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Ausgabe:

1935 Nr. 6

Spalte:

99-100

Autor/Hrsg.:

Leese, Kurt

Titel/Untertitel:

Die Mutter als religiöses Symbol 1935

Rezensent:

Merkel, Franz Rudolf

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99

Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 6.

100

erhalten haben sowie eine reichhaltige, fast vollständige halten, wiewohl der Protestantismus o-erade durch das

Bibliographie und ein ausführliches Sachverzeichnis bei- Fehlen des mütterlichen Prinzips nach der Ansicht des

gegeben sind, ist die Brauchbarkeit der neuen Ein- Verfassers zuweilen „der seelischen Wärme und natur-

fuhrung gut zu nennen. haften Nähe" entbehrt — „ein Mangel und ein Verlust,

Quakenbrück. h. Vorwahl. der die Rabies ihrer streitbaren Theologen bis zum heu-

-- tigen Tag so unerfreulich und unerträglich macht" (S.

Leese, Kurt: Die Mutter als religiöses Symbol. Tübingen: kurzem Hinweis auf „den frommen Atheisten"
J. C. B. Mohr 1934. (47 s.) 8°. = Sammig. gemeinverst. Vorträge u. i Nietzsche, der gleichfalls die Welt der ,Großen Mutter'

Schriften a. d. Gebiet d. Theol. u. Religionsgesch. 174. neu sehen lehrte, schließt der Verfasser seine einsichts-

RM 1.50; in Subskr. 1.20. | vollen religionsgeschichtlich programmatischen Ausfüh-

Jede Epoche der Geistesgeschichte sollte von Zeit rungen, die durch Anmerkungen prägnant belegt sind,

zu Zeit ihre Nomenklatur ordnen, die verschiedenen München. R.F.Merkel.
Begriffsformulierungen mit der Vergangenheit verglei-

Jünger und sprach zu ihnen : des
Menschen Sohn wird überantwortet
werden in der Menschen Hände, und
sie werden ihn töten: und wenn
er getötet ist, so wird er am dritten
Tage auferstehen. Sie aber
verstanden das Wort nicht und
fürchteten sich ihn zu fragen.

chend festlegen, um gegenseitige Verwirrungen und reli- D«,m!_ _. . . , n. . c. „ ..__. .

o-inse 7erklifftiinapn yn vprmpidpn Wip viH inrpo-pnrlp P fä ff 11 n .Friedrich : Die vier Evangelien in der Sprache von
gipse z.erkiurtungen zu vermeiden, wie viel anregende, ; heute, ubersetzt. Heilbronn: E. Salzer 1934. (261 s ) 8°
wirklich forderliche Ideen gingen dadurch verloren, daß ■ _ Die Briefe des Neuen Testaments in der Sprache von heute,
sie an zeitgeschichtlich bedingte Begriffe gebunden von Obersetzt. 4. u. 5. Taus. Ebd. 1934. (264 s.) 8°. je rm 2.80-
der Folgezeit nicht mehr verstanden wurden oder in der , geb. 3.80!
eigenen Epoche ungewollten Akkommodationen arrhewn- Diese Übersetzung des größten Teiles des N.T. (es
fielen. Dieser Gefahr scheinen mir die von demselben fehlen nur Apg. und Apc.) ist von Pfäfflin für prak-
Verfasser in seinem Buch ,Die Krisis und Wende des j tische Zwecke geschaffen worden. Sie soll dem Men-
christlichen Geistes. Studien zum anthropologischen Pro- , sehen von heute das N.T. in der Sprache von heute nahe-
blem der Lebensphilosophie' (1032) vorgetragenen, wich- t bringen. Im großen und ganzen ist sie wortgetreu, nötigsten
Problemen auf den Grund gehenden Ausführun- an schwierigeren Stellen, besonders bei den Paulusbrie-
gen zu unterliegen, da die von K. Leese geforderte Neu- j fen, ist der Übersetzer freier vorgegangen. Doch verliert
gestaltung des protestantischen Menschen durch die Synr er nie die Bindung an den griechischen Text. M. E. ist
these des urchristlichen, des reformatorischen, des idea- > dem Leser dieser Zeitschrift am besten gedient, wenn
listischen und des natürlich-leib-seelischen Pathos in ich je ein Beispiel aus jedem Bande neben der (durch-
der Form „gläubiger Freiheit" verschiedentlichen Deu- | gesehenen) Übersetzung Luthers zum Abdruck bringe,
hingen unterTiegen kann. Dadurch wird die Stoßkraft zum i
Durchbruch in neue weltoffene Lebenstiefen der Religion j Mk- 9'30 ff-
wesentlich abgemindert. Das hat denn wohl der Ver- 1 . . . Lutner
fasser selbst erfunden wenn er nunmehr sich bemüht, ; ÄS^Ä
in weiteren wertvollen Veröffentlichungen wie ,Rasse — J wo]lte nicht| daß es jemand wis.
Religion—Ethos. Drei Kapitel zur religiösen Lage der | sen sollte. Er lehrte aber seine
Gegenwart' (1934) sowie in der obigen Schrift seine
erwägenswerten Gedanken zur Diskussion zu stellen.
Ist „Religion ein Fühlen, das als reines Erleidnis in
einer Ergriffenheit wurzelt, die ein Gepackt- und Über-
wältigtsein von dem Letzt-Wirklichen und schlechthin
Mächtigen" darstellt, so kann dieses ,Ganz Andere'
nur im religiösen Symbol phänomenologisch begreifbar
werden. Leese unterscheidet „eine doppelte Art von religiösen
Symbolen: Wortsymbole, die die Geistigkeit der I Kol. 1,18 ff.
menschlichen Person zum Träger haben, ja mit dieser I Luther
selbst mehr oder minder identisch sein können (: der Und er ist das Haupt des Leibes
Prophet, der Heilige, der Erhabene, der Heiland, der nämlich der Gemeinde; er, wei-
Stifter, der Mittler, der Meister, der Reformator, der ! cnfr lst der Anfan£ und der Erst"
Dichter)"; und Sachsymbole wie die außermenschliche geborene von den Toten, auf daß
xt i j 1 i , . , , er in allen Dingen den Vorrang
Natur das elementare natürliche Leben das gerade in habe Denn s w das Wohlge.

der Mutter ein Symbol innerlichster Religiosität gerun- fal|cn gewesen, daß in ihm alle

den hat. „Die Mutter als religiöses Symbol zeigt den Fülle wohnen' sollte und alles

antiken, vielleicht müssen wir sagen: den vorgeschicht- ; durch ihn versöhnt würde zu ihm

liehen Menschen der Mittelmeerwelt dem Stoffe, den j selbst, es sei auf Erden oder im

chtbonischen Mächten der Erdtiefe, dem Gebären und Zeu- Himmel, damit, daß er Frieden

gen, dem Geschlechte, dem Kteis und dem Phallos ganz macnte durch d*s Blut an seinem

und gar verhaftet; er will nichts anderes sein als Kind der Kreuz' durch s,ch selbst'
Erde, die ihn trägt und nährt und wieder fordert, wenn Göttingen. H. Seesemann.

seine Zeit gekommen ist. Aber über diesem unerbittlichen j_____.

Kreislauf des Geborenwerdens und Sterbens waltet den- R Hard The synoptic Q ,s< Cambridge, Mass.:

noch eine gottliche Liebe, ein umfangendes Erbarmen, « HParvar'dJUniv. Press 1934. (117 s.) kl. s°. $ 1.50.

das dem Glaubigen autleuchtet und kund wird in allen

Erscheinungen desselbst tierischen Mutterrums." Wo- Aus dem Nachlaß des verdienten, im Januar 1933
rauf Goethe in seinem Gespräch mit Eckermann vom ! verstorbenen Neutestamentiers von Harvard werden uns
29. Mai 1831 hingewiesen hat, das wurde dann von Joh. vier Vorlesungen über die synoptischen Evangelien uber-
Jakob Bachofen als Symbol in der antiken Mutterreli- geben, die populär gehalten sind und sich an einen wei-
gion neu entdeckt und von Ludw. Klages und Hermann teren, auch nicht theologisch gebildeten Horerkreis rich-
Hesse zum Mittelpunkt alles kosmischen Geschehens teten. In einer sehr ansprechenden Form unterrichtet
gemacht. Ein weiterer Abschnitt beschäftigt sich mit ■ der Verf. über die wichtigsten Einleitungstragen, die
,dem Muttersymbol im christlichen Ideerakreis' und weist sich an die synopt. Evangelien anknüpfen. Bei der Bedarauf
hin, wie gerade der Katholizismus diesem Sym- j spreebung des Mk.-Ev. wird besonders sein theologi-
bol huldigte, während Aphrodite und Eros in der christ- scher Grundcharakter betont, beim Matth.-Ev. — seine
liehen Gedankenwelt keinen Raum gewinnen konnten. , kirchliche Einstellung, beim Lk.-Ev. — sein biographi-
Immerhin hat sich das Muttersymbol in der deutschen sches Interesse. Quellen- und Vertassertragen werden
Mystik bei Eckhart und besonders bei Jak. Böhme er- nur gestreift. Alles in Allem: ein Buch, das als kurze

Pfäfflin
Sie zogen von dort weiter und
durchreisten Galiläa. Er wollte aber
nirgends erkannt sein. Er hatte es
jetzt mit seinen Jüngern zu
tun. Dielehrteer: „Der Menschensohn
wird in Menschenhände fallen.
Sie werden ihn töten. Nach drei
Tagen aber wird er vom Tode auferstehen
." Sie wurden nicht klug
aus diesen Worten, scheuten sich
jedoch, ihn zu fragen.

Pfäfflin
Darum ist er das Haupt des Leibes
, d. h. der Gemeinde. Er beginnt
eine neue Reihe, der Erstgeborene
aus den Toten. Ihm bleibt in jeder
Hinsicht der Vorrang. Hat doch
nach Gottes Wohlgefallen in ihm
das All seinen Höhepunkt erreicht.
Durch ihn findet es [aus seinem
verlorenen Zustand) zu seiner [ursprünglichen
] Bestimmung zurück.
Frieden hat er durch sein Kreuzesblut
geschaffen für alles, was im
Himmel und auf Erden ist.