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Ausgabe:

1935 Nr. 10

Spalte:

181-183

Titel/Untertitel:

Teresa de Jesús, Das Leben der heiligen Theresia von Jesu 1935

Rezensent:

Piper, Otto A.

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381 Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 10. 182

dita, quam iure vocare possumus Optimum atque adeo ; angibt, die Erleuchtungen darüber zumeist unmittelbar

unicum retinendae obedientiae vinculum." Dem schließt i vor dem Niederschreiben der betreffenden Abschnitte

sich das Wort an, das Lasitius (nach Com. S. 24) von j durch die Erhebung in die betreffende Gebetsstufe zu-

Lather berichtet: „Non surrexerunt a temporibus Apo- teil wurden, ist die psychologische Beschreibung, bei

stolorum homines, quorum Ecclesia propius accessit ad aller Unzulänglichkeit der Terminologie, von großer Fri-

Doctrinam et ritus Apostoitcos, atque Fratres Bohemi... sehe und Bestimmtheit.

Et si Fratres hi nos puritate doctrinae non superant, or- Zweierlei wird einem durch das „Leben" besonders

dinaria tarnen Disciplina Ecclesiae, qua utuntur, suas

klar: 1) Die mystischen Zustände können nicht mit rein

que feliciter'^ubernant Ecclesias, lange nos superant, et i psychologischen Kategonen erfaßt werden. Sehr aufin
hac parte° maiorem laudem habent, quam Ulis con- , fällig ist z. B daß bei den Ekstasen sehr im Unter-
cedere nos propter gloriam Dei et veritatem oporteat, j schiede zu epileptischen Anfallen,, mit denen sie eine
quui plebs nostra Germanica Disciplinae higuni aondum < gewisse äußere Ähnlichkeit aufweisen Gedächtnis und
subire mit" Es wird daher noch einer besonderen Un- , Rezept.vitat des Geistes voll erhalten bleiben. Die my-
tersuchung' bedürfen, wie weit die Bucersche Reform in , stischen Zustande des „inneren Gebetes" bringen viel-
ihren einzelnen Zügen, in der Buß-Praxis, der Stellung ! mehr eine ontische Veränderung des Subjekts mit sich,
d< r Hhxhm und im creistlichen und administrativen i nämlich ein zunehmend tieferes Eindringen in den Gnadenwillen
Gottes. Das zu wissen ist wichtig für das Verständnis
der religiösen Aussagen. M. E. hat z. B. die
biblische Exegese nicht immer genügend darauf geachtet
, ob eine Aussage von einem Begriffe oder von einem
in der Erfahrung gegebenen, ichbezogenen Tatbestande
handelt, noch auch den Unterschied zwischen rhetorischem
Bilde und mystischem Symbol genügend gewürdigt
. In noch höherem Maße trifft das zu bei der üblichen
Auslegung der mittelalterlichen Mystiker. Sie
sind eben weder Theologen noch Dichter. 2) Aus dem
„Leben" der Hlg. Theresia wird ganz deutlich, daß
selbst in der mystischen Vereinigung der Unterschied
zwischen Subjekt und Gott aufrecht erhalten bleibt.
Denn die „Verähnlichung mit Gott" bedeutet für die
Heilige nie, daß sie in die göttliche Natur hineinge-
nommen wird, sondern nur, daß ihr die Gnadengegenwart
Jesu, und später die der Hlg. Dreifaltigkeit, immer
ungebrochener zum Bewußtsein gebracht wird. Es ist
daher ganz unbegründet, immer wieder die Unvereinbarkeit
von Christentum und Mystik zu behaupten. Man
versteht dabei offenbar unter Mystik gar nicht das, was
in der Geschichte des Christentums als solche hervorgetreten
ist, sondern Pantheismus oder eine verschwommene
Gemütsseligkeit. Bei der hgl. Theresia dagegen verliert
die Frömmigkeit nie ihre spezifisch katholischen
Züge. Man könnte höchstens zuweilen meinen, daß ihre
Frömmigkeit einen überkonfessionell christlichen Typ
darstellt, so etwa in ihrem ständigen Wertlegen auf die
Ehre Gottes und ihrem starken Empfinden der Ohnmacht
und der völligen Sündhaftigkeit des Menschen,
und auf der anderen Seite in ihrer Vorliebe für die
menschliche Seite Christi und in der Natürlichkeit ihres
religiösen Lebens. Das alles erhebt sie über den Katholizismus
ihrer Zeit und bringt sie in die Nähe der Reformation
. Aber daneben steht doch dann wieder die
unbedingte Hochschätzung des Ordenslebens, der Glaube
an die guten Werke, und bei aller Bereitwilligkeit,
die Bibel als oberste Norm anzuerkennen, die Tatsache,
daß sie von der Bibel nur wenige Stellen, und auch die
offenbar nicht aus direkter Lektüre kennt.

Der eigentlichen Übersetzung des „Lebens" geht eine
kurze, nicht sehr bedeutende und zuweilen nicht ganz
genaue Einführung in das Schrifttum der hlg. Theresia
voraus. Die Übersetzung selbst ist korrekt, und wenn
sie zuweilen auch etwas ledern ist, so wird doch der Reiz
der Ursprünglichkeit des Werkes dadurch nicht aufgehoben
. Die zahlreichen Fußnoten beziehen sich fast ausschließlich
auf geschichtliche Einzelheiten. Manche muten
in ihrem massiven Wunderglauben (vgl. S. 280 f.,
Anm. 2) etwas unkritisch an. Zum tieferen Verständnis
der Mystik der Heiligen tragen sie kaum bei. Zuweilen
zeigt sich sogar ein erstaunliches Nichtverstehen, z. B.
in der Anm. 1 zu S. 468, wo eine kurze, ergreifend schöne
Notiz — vielleicht das schönste Stück ihres Schrifttums
— als rätselhaft bezeichnet wird. Es handelt sich
um eine Erleuchtung, ähnlich der grundlegenden Pascals,
in der ihr das Geheimnis des „Christus in mir, ich in
Christus" offenbart worden ist.

Dem eigentlichen „Leben", das nur die Jahre 1515

Aufbau der Gemeinde das Vorbild der Böhmischen Ge
nieindeordnung nachwirkt, eine Frage, die, wie gesagt,
im Zusammenhang mit der Frage nach der reformierten
Gemeindedisziplin zusammen behandelt werden müßte.

Schließlich ein letztes: es wäre notwendig gewesen,
der geschichtlichen Bedeutung Straßburgs als Verbindungsort
der deutschen und der französischen Reformation
auch nach der Seite hin nachzugehen, inwieweit
die Straßburgische Gemeindeordnung auf Frankreich zurückgewirkt
hat. Hier ist dem Verf. leider das ausgezeichnete
Buch von W. G. Moore entgangen, das unter
dem Titel: La reforme allemande et la litterature fran-
caise, recherches sur la notorite de Luther en France
1930 in Straßburg erschienen ist und das auf 510 Seiten
eine überraschende Fülle von Tatsachen nicht nur über
die allgemeinen Einwirkungen Luthers auf Frankreich,
sondern gerade über die Bedeutung Straßburgs für die
französische Reformation, über die theologische Literatur
, die in Straßburg übersetzt und gedruckt wurde, über
die Tätigkeit der französischen Calvinisten in Straß bürg
etc. bringt. Gerade über Lambert und seine französischen
Mitarbeiter ist dort viel Neues zu finden, das
manche Ergebnisse der vorliegenden Studien verdeutlichen
würde.
Marburg (Lahn). Ernst Benz.

A 1 k o f e r, P. Aloysius, Ord. Carm. Disc.: Das Leben der heiligen
Theresia von Jesu. München : J. Kösel & F. Pustet 1933. (545 S.
m. 1 Bildn.) 8°. = Sämtl. Schriften der hl. Theresia von Jesu. 1. Bd.:
Leben von ihr selbst beschrieben. Neue deutsche Ausg. übers, nach
d. spanischen Ausgabe des P. Silverio de S. Teresia C. D. geb. RM 9—.
Eine auf kritisch bearbeiteten Quellen beruhende
Übersetzung der Werke der großen spanischen Mystikerin
hatten die bayrischen Karmeliten bereits 1905—1915
herausgebracht. Inzwischen hat aber P. Silverio de S.
Teresia, von der spanischen Regierung zur Sichtung und
Ordnung der Theresia-Manuskripte berufen, reiches, bisher
unzugängliches Material aus der Verborgenheit hervorgeholt
und in einer neuen kritischen Ausgabe der
Werke der Heiligen der Öffentlichkeit unterbreitet (Bur-
gos, 1915—1924. 9 Bde.). So konnte die neue Übersetzung
, deren erster Band nunmehr vorliegt, auf eine
ganz neue Grundlage gestellt werden. Durch P. Aloysius
von der Unbefleckten Empfängnis ist andererseits" der
Zusammenhang zwischen der vorhergehenden und dieser
Übersetzung hergestellt.

Das „Leben" der Hlg. Theresia von Jesu gehört zu
den klassischen religiösen Selbstbiographien. Für den
Religionspsychologen ist es eine unschätzbare Quelle,
weil sich hier ein außerordentlich tiefes und reiches
christliches Leben verhältnismäßig ungebrochen darstellt.
Es wird einem das namentlich beim Vergleich mit den
Bekenntnissen Augustins deutlich. Die Heilige ist kaum
darauf bedacht, eine fortlaufende Erzählung ihres Lebens
zu geben, noch sucht sie eine Theorie des mystischen
Lebens auszuarbeiten wie ihr Schüler Johannes vom
Kreuz. Ihr einziges Anliegen ist für seelsorgerliche
Zwecke die vier Gebetsstufen so anschaulich und eindringlich
wie möglich zu beschreiben. Da ihr, wie sie