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Ausgabe:

1935 Nr. 23

Spalte:

427

Autor/Hrsg.:

Barton, George A.

Titel/Untertitel:

Christ and Evolution 1935

Rezensent:

Schian, Martin

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Seite 1

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427

Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 23.

428

und Ethos, die ihr gegenüber eine eigengesetzliche Determinante
haben (S. 27) aber niemals alleinbestimmend.
Dementsprechend entbindet der Begriff „arteigen" nicht
davon, am überkommenen Religionsgut auch des eigenen
Volkes Kritik zu üben, das religiös Wertvolle von
dem religiös Minderwertigen und Überlebten auszusondern
(S. 28). Der eigene Standpunkt des Verfassers
tritt hervor, wo es sich um den Maßstab der „schöpferischen
Kritik" handelt. Er wird im eigenen religiösen
Erleben gesehen (S. 28). Damit werden dem Subjektivismus
und der Willkür weiteste Türen geöffnet. Ebenso
angreifbar ist die Meinung, daß eine Religion umso
standortgebundener zu sein pflegt, je primitiver sie ist,
und daß das Christentum dem deutschen Menschen dadurch
etwas bedeutet, daß es kraft der Höhe, Reinheit
und Tiefe seines religiösen Qehalts seine rassische und
völkische Verwurzeltheit in sich selbst überwindet und
in die Sphäre des überrassisch und übervölkisch Menschheitlichen
hineinwächst (S. 36). Noch mancherlei andere
Gegenwartsfragen werden in dieser Schrift erörtert. Sehr
interessant sind die eigenartig ausgewählten Quellen
über die Religion der Germanen. Das Büchlein vermag
anzuregen und sei kritischer Lektüre empfohlen.

Leipzig. Fr. Schulze.

Barton, Prof. George A.: Christ and Evolution. A Study of the
Doctrine of Redemption in the Light of Modern Knowledge. Philadelphia
: Univ. of Pennsylvania Press 1934. (XI, 166 S.) 8°. 9 s.
Eine allgemeinverständlich geschriebene, knappe Darstellung der
Hauptgedanken christlicher Weltanschauung vom Standpunkt eines fortschrittlichen
Christentums. Dabei wird die Frage der Entwicklung besonders
betont. Nach des Verf.s Ueberzeugung leben wir in a world, where
God's chosen method of working is the evolutionary method (133).
Das Problem der Religion ist nicht das Problem der Versöhnung, sondern
der Vollendung der Erschaffung des sittlichen Wesens. B. ist sehr belesen,
auch in deutscher theologischer Literatur; er kennt und erwähnt eine
Unmenge theologischer Einzelfragen. Daß er ihnen nicht näher nachgehen
kann, versteht sich aus dem Umfang seines Buchs. Aber warum
mußte der Kreis der Fragen gar so weit genommen werden ? Verf. hat
die Beobachtung gemacht, daß junge Geistliche mit neuem Sinn für
ihre Aufgabe ans Werk gehen, wenn sie begreifen, daß sie Gottes Mitarbeiter
sind in completing the creation of the human race. Glücklicher
Optimismus!

Breslau-Sibyllenort. M.Schi an.

Söhn gen, Lic. Dr. Oskar: Kirchen - Aufbau in der Großstadt
heute ! Ein volksmissionarisches Programm. Göttingen : Vandenhoeck
& Ruprecht 1934. (48 S. m. 3 Abb.) gr. 8°. kart. RM 1.95.

Fa b e r, Hermann : Neue Wege zur Pfarrerausbildung. Tübingen:
J. C. B. Mohr 1934. (48 S.) 8°. = Sammlung gemeinverständl. Vorträge
u. Schriften a. d. Gebiet d. Theologie u. Religionsgesch. 172.

RM 1.50; in Subskr. 1.20.

Das Tempo, in dem wir zur Zeit auch inbezug auf
die kirchlichen Verhältnisse leben, bewirkt, daß Schriften
wie die beiden anzuzeigenden, die aus aktuellen Fragestellungen
heraus geschrieben sind, schon nach wenigen
Monaten nicht mehr im zugespitzten Sinn aktuell sind.
Sie sind aber beide besonders geeignet, über eine reine
Augenblicksproblematik hinweg die Aufmerksamkeit auf
umfassendere Probleme und Aufgaben zu lenken, die die
gegenwärtige Gesamtlage der Kirche, ihrer Gemeinden
und ihres Pfarrerstandes auf Herz und Gewissen legt.

Das „volksmissionarische Programm", das S. in seiner
Schrift aufstellt,, weist in wesentlich andere Richtung,
als die ist, in der heute vorwiegend von Volksmission
geredet wird. Er will, daß die volksmissionarische Aufgabe
der Kirche vor allem unter dem Gesichtspunkt
ins Auge gefaßt wird, daß die evangelische Gemein
de als die von Gott gegebene Lebensordnung zur
Bewährung der neuschaffenden Kräfte heiligen Geistes
den Gemeindegliedern fühlbar und durch ihre Einrichtungen
bei ihnen wirksam wird. Alles unter Zuspitzung
auf die Verhältnisse der Großstadt^ insbesondere Berlins
. Vf. beschränkt sich, bei aller Klarheit im Grundsätzlichen
, auf praktische Vorschläge; er will Wege
zeigen,, die tatsächlich gegangen werden können und
schleunigst gegangen werden müssen. Die Vorschläge

gehen in 2 Richtungen: 1. Schaffung eines Gemeindebuchs
als einer kirchlichen Lebenskunde (nicht bloß
„Merkblatt"), das allen Haushaltungen der Gemeinde
ausgehändigt, auch den neu Zuziehenden überreicht werden
soll. 2. Kirchenaufbau in der Großstadt (nach einem
Vierjahresplan) mit 3 Fronten: Zerschlagung der Riesen
-Massengemeinden und Schaffung organischer Ge-
' meinden mit gesunden Wachstumsbedingungen; Bekam p-
j fung des Kirchenmangels durch ein großzügiges Kir-
chenbauprogramm (kleine billige, aber geschmackvolle
Holz-Notkirchen!); planmäßige Regelung und Verstärkung
des Einsatzes von geistlichen Kräften in den Großstädten
. — S. sieht scharf, urteilt klar und verständig,
hat Erfahrung von seiner pfarramtlichen Tätigkeit in
| Köln und aus der Zeit,, wo er im Evg. Oberkirchenrat ein
i weites Blickfeld zu übersehen hatte, und schreibt sehr
! anregend. Es ist zu hoffen und zu wünschen, daß die
j Schrift ihre Wirkung über den Augenblick hinaus tun
I wird.

Faber prüft umsichtig und besonnen die Vorschläge
, die zur Zeit von den verschiedensten Seiten zur Neu-
I gestaltung der Pfarrervorbildung gemacht werden. Er
j beschränkt sich dabei auf das, was in der Hinsicht auf
j der Universität geschehen soll, unter Beiseitelassung der
Reformvorschläge für die spätere kirchliche Ausbildung,
insbesondere im Predigerseminar. Ich glaube, daß die
Universitäts- und die anderweitige Ausbildung des kirch-
| liehen Nachwuchses vollständig nur im gegenseitigen
I Zusammenhang der beiden Teile der Ausbildung unter-
I einander behandelt werden kann. Das hindert nicht, daß
die Frage der Universitätsausbildung als Teilproblem
für sich zum Gegenstand der Behandlung gemacht wird.
F. bespricht zunächst die Frage der Auslese der Theologiestudierenden
, nicht bloß im Sinn der Prüfung ihrer
geistigen Fähigkeiten, sondern auch und besonders im
Sinn der Forderung religiöser und kirchlicher Bewährung
für Studenten und Kandidaten. Bezüglich der Ausbildung
der jungen Theologen vertritt er mit Nachdruck den
Standpunkt, daß die geistige Schulung und die theologisch
-wissenschaftliche Durchbildung nicht beeinträch-
i tigt werden darf. Er bespricht die Reform des theologischen
Studiums unter den Gesichtspunkten der Modernisierung
, Reduzierung, Differenzierung, sowie der Erhöhung
der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit der Studierenden
. Die Anleitung zum richtigen Studium muß
ergänzt werden durch eine bewußte Erziehung der Studenten
im Sinn des Kampfes gegen das individualisti-
I sehe, das intellektualistische und das berufsmaterialisti-
J sehe Denken. — Bei allem Verständnis für die Notwen-
j digkeit neuer Wege und bei aller Aufgeschlossenheit für
! die Bestrebungen zur Abhilfe erkannter Mängel weist
F. doch auch fortlaufend auf die Bedenken hin, die sich
j mit der Durchführung der gemachten Vorschläge im
einzelnen verbinden.

Halle a. S. Karl Eger.

Köberle, Prof. D. Adolf: Das Licht der Welt. Predigten. Basel:
Heinrich Majer [1934]. (212 S.) S°. geb. RM 5.20.

Der Baseler Theologieprofessor Köberle schenkt uns
einen Band Predigten. 8 aus Sonntagen des ganzen
Kirchenjahres, 7 von Festtagen und 4 bei Missionsfeiern
gehalten. Es geht ihm bei allen Predigten darum,
Christus als das Licht der Welt aufzuzeigen. Dieses
| Anliegen das Köberle sehr ernst nimmt, ist ihm wohlgelungen
. Ich kann mir denken, daß diese Predigten
Manche getroffen und Viele — nachdenklich gemacht
| haben. Sie sind wirklich volksnah. K. greift oft ins
1 tägliche Leben hinein und stellt Ehe und Hausgemeinschaft
unter das Licht des Wortes Gottes. Er holt Beispiele
aus dem völkischen Leben der Gegenwart herzu
und geht auch nicht an Tagesereignissen vorüber. Und
langsam aber ganz sicher zwingt er seine Hörer von
ihrer Anschauung und Auffassung des Lebens mitzugehen
, bis sie mit ihm vor dem Christus stehen und
spüren, wie von ihm allein Licht in ihre Seele und ihr