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Ausgabe: | 1935 |
Spalte: | 369 |
Autor/Hrsg.: | Neckel, Gustav |
Titel/Untertitel: | Deutsche Ur- und Vorgeschichtswissenschaft der Gegenwart 1935 |
Rezensent: | Vorwahl, Heinrich |
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Theologische Literaturzeitung
BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK
unter Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖRRIES und Prof. D. Dr. GEORG WOBBERMIN, beide in Göttingen
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER. GÖTTINGEN
Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften. Bearbeitet v.Bibliothekßrat Lic.Dr.phil. REICH, Bonn, Q.Lic.H. SEESEMANN, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50
Manuskripte und gelehrt« Mitteilungen sind «uiBchliefilich an Professor D. HAUER in Güttingen, Düstere Eichenweg 14, tu senden,
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Printed in Germany.
VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG, LEIPZIG C I
60. JAHRGANG, Nr. 21 12. OKTOBER 1935
Spalte
Ahrens: Muhammed als Religionsstifter
(Hartmann).................373
Clemen: Grundriß der Religionsphilosophie
(Merkel)..................391
Dictionnaire de Spiritualite (Völker) .... 382
Diepgen: Deutsche Volksmedizin (Vorwahl) 372
Di ttrieh: Geschichte der Ethik (Heinzelmann
) ..................388
Geisteswelt des Mittelalters, Aus der (Lerche) 380
Gilson: Saint Thomas Aquinas (Piper). . 382
L'Houet: Psychologie des Bauerntums
(Scholz)...................392
Spalte
Martin Luther (Lerche).........384
Marquardt: Das Wunderproblem (Schlin-
gensiepen).................387
Möhlenbrink: Die levitischen Überlieferungen
des Alten Testamentes (Schmökel) 376
Montgomery: Arabia and the Bible
(Duensing).................374
Neckel: Deutsche Ur- und Vorgeschichtswissenschaft
der Gegenwart (Vorwahl) . . 369
Nolte: Quellen und Studien zur Geschichte
des Nonnenklosters Lüne bei Lüneburg
(Meyer)...................379
Spalte
Nüesch: Die Geschichte der Schweizer
Mission in Südafrika (Merkel).......392
Reventlow: Wo ist Gott? (Witte) . . . 385
S p a m e r : Die Deutsche Volkskunde (Vorwahl) 369
Strathmann: Was soll die „Offenbarung"
des Johannes im Neuen Testament?
(Schlingcnsiepen)..............377
Waszink: Index verborum et locutiontim
quae Tertulliani de anima (Koch).....37S
Weber: Bibelkunde des Alten Testaments
(Beer)....................376
Neckel, Prof. Dr. Gustav: Deutsche Ur- und Vorgeschichtswissenschaft
der Gegenwart. Berlin : Junker 8t Dünnhaupt 1934.
(85 S. u. 8 S. Abb.) gr. 8°. = Wissenschaftl. Forschungsberichte z.
Aufbau des neuen Reiches, Heft 2. RM 3.40
Das Anschwellen von Veröffentlichungen vorgeschichtlichen
Inhalts im letzten Jahr bedeutete meistens
keine Bereicherung der Wissenschaft, weil sie mit mehr
Begeisterung als Sachkenntnis geschrieben waren. Auch
Neckel ist nicht „Fachmann" im strengen Sinne und
fußt als Oermanist vor allem auf den ältesten schriftlichen
Überlieferungen. Das ist eine Arbeitsweise, die
für unser Gebiet neu ist, aber doch wertvolle Anregungen
bringen kann, da die literarische Betrachtung bei den
Prähistorikern häufig zu kurz kommt. Kossinnas Arbeiten
werden sozusagen philologisch vertieft und ergänzt, wenn
Neckel Ackerbau, Kunstgewerbe, Musikpflege, Heerwesen
, Religion und Runenschrift beleuchtet. In der Indo-
germanenfrage steht Neckel ganz unter dem Einfluß der
Nordhypothese, die in dem Gebiet der Rlesen steingrä-
berkultur die Urindogermanen sieht, während Schuchardt
im Gefolge von Schwantes die Indogermanisierung der
Megalithkeramiker durch die Schnurkeramiker betonte,
eine Anschauung, die in jüngster Zeit vom rassischen
Standpunkt durch H. F. K. Günther unterstrichen wurde.
Da diese schwierigen Fragen heute noch im Brennpunkt
des wissenschaftlichen Kampfes stehen, scheint es verfrüht
, eine endgültige Entscheidung zu geben. Zudem
befindet sich Neckel in einer rückläufigen Entwicklung,
so daß wir gut tun, zwischen dem Verfasser der „Überlieferung
vom Gotte Balder" (1920) und dem von 1934
die Mitte zu halten, wenn der von ihm verspotteten
„Keltomanie" und „Phönizierseuche" nicht ein neuer
„Schub" folgen soll. Das kleine Werk zeugt von einer
außerordentlichen Beherrschung des Stoffes durch alle
Perioden hindurch und ist als eine der besten Einfüh-
rungsarbeiten zu bezeichnen.
Quakenbrück. H. Vorwahl.
Spam er, Prof. Dr. Adolf: Die Deutsche Volkskunde. 1. Bd.:
Textband. Leipzig: Bibliogr. Institut 1934. (VIII, 632 S.) gr. 8°.
Lwd. RM 17.50; Hldr. 22.50.
Die Nationalökonomie, mehr als ein halbes Jahrhundert
lang Brennpunkt des Wissensdranges, hat heute
ihren Primat verloren, und im Gefolge dieses geistesgeschichtlichen
Wandels hat sich die volkskundliche Per-
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spektive entfaltet. Aber nicht mehr die Sehnsucht nach
den Lauten „unverderbter Urdichtung", noch die Freude
am bunten Leben ländlichen Brauchtums mit der Absicht
der .„Rettung" oder unentwegten „Wiederbelebung" ist
die treibende Kraft, sondern die Auffassung der Volkskunde
im Sinne H. W. Riehls als Gegenwartskunde, als
Psychologie des volkstümlichen deutschen Menschen
(Freudenthal). Sie will nicht an die Wunder begnadeter
Einzelschöpfung deutend heranführen, sondern an die
geistig-seelische Kernsubstanz als Ausdruck einer primären
Menschenbindung, der alle Glieder der Volkhaftig-
keit verhaftet sind, und beabsichtigt eine Vergegenständlichung
jener Lebenskräfte, die die Völker gestalten und
darum sowohl unser aller Zeitform wie unser aller zeitloses
Schicksal sind (Spamer).
Diese volkskundliche Blickwendung ist nun nicht
ganz neu, und speziell als Aufgabe der praktischen Theologie
hat sie bereits im Jahre 1901 P. Drews bezeichnet.
Fr. Pfister betont deshalb auch in seinem Beitrag richtig,
daß die Erforschung des Volksglaubens und die Religionswissenschaft
gewisse gemeinsame Prinzipien und
gemeinsame Begriffe haben (89), ja G. Fischer führt
in seiner „Geschichte der deutschen Volkskunde" aus,
daß die religionsgeschichtliche Forschung reinigend und
läuternd auf die heute noch nicht überall überwundenen
Spielereien einer entfesselten Phantasie im volkskundlichen
Gebiet gewirkt habe (37), für welche die Ura-
Linda-Chronik als Beleg genügt. Spamer sieht daher
nüchtern, daß man von einein primitiven Untergrund
der Volksseele, einer allgemein-menschlichen Grundgei-
stigkeit sprechen kann, die ziemlich konstant ist, und
Pfister geht daher bei der Darstellung des Volksglaubens
vom Machtglauben aus, für den er die Bezeichnung
„Orendismus" bevorzugt. Die Vorstellungen vom Dasein
nach dem Tode, von Zauber und Frevel, von Wetter
und Gewitter, von Fruchtbarkeit bei Mensch, Tier und
Acker haben ihre Entsprechung überall. Eben deshalb
ist es nicht leicht, das nur indogermanische Gut darin
zu erkennen und abzugrenzen. Diese vorsichtig abwägende
Haltung zeichnet auch A. Haberlandts Beitrag „Volkskunde
und Völkerkunde" aus, wie sie nicht minder in
Fr. Rankes Behandlung des Märchens zum Ausdruck
kommt. Gegen die sog. .„Erbtheorie" erklärt er, daß
der deutsche Märchenschatz ein Sammelbecken ist, in
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