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Ausgabe:

1935 Nr. 2

Spalte:

468-470

Autor/Hrsg.:

Eichrodt, Walther

Titel/Untertitel:

Gott und Welt 1935

Rezensent:

Meinhold, Johannes

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467

Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 26.

darauf, daß im Literaturverzeichnis für den letzten Teil
vielleicht nützlich wäre eine Erwähnung meiner Schrift:
„Der Weltheiland und das artgemäße Christentum" (Ev.
Preßverband, 1934, 90 S., 1,80 RM.). Denn dort habe
ich die Fragen nach dem Volkstum im Verhältnis zur
Christusbotschaft, die Künneth in seinem Buch nur kurz
streifen konnte, eingehend behandelt. Und ich glaube,
daß diese Dinge zur Klärung wichtig sind, weil heute
soviel Mißbrauch getrieben wird mit dem Reden vom
artgemäßen Christentum.
Berlin. Johannes Witte.

Kr i s t e n s e n, w. B.: De antieke opvatting van dienstbaarheid.

Amsterdam: Noord-Hollandsche Uitgevers-Maatschapij 1934. (32 S.)
8°. = Mededeelingen der Koninkl. Akademie v. Wetensch. Afd. Letterkunde
. Deel 78. Serie B. No. 3. fl. 0.60.
Der Leidener Religionshistoriker erörtert in dieser
Studie die sakrale Bedeutung des Sklaventums, vornehmlich
in Rom. Sie ergibt sich zunächst aus dem Brauch
der Bekränzung der Kriegsgefangenen. Denn Bekränzung
ist Heiligung, Weihe an die Gottheit, eigentlich
Vorbereitung für den Opfertod, der aber durch lebenslängliche
Dienstbarkeit ersetzt wurde. Diese sakrale
Lehre wurde auf jedes Sklavenverhältnis übertragen. Dies
tritt zutage in dem Fest der Compitalia, wo die Sklaven
die Laren, die chthonischen Schutzgeister der Familie,
zu verehren haben. Die Legende erzählt, daß das Fest
von Servius Tullius gestiftet ist, der vom „Sklaven" zum
König erhoben wurde (vgl. Phil. 2,7—11!). Auch die
Saturnalien waren ein Sklavenfest: auch bei diesem Fest
wurde die sakrale Art des Sklavendienstes gefeiert und
durch heilige Handlungen bestätigt. Die römischen Sklaven
des Saturnus sind religionsgeschichtlich verwandt
mit den „Gebundenen" des Serapis.

Der bekannteste mythische „Diener" ist Herakles.
Sein Dienst ist schwer, weil er den chthonischen Mächten
geweiht ist; das Ziel ist die Versöhnung, der Sieg über
den Tod. Kristensen stellt schließlich in diesen Zusammenhang
auch den Ebed Jahwe hinein, der in noch
stärkerem Maße als Herakles die Personifikation oder
Hypostase der Idee der (sakralen) Dienstbarkeit darstellt
, mit ihm verwandt der (synoptische) Menschen-
s oh n. Kr. erinnert daran, daß das assyrische Wort für
„Mensch" amelu auch „Sklaven" bedeutet und findet
die ganze Anschauung konzentriert in dem Menschen-
sohnspruch Mark. 10,45.

Die verdienstliche Arbeit eröffnet neue Perspektiven
für das Verständnis des antiken und biblischen Begriffs
des religiösen Sklaventums.

Hnlle a. S. H. Wind isch.

Jacob, B.: Das erste Buch der Tora. Genesis. Uebersetzt und
erklärt. Berlin: Schocken-Verlag 1934. (1055 S.) Lex. 8°.

Hldr. RM 42—.

Was von diesem Buch nicht zu erwarten ist, andererseits
erwartet werden darf, läßt sich bald sagen. Hinsichtlich
der Textkritik ist der Verfasser des Urteiles,
„daß wir es in der Tora mit einem Text von fast unbedingter
Treue der Überlieferung zu tun haben, so daß
z. B. der Samaritaner und die griechische Übersetzung
der Septuaginta als Zeugen gegen ihn gar nicht in Frage
kommen" ein Urteil, das bekanntermaßen auch anderen
jüdischen Übersetzungen zu Grunde liegt, die nur im
äußersten Notfall zur LXX oder einer Konjektur greifen.
Damit sind denn auch die metrischen Theorien wie die
von Sievers von vornherein widerlegt. Hinsichtlich der
literarischen Zusammensetzung, wie sie die Arbeit der
alttestamentlichen Wissenschaft nun seit Jahrhunderten
erkannt zu haben meinte, nimmt der Verfasser eine
gänzlich ablehnende Stellung ein: „Als das größte Hindernis
eines richtigen Verständnisses ist die sogenannte
.Quellenscheidung im Pentateuch zu betrachten."
Er bekämpft die Quellenscheidung und widmet ihr anhangsweise
von S. 949—1048 eine eigene Betrachtung,
die in das Resultat ausläuft: „Die Theorie, daß die Genesis
aus mehreren Quellenschriften zusammengesetzt sei
und wieder auseinandergenommen werden könne, ist somit
widerlegt." Die Genesis ist vielmehr „e i n e i n he it-
liches Werk, in einem Geiste entworfen, durchdacht
und durchgearbeitet". Selbst „die neuerdings wieder erstarkende
Ergänzungstheorie ist auf falschem Wege".
! Abgelehnt wird auch die auf die Genesis angewandte
„religionsgeschichtliche Entwicklungstheorie". Die Über-
' Setzung ist auf den Kommentar zugeschnitten. Um den
Tenor derselben zu illustrieren, seien einige charakteristische
Sätze aus 44,11—13 wiedergegeben: „Sie brach-
j ten eilends jeder seinen Ranzen auf die Erde hinab. . .
Er durchsuchte. . . Sie rissen ihre Kleider ein, hoben
jeder auf seinen Esel hinauf." Oder man vergleiche 1, 5:
„Und Gott berief das Licht als Tag und die Finsternis
j als Nacht", womit ein Anthropornorphismus, wie er in
' dem Verbuni „nennen" liegen würde, glänzend vermieden
worden ist. Oder 1,6: „es werde eine Ausdehnung
inmitten der Wasser". Diese beiden letzten Sätze sind
! nur in Verbindung mit dem Kommentar voll verständlich.
! — „Dieser Kommentar will und soll ein jüdischer sein,
| das soll heißen: „von einem Sohne des Volkes verfaßt,
j für das die Tora geschrieben ist" . . . „sowohl mit dem
Verständnis als der Pietät des eingebornen Sohnes" . . .
„in der dankbaren Berücksichtigung der wertvollen Leistungen
der jüdischen Vergangenheit" und soll von der
jüdischen Gemeinschaft „die Beschämung nehmen" „zur
wissenschaftlichen Leistung über ihr eigenstes und heiligstes
Buch nur auf christliche Kommentare angewiesen
zu sein", soll „einen neuen Weg zum Studium der Tora
zeigen". Wie sich die Grundsätze des Verfassers auswirken
, soll an einigen Beispielen gezeigt werden. Nach
dem Verfasser flattert in 1,2 der Wind Gottes über
den Wassern. In 3, 8 bezieht sich das „einherging" nicht
auf Gott, der abends im Garten spazieren ging, sondern
auf die Stimme Gottes, „die im Garten daherging beim
Wehen des Tages". Anderes konnten ja die dogmatisch
festgelegten Rabbinen des Mittelalters nicht tun, um der
primitiven Vorstellung der Geschichte zu entgehen, und
kann ihr moderner Nachfolger auch nicht tun. In 6,2
sind die bene hä'elöhlm nicht etwa göttliche Wesen,
vielmehr ist als Singular dazu 'isch h anzusetzen, und es
sind demnach Geistbegabte darunter zu verstehen. In
11, 5 liegt nicht die naive Vorstellung vor, als wenn Gott
eine Ortsveränderung nötig gehabt hätte, „denn er weiß
ja schon von dem Bau, bevor er niedersteigt". — Es soll
aber doch auch gesagt werden, daß das Buch auch uns
einen guten Dienst leisten kann, nicht nur als Zusammentragung
und — wenn auch vielfach ablehnende — Verarbeitung
wissenschaftlichen Materiales, sondern als
Hilfsmittel für den Jugendunterricht auf der Stufe, auf
der die biblischen Geschichten noch naiv, ohne jede
Kritik geboten werden müssen. Weil der Verfasser sich
einfühlt in alle Geschichten als wirkliche Vorgänge, bietet
er manches gut verwertbare psychologische Material.
Der Mann der Wissenschaft wird — von Einzelheiten abgesehen
— wesentlich in Auseinandersetzung mit dem
Verfasser Gewinn ziehen, insofern er genötigt sein wird,
seine Position nachzuprüfen. Eine gewisse Aufmerksamkeit
ist dabei gegenüber den Behauptungen des Verfassers
allerdings unerläßlich. Nach Seite 726 sagt die Tora
in der Josephsgeschichte „stets J-h-w-h, nie Elohim, umgekehrt
sagen die handelnden Personen stets Elohim
nie J-h-w-h". „Daher spricht bis zur Sendung Moses
niemand diesen Namen aus." Vgl. dagegen z. B. 27, 20.
— Bei der Benutzung des Buches wird man an dem
guten Druck und der schönen Ausstattung seine Freude
haben.

Goslar a. Harz. Hugo Duensing.

Eichrodt, Prof. D. Walther: Theologie des Alten Testaments.

Bd. 2: Gott u. Welt. Leipzig: J. C. Hinrichs 1935. (VIII, 122 S.)
gr. 8°. RM 2.50 ; geb. 3.30.

Dem 1933 erschienenen 1. Teil seiner Theologie des
Alten Testaments hat Eichrodt nun den 2. folgen lassen