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Ausgabe:

1934 Nr. 9

Spalte:

157

Autor/Hrsg.:

Walter, Johannes von

Titel/Untertitel:

Die Geschichte des Christentums ; 1.Das Altertum 1934

Rezensent:

Opitz, Hans-Georg

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157

Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 9.

158

auf Mt. 16, 18 als „Primatsstelle" berufen habe, was aber auch auf
katholischer Seite nicht mehr durchweg festgehalten wird. Ebenso ist
jetzt die Anschauung, daß Cyprian den römischen Stuhl als „dauerndes
Einheitsprinzip der Kirche" betrachte (S. 8), von Seppelts dogmatischem
Fakultätsgenossen Poschmann aufgegeben worden (siehe diese Ztg.
1934, Nr. 1, Sp. 10 ff.). Daß der Bischof von Karthago dem römischen
Bischof einen „Jurisdiktionsprimat" zuerkannt habe, nimmt aber auch
S. nicht an. Das von K. Müller festgestellte Patriarchalverhältnis
findet jedoch bei ihm nicht ebenso einen Widerhall, wie bei Poschmann
. - Die alte Nachricht, daß Papst Marcellinus in der Verfolgung
den Götzen Weihrauch gestreut habe, findet S. - im Unterschied von
A. Ehrhard, die Kirche der Märtyrer 1932, S. 101 (siehe diese Ztg.
1933, Sp. 177) - unglaubwürdig (S. 10). — S. 12 fehlt die Synode
von Arles 314 mit ihrem Schreiben an den Papst. — S. 16 f. ist die
Bedeutung der Synode von Sardica überschätzt. — Von einer „vanda-
lischen" Zerstörungssucht (S. 358) sollte in einem deutschen Buche nicht
mehr die Rede sein. — Die „Mäßigkeit" Gregors XVI (S. 386) ist doch
sehr zweifelhaft. Und die Lehre des Bonner Theologen Hermes darf
nicht nach dem vom Jesuiten Perrone verfaßten Breve dieses Papstes gekennzeichnet
werden (S. 392f., wie neuestens auch H. Schrörs dargetan
hat.

München. Hu£° Koch.

Walter, Prof. D. Johannes von: Die Geschichte des Christentums
. 1. Halbband: Das Altertum. Gütersloh: C.Bertelsmann 1932.
(V, 238 S.) gr. 8°. RM 6-; geb. 7.50.

Diese neue Darstellung der Geschichte der Kirche
von den Anfängen bis zur Gegenwart, wendet sich an
den Anfänger und vor allem aber an den Laien. Der
Aufbau des Werkes, von dem bis jetzt der 1. Halbband
vorliegt, ähnelt in Vielem den bekannten Grundrissen
der Kirchengeschichte. Auf 238 Seiten wird die Geschichte
der alten Kirche bis zum Trullanum 680 abgehandelt
Dazu gehört ein nicht geringes Geschick in
der Darstellung, daß v. W. besonders darin beweist,
daß er sich nicht nur auf Allgemeinheiten beschränkt,
sondern auch Tatsachen mitzuteilen bestrebt ist. Natürlich
mußte der Verf. sich bei dem geringen Umfang
oft auf Andeutungen beschränken. Z. B. ist die Zeit von
200—700 etwas zu kurz gekommen, wenn in einem
Drittel des Buches die Zeit von den Anfängen bis 150
behandelt wird. Grundsätzlich hat W. darauf verzichtet
, Quellenangaben oder Hinweise auf die Literatur
zu geben. Nur das N. T. wird zitiert. Bei der Darstellung
des 4. Jahrhunderts vermißt man ein Eingehen
auf die Verflechtung der dogmatischen und kirchenpolitischen
Kämpfe. Das Mönchtum wird im Zusammenhang
mit der sich entwickelnden Verbindung von Staat
und Kirche gesehen. Athanasius erfährt eine zu geringe
Würdigung als Kirchenfürst; v. W. sieht ihn ausschließlich
als Dogmatiker. Das sind natürliche Verkürzungen
, die die Anlage des Buches mit sich bringt.
Im großen Ganzen ist dem Verf. gelungen, in knappen
Zügen die traditionelle Auffassung von der alten Kirche
zusammenzufassen. Der Laie und auch der Student
wird das Buch mit Nutzen lesen.

Berlin. H. G. Opitz.

Waszink, Jan Hendrik: Tertullian De anima. Mit Einleitung,
Übersetzung und Kommentar. Amsterdam: H. J. Paris 1933. (VIII,
318 S.) gr. 8°.

Die inhalts- und umfangreiche Schrift Tertullians
De anima hat seit der Ausgabe W. B. Lindners (Leipzig
1861) keine Sonderausgabe mehr gefunden. Darum
ist eine solche die bisherige Forschung zusammenfassende
und weiterführende Ausgabe durchaus am Platze.
Der Holländer Waszink, der sie uns hier als Leidener
Doktorarbeit vorlegt, ist ein Schüler F. J. Dölgers
und macht mit ihr der Schule des Bonner Meisters
alle Ehre. Von ihm hat er auch den Grundsatz übernommen
, daß man den so schwierigen Schriftsteller
nicht verbessern, sondern verstehen lernen soll. Er ist
darum auch viel weniger zu Änderungen am Text des
von ihm zu Grunde gelegten cod. Agobardinus geneigt,
als dies Reifferscheid in der Wiener Ausgabe gewesen
ist. Zugleich ergab sich ihm bei einem genauen Vergleich
dieser Handschrift und der alten Ausgaben, daß

der kritische Unterbau bei Reifferscheid nicht vollständig
und nicht völlig zuverlässig sei. Natürlich kamen
ihm bei seiner Arbeit die Studien Löfstedts, Thörnells,
Hoppes (siehe diese Ztg. 1933, Nr. 20, Sp. 360ff.),
Kroymanns und anderer zu statten. In der Einleitung
berichtet er über die Überlieferung, die bisherigen Ausgaben
, Übersetzungen und Arbeiten sprachlicher und
sachlicher Art. Dann zeichnet er die Einleitung, bestimmt
die Abfassungszeit (210 oder Anfangs 211),
erörtert die Quellenfrage (siehe dazu jetzt noch Dölger
in Antike und Christentum IV, 1933, H. 1, S. 33) und
den Einfluß der Schrift in der Folgezeit. Die Ausgabe
selbst ist so gehalten, daß auf der linken Seite der
lateinische Text, rechts die deutsche Übersetzung steht.
Diese ist im allgemeinen richtig und sinngemäß, verrät
aber da und dort den Ausländer durch Ungeschicklichkeiten
und Fehler, die in den Corrigenda hinten
nicht alle verbessert sind. Der kritische Unterbau ist
ungemein sorgfältig und reichhaltig. Sehr gut und gehaltreich
ist auch der nachfolgende Kommentar, der
unter Verwertung der bisherigen, auch der neuesten
Forschung sowohl in sprachlicher wie in sachlicher
Hinsicht zusammenträgt, was zum Verständnis der Stellen
, zur Feststellung ihrer Quellen und Beleuchtung
ihrer Fernwirkungen dienen kann. Schade, daß weder
beim Text noch beim Kommentar an den Seiten oben
die Kapitel angegeben sind, was das Nachschlagen erschwert
. Dankenswert aber ist die Abteilung der Kapitel
in Paragraphen. Ebenso die Beigabe von vier Verzeichnissen
: der Namen, sprachlicher Eigenheiten, die
Sachen und der Stellen aller Schriftsteller.

Zu 1, 1 (S. 20 u. 199): suggestus ist tertullianisches Lieblingswort,
wie schon aus dem Index verborum bei Oehler zu ersehen ist, vgl. de
an. 12,1 u. 18,5. — Zum Philosophen als gloriae animal (1,2 S. 20
bezw. 199) vgl. auch Justin Apol. II, 3, 1 und 6 und Cypr. de bono
pat. 3 (398,20). — Zu ingenium crudelitatis (1,6 S. 22 bezw. 200) vgl.
auch Cypr. ad Dem. 12 (360,14): ingeniosa crudelitas. — 9,4 (s. 42)
beläßt W. ganz richtig das medicinas desiderantibus sumit der Hdschr.
und der ältesten Ausgaben gegenüber dem vielfach vorgeschlagenen
submittit; dann darf aber nicht übersetzt werden: „sie gibt Arznei für
die Frommen", sondern: sie empfängt (nämlich in ihren Verzückungen)
Arzneien für die darnach Verlangenden. Ähnlich ist es 15,3 (S. 60),
wo ducimur beibehalten, aber „belehrt werden" übersetzt ist, wie wenn
docemur übernommen wäre. Und 57,5 (S. 188), wo hominem beibehalten
und „des Menschen" (hominis) übersetzt ist. — Zu 11,3 (S. 50
u. 216): daß Tertullian Jes. 57, 16 aus dem Hebräischen übersetzt hätte,
ist ganz ausgeschlossen (vgl. adv. Prax. 5, S. 233,3 Kroym). Vgl!
übrigens zur „Terminologie" von flatus und spiritus bei T. meine Abhandig
. in Theol. Stud. u. Krit. 1932, S. 127 ff. - 12,3 (S. 54 u. 218):
sagt T. von Aristoteles ncscio an sua paratior implere quam allena inanire.
Vgl. Augustin de util. cred. 1, 2 (S. 4,28 Zycha): nisi quod ipsos (die
Manichäer) quoque animadtebam plus in refellendis aliis disertos et
copiosos esse quam in suis probandis firmos et certos manere, und
Gennadius de vir. ill. 15: (Commodianus) magis illorum (der Heiden)
distruere potuit quam nostra flrmare. — Die Bemerkung zu 13, 3 (S. 56 und
219) ist irrig, denn es heißt ja im Text nicht deponit, sondern ponlt,
und animam deswegen statt spiritum, weil nicht Luk. 23, 46, sondern
Joh. 10,15 angezogen ist. Und vorher spielte T. in seiner kurzen Art
auf Luk 9, 26, Mt. 10, 28 und Joh. 12, 25 an. — 15, 1 (S. 58 u. 222):
zu totusanimae Status periclitatur und 17, 11 (S. 68 u. 227) vgl. de pud.
1,5: nostrorum bonorum Status iam mergitur. — lg, 02 u_ 224):

daß a (ex, in) primordio eine tertullianische Lieblingswendung ist hätte
bemerkt werden sollen, vgl. allein aus de an. selber c. 19 5' 24 2;
26,5; 27,8; 31, l; 36,1; 38,1; 39,1; 43,9; 45,3; 52,2.' Dafür
ab exordio nur 28, 1, ab initio 21, 1 u. 29, 1. Das ist eine weitere Bestätigung
dessen, was ich in dieser Ztg. 1932, Sp. 589 über in prinäpio
als Schrifttext (Gen. 1, 1 und Joh. 1, 1) im Unterschied vom tertulliani-
schen in primordio dargelegt habe. — 18,4 (S. 72 Z. 5 v. u.) lies
intellegentem st. intellegentum, und 18, 8 (S. 74, Z. 3 v. o.) lies
intellectuales st. intellectalis. — 19,5 (S. 78 11. 230): Silva ist tertullianisches
Lieblingsbild (s. 24,11 und den Index bei Oehler, und Hoppe),
ebenso iniuria (= Schaden) wieder Lieblingswort (vgl. an. 28, 4; apol!
3,4; 38,5 u. a). Wenn es aber hier vom Efeu (hederae) heißt:
quod malint parietibus invehi textili Silva, quam humi teri voluntarla iniuria
so bedeutet das letztere nicht „als auf der Erde von frechem Mutwillen
zertreten zu werden", sondern: als auf der Erde unter freiwilligem
Schaden (freiwillig Schaden, oder Mißhandlung, leidend) zertreten zu
werden. Siehe über einen solchen Ablativ, wie er in de an. auch 25,4
und 5 (S. 96: necessaria crudelitate und violento puerperio) vorliegt
Rhein. Mus. f. Phil. 1929, S. 427 ff. — 19,8 (S. 78 u. 231) - zum