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Ausgabe:

1935 Nr. 1

Spalte:

5-6

Autor/Hrsg.:

Rudolph, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Jesaja 24 - 27 1935

Rezensent:

Galling, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 1.

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Rudolph, Wilhelm: Jesaja 24—27. Stuttgart: W. Kohlhammer
1033. (III, 66 S.) gr. 8°. = Beitr. z. Wiss. v. Alten u. Neuen Testament.
Begr. v. R. Kittel t- Hrsg. v. A. Alt u. O. Kittel. 4. Folge, H. 10.
(Der ganz. Sammig. H. 62.) RM 4.50.

Es ist ein verdienstliches Unternehmen, ein sekundär
in eine Prophetenschrift eingeschaltetes Stück, wie
hier Jes. 24—27, monographisch zu behandeln, da im
allgemeinen innerhalb der geschlossenen Kommentare
die" „unechten" Stücke vom Leser zunächst übergangen
werden. Die Herauslösung sichert die Blickrichtung auf
diesen aus mancherlei Gründen wichtigen Text (vgl.
etwa Ed. Meyer, Ursprung und Anfänge des Christen-
tums II, S. 5 ff.; 174 ff.). Rudolph stellt die Übersetzung
voran (S. 1—9), ihr folgt Textkritik und Worterklärung I
(9—27) und Komposition und Sacherklärung (27—56).
Den Beschluß bildet das „Ergebnis" mit Zusammenfassung
der Komposition, der Darlegung der Grundgedanken
und einer Datierung. Es ist hier nicht der Ort j
in eine Behandlung der textkritischen Vorschlage einzutreten
. Ein Vergleich etwa mit P. Lohmann, Die ;
selbständigen lyrischen Abschnitte in Jes. 24—27 (ZAW
37 S lff.) und den betreffenden Teilen der Kommentare
von Duhm und P rock sc h zeigt kluges und sorgsames
Abwägen (auch beim Metrum), wodurch an man-
eben Stellen voreilige Konjekturen vermieden werden.
Das Ergebnis der Arbeit ist Folgendes: in Jes. 24—27
handelt°es sich um sieben selbständige, aber zusammengehörende
Weissagungen und Gedichte von einem
Verfasser; bei 26,14a; 18b; 19 (Die Totenauferstehung)
läßt R. die Verfasserfrage offen, während ihm der Einschubcharakter
von 25,10 f. (Moabs Schicksal) und 27,
7—ii (Wie kann sich die Lage Jerusalems bessern?)
sicher ist. Die sieben „echten" Stücke gruppieren sich
um ein geschichtliches Ereignis, die Einnahme einer anonym
bleibenden Stadt. R. denkt an die Einnahme von
Babylon durch Alexander; die Abfassungszeit liegt
demnach zwischen 331 und 300 v. Chr. Dieser Datierung
wird man gegenüber dem Heruntergehen ins 2. Jrh.
durchaus zustimmen können, ohne freilich gerade an
Babylon zu denken. O. Eißfeldt hat mit Rücksicht auf
die einzig konkrete Namensnennung (in 25,10) an Moabs i
Hauptstadt gedacht (Einleitung, S. 367 f.). Die Angaben
über die Stadt (Rudolph, S. 61 f.) sind offenbar z. T.
bereits formelhaft übernommen, daher wird man hier
schwer zu einer Entscheidung kommen. In der Sacherklärung
wäre eine genauere gattungsmäßige Erfassung
der Einzelheiten zum Verständnis des Dichters und des
ihm in vielem gegebenen Stoffes (!) gewinnreich gewesen
. 25,1—5 ist nach R. als eschatologischer Hym-
nus (Ichform und doch „Danklied der erlösten Israeliten
"?) in eine Weissagung „eingebettet", das heißt
aber doch, daß das primär selbständige Gedicht vom
Verfasser als Redaktor (') gewissermaßen wieder verwendet
ist. (Vgl. zu diesem Problem Th. L. Z. 1933, Sp. 272).
Gerade deshalb darf man zunächst zum Verständnis
von 25,3 (das mir nach wie vor rätselhaft ist)
nicht 24, 22 und 25, 6 heranziehen. Die Anordnung von
26,77 f. ist in vielem doch sehr hypothetisch, so vor
allem der Übergang von 26,14 a zu 26,20; an solchen
Stellen wird deutlich, welche Schwierigkeiten in den
Texten stecken und andererseits wieviel Anregungen
wir für die Durcharbeit dieser Stücke dem Kommentar
von Rudolph verdanken. Zu bedauern bleibt die Kürze
bei dem abschließenden Kapitel. Die Einordnung
von Jes. 2 4—2 7 in die (werdende) Apoka-
lyptik ist u. E. bei der auch von uns geteilten Zurückhaltung
gegenüber dem Titel „Jesaja-Apokalypse" doch
vielleicht näherer Betrachtung wert. In die Linie Sachar-
ja-Daniel-IV. Esra gehört es nicht hinein, wohl aber in
die sekundäre: Weisheit-Hiob-(Daniel) - IV. Esra. (Der
Referent hofft, unter dem Thema „Kairos und Aion"
darüber einmal ausführlicher zu sprechen). Hier sei
nur auf 24, 2 hingewiesen, wo von der „Weisheit" der
Topos von der Gleichheit im Tode (vgl. ZAW 1932,
S. 287 f.) nachwirkt, und von dort her stammt auch

die „dogmatische" Prägung des von Rudolph richtig
übersetzten Verses 25,10: Wird der „Gottlose begnadigt
, so lernt er nicht, was Gerechtigkeit ist". Das
Gegenpaar: „Partikularismus und Universalismus" ist
u. E. zur Klassifizierung der Eschatologie ebenso ungeeignet
, wie „pharisäisch oder saddueäisch" bei den
Apokryphen. In Jes. 24—27 (beachte u. a. das Fehlen
des Messias, worüber R. allzuschnell hinweggeht) liegen
die Dinge jedenfalls, wie R. selbst sieht (S. 60 o.)
ziemlich verwickelt. Bleibt so zur Auswertung der Texte
, auch nach der theologischen Seite hin, noch Manches
zu tun, so bildet der Kommentar von R. als gediegene
exegetische Arbeit eine wertvolle Grundlage.
Halle, Saale. Kurt Galling.

Greijdanus, S.: De brief van den apostel Paulus aan de
gemeente te Rome. (Kommentaar op het N. T. VI). 2 Bde. I.!
Hoofdstukken 1—8. II.: Hoofdst. 9—16. Amsterdam: van Bonenburg
1933. (XV, 687 S.) 8". Bd. 1 : fl. 13.25; Bd. 2: fl. 7.25.
Dies von den gereformeerden Neutestainentlern Hollands
F. W. Grosheide, J. A. C. v. Leeuwen (f) und J.
Greydanus (Kampen) bearbeitete Kommentarwerk schreitet
langsam vorwärts. Den bisher erschienenen Bänden
(Grosheide: I. Matth., VII. 1. Cor., XII. Hebr. en Jac,
Greydanus: XIII. Petr. Joh. en Jud., XIV. Openb. vgl.
ThLZ. 1928, 19; v.Leeuwen: II.Mk., X. Ef Col Filem
Thess.) reiht sich die hier vorliegende gründliche und ausführliche
Bearbeitung des Römerbriefs an. Charakteristisch
für die Einleitung (S. 1—45) wie für die Auslegung
ist die ständige, freilich eklektische Berücksichtigung
der Kommentarliteratur (vor allem Calvin, Th.
Zahn, B.Weiß, Sanday-Headlam; von neueren Lietzmann,
Kühl, Lagrange, Althaus: selten oder niemals Lipsius)
und die eingehende Auseinandersetzung mit ihr (besonders
mit Zahn). Dadurch bekommt die Darlegung,
die sonst ausgesprochen sachlich und nüchtern läuft,
etwas Lebendiges und zugleich Lehrreiches.

Aus der Einleitung ist vor allem die, im Ganzen
überzeugende Ablehnung der 17 Argumente Th. Zahn's
für judenchristliche Art der Gemeinde zu Rom hervorzuheben
, sodann die in sorgfältiger Erörterung dargebotene
Bestimmung von Anlaß und Zweck des Rom.'s:
Paulus wollte der vornehmlich aus Heidenchristen sich
zusammensetzenden Gemeinde eine kurze Darlegung des
Evangeliums nach seinem eigentlichen Wesen, universalem
Charakter und nach seiner praktischen Abzwek-
kung geben, ohne besondere polemische oder prophylaktische
Absichten.

Von der Auslegung ist vor allem zu rühmen,
daß sie die Textvarianten gewissenhaft erörtert und die
grammatische Struktur der Sätze und Satzteile sorgfältig
darlegt. Eine Übersetzung wird nicht gegeben,
auch ausführlichere lexikographische Entwicklungen (mit
Belegen aus LXX und Koine) fehlen. Doch erfährt
der Leser genau, welche Bedeutung der Vf. den einzelnen
Worten beilegt und (durch Umschreibungen) wie er
jeden Satz und jede Wendung auffaßt. Die Methode der
Exegese ist die alte biblizistische. Außerkanonische Wort-
und Sachparallelen werden nur ganz selten angeführt.
Und von religionsgeschichtlichen Problemen erfährt man
gar nichts, nicht einmal die Position der „Schwachen"
Kap. 14 wird durch die hier so nahe liegende Ver-
gleichung analoger synkretistischer Bewegungen erläutert
. Hier tritt ein empfindlicher Mangel dieses Kommentarwerkes
zutage.

Zur genaueren Charakteristik des Kommentars seien noch einige
Einzelauslegungen angeführt. Zunächst einiges Christologische.
In Rom 1, 3f. ist nach Gr. mit Jtepi toxi viov avrov die ewige
Gottessohnschaft als die Voraussetzung für die zwei, das eigentliche
Evangelium formende und in den Schriften geweissagte Heilsgeschehnisse
angegeben. Daß dem die adoptianische Färbung von 1, 4 widerspricht
, wird nicht bemerkt. Mit dem Ausdruck yevön. ex a.-iipuaxoi; Aauiö
ist pneumatische Empfängnis nicht ausgeschlossen; im Gegenteil, die
Wendung ist auf die Davidische Herkunft der Maria zu beziehen! Auch
mit e% ävaatüoEcac, vexpürv spielt Paulus auf die evangelischen Ueber-
liefcrungen an: da der Artikel bei vexpiöv fehlt, ist auch an Jairus