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Ausgabe:

1935

Spalte:

25-26

Autor/Hrsg.:

Euing, Ludwig

Titel/Untertitel:

Die Sage von Tanaquil 1935

Rezensent:

Rohde, Georg

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung

BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK

unter Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖRRIES und Prof. D. Dr. GEORG WOBBERMIN. beide in Göttingen

HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER, GÖTTINGEN

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahreheften. Bearbeitet v.Bibliotheksrat Lic.Dr.phil. REICH, Bonn, u.Lic.H. SEESEMANN, Göttingen

Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich KM 22.50

Manuskripte und gelehrte Mitteilungen iind ausflchliefilich an Professor D. BAUER in Güttingen, Düstere Eichenweg 14. au senden,
Reiensionsearmplare ansschlieilich an den Verlag. Gewahr für Besprechung oder Rücksendung von unverlangt gesandten Resensions-
eternplaren. besonders noch bei Zusendung nach Göttingen, wird nicht übernommen.

VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG, LEIPZIG C 1
60. JAHRGANG. Nr.2 19. JANUAR 1935

Spa!te| Spalte

Asmussen: Die Seelsorge (Knevels) .... 34 bis 1612) (Schornbaum)..........30

Bleeker: De kleinen Profeten II (Caspari) . 29;Sören Kierkegaards Papirer (Hirsch).....33

Byloff: Hexenglaube und Hexenverfolgung Lösch: Dcitas Jesu und antike Apotheose

in den Österreich. Alpenländern (Vorwahl) . 31
Christoffel: Zwischen Saat u. Ernte (Witte) 38
Euing: Die Sage von Tanaquil (Rohde) . . 25
Fritz: Ulmische Kirchengeschichte vom Interim
bis zum dreißigjährigen Krieg (1548

(Koch)....................29

M u 1 e r t: Schleiermacher und die Gegenwart

(Wendland).................33

Müller: Die Verkündigung im Arbeitslager
als Problem der Volksmission (Schowalter) 37

Spalte

Newton: Notes on the Covenant (Caspari) 28
Pfeiinigsdorf: Die Volksmission im neuen

Reich (Schowalter).............37

Revue de l'Histoire des Religions (Baumgartner) 26

Schoell: Christenglaube (Knevels).....40

Dein Wort ist Deiner Kirche Schutz (Usener) . 36
Zoepfl: Dr. Benedikt Peuger (Poiger) (Koch) 32

Euing, Ludwig: Die Sage von Tanaquil. Frankfurt a. M.: V. scheinen seilte Vermutungen zu einein hohen Grade
Klostermann 1933. (53 s.) gr. 8°. = Frankf. Stud. z. Religion u. von Wahrscheinlichkeit zu erheben.

Kultur d. Antike Hrsg. von w. F. Otto. Bd. 2. RM 3.50. m letzten Kapitel beschäftigt sich Euing mit den

Euing knüpft in seiner Studie an das 1870 erschie- Sagen um die verschiedenen Qaiae des römischen My-
nene in letzter Zeit so berühmt gewordene gleichnamige thos und sucht nachzuweisen, daß auch hier eine BeBuch
J. J. Bachofens an. Für Bachofen war Tanaquil ziehung zu Vesta obwaltet; denn die Vestalin Gaia Taraursprünglich
eine Muttergottheit vom Rang der großen da sive Fufetia gehört durch ihren ersten Namen zu
asiatischen Natunnütter, die in Rom unter der Einwir- den Tarquiniem wie Tanaquil, durch ihren zweiten zu

kung des Geistes der Paternität diese Natur verliert ; dem albanischen Königshause; hier aber spielt Vesta
und sich zum Musterbilde aller matronalen Eigenschaften (in der Fassung der Romulus-Geburtssage des Prorna-
wandelt; zugleich wird sie aus einer Göttin zu einer ge- thion) eine bedeutsame Rolle.

schichtlichen, politisch handelnden Gestalt. Dieser Vor- Besonders sei hingewiesen auf eine Einzelheit, den

gang, nach seiner materiellen wie nach seiner formalen j Versuch, eine neue Auffassung vom Wesen der Vesta-
Seite hin betrachtet, gab Bachofen Anlaß zu seiner linnen zu begründen. Im Gegensatz zu der herrschenden

großen Wesensschau römischen Geistes, die über alle ! Auffassung glaubt Euing erweisen zu können, daß sie

Einzelerkenntnisse hinaus ihre Bedeutung behalten wird. ; nicht Urbilder der römischen Gattin und Hausfrau dar-
Daß Bachofens Art der Quellentenutzung mit der uns stellen, sondern daß sie „Töchter des Staates" sind,

vertrauten Interpretationsmethode vielfach in Wider- , wenn auch nicht im streng zivilrechtlichen Sinne, wie

spruch steht, ist seit langem kein Geheimnis mehr. So 1 Mommsen meinte.

ist es denn für Euing ein leichtes, die Gestalt der Tana- Man muß anerkennen, daß der Verfasser einen wich-

quü aus den großen Zusammenhängen, in die Bachofen : tigen Beitrag zur römischen Sagenforschung geliefert hat,
sie gestellt hatte, zu lösen; er zeigt, daß der Bericht des und wird ihm Dank wissen für die klare und übersicht-
Livius (I 34)) auf den Bachofen sich stützt, kein Ele- liehe Art, wie er sein Material darbietet. Mit Genug-

v/enui entnält, das auf matriarchale Zustände hinweist. ; tuung wird man feststellen, daß die Richtigkeit einer

Wohl aber rückt Tanaquil durch ihre Weissagekunst [ Grunderkenntnis Bachofens bestätigt wird. Wenn man

"Ji* r» Nähe weissagender Nymphen, wie sie der grie- dem Verfasser nicht auf jedem seiner Schritte ohne
™sc^ "nd italische Mvthos in großer Zahl kennt; so Zögern zu folgen vermag, so liegt das an der Natur des
• -t w " ihre Bedeutung nicht, wie Bachofen glaubte, Gegenstandes und der Neuheit der Methode. Nachdem
in ihrer Herrschaftsstellung gegenüber dem Mann, son- die historische Schule so lange die Existenz eines ita-
dern in ihrer Gottheitsnatur. lisch-römischen Mythos überhaupt geleugnet hat, scheint

Diese erweist sich nun für Euing (allerdings in einem : es jetzt nötig, alle nur irgend gangbaren Wege zu erpro-
anderen sinne als Bachofen meinte) einmal durch ihre ben und durch Herstellung eines weit verzweigten Netzes
Ähnlichkeit mit der etruskischen Orakelgöttin Tethys, von Beziehungen, von denen sicher manche im Verlaufe
die in einer rassung der Geburtssage des Romulus (nach der Forschung sich als unwesentlich herausstellen wer-
Fromathion bei 1 lutarch Romulus 2) eine ähnliche Rolle den, sich des Gegenstandes zu bemächtigen. Was bei
spielt wie Tanaquil in der Geburtssage des Servius. diesem Vorgehen als beweisend zu gelten hat und was
Uie Heranziehung einer dritten Geburtssage, der des nicht, kann sich erst allmählich klären. Wenn es in-
5-aeculus, des Gründers von Praeneste, ermöglicht es, zwischen öfter bei einem bloßen Ahnen von Zusammen-
lanaquil, die dort unter dem Namen Gaia Caecilia er- hängen bleibt, so kann das nur ein Ansporn sein, den
scheint, in Beziehung zu setzen zu einer anderen Gott- einmal eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen.

SfiLl" CaC£' ei"u ™«en ihres Kultes der Vesta yer- ; Marburg a. d. Lahn. üeorg Rohde.

gleichbaren Gestalt. Von hier aus glaubt Euing weiter- 1

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Q*SE££ «SÄ^^lllT?^ £ de,"f STJS *eVUe de ''Hist0ire des Religions, publice sous i. Direction de R.

HaR g g t? ! t , dCr Wsta y?rtntt' ,""5 Dussaud. Secretaire de la redaction Ed. Dhorme. Paris: E.

• a der,.g.aiIze Mythenkomplex von der Feuergeburt | Leroux. Tome CV1I( i4ime annfci 1932-1933. (249 S.); Tome

in Qen Kreis der Vesta und des VolcanUS gehört. Eine j CVI1I, 44eme annee, 1933. (305 S.); Tome CIX, 45eme annee, 1934.

Anzahl weiterer Beziehungen, denen Euing nachgeht, I (263 S.) gr. 8°.

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