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Ausgabe:

1935 Nr. 1

Spalte:

295-296

Autor/Hrsg.:

Glasenapp, Helmuth von

Titel/Untertitel:

Von Buddha zu Gandhi 1935

Rezensent:

Merkel, Franz Rudolf

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Seite 1

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295

Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 15/16.

296

mystisch bestimmten und beeinflußten Literatur. Bei i Buddha bis Gandhi den Hörern verständlich zu machen,
Luther gewinnt dieser (altchristliche) Standpunkt wieder ' enthält die kleine Schrift. Mit kurzen Strichen zeigt der
eine neue Bestimmtheit und Helle: „Aber Christus ist : Verfasser auf, wie diese Ideen in den Upanishaden und
darumb können, daß er diese ougen Lere tzu tun und die vor allem im Buddhismus ihre klassische Prägung fan-
blindheit wegzunemen, auff daß wir nicht unterscheid den und auch für die spätere Philosophie die Gottesidee
machen unter jung und alten, schön und grewlich. . ." von ausschlaggebender Bedeutung blieb. Neben dem
„Wan eußerlich zierd des leibs in seyden, gold und j Drang nach philosophischer Erkenntnis machte sich
edelgestain, weisz rot, schön angesicht, gelb har . . ., j auch in Indien „das tiefinnerliche Bedürfnis des Men-
darzu grosz Eer, gewalt und wirder auch kunst, weis- i schenherzens nach einem gnädigen Retter und Heübrin-
hait und frumkait: das ist alles nit der geschmuck noch j ger" geltend, das in der Bhagavadgitä seinen einzig-
zierd des rechten volcks Christi." Das ist in Luthers , erhabenen Ausdruck fand. Eine hervorragende Stellung
Ausdrucksart die Grundstellung zum Ästhetischen, die j im indisch-religiösen Geistesleben nimmt auch der Phi-
Kierkegaard wieder aufnimmt, die Nietzsche in entge- losoph Shankara ein durch seinen grandiosen Versuch,
gengesetzter Zielrichtung wieder bewußt gemacht hat, die j die religiösen Anschauungen seiner Epoche in genialer
aber mit dem Pietismus auch indirekt und mannigfach | Synthese zu einem philosophischen System zu verbin-
säkularisiert auf Gestalten und Werke unserer klassi- j den. Schließlich gibt der Verfasser noch eine Analyse
sehen Literatur Einfluß gewonnen hat und die in der der Entstehung der sozialreligiösen Lehren des heute
ästhetischen Problematik gerade auch der von O. mit j vielgenannten Reformers Mohandäs Karamchand Gäii-
Recht herausgehobenen Gestalten unserer neueren Dich- i dhi; „tief durchdrungen von dem von Mahävira und
tung bis zu Rilke und (im Sinne Nietzsches) George hin [ Buddha gleicherweise verkündeten Prinzip der „Ahim-
noch spürbar ist. i sä", der „Nichtschädigung lebender Wesen", aber auch

Auf den Standpunkt des Buches angewendet: O.'s ! wesentlich beeinflußt von dem Worte Christi: „Ihr
Problematisierung des Ästhetischen geschieht allein vom sollt dem Bösen nicht widerstreben" und von den Leh-
Sozial-Staatlichen her. Sie übersieht, daß es noch einen ■ ren Tolstois, wurde Gandhi zum Propheten des „Asa-
radikaleren Weg der Eingrenzung des ästhetischen Gül- j bayoga", der Non-Cooperation, des systematischen Boy-
tigkeitsbereiches gibt, den des religiösen Gewissens. Daß j kotts der englischen Verwaltung, Justiz, des englischen
dieser Weg nicht zu einer Verarmung oder Zerstörung ' Bildungswesens und Handels". Im Wandel der Zeiten
der dichterischen Arbeit und ihres Sinnes zu führen und in allem Wechsel des Geschehens blieb der Inder
braucht, glaube ich oben angedeutet zu haben. Hier ! „seinem geistigen Ideal treu, dem Ideal des weltüber-
wird vielmehr, soweit die Auseinandersetzung dichte- ; legenen Heiligen, wie es sich zu allen Zeiten in Indien
risch oder literarisch wird, der eigentliche Kampfplatz 1 verkörpert hat, in den Denkern der Upanishaden, wie
des ästhetischen Problems betreten. Gewiß, der Kampf i in Gautama Buddha, in Shankara, wie in Mahatma
kann zu einem entschiedenen Verlassen des literarischen ! Gandhi". Zahlreiche Anmerkungen ergänzen die klar
Feldes führen. Er kann aber auch, wie es das Bild j verständlichen Ausführungen im Text,
der deutschen Literatur unter diesem Gesichtspunkt ohne München. R.F.Merkel.

weiteres ergibt, gerade die stoßkräftigsten Auseinander- i -

Setzungen der Dichtung und der in ihr möglichen ästhe- ; Soeben erschien
tischen Problematik ergeben.

Dieser Mangel in der Grundlegung des Buches

scheint mir die Ursache für eine Reihe der im Einzelnen .... ,a „„^. .. „ . 5, .„„ , ____,

... t •• i j c j /-> u- li lmj j II—IV: Römische Kastelle und Straßen / Inschriften und

spürbaren Lucken und Fugen in dem Geschichtsbild, das Felszeichnungen / Ortsregister. Von Professor D.
O.'s Arbeit ergibt. Albrecht Alt, Leipzig.

Übrigens wäre auch ein ausdrücklicheres Auseinanderhalten
der doch von einander äußerst verschiedenen
Existenzformen des Dichters als eines mehr oder weniger
ästhetisch bestimmten Propheten und andererseits
des Denkers (Schiller) und Lebenspraktikers (nehmen
wir Humboldt), die entweder in der diskursiven Entscheidung
oder im praktisch ethischen Kampf existent
werden, nicht zu bedauern.

Es sei zum Schluß gesagt, daß die absichtlich ausführlich
gehaltene Kritik keineswegs eine Verneinung
dieser Arbeit bedeutet. Wir verdanken O. den tapferen
Aufgriff eines der schwierigsten, aber auch der ergiebigsten
und in der Tat heute besonders aktuellen fiterar-
geschichtlichen Motive. So wie die Arbeit heute vorliegt,
ist sie in vielem aufschlußreich und anregend. Nur mußte
gesagt werden, daß sie keine volle Bewältigung ihres
Stoffes darstellt. Es wäre schön, wenn diese Erfüllung
ihres weitesten Sinnes, vielleicht in einer veränderten
späteren Gestaltung des Buches, noch einmal von seinem
Verfasser selbst gegeben würde.

Göttingen. Werner Kohlschmidt. i in der 'Araba und den Nachbargebieten enthält

Teil I: Reiseberichte von Fritz Frank, Jerusalem

Aus der 'Araba

78 S. mit 7 Text- u. 15 Tafelabbildungen. 8°. Preis geheftet RM 4.50
Sonderdruck aus Zeitschrift d. Deutsch. Palästina-Vereins, Band 58 (1935).
Nachdem vor einem Menschenalter Brünnow und v. Domaszewski
die östlichsten Linien der römischen Grenzschutzeinrichtungen gegen die
arabische Wüste hin und neuerdings Alt die westlichsten Ausläufer des
gleichen Systems am Südrand Palästinas untersucht hatten, ist jetzt durch
Fritz Franks Entdeckung zahlreicher Kastelle und Stralienreste in und
an der 'Araba die große Lücke, die zwischen jenen älteren Beobachtungs-
reihen noch klaffte, so gut wie vollständig gefüllt worden. So kann
Alt in dem vorliegenden Heft durch Kombination der archäologischen
Befunde mit den Zeugnissen antiker Schriftdenkmäler, besonders der
Notitia dignitatum und der Ediktfragmente von Berosaba, der Tabula
Peutingeriana und der Mosaikkarte von Madeba, fast den ganzen spät-
römischen Limes Palaestinae mit seinen Truppenstandorten und Verkeil rs-
linien rekonstruieren und die wesentlichsten Stadien seiner Entwicklung
historisch aufhellen. Im Anschluß daran behandeln Alt und Wickert
die von Frank gesammelten nabatäischen, griechischen und lateinischen
Inschriften nebst einigen Felszeichnungen als Dokumente der verschiedenen
Volkstümer und Kulturen, die sich während des letzten Jahrtausends
des Altertums in der 'Araba abgelagert haben. Register der antiken
und modernen Ortsnamen erschließen den Inhalt dieses und des vorhergegangenen
Heftes, das Franks eigene Berichte über seine Wanderungen

Glasenapp, Prof. Dr. Helmuth von: Von Buddha zu Gandhi.

Indisches Denken im Wandel der Jahrh. Tübingen: J. C. B. Mohr
1934. (36 S.) gr. 8°. = Sammlung gemeinverst. Vorträge 177.

RM 1.50; in Subskr. 1.20.
Vorlesungen, welche der Verfasser im Herbst 1933
in spanischer bezw. französischer Sprache an den Universitäten
Santiago, Buenos Aires, Montevideo und Rio
de Janeiro gehalten hat und die den Zweck hatten, die
fundamentalen Ideen des indischen Geisteslebens von

90 Seiten mit 52 Tafeln und 20 Plänen. 8°. 1934. Preis geh. RM 6—
(s. Ankündigung in OLZ 1935 Nr. 3)

VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN
BUCHHANDLUNG IN LEIPZIG C1

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 17. August 1935.

Verantwortlich: Prof. D. W. Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14; für den Anzeigenteil: C. Kunze, Leipzig.
Verlag der J. C. H i n ri c h s'schen Buchhandlung in Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.