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Ausgabe:

1935 Nr. 2

Spalte:

38-40

Autor/Hrsg.:

Christoffel, Ernst J.

Titel/Untertitel:

Zwischen Saat und Ernte 1935

Rezensent:

Witte, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 2.

2,1—10, eine andere von ihm über die Versuchungsgeschichte
. Am Tag der Neuwahl der kirchlichen Körperschaften
predigt Martin Niemöller vom Dienst der Kirche
; er wie seine Dahlemer Kollegen und sein Bielefelder
Bruder haben mehrere Predigten beigesteuert.
Zum 2. Juli, dem besonders angeordneten Gottesdienst
nach Einsetzung der preußischen Kirchenkommissare sind
mehrere Predigten geboten, so der auch liturgisch bemerkenswerte
Gottesdienst für diesen Tag in Dahlem mit
den Ansprachen der 3 Pfarrer der Gemeinde. Der Magdeburger
Generalsuperintendent D. Eger, jetzt i. R., der in
seiner früheren Dahlemer Gemeinde eine Predigt über
Rom. 3,28 hält, beginnt sie mit dem bezeichnenden
Satz: „Wenn in diesen für die evangelische Kirche entscheidungsvollen
Wochen ein evangelischer Pastor die
Kanzel einer evangelischen Kirche betritt so kann er
gar nicht anders denn zentral predigen"; von ihm auch
eine treffliche Predigt über die Gamatielperikope. Ich
nenne noch 3 Predigten von Hans Asmussen-Altona
über die 3 ersten Kapitel des Danielbuchs. Die Bedenken
eueren diese Texte und auch die Art ihrer Behandlung0
so berechtigt sie sind, verstummen, wenn man
liest,' daß der mutige Pfarrer die Predigtreihe abbrechen
mußte, weil er am Tag nach der dritten Predigt von
seinem Amt suspendiert wurde.

Was diese Predigten kennzeichnet, ist, daß es in
ihnen wirklich um letzte Wahrheiten, um die Frage
nach dem Willen Gottes und um das, was Kirche ist,
geht, daß sie sich nicht in dem kirchenpolitischen Kampf
verlieren, wie das manche andere Predigten und Reden
unserer Zeit reichlich getan haben und tun, daß sie in
der gegenwärtigen schweren kirchlichen Lage und in
ihrem Kampf wirklich Evangelium und nur Evangelium
predigen wollen, so deutlich auch die Gegenwartsnöte
hinter ihnen stehen. Der Predigtband ist ein schönes
Zeugnis evangelischen Glaubens in schwerer Zeit.
Halle, Saale. Wilhelm Usener.

1. Pfennigsdorf, Prof. D.: Die Volksmission im neuen
Reich. Frankfurt a. M.: H. L. Brönner 1933. (25 S.) gr 8°. =
Deutschtum u. Christentum. Schriftenreihe, hrsg. von W. Knevels,
2. H. RM —60.

2. Müller, Prof. D. Dr. Alfred Dedo: Die Verkündigung im
Arbeitslager als Problem der Volksmission. Ebda.1933. (15 S.)
gr. 8°. = Deutschtum u. Christentum. Schriftenreihe, hrsg. von W.
Knevels, 3. H. RM —50.

1. Ausgehend von restloser Bejahung des neuen
Staatsgedankens und in der Überzeugung, daß „der
neue Staat wieder zu einem ,Pädagogen auf Christus hin'
werden kann, falls die Kirche es versteht, ihn als solchen
zu ehren und verständlich zu machen", sucht Pf. neue
W ege der Verkündigung des Evangeliums zur Erfassung
und Durchdringung des ganzen Volkes. Die Aufgabe
ist die, die auflösende Wirkung einer Übertretung des
unseren Volkes eingeprägten göttlichen Lebensgesetzes
von der Volksverbundenheit aus und die Notwendigkeit
der Gnade angesichts der Totalitätsforderung dieses Gesetzes
m der Predigt offenbar zu machen. Die Möglichkeiten
dazu werden aus Geschichte und Wesen der na-
tionalsoz. Bewegung herausgearbeitet und im einzelnen
nachgewiesen unter starker Betonung, daß schließlich
alle Einzelarbeit im Gemeindegottesdienst und in gottesdienstlichen
Gemeindeversammlungen münden muß. Die
Situation ist heute bei der Hitlerjugend, theoretisch wenigstens
, bedeutend günstiger als zur Zeit der Abfassung
dieser Schrift, praktisch aber scheitert die Verwirklichung
aller, zweifellos allgemein begrüßten Vorschläge unter
dem Herrschaftsstreben der „Deutschen Christen", die
sich überall ihren Pfarrer aussuchen wollen und so nicht
neue Gemeinde schaffen, sondern neue Spaltung.

2. Von gleichen Voraussetzungen aus wie Pfennigsdorf
behandelt M. ein volksmissionarisches Spezialgebiet
, das ihm in der Einheitlichkeit der Lebenssituation
pädagogisch erleichterte Anknüpfungsmöglichkeiten, aber
zugleich in der beschränkten religiösen Aufnahmebereitschaft
besondere theologische Schwierigkeiten zu bieten
und in dem Versuch ihrer Überwindung die Notwendigkeit
besonderer Lebensnähe zu fordern und die Gefahr
der Entleerung des Evangeliums zu erhöhen scheint. Das
I ist aber heute die allgemeine Situation der Volks-
: mission und war es immer, sofern der Nachdruck auf
das „Volk" gelegt wurde. M. bespricht nun die Möglichkeit
der Eingliederung der Verkündigung in die Le-
I bensordnung des Lagers und die Grundthemen, die dafür
in Frage kommen, alles praktisch und wirksam, und
gibt auch die nötige Literatur an zur näheren Durcharbeitung
der gezeichneten Fragenkomplexe.

Berlin. August S ch ow al te r.

Christoffel, Ernst J.: Zwischen Saat und Ernte. Aus der

Arbeit der Christi. Blindenmission im Orient. Berlin-Friedenau: Verlag
d. Christi. Blindenmission i. Orient 1934. (320 S., 20 S. Abb. u.
2 Ktn.) geb. RM 4.50.

Dies Buch ist gewissermaßen ein Jubiläumsbuch,
geschrieben zur Feier des 25 jährigen Bestehens der
genannten Mission. Geschrieben von dem Mann, der
draußen dieser Mission ihr Gepräge gegeben hat. Diese
kleine Mission hat vor dem Kriege in der Türkei ihre
Arbeit getan und tut sie heute in Persien, in christlicher
Hilfsarbeit für die in unendlichem Elend sonst verkommenden
Blinden, aber auch an andern Elenden, die der
Hilfe bedürfen.

Auf den ersten 250 Seiten erzählt der Missionar Christoffel
von seinem Werden, seinem Schaffen und den
Schicksalen seiner Mission draußen. Es ist literarisch
ein hoher Genuß, das Buch zu lesen. Dieser Missionar
versteht zu erzählen, wie wenige. Und was hat er alles
zu erzählen! Die ganze bunte Welt des Orients wird
uns von ihm lebendig gemacht mit ihrer Eigenart, dem
Zauber ihrer Natur, dem Elend des Islams und dem
Guten, das die Mission dort wirkt. Dies Wirken der
Mission, sei es in dem Grausen der Armenier-Abschlach-
tung, sei es in dem neu sich gestaltenden Persien wird
in aller Nüchternheit, aber mit warmem Herzen geschildert
. Die Mission hat heute in Persien zwei Heime für
Blinde und andere Hilfsbedürftige, von denen sicherlich
viel Gutes in das Volk ausströmt. Dieser packend und
überaus mitreißend geschriebene Teil des Buches ist
sehr wohl gelungen und auch jedem Gebildeten sehr zu
empfehlen.

Missionswissenschaftlich wertvoller ist aber noch der
zweite Teil, in dem Aufsätze allgemeinen Inhalts geboten
werden. In diesem Teil sind sehr feine Urteile enthalten
, die die heimischen Missionskreise beherzigen
sollten. Sehr richtig wird hier gegen die Erwartung der
I heimischen Missionskreise polernesiert, daß die Mission
immer von vielen Erfolgen und Bekehrungen berichten
j müsse. Sehr richtig ist die Aufklärung darüber, daß
j der Missionar draußen bei den großen Entbehrungen, die
er auf sich zu nehmen hat, auch ein gutes Maß von Behagen
braucht in seiner Häuslichkeit. Sehr richtig, daß
■ er um seines Missionsdienstes willen sogar gesellschaft-
i lieh repräsentieren muß. Ausgezeichnet wird hier ge-
i schrieben über die Verflochtenheit der Mission in die
i vaterländischen Interessen, daß der Missionar ein Pio-
| nier seines Volkes ist und mit Stolz sein darf und muß,
i ohne deshalb in den Fehler der Angelsachsen zu verfallen
, die oft genug eine Art Agenten ihrer Völker sind.
1 Sehr richtig wird geschildert, daß die deutschen Missionsvertreter
nicht genug getan haben, um die Schuld der
Entente an der deutschen Mission zu klären und von
den Missionen der andern eine Reinigung auch ihrer
Schuld der deutschen Mission gegenüber zu fordern.
Das alles sind Anregungen eines Praktikers, die wohl
geeignet sind, um eine gründliche Umstellung der Missionskreise
und der Urteile über die Mission in der
Heimat zu erzielen. Was hier mit großem Freimut gesagt
worden ist, gehört zu dem Besten, was ich gelesen
habe.

Christoffel ist, das kann, ohne den andern treuen
; Arbeitern dieser Mission Unrecht zu tun, gesagt werden,