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Ausgabe:

1935 Nr. 24

Spalte:

442-444

Autor/Hrsg.:

Popp, Karl R.

Titel/Untertitel:

Jakob Böhme und Isaac Newton 1935

Rezensent:

Buddecke, Werner

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Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 24.

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Schuster hat sein Werkchen in 7 Kapitel eingeteilt,
wovon die beiden ersten die grundlegliehen Haupteinwendungen
behandeln, welche in der Gegenwart gegen
das A.T. erhoben werden: Das AT. als Produkt jüdischer
Rasse, anstößiger Inhalt und angeblich bedenkliche
geschichtliche Nachwirkungen. Demgegenüber werden im
Iii. Kapitel bleibende Werte des A.T. aufgezeigt. Wesentlich
überhöht wird dieser Hinweis durch die Darstellung
des nationalen Sozialismus und dem volksbezogenem
Gottesverhältnis bei den Propheten im IV. Kapitel
. Gegenüber dem volksgebundenen Ethos der Propheten
wird der berechtigte Individualismus der Frömmigkeit
eines Jeremia und seiner Geistesjünger in den
Psalmen, des Buches Hiob und von Jesaja 53 in Kapitel
V dargelegt unter Abweisung der bedenklichen dogmatischen
Verengerung durch Hesekiel und unter Hinweis
auf das N.T. Das VI. Kapitel zeigt die Unmöglichkeit
, das N.T. zu behalten unter Fallenlassen des A.T.
und bespricht die Stellung des Paulus wie auch Jesu
zum A.T. Das letzte Kapitel bringt eine abschließende
Bewertung, wobei vorgezeichnete Linien ganz ausgezogen
und einige Probleme zu Ende erörtert werden.

Das Werkchen hält sich vollständig frei von einer
üblen Apologetik, die mehr gefährdet als fördert. Die
Darstellung des Verfassers kommt aus einer letzten
Ruhe heraus, wie sie vollständige Sachkenntnis und
Überlegenheit des Urteils gewähren. Man könnte sogar
der Meinung sein, daß einzelne Behauptungen noch
kecker auftreten könnten, aber besser ist es, daß Sachlichkeit
und Nüchternheit des Urteils ihre Unangreifbarkeit
gewährleisten, auf die Religionslehrer und auch Pfarrer
sich verlassen können. Die pädagogische Befähigung
und Ausrüstung des Verfassers hat darüber hinaus dafür
gesorgt, daß jeder Laie das Werkchen verstehen, ja mit
Genuß lesen und einen lebhaften Eindruck vom Wert
des A.T. auch noch für unsere Zeit gewinnen kann.
Goslar. Hugo Duensing.

Thomas vonAquin: Die Deutsche Thomasausgabe. Vollst.,
ungekürzte deutsch-lateinische Ausg. der Summa Theologica. Hrsg.
vom Deutschen Akademikerverband. Bd. 2: Gottes Leben, Sein Erkennen
und Wollen. 2. Aufl. Salzburg: A. Pustet. 1934 (XVI, 439 S.)
8". Bd. 5: Das Werk der sechs Tage. 2. Aufl. ebda. 1934 (XX, 264
S.) 8°. je RM 9—; geb. 10—.

Die beiden neuen Bände der Deutschen Thomasausgabe
folgen in der Anlage und der Ausführung den bisher
veröffentlichten Bänden (vgl. ThLz. 1934, Nr. 15/16
und 1935, Nr. 1). Die Übersetzung ist zuweilen etwas
sklavisch und wirkt daher gelegentlich nicht nur schwerfällig
, sondern erschwert auch das Verständnis. Wenn
man mit der Übersetzung nicht lediglich beabsichtigt,
den schlechten Lateinern unter den Lesern eine Eselsbrücke
darzubieten, sondern eine wirkliche Deutsche Übersetzung
schaffen will, empfiehlt sich die größere Freiheit
und Beweglichkeit im Übersetzen beizubehalten, die den
25. Band auszeichnete. Die gelehrten Anmerkungen, deren
die beiden ersten Bände ein reichliches Maß gebracht
hatten, sind in Band 2 auf ein paar Seiten zusammengedrängt
, in Band 5 ganz weggelassen. Dafür tritt der
Kommentar in beiden Bänden verdientermaßen in den
Mittelpunkt. Freilich haben die Erklärer in beiden Bänden
mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die
Einleitung zu Band 2 betont mit Recht den christozentri-
schen Charakter der theologischen Erkenntnis. Aber
vergebens bemüht sie sich, die andersartige Auffassung
des Problems in der Gotteslehre des Doctor Angelicus
zu rechtfertigen. Gewiß bringt er gelegentlich auch religiös
wichtige Gedanken. Aber methodisch ist doch eben
das, was er in diesen Quaestionen bietet, eine philosophische
Lehre von der ersten Weltursache. Der Kommentar
bemüht sich, das theologisch Wichtigste herauszustellen.
Interessant ist eine ausführliche Darstellung der Geschichte
der Lehre von der Vorherbestimmung in der
katholischen Kirche.

In der Schöpfungslehre, die Band 5 behandelt, stehen

die Herausgeber vor einer doppelten Schwierigkeit: wie
ist die Lehre des Hlg. Thomas zu.vereinbaren einerseits
mit dem Wortsinn des Genesisberichtes, und andererseits
mit der heutigen Naturerkenntnis, der der neuere
Katholizismus nicht mehr so ablehnend gegenübersteht?
Thomas ist in seiner Erklärung weitgehend von dem
Weltbilde seiner Zeit abhängig, aber gerade deshalb muß
er mit dem Texte selbst zuweilen höchst selbstherrlich
umgehen. Der Kommentar beschränkt sich in diesem
Falle darauf, die Meinungen des Heiligen aus sich heraus
verständlich zu machen: ein besonderer Abschnitt am
Schlüsse sucht dann den Unterschied zwischen der tho-
mistischen Schriftauslegung und den modernen Grundsätzen
für die Auslegung des Schöpfungsberichtes klarzumachen
. Man lernt daraus, daß in der katholischen
Kirche auch heute noch kein wirklicher Ausgleich gefunden
worden ist zwischen der augustinisch-platonischen
, Auffassung einer zeitlosen Schöpfung und dem geschichtlichen
oder naturgeschichtlichen Verständnis des Genesisberichtes
.

z. Zt. Swansea, Wales. Otto Piper.

Schmidt, Prof. D. Hans: Luther und das Buch der Psalmen.

Ein Beitrag zur Frage der Wertung des Alten Testaments. Tübingen :
J. C. B. Mohr 1933. (60 S.) gr. 8°. = Sammig. gemeinverständl. Vorträge
u. Schriften a. d. Gebiet d. Theologie u. Religionsgesch. 167.

RM 1.50.

Es ist vor anderen Johs. F i c k c r gewesen, der bei
jeder Gelegenheit darauf hingewiesen hat, daß der Psalter
Luthers Lebensbuch gewesen ist, durch das er sich
hindurchgebetet hat. In eindrucksvoller Anschaulichkeit
weist in der vorliegenden Abhandlung, der Niederschrift
eines Vortrages, der Alttestamentier Hans Schmidt
nach, wie der Psalter Luther vom Beginn seiner Dozententätigkeit
an bis in seine Sterbestunde begleitet hat, wie
er seit der ersten Psalmenvorlesung in immer neuen Ansätzen
mit der Übersetzung ringend sich in das Verständnis
des Psalters einlebt und an ihm wächst, genauer mit
ihm verwächst. So ist Schmidts Büchlein zugleich indirekt
ein Beitrag zur Frage der Wertung des Alten
Testaments.

Münster i. W. Fr. W. S c h m i d t.

Popp, Dr. Karl Robert: Jakob Böhme und Isaac Newton.

Leipzig: S. Hirzel 1935. (XII, 97 S.) gr. 8°. = Studien und Bibliographien
zur Gegenwartsphilosophie. H. 12. RM 4.20
Wie das Werk Böhmes bisher keine umfassende
wissenschaftliche und zugleich geistesverwandte Darstellung
erfahren hat, so fehlt auch eine zusammenhängende

i Untersuchung seiner Wirkungen und seines Weiterlebens
in der Geschichte des Geistes. (Wertvolle Ansätze dazu

j finden sich bei Felix Voigt: Das Böhmebild der

i Gegenwart. In: Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 102.

| 192Ö.) Den wenigen Schriften, die sich mit dem Einfluß
Böhmes auf einzelne Persönlichkeiten oder einzelne
Epochen beschäftigen, und die als Bausteine zu einer
Geschichte des Nachlebens Böhmes angesehen werden
können, reiht sich die Studie P.s würdig an. Sie verdankt
ihre Entstehung einer Anregung des Privatdozenten Dr.
Werner Schingnitz und ist,was nicht verschwiegen
wird, gleichzeitig als Leipziger Dissertation erschienen.

Das reizvolle Thema, ob und wieweit Newton von
Böhme beeinflußt ist, das da und dort im Böhiiie-Schrift-
tum anklingt, wird von P. auf breiter Grundlage und mit
Benutzung umfangreicher Literatur bearbeite,. Voraus
geht eine Darstellung des Lebens und der Lehre Böhmes
in enger Verbindung miteinander. Es folgt die Geschichte
des Böhme-Einflusses in England bis auf Newton
, an die sich eine Würdigung Newtons selbst, seines
Lebens und seiner wichtigsten Entdeckungen anschließt.
Dann treten die Hauptzeugen für den Einfluß Böhmes
auf Newton vom 18. bis ins 20. Jahrhundert auf. Ihre
Behauptungen, die z. T. durch längere Zitate wiedergegeben
sind, lassen sich schon durch Vergleichung miteinander
auf ein Maß zurückführen, das dem rechten
Urteil nahe zu kommen scheint. Endgültig nimmt der