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Ausgabe:

1934 Nr. 9

Spalte:

167-168

Autor/Hrsg.:

Weinel, Heinrich

Titel/Untertitel:

Die deutsche evangelische Kirche 1934

Rezensent:

Usener, Wilhelm

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Seite 1

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167 Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 9. 168

tion gesprochen, der erst „in dem Augenblick, da er in Worte, Bilder i Hches Interesse, da andere Fragen vordringlich geworden

oder Oedanken eingeht", verloren gehe. Darnach ist erst der Versuch, j sm4} auf deren Beantwortung am Ende des lahres

die Intuition im Symbol auszudrücken der Sündenfall. S. 29 spricht er man sehnsüchtig Und leidenschaftlich wartet In der

T*™£ ZreS«fIntUlt'°n' " ZUgeSt6ht' I ^tonung der verschiedenen evangelischen Be-

Dieses intuitive Erkennen hält die Verbindung von Kenntnisse sieht W. eine „unheimliche Verzerrung des

Gott und Mensch noch an einem dünnen Faden zu- I Gedankens der Reichskirche" und wendet sich als

sammen. Der Bruch ist zwar ein endgültiger, aber, was i »Oraler und Mann der religionsgeschichtlichen Schule"

immer gegen Barth betont wird, kein vollständiger. Sollte dagffen, wozu man ihm auch von anderem Stand.

aber das Pathos der Theologie Barths sich nicht gerade
an der Tatsache einer Vollständigkeit dieses Bruches
nähren? Der „Existenzrest", der von R. auf Grund des
in allem „Erkennen" verborgenen „Kennens" behauptet
wird, muß sich dann innerhalb der Barthischen Gedankenwelt
als ein Sprengkörper erweisen.

Außerdem würde sich durch den Einbau einer solchen
Theorie der „Intuition" und der damit zusammenhängenden
Behauptung eines „Existenzrestes" die Problematik
der dialektischen Theologie, wie es bei R. ganz
deutlich sichtbar wird, auf die Schwierigkeit reduzieren,
daß man von Gott theologisch nicht reden könne, weil
man überhaupt in dem Augenblick, wo man von einer
Sache redet, nicht mehr von der Sache redet. Diese
Schwierigkeit, mit der sich der V. des öfteren abquält,
ist aber die typische Verlegenheit der Mystiker und ist
auch die Klage der Romantik über das plumpe Wort:
„wird es ausgesprochen, flattert fort der schöne Schmetterling
". Barth wird sich gegen eine solche Verharmlosung
dieses seines Anliegens wehren müssen.

Bedenken wird man auch äußern müssen gegen die
Ansicht von R., daß die philosophische Arbeit sich in
einer Desillusionierung angeblicher Wirklichkeitserkenntnis
erschöpfe und so nur theologische Vorarbeit
zu leisten habe. Mit solchem theologischen Chauvinismus
kommt das alte PhiLosophia—ancilla theologiae wieder
in Sicht.

Die Schrift ist wertvoll, weil sie vermittelst neuer
Terminologie zuviel begangenes, und daher festgetretenes
theologisches Gelände neu umbricht. So rückhaltlos
ich dies anerkennen möchte, so bestimmt möchte
ich mich gegen das der Schrift angeheftete Elogium
von Bultmann wenden, daß sie „in ihrer fast künstlerisch
zu nennenden Form keineswegs nur für Fachleute
lesbar sei, sondern jeden Leser fesseln müsse". Eine
bessere und tiefere Durchdenkung der den V. bewegenden
Fragen muß zu einer klareren und verständlicheren
Darstellung führen. Es darf insbesondere auf dem Gebiet
der systematischen Theologie nicht zu der Bildung
eines Jargons kommen, der nur einer esoterischen, sich
anderen Einflüssen hermetisch verschließenden Clique
von Eingeweihten verständlich ist. Diese Gefahr ist
heute vorhanden.

Heidelberg.____Robert Wi n kl er.

Weinet, Geh. Kirchenrat Prof. D. Dr. Heinrich: Die deutsche
Evangelische Kirche, ihre Notwendigkeit, ihre Aufgaben, Hirt
Gestaltung und ihr Bekenntnis nebst einer Chronik der Versuche
deutscher kirchlicher Einigung. 1807 bis 1.6. 1933. Gotha: L.Klotz
1933. (92 S.) 8°. = Wesentlich erweiterter Sonderdr. a. d. Zeitschr.
„Die Christliche Welt" 1933, H. 9. m 10. RM 2.40.

„Die Reichskirche ist im Werden", so beginnt die
interessante Schrift hoffnungsfroh, nicht ohne im Vorwort
schon feststellen zu müssen, daß die Bischofsfrage
— damals war Bodelschwingh nominiert und
schließlich zurückgetreten — zum Zankapfel geworden
ist. Seitdem hat der Streit katastrophale Formen angenommen
; um so lebhafter wird man dem Wunsch
beistimmen müssen: „Gott gebe, daß dieser Streit, der
unserer Kirche zum schwersten Schaden gereichen kann,
bald durch Weisheit und christliche Aufopferung eigener
Wünsche gelöst werde". Durch die Schrift zieht sich
die starke Besorgnis, daß durch die Reichskirche und
in ihr einseitig konfessionelle Gesichtspunkte wieder besonders
stark betont werden, und daß statt Einigung Zer-
trennung entsteht. Die Baupläne der letzten Zeit und
die Bekenntnisfrage werden behandelt. Manches von dem
Ersteren hat scheinbar gegenwärtig nur noch geschicht-

punkt aus ein gewisses Recht nicht absprechen kann;
immerhin scheint dem Berichterstatter in den letzten
Auseinandersetzungen mit dem Betonen des Bekenntnisses
doch manchmal etwas anderes gemeint zu sein
als früher in der theologischen Auseinandersetzung.
Manches, was als praktisches Bedenken gegen Neueinteilung
, Zusammenlegung von Kirchengebieten angemeldet
wird, ist sehr beherzigenswert. Dankenswert, wie
die Synoden in Schutz genommen werden, sie fallen
nicht unter das Schlagwort „Parlamentarismus" oder
gar „Demokratie", sind wie die rheinische, auch die
westfälische hätte genannt werden können, älter wie alle
Parlamente, beherzigenswert auch, was über die „Dämonie
des Bischofsgedankens" gesagt wird, und bei den
Schwierigkeiten, die von der rheinischen Kirche her gesehen
werden, hätte Westfalen bei seinem engen kirchlichen
Zusammenhang mit dem Rheinland erwähnt werden
müssen, dadurch wird die Sache nur noch komplizierter
. Ganz besonders ausführlich bespricht W. die
außerordentlich schwierige Bekenntnisfrage. Ob die in
diesem Zusammenhang zitierten Richtlinien des Protestantenvereins
von 1923 oder die des Freien Protestantismus
uns hinsichtlich des Bekenntnisses weiter bringen, erscheint
dem Berichterstatter recht zweifelhaft. Das in
der Kundgebung der Bevollmächtigten vom 27. Mai dargebotene
Bekenntnis wird im wesentlichen begrüßt wie
auch teilweise die in ihr gegebenen Grundsätze einer
Kirchenverfassung, bedeutsam die geäußerten Bedenken
gegen die Eingriffe des Staates in den Sätzen: „Die
Reichskirche muß eine freie Tat der Kirche sein. Die
Kirche muß aber auch für immer im Staat frei sein,
um dem Volk zu dienen." Was da vor mehr denn einem
halben Jahr geschrieben ist, hat an Aktualität nichts
eingebüßt, ebenso wenig wie der Abschnitt über die
Finanzfrage und auch das Schlußwort.

Einige Kundgebungen der Bevollmächtigten usw. und
eine sorgfältige, sehr dankenswerte Chronik der kirchlichen
Einheitsbestrebungen von 1807 an bilden den Abschluß
.

Halle Snale.____Wilhelm Usener.

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Unter OTitroirlutng oon Canbesbifdmf a. 2). D. $)r. Gimon Gdiöffel
in Hamburg — Canbesbifchof D. #nns anetier in OTiindjen — 'Brof.
D. 3)r. ferner ©lert in erlangen - sprof. D. <Daul 'Stthaits in (Erlangen
herausgegeben von
D. SohonnCö 23ergboIt, etubienprofeffor in <2Bürsburg
Sjeft 1: 3)as beutfdie Luthertum an ber 'üßenbe ber 3ett. Bon

Canbesbifchof a. 5). D. J>r. 6imon 6d)öffel in Hamburg.

Sheologtfche 'Cerantiuortung. ^on "Brofeffor D. 'Baul 211t=

tjaus in (Erlangen.
S)eft 2: 3ur Srnoe eiiies neuen SBefcenntniffes. Bon *Brofeffor

D. 2)r. SBemer eiert in erlangen.

3i:m Problem ber «Reinen £et)re. Hon 'Bifear £ic. Otto

Penning 9tebe in ^Birrroig^reslau.
$eft 3: goanqelifche (Sraiebung im brüten SReid). 35on Geminar»

infpektor £ic. Äurt 3rbr in 9Türnberg.

■JBort, ©etft unb ganratnent. 'Bon <Profeffor D. Olaf OToe

in Oslo.

3ebes £eft enthält einen 3ettfcfiriften» unb 55üd)erberlcht. Bon

etubienprofeffor D. 3obannes 'Bergbolt in 5Büräburg.
9Ronatlid) erfebeint ein F)eft im Umfang non 2 'Sogen. 'Bezugspreis
nierteljährlid) 9?9Ul 1.50 baju 9i9R -.25 <Borto beibirekter 3ufenbung.

HCuthertum ift bas Organ, in bem bie gegenmärtige II
aufbreebenbe lutherifcbe ©eifteshaltung ju 'äBort Kommt. ||
Betreuungen nimmt jebe Bucbhanblung, jebe "Boftanftalt
foroie ber Berlag entgegen.

2l.2)eiiftertf(öe ^erlaöeöudiDanbig., Ccinaia ® 1, ^öntgftr. 17

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 12. Mai 1934.

Verantwortlich: Prof. D.W.Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14; für den Anzeigenteil: C. Kunze, Leipzig.
Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.