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Ausgabe:

1934

Spalte:

65-67

Autor/Hrsg.:

Pap, L. I.

Titel/Untertitel:

Das israelitische Neujahrsfest 1934

Rezensent:

Wendel, Adolf

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Theologische Literaturzeitung

BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK

unter Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖBRIES und Prof. D. Dr. GEORG WOBBERMIN, beide in Göttingen

HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER, GÖTTINGEN

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahreheften. Bearbeitet von Lic. Dr. phil. REICH und Lic. H. SEESEMANN, beide in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50

Manuskripte und gelehrte Mitteilungen lind au «schließlich an Professor D. BAUER in Göttingen, Düstere Eichenweg 14, xu senden,
Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. Cewlhr für Besprechung oder Rücksendung von anverlangt gesandten Rezensionsexemplaren
, besonders noch bei Zusendung nach Göttinpen, wird nicht übernommen.

VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG, LEIPZIG C 1

59. JAHRGANG, Nr. 4



17. FEBRUAR 1934

Spalte

Baumgärtel: Der Hiobdialog (Kraeling) . 67
Caspar: Geschichte des Papsttums (Wagen-
Friedrich: Der evangelische Kirchenvertrag

Spalte

mit dem Freistaat Baden (Meyer).....79

Howard: The Fourth Gospel in Recent Cri-

ticism and Interpretation (Bultmann). ... 68
L e i p o 1 d t: Antisemitismus in der alten

Spalte

Pap: Das israelitische Neujahrsfest (Wendel) 65
Piper: Die Grundlagen der evangelischen
Ethik (Köberle)....... .75

Leipoldt, Prof. D. Dr. Johannes: Antisemitismus in der alten
Welt. Leipzig: Dörifling u. Franke 1933. (53S.> 8°. RM 1—.
In kurzen Zügen behandelt L. die Geschichte des

Frühjahr. Wann es eingeführt wurde, kann mit Sicherheit nicht festgestellt
werden. Als Fest begangen wurde das Neujahr im alten Israel
nicht. Das 4. K a p. beschäftigt sich mit dem Laubhüttenfest. Es ist

Antisemitismus in der alten Welt und die religiösen, polt- ' dem Lesefest gleichzusetzen, >m Bundesbuch bezeugt und stammt aus

tkrhen unrt wirtschaftlichen Gründe die zum Haß p-ewn 1 der Zelt VOr der Elnwanderung in Kanaan. Die e.nzige später angefügte
Tischen und wirtscnaniicnen urunae, tue «m naD gegen Neuerung ist die Einführung der Laubhütten, die mit 1. A. Wensinck

das Judentum gefuhrt haben. Die Schrift ist populär j als ap0tropäischer Ortswechsel aus der älteren Königszeit her verstanden
gehalten und hat offenbar in erster Urne den Zweck, I werden. Der Termin ist das Ende des landwirtschaftlichen Jahres. Nach
der gegenwärtigen Diskussion über die Judenfrage historisches
Material zu bieten.

Göttingen._ H. Seesemann.

Pap, L. I.: Das israelitische Neujahrsfest. Kampen: J. H. Kok
1933. (93 S.) 8°. Fl. 1.75.

Die Forschung über das israelitische Neujahrsfest
ist durch 2 Schriften als Etappen gekennzeichnet: Paul
Volz setzte es mit dem Laubhüttenfest gleich: Das Neujahrsfest
Jahwes (Laubhüttenfest), 1912. Sigmund Mo-
winckel postulierte für seinen Termin das Fest der
Thronbesteigung Jahwes: Das Thronbesteigungsfest Jahwes
und der Ursprung der Eschatologie; Psalmen-Studien
II, 1922.

Der eigentliche Bahnbrecher ist Mowinckel mit seinem
neuentdeckten Fest gewesen. Einen Beitrag zur
These bot F. M. Böhl: Nieuwjaarsfest en Koningdag

dem Exil wird die Festdauer verlängert und die Begründung erhält
national-historischen Charakter. Groß war die Bedeutung durchgängig.
Einen „gewissen Neujahrscharakter" erhält es erst zur Zeit der Mischna.
Das 5. K a p. bringt in extenso Wortlaut und Exegese der Psalmen 47,
93, 96, 97, 98, 99. 47 ist nicht von einer Kultprozession, sondern
eschatologisch zu verstehen. 93 läßt das Königwerden nur als Motiv
anklingen, hat mit der Thronbesteigung überhaupt nichts zu tun. 96
ebensowenig etwas mit dessen Mythen. 97 handelt wohl von der Thronbesteigung
, ein mit einem Thr.- fest verbundener Exodusmythus liegt
aber nicht vor. 98 hat mit einem Diachenkampfmythus nichts zu tun.
99 nichts mit einem Exodusmythus. Die „Postulation des Festes" kann
aus diesen Psalmen „nicht hinreichend gestützt" werden; sie sind meist
eschatologisch zu verstehen. Das 6. Kap. untersucht sonstige Belegstellen
für das Thronbesteigungsfest. Mow. selbst gibt zu, daß es nur
Andeutungen sind. I. Reg 8 beschreibt die einmalige Tempelweihe ; es
liegt keine Zurückdatierung des alljährlichen Thronbest.-F. vor. II Satn
6 zeigt, daß die Lade notgedrungen in 3 Etappen auf den Zion gebracht
wird — kein Anzeichen für eine Prozession am Herbstfest! Neh

in Babylon en in Israel 1927 Zurückhaltender folgte I 8 legt kein Neujahrsfest nahe. Der Königsjubel in Num 23,31 steht

der Mowinckel'schen These Hans Schmidt und baute mit e,j"em bf™"fn Fest >n Verbindung. Sach 14, 16 redet

•___r;___/-y i_ j r-- f".i,i„_. .:„|.„„i, , I nicht vom Neulahrstest. Hos 7, 5 beweist das Thr.-F. nicht. Die Tra-

sie mit seiner feinen Gabe des Einfuhlens einleuchtend 1 dition der Misi,na zeigt nur'die Verbindung des Königtums Jahwes

mit dem Neujahrsfest in ihrer Zeit. Im 7. K a p. wird die Frage erörtert
, ob denn, auch wenn die Quellen keine Belege bieten, theoretisch,
aus dem Wesen des isr. Kultes heraus, ein Thr.-F. denkbar ist. Aber
während in Babylonien die Götter den Kult brauchten, legte man ihm
in Israel weniger Wert bei. Dort passte darum das Thr.-F. hin, nach
Israel nicht. Das VIII. Kap. bringt als Zusammenfassung das Ergebnis:
„Auf Grund dieser Erwägungen können wir also mit Sicherheit feststellen,
daß im vorexilischen Israel — bis in die jüngste Königszeit hinunter
kein Neujahrs-,,fest" gefeiert wurde und ein Thronbesteigungsfest nie
existierte".

Im Grundsätzlichen verdient die Schrift volle Anerkennung
und Zustimmung. Sie rollt das gesamte Material
mit unverdrossener Gründlichkeit noch einmal auf,
fragt nach direkten wie indirekten Quellen, nicht weniger
nach Parallelen und kommt zu wichtigen Resultaten.
Die Tatsache des exilischen oder nachexilischen Aufkommens
des Neujahrsfestes war bisher schon bekannt.
Sie erfährt hier genaue Verteidigung. Wichtiger ist die
exegetische Vorführung des Quellenmaterials zur These
daß Laubhütten- und Neujahrsfest nicht identisch seien.
Der eigentliche Wert der Schrift besteht aber darin, daß
sie das Mowinckel'sche Gebilde des Thronbesteigungsfestes
, das namhafte Forscher sich zu eigen gemacht
oder wenigstens nicht hatten abzulehnen vermocht, restlos
zerschlagen hat.

aus in: Die Thronfahrt Jahwes am Fest der Jahreswende
, 1927. Hermann Gunkel, der Altmeister der
Psalmenforschung, erkannte in seiner Einleitung in die
Psalmen, 1927, die Schwächen des von Mow. und Schm.
errichteten Gebäudes. Mit klarem Urteil und nicht ohne
feinen Sarkasmus würdigt er ihre Bausteine einer scharfen
Kritik; nur Weniges aus den angezogenen Psalmen
läßt er als Stütze gelten. Aber, wenn sich da nach seiner
Meinung auch viel Phantasie und Übertreibung um
das Thronfest Jahwes rankte, läßt er die Möglichkeit
einer Existenz doch bestehen.

Hier setzt die vorliegende Schrift ein, eine Utrechter
theologische Dissertation, unter Prof. Noordtzkij angelegt
. Der Verf. geht über Gunkel hinaus, indem er
selbst die Möglichkeit eines Thronbesteigungsfestes bestreitet
und daneben die bisherigen Aufstellungen über
Israels Neujahr und Neujahrsfest einer dezimierenden
Kritik unterzieht.

So gibt das I. Kap. einleitend an, was der Verf. alles untersuchen
will. Das II. Kap. skizziert bisherige Hypothesen über das Neujahrsfest.
Das III. Kap. will die Frage beantworten: Wann begann denn überhaupt
das Jahr im alten Israel ? Man muß, so führt Pap aus, das „ökonomische
" vom »kalendarischen" Jahr unterscheiden; nur das erstere beginnt
im Herbst. Seit ältester Zeit stehen also zwei Jahresanfänge
nebeneinander. Das kirchlich-offizielle (d. h. also das kalend.) fiel ins

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