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Ausgabe: | 1935 Nr. 25 |
Spalte: | 458-459 |
Autor/Hrsg.: | Crawford, S.J. |
Titel/Untertitel: | Anglo-Saxon Influence on Western Christendom 600-800 1935 |
Rezensent: | Dörries, Hermann |
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Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 25.
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kannt wurden und allenfalls wirkten, wohin sie ergingen
oder woher sie durch Anfragen erbeten wurden. Im
Ganzen aber ist festzustellen, daß sich die Päpste nur
mit der Buße im Abendland befaßten. Der Osten ging
hierin stets seine eigenen Wege: nie kam von dort eine
Anfrage nach Rom, nie auch griffen Päpste in die anders
geartete östliche Bußdisziplin ein. Vielmehr machten
sie und abendländische Synoden seit der Mitte des
5. Jahrhunderts selber dort Anleihen, wobei man alle
Mühe hatte, die östlichen Bußstufen in das abendländische
Herkommen, das nicht einmal eine Büßerentlassung
kannte, einigermaßen sachgemäß einzugliedern (S. 87 ff.,
287 f.). Wenn dabei getaufte Sünder zu den Katechume-
nen verwiesen wurden (S. 90), weil der Ausdruck au-
dientes (äxooomEvou im Abendland bis dahin eben nur
diese und keine Bußstufe bezeichnete (zu S. 98 f., A. 36),
so war dies im Grunde eine Herabwürdigung des Standes
der Katechumenen, die der Osten vermieden hat.
Weiter ergibt sich, daß es im Großen und Ganzen immer
die Päpste waren, die für Milderung der alten, allerdings
vielfach übergroßen, Strenge eintraten (S. 48. 59ff.
79 u. a.). Damit stimmt es gut zusammen, wenn auch
der erste entscheidende Schritt, in dem vielverhandelten,
peremptorischen Edikt', von Rom aus, durch Bischof,
Kallist, gemacht worden ist.
S. 39 hätte auf den inneren Widerspruch hingewiesen werden dürfen
wenn Adam von einer geheimen correptio und Bufileistung spricht
während der „der Büßer freiwillig von der Eucharistie fern bleiben
mußte". Zu S. 76: das mox in ep. 108 Leos I braucht nicht notwendig
eine „kurze Distanz" zwischen Erteilung der Buße und Gewährung der
Rekonziliation bei Kranken anzuzeigen, sondern kann auch „sofort"
bedeuten. Es steht mir allerdings im Augenblick nur eine viel spätere
Belegstelle zur Verfügung, nämlich die Bulle „Laetentur coeli" Eugens
IV v. J. 1439, wonach die Seelen der Todsünder und der Ungetauften
mox in die Unterwelt hinabsteigen. — In der 26. Homilie sagt Gregor I
bei der Erklärung von Joh. 29, 19 ff, daß ein Bischof, der die Binde-
und Lösegewalt nicht gerecht anwende, ipsa hoc ligandi et solvendi pote-
state se privet (S. 154). Wie meint er das?
München. Hugo Koch.
Rü ckert, Hanns: Die Christianisierung der Germanen. Ein
Beitrag zu ihrem Verständnis und ihrer Beurteilung. 2., verb. Aufl.
Tübingen: J. C.B.Mohr 1934. (42 S.) 8°. = Sammlung gemeinverständlicher
Vorträge u. Schriften a. d. Gebiet d. Theologie u. Religionsgeschichte
160. RM 1.50
Die kleine Schrift, die erstmalig im Jahre 1932
herauskam, kann nicht unverdient 'in 2. Auflage erscheinen
. In so manchen Veröffentlichungen unserer Tage
läßt sich feindselige Leidenschaft zu gröblichen Entstellungen
fortreißen. Einzelheiten, die für das Ganze
weder entscheidende noch bezeichnende Bedeutung haben
, werden absichtsvoll und in verzerrender Beleuchtung
in den Vordergrund gerückt, so daß dahinter alles andere
verschwindet. Da ist eine fraglos aus echter Verbundenheit
kommende, aber besonnene Darstellung willkommen,
die, wie wir es nötig haben, die lebendige Wirklichkeit
in ihrem Sein erkennen will. H. R. kommt mit den unerläßlichen
Voraussetzungen. Er hat die kritische Haltung
den Quellen gegenüber, die (wie die Missionsbe,-
richte) sämtlich erst auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen
sind; er weiß um die Schwächen und Mängel, die
auch das Wertvolle in der geschichtlichen Erscheinungsform
entstellen, aber er hat auch die Blickweite, um bei
sicherer Beherrschung des Tatsächlichen das Große nicht
vor dem Einzelnen zu verlieren. Nachdem er eindeutig
festgestellt hat, daß die Gesamtbewegung, die die Germanenstämme
einen nach dem andern zum Christentum
geführt hat, in keiner Weise aus der rein einzelhaft auftretenden
Anwendung äußerer Gewalt entsprungen und
zu ihrer siegreichen Macht erwachsen ist, fragt er nach
den innern Gründen, aus denen es zum Übertritt gekommen
ist. Er beleuchtet die eigenen Schwierigkeiten,
die Lockerung und Erschütterung des heidnischen Glaubens
, die ungelösten Fragen und das Drängen, mit dem
er über sich selbst hinaus wies, und er zeigt, wie
hier das Christentum einsetzen konnte.
Woher aber, so fragt R., kam jener Kraftverlust
des Heidentums? Trotz der klärenden Ausführungen
i Deutsche Theologie 1 (1934) 119 ff. bleibt es mir recht
zweifelhaft, ob man sagen darf: der germanische Glaube
war als der Glaube eines „vorgeschichtlichen", d. h.
i unstaatlichen Seins der Geschichte nicht gewachsen. Bezeichnet
denn das Einsetzen der außergermanischen
Schriftquellen, mit denen die „Vorgeschichte" in die
! „Geschichte" übergeht, für die Germanen selber wirklich
eine solche Wende, und haben sich die Formen
staatlichen Lebens bis zum Übertritt der ersten Stämme
überhaupt entscheidend gewandelt? Die Kämpfe und
die Auseinandersetzungen mit andern Völkern reichen
offenbar so weit zurück, wie es Germanen, wie es
Indogermanen gibt. Eine Zeit, in der man nur „die
glücklichen, naturhaft geordneten Verhältnisse der Heimat
" kannte, eine Zeit des Midgardfriedens ohne Schicksal
, hat es nie gegeben. Auch bei den Isländern, die auf
Wikingfahrten ausziehen, um sich in Mannestaten zu be-
i währen, und die in zäh durchgeführten Fehden wohl
Tragik, aber auch die große Steigerung ihres Seins erleben
, vereinigen sich die bäuerliche und die kriegerische
Welt. So kennen wir nur eine Ethik, die am kriegerischen
Geist erzogen ist, und jenes Wort, das R.
merkwürdigerweise einem Reich des schicksallosen Lebens
, ja der Idylle, zuschreiben möchte: „Eins weiß
ich, das ewig lebt, des Toten Tatenruhm", es gehört
in Wahrheit in die geistige Welt des Kampfes und der
Auseinandersetzung mit dem Schicksal, das man in seiner
zerstörenden Härte scharf ins Auge faßt. Die persörr-
i liehe Lösung, die ihn in der Wirklichkeit des Lebens
| mit solcher Tragik fertig werden ließ, das Sterben zwar
; nicht „in Schönheit", wie R. sagt, aber in Größe, hat
der Germane allerdings gefunden und besessen; neben
der Heldendichtung stehn in großer Zahl die Zeugnisse
des wirklichen Lebens, die vielfach nur beiläufig gegeben
werden. Das aber ist doch richtig, daß er sich die
volle geistige Lösung, die tiefere Vereinigung der Schicksalsüberzeugung
mit dem Götterglauben nicht erkämpft
hat (vgl. auch meinen Aufsatz Germanisches Früh-
christentum im Heliand, Zeitschr. f. Deutschkunde 1935,
S. 37 ff.). Kam jedoch die innere Nötigung zu all solchen
Auseinandersetzungen wirklich vorzugsweise aus
dem staatlich - geschichtlichen Erleben jüngerer Zeit?
„Völker sterben" tönt es uns aus den geistigen Denkmä-
, lern nicht entgegen, jene Isländer aber, die sich von
den Göttern oder ihrem Gott abwandten, wurden gerade
von einem außerstaatlichen, persönlichen Erleben bewegt
. Das antike Heidentum hat trotz rheinischer Vo-
; tivsteine und rheinischen Mithraskults keine umstoßende
! Kraft gezeigt. So frage ich: ist nicht neben anderm wie
der Loslösung so vieler Stämme von der Heimat und
ihren Heiligtümern, worauf Edw. Schröder weist, für
die Auflockerung eben auch schon die neue höhere
; Macht christlichen Geistes und christlicher Gedanken,
die ja auf die germanische Welt weithin nachweisbar
längst vor der Bekehrung wirkten, als Kraft von entscheidender
Stärke einzustellen?
! Die neue Auflage hat einige Stellen (namentlich über
den Fulltrui und die Gottlosigkeit bei germanischen
Heiden) etwas anders, klarer und treffender gefaßt und
hat sich in den stark vermehrten Anmerkungen mit
neueren und kritischen Stimmen, besonders Baetke und
Kummer, auseinandergesetzt. Schlagend weist R. auch
die leichtfertigen Auslassungen Fröschlins und eines
Namenlosen zurück, die aus den Kämpfen Karl Mar-
tells, Karlmanns und Pippins gegen die Alemannen die
, gewaltsame Christianisierung Schwabens machen möchten
, obwohl sie mit der Bekehrung nachweisbar in keinem
Zusammenhang stehen können.
Göttingen. Ludwig Wolf f.
Crawford, S. J.: Anglo-Saxon Influence on Western
Christendom 600 800. London: Oxford University Press 1933
(VII, 109 S.) kl. 8°. 5 s^