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Ausgabe:

1935 Nr. 20

Spalte:

361-362

Autor/Hrsg.:

Liebert, Arthur

Titel/Untertitel:

Goethes Platonismus 1935

Rezensent:

Hoffmann, E.

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Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 20.

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Kirchengebäude. Aber auch die Stellen, die ich aus Div. Inst, angeführt
habe, sprechen eine deutliche Sprache. III, 17 erklärt er noch, Blitzschläge
könnten niemals ein „Haus Gottes" treffen, und wenn Gott
solche Häuser zerstöre, so nur quod non sunt sitae. Wo Laktanz vom
templum Dei spricht, meint er stets die Kirche als Einrichtung, Stiftung
Gottes. Die Kirchengebäude nennt er conventkula oder ecclesiae. Doch
bezeichnet ecclesia bei ihm natürlich auch die Kirche als Ganzes. ZweiMen-
schenalterspätersprichtaberOptatusvonMileve(M,8) von templa Dei vivi
subvertere und meint damit wirklich Kirchengebäude: so rasch änderten sich
die Anschauungen (siehe meine Schrift „Die altchristliche Bilderfrage"
S. 1917, S. 27ff. u. 95 ff."). — Zu S. 317: Laktanz (Div. Inst. II, 3,
22) kennt Heiden, die das Irrige der Götterverehrung wohl einsehen,
aber doch darin verharren, ut aliquid teuere videantur. Sind heute nicht
auch manche Christen in ähnlicher Lage? — S. 345f. kann man sehen,
wie eine überwundene Religion immer eine „barbarische", „bäuerische" Religion
ist und ihre Träger zu pelliti senes werden (Lact. Div. Inst. II, 6),
wie ja auch unsere germanischen Altvordern, ehe das Christentum zu
ihnen kam, Barbaren gewesen sein müssen, die in groben Fellen herumliefen
oder herumlagen! Auch im Namen des „Fortschritts" gegenüber
dem „Hergebrachten", „Angestammten", dem mos maiorum,, ist das
Christentum aufgetreten (S. 346 u. 468), um dann, selbst herkömmlich
geworden, wieder dem „Angestammten" das Wort zu reden und jeden
„Fortschritt" als „Rückfall" zu verabscheuen. — S. 330 führt de L.
einen Abschnitt aus der Passio s. Genesii c. 1 (Ruinart S. 312) nach
der Uebersetzung von Leclercq oder von Monceaux an, wo der Schlußsatz
lautet: „afin de fuir aujourd' hui dans le sein de Dieu." Der lateinische
Text aber lautet: ut in itia di veluti fugitivus in Deo inveniar. —
In dem S. 367 angeführten Satz verdächtigt Eunapius die Mönche wohl
nicht des Vaterlandsverrates, da er nicht die römischen, sondern „ihre",
d. h. der „Barbaren" eigene Mönche meint, die die Römer täuschen,
weil das Mönchtum auch bei ihnen in Ansehen stehe. — S. 374 spricht
der Verf. bei Kaiser Julian, von „sarcasmes indignes d'un chef d' Etat".
Er nahm aber nur das Christentum beim Wort, ähnlich wie Friedrich
der Große nach manchen Erzählungen. — Bemerkenswert ist bei diesem
Kaiser die Ueberzeugung, daß „1' idee de Dieu est immanente ä la na-
ture humaine" (S. 399), also die Vorstellung einer angeborenen Gottesidee
, der auch Augustin huldigte, die aber in ihrer Erneuerung durch
Rosmini i. J. 18S9 von Rom verurteilt wurde. — S. 424 sagt der Verf.,
daß auf allen wissenschaftlichen Gebieten der christliche Geist sich die
hellenischen Methoden angeeignet habe, und in der Anmerkung dazu,
daß es in christlichen Kreisen allerdings „certains flechissements du sens
critiqtie" gegeben habe. Die Dinge liegen aber doch wohl so, daß der
„kritische Sinn" in der Zeitwende allgemein, auch in heidnischen Kreisen,
stark nachgelassen hatte und das Christentum in das Erbe dieses Mangels
eintrat. — S. 470 muß es natürlich heißen: Cyrill von Alexandrien
(nicht von Jerusalem, vgl. S. 396). — Welch wunderliche Blüten die
„Religion der Liebe" schon damals in den dogmatischen Kämpfen
treiben konnte, ist, wie Sermo 47, 28 Augustins zeigt, auch den Heiden
nicht entgangen. (S. 447). — Leider liegt der Druck der griechischen
Wörter und Sätze sehr im Argen.

München. Hugo Koch.

Liebert, Arthur: Goethes Piatonismus. Zur Metaphysik der
Morphologie. Pan-Bücherei. Gruppe Philosophie, Nr. 10. Berlin-
Charlottenburg: Pan-Vlgsges. 1932. (48 S.) gr. 8°. RM 1.60.

Wenn in dieser kleinen Schrift der schon oft unternommene
Versuch, von einem Piatonismus Goethes in
sinnvoller Weise zu reden, ausnahmsweise gelungen ist,
so liegt der Grund des Gelingens darin, daß der Verf.
nicht Lehrstücke, sondern Weltanschauungen mit einander
verglichen hat. Piaton erscheint als der Philosoph,
bei dem im Gegensatze zu seinen Vorgängern die Ur-
fragen des Menschen nicht in Vereinzelung auftreten,
sondern in umfassender Einheit. Und Goethe erscheint
als der Denker, dessen Erkenntnisform im Gegensatze
zu seinen Vorgängern weder von mathematisch-deduktiver
noch von empiristisch-induktiver Methode abhängig
ist, sondern sich auf das individuelle Gepräge lebendiger
Gesetzlichkeit richtet. Wegen dieser Sonderstellungen
in der geistesgeschichtlichen Entwicklung sind Piaton
und Goethe vergleichbar, und zwar erstens hinsichtlich
des Ideenbegriffes, denn beiden bedeutet Idee einerseits
Form, andererseits Entwicklung; zweitens hinsichtlich
der Dialektik, denn für beide sind die Naturgesetze dialektische
Mittler zwischen Subjekt und Objekt; drittens
hinsichtlich der Morphologie, denn beider Streben ist
gerichtet auf Grundgestalten und ihre Naturgeschichte.
In der sorgfältigen ^Durchführung dieser Gesichtspunkte
kommt neben Piaton auch die Geschichte des Platonismus
zu Worte; und Goethes Originalität erscheint
nur umso größer, je näher seine Gedanken als verwandt

i denen der Kritik der Urteilskraft erwiesen werden.
Goethe war in demjenigen Sinne Platoniker, in welchem
er den Ausspruch getan hat: „Um sich aus der grenzenlosen
Vielfachheit, Zerstückelung und Verwicklung der
modernen Naturlehre wieder ins Einfache zu retten, muß
man sich immer die Frage vorlegen: Wie würde sich
Piaton gegen die Natur, wie sie uns jetzt in ihrer
größeren Mannigfaltigkeit, bei aller gründlichen Einheit,
erscheinen mag, benommen haben?" Man darf sagen,
daß Lieberts ausgezeichnete Abhandlung selber ein Stück
Platondsmus in diesem Sinne ist.
Heidelberg. E. Hoffmann.

Ekklesia. Eine Sammlung von Selbstdarstellungen der christlichen
Kirchen. Hrsg. von Friedr. S i eg m u n d - S c h u 1 tz e II: Die skandinavischen
Länder. 5. Heft: Die Kirche in Schweden. III. Die mittel-
j europäischen Länder. 10. Heft: Die evang. Kirchen der Schweiz.
IV. Deutschsprachische Länder. 14. Heft: Die evang. Kirche in
Österreich. Gotha: L. Klotz 1935. (180, 254 und 168 S.) gr. 8°.

II. RM 7.50; in Subskr. 5.50. III. RM 11—; in Subskr. 8-.

IV. RM 7.50 ; in Subskr. 5.50.
Charakteristisch für die Darstellung der schwedischen
Kirche ist die Eröffnung mit dem bekannten
Programm Söderbloms für zwischenkirchliche evangelische
Katholizität aus der „Eiche" 1919 und der Ab-
I Schluß mit der Skizzierung der ökumenischen Beziehungen
der schwed. Kirche und ihrer äußeren Mission. Denn
I durch ihre ökumenische und missionarische Tätigkeit
j ist die schwed. Kirche trotz ihrer Kleinheit kirchliche
; Großmacht, und viele Züge in ihrem Bild sind, wie der
I Herausgeber mit Recht bemerkt, für die Gesamtheit der
j Kirchen von Bedeutung. In ihrer wissenschaftlich-systematischen
Arbeit sowohl (Theologie Luthers [Aulen,
Nygren, Runestam, Bohlin ]; Verhältnis von Glauben
und Sittlichkeit; Objektivität und Subjektivität der Versöhnung
; „dynamische" Offenbarung; inhärentes Schuldbewußtsein
[ auch im nordischen Menschen ]; „Sakrament
des Dienens") wie in ihrer hoebkirchlichen Entwicklung
einerseits und ihrer freikirchlichen andererseits
. Mehr als 250 000 Freikirchler: das ist ungefähr
i das Fünffache des Verhältnisses in Deutschland, und es
i ist aus diesem Zahlenverhältnis begreiflich, daß sowohl
die landeskirchlichen Bischöfe Billing und Rodhe (S.
I 63 f.) als auch Professor Westmann (S. 53) sich über
die Trennung unfreundlicher äußern als D. Westin, der
Bearbeiter des Kapitels über die Freikirchen. Allerdings
wird der Schwedische Missionsbund von beiden Teilen
in Anspruch genommen (S. 63: S. 110), und die Statistik
des Herausgebers (S. 12) stimmt nicht mit den Angaben
Westins, selbst wenn man „rechtliche" und „tatsächliche
" Zugehörigkeit unterscheidet. Am interessantesten
ist die Volkshochschulbewegung, die in der Sigtunastif-
tung (S. 138—142) ein eigenartig evangelisatorisches
i Gepräge erhalten hat, und die kirchlich beeinflußte Siedlungsbewegung
(S. 143—150), die beide ihre Gegenstücke
auch in Deutschland haben. Daß die Episkopalverfassung
, auf die fast alle Mitarbeiter stolz sind, auch
; nicht allgemein befriedigt, wird S. 59 wenigstens angedeutet
, und daß selbst die in ihrer Ungeteiltheit so
mächtige Landeskirche weder übersehbare Großstadtgemeinden
noch innere Verbindung mit der Gesamtheit
der Arbeiterschaft hat schaffen können, betont der Herausgeber
S. 15. Die ungeheure Auslandsgeiiieinde, die
Schweden in den Ver. Staaten besitzt, soll in dem amerikanischen
Band der Ekklesia zur Behandlung kommen.

Der Umfang des schweizerischen Bandes ist
bedingt durch die Sonderdarstellung der so verschiedenartigen
kirchlichen Geschichte und Verfassung in jedem
einzelnen der ursprünglich souveränen Kantone, die heute
in dem Schweizerischen Bundesstaat zusammengefaßt
sind (S. 1—67), wozu außerdem hoch die besondere Berücksichtigung
der rätoromanischen und italienischen Gemeinden
in Graubünden (S. 68—88), der schweizerischen
Diaspora in den einstigen „Urkantonen", in später
angeschlossenen Teilgebieten ursprünglich evangelischer
Kantone und in fremdsprachigen Gebieten (S. 90—106)