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Ausgabe:

1935 Nr. 17

Spalte:

318-319

Autor/Hrsg.:

Witte, Johannes

Titel/Untertitel:

Deutschglaube und Christusglaube 1935

Rezensent:

Wobbermin, Georg

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317

Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 17.

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barockem Überschwang, hat es die Durchsichtigkeit, den
leichten Fluß der Aufklärung nicht erreicht Dafür ist
diese Prosa, ebenso wie etwa die wuchtige Verskunst
Donnes, durchglüht von innerer Bewegtheit, gläubig,
mitreißend, erregt, wie die Zeit, deren stilistischen Ausdruck
sie darstellt. Die größten sprachlichen Meister
sind im Lager der Freikirchen zu finden. Immerhin:
an der Fülle des liier Mitgeteilten wird nicht nur der
Theologe und der Historiker, sondern auch der Stilkri-
tiker und der Sprachforscher anregende Arbeit leisten
können. Bei dem lebhaften Interesse, das gegenwärtig
dem Geistesleben des siebzehnten Jahrhunderts entgegengebracht
wird, kann man dieses Kompendium des
Anglikanismus nur begrüßen und eingehendem Studium
empfehlen. Dabei wird manche Frage auftauchen, die
das umfangreiche Werk nicht beantworten konnte oder
wollte, in erster Linie wohl die nach dem Einfluß und
der bleibenden Bedeutung der Staatskirche selbst. Wir
haben eine Antwort darauf an dieser Stelle nicht zu
geben, es seien aber die citiert, die Arnott am Schlüsse
seines Aufsatzes dem berühmten Roman John Inglesant
von Shorthouse entnimmt: ,as a Church it is unique;
if suffered to drop out of existence, nothing like it can
ever take its place'.

Göttingen. Hans Hecht.

Wissmann, Prof. Lic. theol. Erwin: Religionspädagogik bei
Schleiermacher. Gieiien : A. Töpelmann 1934. (XX.448 S.) gr. 8".
= Studien z. Gesch. d. neueren Protestantismus hrsg.v. H. Hoffmann
u. L. Zscharnack. 15. Bd. RM 21—; geb. 24—.

Die Religionspädagogik Schleiermachers war bisher
noch nicht in hinreichender Gründlichkeit und im Zusammenhange
dargestellt worden. Um diese Lücke zu
schließen, trägt der Verf. die religionspädagogischen
Äußerungen Schleiermachers in seinen Schriften, Predigten
, Gutachten und Briefen mit großer Sorgfalt zusammen
und benutzt auch einige bisher noch nicht veröffentlichte
Quellenstücke, unter denen die Nachschrift von
Schleiermachers Konfirmandenunterricht aus den Jahren
1827/28 besonders genannt sei. Diese systematische Zusammenfassung
möglichst aller religionspädagogischen
Äußerungen Schl.s vermittelt einen guten Überblick über
die Vielgestaltigkeit und den Reichtum der religionspädagogischen
Intentionen Schl.s. Man sieht, in wie mannigfaltigen
und verwickelten Zusammenhängen Schi, steht,
und wie von hier aus auch das Neben- und Widereinander
von heterogenen Gedankengängen zu verstehen ist.
Seine Stellungnahme ändert sich je nachdem, ob er als
pädagogischer Theoretiker, als amtlicher Mitarbeiter an
der preußischen Schulreform oder als evangelischer Theologe
, Prediger, Konfirmator und Familienvater spricht.
Interessant ist dabei die hohe Wertung der Familie und
der Kirche für die religiöse Gesinnungsbildung und die
nicht immer gleich bleibende Begrenzung der Aufgaben
des Schulreligionsunterrichts infolge Skepsis gegenüber
dem rationalistischen Schulbetrieb.

In der Schau der letzten philosophischen, pädagogischen
und theologischen Grundlagen der Religionspädagogik
Schleiermachers unterscheidet sich der Verf. sehr
vorteilhaft von vielen modernen Schleiermacherabhand-
, lungen, die nur eine Linie, meist die philosophisch-spekulative
oder die Linie der romantischen Religiosität einseitig
hervorheben und dann das Verdammungsurleil
über Schleiermacher sprechen. Der Verf. hebt bes. aus
den Predigten das spezifisch-christliche Anliegen Schl.s
heraus und sucht nachzuweisen, daß es in der Religionspädagogik
letztlich das entscheidende Anliegen Schl.s
ist. Nur möchte man diesen grundsätzlichen Erwägungen
noch größere Schärfe und Deutlichkeit wünschen. Es
wäre z. B. zu begrüßen, wenn die Auseinandersetzungen
des Theologen Schi, mit der humanistischen Bildungsbewegung
und die daraus sich ergebenden Fragen nach
dem Verhältnis von Bildung und Verkündigung in der
evangelischen "Unterweisung und Erziehung noch grundsätzlicher
beleuchtet worden wären. Das Schwergewicht

; der Untersuchung liegt sehr stark bei der Einzelanalyse,
deren Verdienste volle Anerkennung fordern dürfen.

Münster i. W. Martin Redeker.

Witte, Prof. D. Dr. Johannes: Deutschglaube und Christusglaube
. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 193<!. (64 S.) gr. S°.

RM 1.80

Der bekannte Vertreter der Missionswissenschaft und
I Allgemeinen Religionsgeschichte an der Universität Ber-
| lin bietet in dieser Schrift eine Einführung von aktuell-
I ster Bedeutung für den gegenwärtigen Streit um den
' ganzen Fragenkreis des im Titel genannten Themas.

Unter dem Begriff „Deutschglaube" werden dabei von
j Witte alle die Strömungen zusammengefaßt, die das
Christentum ablehnen und eine neue Religion wollen. I m
beherrschenden Mittelpunkt steht sachgemäß
die Auseinandersetzung mit der
sog. „Deutschen Glaubensbewegung"; und
in ihr wieder wird — ebenso sachgemäß —
die neueste Position I. W. Hauers besonders
berücksichtigt.

Die Schrift ist gleich ausgezeichnet durch Klarheit
j und Schärfe ihrer Beweisführung wie durch die Vornehmheit
und strenge Sachlichkeit ihrer Polemik. Witte
lehnt es ausdrücklich ab, die Vertreter der Deutschreligion
als „Heiden" zu bezeichnen, obwohl Einige von
ihnen sich selbst betonter Weise so nennen. Da aber in
dem Wort „Heiden" — zumal nach dem früheren
Sprachgebrauch der Mission — ein leiser Unterton der
Kennzeichnung der nichtchristlichen Religionen und ihrer
Anhänger als minderwertig liege, zieht Witte es vor,
einfach von „Nichtchristen" zu sprechen. Denn es dürfe
keinesfalls so sein, daß wir uns als Christen über
irgend einen anderen Menschen irgendwie überheben.
Und die Deutschgläubigen seien ja in vollem Sinn unsere
deutschen Brüder und Schwestern, „die wir als
solche hochschätzen und lieben". Aber trotz seines nachdrücklichen
Eintretens für die unüberbietbare und religionsgeschichtlich
unbestreitbare Überlegenheit des Christentums
über die ganze übrige Reiigionsgeschichte,
durchaus und gerade auch die indische, auf die sich
Hauer für seine Zwecke zu stützen sucht, läßt es Witte
nicht an scharfer Kritik gegenüber den Mängeln und
Fehlern kirchlicher Organisation und kirchlicher Praxis
fehle n. An der unerträglichen Art, wie die Vertreter
der Deutschreligion mit der Bibel umgehen, sei zum
großen Teil die Kirche selbst schuld. Denn aus falscher
Rücksicht auf gewisse „Fromme" habe sie es unterlassen
, die gesamte Öffentlichkeit mit der Bibelauffassung
bekannt zu machen, die längst von der gesamten wissenschaftlichen
Theologie vertreten werde (S. 38). Daß
über die Frage des „Bekenntnisses" und der heute sog.
„Bekenntiiiskirche" genau so zu urteilen ist, ergibt sich
aus Wirtes ganzer Gedankenführung.

Und daß dabei nicht etwa Voreingenommenheit oder
Parteilichkeit im Spiel ist, zeigt das äußerst anerkennende
Urteil Wittes über die „Innere" und „Äußere"
I Mission. Von letzterer sagt er, man müßte gerade im
deutschen Volksinteresse wünschen, daß die deutsche
Missionsarbeit viel größer wäre als sie ist. Denn ihr
| Wirken komme nicht nur in starkem Maße den Deut-
j sehen in Übersee zugute, sondern fördere auch das An-
j sehen Deutschlands und helfe sogar den ganz realen
Wirtschaftsinteressen und der deutschen Politik. Das sei
Folge, nicht Ziel des Wirkens unserer Missionare in
, fremden Ländern.

Sehr mit Recht betont Witte aufs stärkste, daß für
1 das ganze Fragengebiet seiner Schrift die Wahrheitsfrage
letztlich die entscheidende sei. In der Behand-
' lung dieser Wahrheitsfrage würde ich bei voller Zustimmung
zu der Grundintention Wittes gelegentlich
eine etwas andere Fassung der Terminologie für erwünscht
halten, um Mißverständnisse auszuschließen.
Das gilt vor allem für Wittes Ausführungen über „reli-
; giöses Erleben" und .„religiöse Erfahrung (S. 47 ff.).
Der christliche Glaube, sagt Witte unter Hinweis auf