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Ausgabe:

1934 Nr. 5

Spalte:

91

Autor/Hrsg.:

Riddle, Donald W.

Titel/Untertitel:

The Martyrs 1934

Rezensent:

Seesemann, Heinrich

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91

Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 5.

92

ständnisses mit sicherer Hand fest, setzt die wechselnden
Phasen der Joh.-Auffassung in Beziehung zu den geistigen
Strömungen des Jhdts. und trägt damit auch zur
Klärung dogmengeschichtlicher Probleme dieses Zeitraumes
bei. Trotz des Stoffreichtums knappe Darstellung
, kritische Besonnenheit und wohl abgewogenes Urteil
kennzeichnen die tüchtige Arbeit. Die vorsichtige
Zurückhaltung, die der Verf. an umstrittenen Punkten
übt (z. B.: „Kleinasiatische Theologie" oder „Syrische
Gnosis" bei Joh. und Ignatius? Direkt Johanneisches
bei Ignatius und Irenaeus?), bewahrt ihn vor jeglicher
Konstruktion und Abschweifung vom Thema, führt aber
doch dazu, daß hier letzte Klarheit noch nicht gewonnen
wird. v. L.s Verdienst bleibt, ein dankbares, längst
der Bearbeitung bedürftiges Thema angefaßt und das
schwierige 1. Stück so solide und förderlich behandelt
zu haben, daß man von der Fortführung wirklich
Gutes erwarten darf.

Güttingen. J. Behm.

Riddle, Donald W.: The Martyrs. A Study in social control.
Chicago: The University of Chicago Press [1931]. (XI, 231 S.) 8°. $3—.
Durch den Untertitel des Buches gibt R. an, wie
er sich zur Märtyrerfrage äußern will. Er ordnet das
gesamte bekannte Material nach sozialpsychologischen
Gesichtspunkten und zeigt, wie der altchristliche Märtyrer
der Kontrolle der Gesamtheit, der Kirche unterstand
, und wie das altchristliche Martyrium auch unter
soziologischen und psychologischen Gesichtspunkten betrachtet
werden muß. Dieser Versuch ist in der Tat
neu, wie der Verf. im Vorwort sagt, und bietet manche
interessante Beobachtung. Man bedauert nur, daß R.
sich mit sehr allgemeinen Ausführungen begnügt hat
und bei seiner soziologischen Fragestellung auf die
doch oft wichtigeren philologischen Probleme überhaupt
nicht eingeht. So läßt das Buch schließlich nur das
bekannte Quellenmaterial unter etwas anderer Beleuchtung
am Leser vorüberziehen. Nachdem in den ersten
Kapiteln die altchristlichen Martyrien behandelt sind,
geht der Verf. im Schlußteil auf das N.T. über und versucht
den Gedanken des Martyriums auch für das Verständnis
des N.T. auszuwerten. Bes. das Marcusev.
wird herangezogen, das der Verf. in seinen größten Partien
als ältestes Martyrologium (Christi) ansieht. Aber
auch hier führt er nicht weiter, weil er auch hier bei
zu großen Allgemeinheiten stehen bleibt und mit seinen
Thesen nicht eigentlich in die Tiefe führt. Man bedauert
es, daß der Verf. seine Gedanken, die sicherlich:
einer Diskussion wert sind, nicht für ein engeres Gebiet
tiefer durchgeführt hat. Sein Buch hätte dann mehr
bieten können.

Göttingen. H. Seesemann.

Ruf, Paul, u.Martin Grab mann: Ein neuaufgefundenes Bruchstück
der Apologia Abaelards, hrsg. u. untersucht. München:
Verl. d. Bayerischen Akad. d. Wiss. R. Oldenbourg in Komm. 1930.
(41 S.) 8°. = Sitzungsberichte d. Bayer. Akad. d. Wiss. Philos.- hist.
Abt. Jahrg. 1930, H. 5. RM 3—.

Hier wird ein Fragment der verlorengegangenen
Rechtfertigungsschrift, die Abaelard nach der Synode
zu Sens 1141 auf die 18 Anklagesätze des Bernhard von
Clairvaux hin verfaßte, erstmalig veröffentlicht und
untersucht. Bisher war die Arbeit nur aus Angaben und
Auszügen Ottos von Freising und eines Anonymus (vgl.
Migne, P. L., t. 180, c. 283 ff.) bekannt. — Im 1. Teil
wird die Hs. von P. Ruf beschrieben und ediert. Es
handelt sich um einen für die Münchener Staatsbibliothek
erworbenen Pergamentkodex des ausgehenden 12. Jahrhunderts
: Clm. 28 363, fol. 132—135. — Im 2. Teil
wird die Schrift von M. Grabmann inhaltlich untersucht.
Die Hs. umfaßt die Einleitung und die Antwort auf
den 1. Anklagesatz, der Abaelard Arianismus vorwarf.
Man sieht hier, wie Abaelard den hl. Bernhard mit
der Waffe der Dialektik bekämpft, in der er seinem
Gegner entschieden überlegen war. Abaelard hält den

| Argumentationen Bernhards den Grundsatz entgegen:
Wenn 2 Wörter für sich betrachtet denselben Sinn
haben, so folgt daraus nicht, daß, wenn diese Wörter
mit denselben Prädikaten zu Sätzen verbunden werden,,
diese Sätze den gleichen Sinn haben. Gegen dieses
sprachlogische Prinzip verstoße Bernhard, wenn er Abaelard
unterschiebe, er sage, der Sohn Gottes sei eine
gewisse Macht Gottes, und der Hl. Geist sei keine

i Macht Gottes. Tatsächlich habe er nur einerseits den
Sohn die Weisheit Gottes und den Hl. Geist die Güte
Gottes genannt und andererseits gelehrt, daß die Weisheit
Gottes eine gewisse Macht sei, nämlich die, alles
zu unterscheiden, und daß die Liebe Gottes mehr zum
Affekt der Güte als zur Macht gehöre. Damit habe
er aber keineswegs behauptet, der Sohn Gottes könne
nicht alles, und ebensowenig, der Hl. Geist sei iu
keiner Weise eine Macht. — Von der Widerlegung des 2.
Anklagesatzes, Abaelard habe gelehrt, der Hl. Geist
sei nicht aus der Substanz des Vaters, ist nur ein
Bruchstück erhalten: Abaelard erwidert, er lehre deutlich
, daß Vater, Sohn und Geist die gleiche Wesenheit
haben und daß der Sohn und der Geist aus dem Vater
seien. Grabmann zeigt nun an einer kurzen Literaturübersicht
, daß in der dogmengeschichtlichen Auffassung
der Trinitätslehre Abaelards keine volle Klarheit herrscht
und sucht zu zeigen, wie aus dem aufgefundenen Fragment
in gewissem Sinn neues Licht auf die Trinitätslehre
Abaelards falle. G. hebt einerseits hervor, daß Abaelards
Behauptung, der erste Anklagesatz finde sich nicht
in seinen Schriften, ebenso richtig sei, wie der dialektische
Grundsatz, den er gegen Bernhard ins Feld führt»
daß also der beanstandete Satz nicht aus anders gemeinten
Äußerungen Abaelards gefolgert werden dürfe.
Andererseits gibt Grabmann zu bedenken, daß Abaelard
doch die Grenzen zwischen Appropriationen und
Proprietäten in der Trinität verwische und daß mit der
Verwendung der Begriffe potentia, sapientia und benig-
nitas für die Unterscheidung der göttlichen Personen
auch die andere Lehre Abaelards zusammenhänge, daß
die Philosophen des Altertums eine Erkenntnis des Geheimnisses
der Trinität besessen hätten.

Das aufgefundene Bruchstück läßt uns zum mindesten
einen interessanten Blick tun in das Ringen des
großen Dialektikers um die denkende Erfassung der
Trinität.

Ludwigsburg. Walter Betzendörfer.

Neuß, Wilhelm: Die Anfänge des Christentums im Rheinlande
. 2., vermehrte Aufl. Bonn: L. Röhrscheid 1933. (IV, 100S.
u. 49 Abb.) gr. 8°. = Rheinische Neujahrsblätter. Hrsg. v. Institut f.
geschichtl. Landeskunde der Rheinlande a. d. Univ. Bonn. 2. H. RM 4—.

In der 2. Auflage ist aus dem schönen Büchlein
der 1. Auflage vom Jahre 1923 ein richtiges schlankes
Buch geworden: das Format ist gewachsen, der
Inhalt in allen Teilen ergänzt und gemehrt, wenn auch
der darstellende Haupttext nicht in dem Maße wie derjenige
der Anmerkungen und der Bilderanhang, der
jetzt auf 16 Tafelseiten 49 Bilder gibt statt der früheren
6 Tafelseiten mit 34 Bildern. Außerdem hat das Buch
ein ihm sehr förderliches und dem Leser sehr will-
! kommenes und nützliches Register erhalten. Wenn diese
Mehrung des Inhaltes sich im äußeren Umfange gegenüber
der ersten Auflage nicht stärker noch geltend
I macht als es geschieht, so liegt das nicht bloß an der
bereits erwähnten Vergrößerung des Formates, sondern
vor allem auch an der viel engeren Druckform, wobei
j freilich gesagt werden muß, daß der kräftige Satz der
l 1. Auflage ganz anders ansprechend war als das dünne,
schmale, bleiche Letternwerk der gegenwärtigen.

Die 1. Auflage ist im Jahrgange 1923 Nr. 23
! dieser Blätter besprochen worden. Aus dem Zusätze,
I den die „Vorbemerkung" in der 2. Auflage bekommen
I hat, teilt N. mit, daß die 1. Auflage nach kurzer Zeit
| vergriffen war und daß die Neuauflage schon längst
J erschienen wäre, hätte der Verfasser nicht das Ergeb-