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Ausgabe:

1935 Nr. 22

Spalte:

401-402

Autor/Hrsg.:

Sigge, Timotheus

Titel/Untertitel:

Das Johannesevangelium und die Synoptiker 1935

Rezensent:

Büchsel, Friedrich

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 22.

402

so mehr, als jede Seite des kleinen Buches von guten
Beobachtungen und wichtigem Material voll ist. — Das
Buch ist E. von Dobschütz zum 60 jährigen Geburtstag
gewidmet; sicher hat sich der jetzt Heimgegangene gefreut
, eine Oabe entgegenzunehmen, die so viele Spuren
seiner trefflichen Schule aufweist.
Uppsala. Anton Fridrichsen.

s' g g e, P. Dr. Timotheus, O. F. M.: Das Johannesevangelium und

die Synoptiker. Eine Untersuchung seiner Selbständigkeit u. der
gegenseitigen Beziehungen. Münster i. W.: Aschendorff 1935. (IV, 221
S.) gr. 8°. = Neutestamentl. Abhandlungen XVI. Bd. 2/3. Heft.

RM 10.50

Die vorsichtig verfahrende, sorgfältig aufgebaute Untersuchung
führt den Leser sehr allmählich vor die entscheidenden
Probleme. Kap. 1 entwickelt die Geschichte
des Problems und bringt die Urteile, die von dem Presbyter
des Papias und Clemens Alexandrinus bis zu Windisch
über das Verhältnis des 4. Evangeliums zu den
3 ersten ausgesprochen sind (1—45). Kap. 2 zeigt die
Selbständigkeit des 4. Evangeliums auf in seiner Zielsetzung
20, 30. 31 und in der Verfolgung des Zieles im
Einzelnen und Ganzen des Verlaufs der Erzählung (45
bis 85). Kap. 3 untersucht die Rahmenistücke (85—139),
Kap. 4 die 5 Erzählungen, die Joh. mit den Synoptikern
gemeinsam hat (139—163), Kap. 5 die Stoffe, in denen
sich beide der Sache nach noch berühren (163—213).
Das Ergebnis ist: S. betont nachdrücklich die Selbständigkeit
und das Auswahlweise des Joh.-Berichts. Die
Behauptung: Joh. habe die Synoptiker verdrängen wollen
, lehnt er völlig ab. Die Behauptung: er habe sie
ergänzen wollen, modifiziert er so, daß er nur von einer
organischen, nicht von einer mechanischen Ergänzung
geredet sehn will. Die Absicht des Joh. war, seinen
Bericht an die Seite des bisher giltigen und anerkannten
zu stellen, nicht gegen ihn auszuspielen. Es kommt S.
nur darauf an, daß das Joh.-Evgl. „durchweg einen Ausgleich
mit den neben ihm stehenden ermöglicht", ja
er endet schließlich bei dem Urteil des Clemens Alexdr.,
das er dahin abwandelt, „daß Joh. sein Werk als pneumatisches
an die Seite des somatischen stellt, dieses in
mancher Hinsicht ordnend und bereichernd, wie es die
Lückenhaftigkeit und bewußte Systematik der Synoptiker
, aber auch wie es sein eigenes Ziel erfordert" (214).

Kap. 1 ist nachzurühmen, daß es den wissenschafts-
geschichtlichen Stoff mit einem hohen Maß von Vollständigkeit
sammelt und in klarer Übersichtlichkeit vorträgt
. Die Typen der Ergänzungstheorie und die Entstehung
und Verbreitung der Verdrängungstheorie sind
lebendig herausgestellt. In Kap. 2—4 ist vieles anzuerkennen
, namentlich was S. über die Selbständigkeit des
Joh.-Evgl. und über seine Absicht, sich neben, nicht gegen
die älteren Evangelien zu stellen, über seine
positive Einstellung zu ihnen, sagt. Aber Kap. 5 enttäuscht
, und hier fällt doch die Entscheidung. Hier
stößt S. nicht bis zum entscheidenden Punkte vor; er
bleibt allzu vorsichtig. Da, wo der joh. und der synoptische
Bericht handgreiflich im Gegensatze stehn (starb
Jesus am 14. oder 15. Nisan? ist er um 12 Uhr von
Pilatus verurteilt Joh. 19, 14 oder schon um 9 Uhr gekreuzigt
Mk. 15, 25?), erörtert er die verschiedenen Ausgleichversuche
und läßt die Frage, wer Recht hat,
schließlich offen (202, 205). Damit hat er aber seinem
Problem die Spitze abgebrochen, was leider auch den
Wert seiner vorausgehenden Untersuchungen beeinträchtigt
. Man kann das Verhältnis des Joh.-Evgl. und der
Synoptiker nicht nur von Joh. aus untersuchen; man muß
ein geklärtes und umfassendes Urteil über das Wesen
und den geschichtlichen Wert der Synoptiker, vor allem
des Mk. (der Joh. vielleicht allein vorgelegen hat), einsetzen
. Es genügt nicht, sie nur lückenhaft, unchronologisch
, bewußt systematisierend zu kennzeichnen. Das
Verhältnis des Mk. zur Gemeindeüberlieferung und die
damit gegebene Begrenztheit seines geschichtlichen Wertes
muß klar bestimmt werden. Dann läßt sich verstehn,

daß Joh., im Besitze besserer Kenntnis der Geschichte
Jesu, sich nicht scheut, Mk. da, wo er dazu Veranlassung
gibt, zu korrigieren, z. B. 3, 24, ohne deshalb das Mk.-
i Evgl. verdrängen oder in der Weise eines Supplements
ergänzen zu wollen.
Rostock. F. Büch sei.

Recherches de Science Religieuse. Tome XXIV, 1—5. Paris |VIIe,
Rue Monsieur 15): Bureau de la Revue 1934. (640 S.) gr. 8°.

Fr. 32 -.

An der Spitze dieses Bandes (S. 5—11) steht ein von J. Lebreton
verfaßter warmer Nachruf auf den Jesuitenpater Maurice de la
Taille (1872- 1933), Prof. in Angers, dann an der Oregoriana in
| Rom, dessen Hauptwerk Mysterium Fidei (1919 3. Aufl. 1931) vom
Messopfer handelt und in der Opfertheorie von der seines Lehrers Billot
abweicht.

Biblisches A. T. S. 35—46 beschließt J. Bonsirven seine
Abhandlung über .Allegorische Exegese bei den tannai-
tischenRabbinen' (siehe diese Ztg. 1934, Sp. 209) mit dem Hohen-
liede nach ihrer Erklärung. Im allgemeinen stellt er einen .caractere
superficiel et peu penetrant' der rabbinischen Erklärung fest. — S. 450 bis
455 beleuchtet er das Logion vom Jonas zeichen aus der Mischna
und vermutet, daß die Buße der Niniviten in der jüdischen Liturgie eine
Rolle gespielt habe. — N. T. E. R. Sm o th ers berichtet S. 12—34 über
die .Papyrus Beatty dergriechischen Bibel1, die Bedeutung
der neu entdeckten, von Dr. Ibscher in Berlin mit bekannter Sorgfalt
und Meisterschaft instandgesetzten biblischen Papyrusbruchstücke der
ehester-Beatty-Sammlung, die Fr. Kenyon herausgiebt und von denen
nach einer allgemeinen Einleitung (Fase. I) die Stücke aus den Evangelien
und der Apostelgeschichte (Fase. II) erschienen sind (Oxford 1933),
und führt in einem Anhang einige bemerkenswerte Lesarten und Verbesserungsvorschläge
auf. — S. 467—472 vermutet er aufgrund der
Papyrusbruchstücke, daß Act. 13, 33 fv toi? ipcdumi; zu lesen sei und
in Act. 15, 7 ein Einschub vorliege durch Versehen eines Abschreibers
I der auf 15, 2 zurückgekommen sei; dazu ein Nachtrag zu den Verbesserungen
S. 33 f. — S. 86 — 93 stimmt derselbe Gelehrte der jüngsten
Deutung der vielbehandelten Stelle Luk. 2, 1 4 ev (ivftrKi'moic, eüöo-
vlaq durch Joach. Jeremias (in der Ztschr. f. neutest. Wiss. 1929,
S. 13 ff: eööoxia = das göttliche Wohlgefallen) zu, führt aber gegenüber
der fast allgemeinen Anschauung, daß eüöoxia im Profangriechischen
nicht zu finden und von der Sept. für das hebräische
Vinn geschaffen worden sei, drei Stellen an, wo das Wort tatsächlich
vorkommt. - P. J oüon S. 93 —95 zu oivööw xuOupü Mt. 27, 5 9:
| Jtadapöc, bezeichnet die reine, blendende Weiße (vgl. Apok. 15,6.
19,8. 14.); S. 365 f. zu Apok. 1,13: jieQietoouivov npöc,
tot? naoTOl? ist aus der Kleidung der die vornehmen Personen
in der Tragödie darstellenden Schauspieler zu erklären; S. 473 f. zu
Luk. 2 2, 5 0f.: über den Gebrauch von ofic und ömov. — d' Ales
schlägt S. 199 f. zu Act. 5, 3 vor, statt EJtXi'iQcooev rrrv y.apöiav zu
lesen EJtT|p(ooev, und hält diese Lesart S. 475 aufrecht gegen Joüon,
i der S. 474 f. für t-jiEipaoev eintritt (Vulg. tentavit). — R. Pautrel,
,Des abr^viations subies pur quelques sentences de
! Jesus d an s I a r£d acti on syn op t i q ue, S. 344 - 365, untersucht
Reden Jesu, wo mit aut, similiter, iterum ähnliche Beispiele angereiht
sind, und zieht durch Vergleicliung ihrer verschiedenen Ueber-
lieferung bei den Synoptikern unter Heranziehung ähnlicher alttestament-
licher und rabbinischer Stellen Schlüsse auf die ursprüngliche Fassung,
j — D. Buzig kommt S. 402—431 zum Ergebnis, daß in II Thess.

2,3—12 sowohl unter üvtixfiuevoc, wie unter xerre/cov nicht
j eine einzelne Person, sondern eine Gruppe zu verstehen sei. —
P. Doncoeur,,Des silences del' Evangile de St. Jean',
S. 606-609: das Schweigen des 4. Evangeliums über die Einsetzung
; der Eucharistie begründe keinen Verdacht gegen die synoptischen Be-
| richte, S. 609—611 : das Gleichnis vom Sämann als Einführung und
Schlüssel zu allen anderen Gleichnissen.

Kirchengeschichte. Altertum. J. Lebreton handelt
l S. 129 —164, ohne Neues zu bringen, von der .Entwicklung kirch-
j licher Einrichtungen am Ende des zweiten und Anfang
j des dritten Jahrhunderts', nämlich von Arkandisziplin und
Katechumenat, liturgischen Texten, Kanon des NTs, apostolischer Suc-
cession, Bussdisziplin, in der Zeit von 180-250, die einen entscheidenden
Abschnitt der Kirchengeschichte bilde. — S. 456- 467 tritt er
■ unter Ablehnung der Ansicht van den Eyndes (siehe diese Ztg. 1934,
[ Sp. 14 f.) für die Aufstellung Chapmans ein, daß die .römische' Fassung
, von de unitate 4 von Cyprian selbst komme und gegen dasnovati-
; anische Schisma in Rom gerichtet sei; S. 460 wird ecclesiae catholicae
radix et matrix auf Rom bezogen, wie wenn das etwas Selbstverständliches
wäre. Beachtenswert S. 460 A. 9 die Vermutung, daß Dionysius von
Alexandrien in seinem Schreiben an Novatian (bei Euseb. hist. eccl. VI,
45) eine Kenntnis von de un. 19 verrate. — P. Henry zeigt S. 432
bis 449, einem Abschnitt aus einem im Erscheinen begriffenen Buche
über ,Plotin und das Abendland', in überzeugender Weise, daß Marius
Victorinus in seinem Werk Adversus Arium die Enneaden Plotins