffallend, daß Schmidt zu Ps. 2, 9 die Voca-
lisation der LXX (jtoinavelc) = a5"?n annimmt während
die M. orrin schreibt und doch wohl mit Recht. Die
parallele Zeile: wie Töpfergeschirr wirst Du sie (die

heidnischen Könige) zerschmeißen (9 b) läßt kaum die
; Deutung zu „du sollst sie hüten (osnr ) mit einem
Stabe von Eisen" (9 a); vielmehr: mit eisernem Stabe
wirst du sie zerschlagen ( QS^ri). Es handelt sich nicht
sowohl um „Hüten", als um Niederschlagen der Heiden
und ihres Widerstandes. Aber allerdings liegt dann in
D?^ri ein Aramaismus vor für hebr. n-nr. Und damit
ergäbe sich, daß dies Lied nicht so alt ist, wie Schm.
| meint, der aus V. 9 auch entnimmt, daß das Eisen noch
' als edles Metall galt, was auf frühere Zeit hinweise (!)
S. 5. Auch die Stellung (mit Ps. 1) ohne Überschrift
am Anfange, als vor dem eigentlichen Buche der Psalmen
, dürfte bei späterer Entstehung verständlicher sein.
; Ist Ps. 2 aber am Ende, wofür der Aramaismus spricht,
vielleicht auch ein wohl dem späteren Hebräisch angehöriges
Wort wie das Piel ) V. 5 erst nachexilisch,
dann ist auch die Auffassung, daß das Gedicht „eine
feierliche Erinnerung an die göttliche Berufung des
Königs" ist, „zum Vortrag bei der alljährlichen Begehung
der Thronbesteigung bestimmt" (S. 6), zum mindesten
zweifelhaft, wenn man nicht mit Duhm auf die
Maccabäerzeit und auf Aristobul I (105 v. C.) herunter-
gehn will. Vielleicht ist doch die eschatologische Deutung
noch die richtigste. Und das mag auch bei manch
I anderen „Thronbesteigungspsalmen" gelten. Wir haben
im Alten Testament doch kein klares Zeugnis
davon, daß die für „Babel, Assur, Ägypten bezeugte
Sitte, die Thronbesteigung des Königs alljährlich und
zwar in der Regel zu Neujahr als großes religiöses
Volks- und Processionsfest" (S. 5) zu begehen auch
in Israel geübt wurde. — Bei den Ausführungen über
j die Gedanken und den religiösen Gehalt der Lieder,
die auf die Texteonjecturen und Angabe des Metrums
folgen, zeigt sich die reiche dichterische Phantasie und
das Sich-Einfühlen des Verfassers in schönstem Lichte,
i Vor allem wirkt sich die Erkenntnis, mit der voller
Ernst gemacht wird, daß wir zumeist Lieder vor uns
haben, die es irgendwie mit Kultus und Gottesdienst
zu tun haben, für die Auslegung recht fruchtbar aus.
Und der Verfasser versteht es, aus den Liedern die verschiedensten
Situationen und die damit gegebenen Stimmungen
zu erschließen, die dabei etwa in Frage kommen.
I Daß man im Einzelnen bei einem so großen Stoffe
vielfach anders denken kann, ist selbstverständlich. —
! Es ist zu hoffen, daß dieser Kommentar in viele Hände
kommt und fleißig benutzt wird und also Segen schafft!
j Möge die 2. Hälfte bald nachfolgen und in gleicher
j Weise anregend und belehrend wirken.

Bonn. J-Mein hold.

Hertzberg, Prof. D.H.W.: Der Deutsche und das Alte Testament
. Ein Beitrag zu den Fragen um Deutschtum und Bibel. Gießen :
A.Töpelmann 1934. (57 S.) 8°. RM 1.80.

In einem ersten Teil führt der Verfasser die in vier

, Phasen verlaufende Entwicklung des Kampfes um „Wesen
unseres Volkes" und „Eigenart des A.T." bis zur
gegenwärtigen Lage vor.

Notwendige Spanmingen in der Stellung zum AT finden sich bereits
in der Bergpredigt und bei Paulus; „Gründe rein theologischer
Natur" beherrschen die beiden ersten Phasen (.Marcion - Luther - Formula
concordiae); die dritte (Morgan - Schleiermacher-Harnack) läßt schon

• — dessen noch unbewußt — fremde Gesichtspunkte hinzutreten und leitet
damit zur gegenwärtigen Phase (Lagarde-Chamberlain - (Delitzsch) —
Rosenberg) über, die den christlichen Standpunkt aufgibt, den Maßstab
in Rasse, Blut und Volkstum findet und von hier aus „ein für allemal
das sogen. Alte Testament als Religionsbuch abschaffen" zu müssen glaubt.

Der zweite Teil beantwortet die Frage, ob das A.T.
„in den hinter uns liegenden Jahrhunderten eine ständige
Bedrohung des deutschen Menschen in seinem innersten
Bestände gewesen" ist; gegenüber der Behauptung,Männer
wie Luther, Bismarck, Arndt seien „einer Art Pseu-

; domorphose anheimgefallen", kommt die Untersuchung
für die erste Berührung von Christentum und Germanen-

I tum im Verlauf der Völkerwanderung zu dem Ergebnis:

; „das Christentum ist den Germanen im alttestament-