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Ausgabe:

1934 Nr. 3

Spalte:

59

Titel/Untertitel:

Einführung in die neuere Psychologie 1934

Rezensent:

Neumann, Johannes

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59

Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 3.

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Auffassung des Staates. Der Staat gehört nach Schi,
mit Wissenschaft und Geselligkeit wie Familie zusammen
zu den „vollkommenen ethischen Formen". Die j
Reformation stuft ab und sieht im Staate nun ein dienen- j
des Mittel, so sehr die Pflicht betont wird, in jedem Be- ;
ruf Gott zu gehorchen.

Die vorstehende Anzeige konnte nur einen kleinen
Kreis von Gedanken herausheben und hat seine Pädagogik
nicht eingehend analysiert. Das Buch berücksichtigt
auch die Predigten Schl.s eingehend. Es zeigt,
daß das Beste dessen, was heute national-sozialistisch
heißt, die Zusammenordnung von Volk und Staat, die
Hingebung an die Gemeinschaft und die Unterstellung
alles staatlichen Handelns unter das Gebot Gottes schon
von Schi, gelehrt wird. Insofern ist es im besten Sinne
aktuell.

Basel. J. Wen dl and.

Saupe, Emil: Einführung in die neuere Psychologie. 4. u.

5. Aufl. Osterwieck: A. W. Zickfeldt 1931. (VIII, 453 S.) gr. 8° =
Handbücher d. neueren Erziehungswiss., hrsg. v. E. Saupe. Bd. 3.

RM 10—; geb. 12—.

Dieses verdienstvolle Buch liegt innerhalb von 5 Jahren
in 4.(5_, Auflage vor. In 28 Beiträgen von auf
ihrem Gebiet zumeist führenden Forschern, bzw. von
den Begründern der betr. Richtung (wie Wertheimer,
Müller-Freienfels, W. Stern, Adler) wird ein Überblick
gegeben über den Stand der heutigen Psychologie in
ihren einzelnen Richtungen. Jedem Aufsatz ist eine
ausführliche Literaturangabe beigegeben, die es ermöglicht
, nach der Kenntnisnahme der Grundlagen der betr.
Richtungen eingehende Kenntnis zu erwerben. Die
schnelle Verbreitung des Werks spricht für sich selbst.

Die Notwendigkeit psychologischer Schulung des
Theologen kann nicht genug betont werden. Hier hat
der Theologe ein Werk, das es ihm ermöglicht, im
Selbststudium die fehlende Psychologie zu erwerben,
zumal bei der praktischen Abzweckung des Buches. —
Für ihn kommen vor allem in Frage die Charakterologie
, die in guten Händen ruht: Charakterologie
Utitz, Psychoanalyse Kutzner, Individualpsycholo-

fie Adler selbst; Jugendkunde der bekannte Tum-
irz, und vor allem R e Iig i on s p s y cho lo g ie, die
von A. Messer bearbeitet ist. (Guter kurzer historischer
Überblick, umfangreiche Literaturangahen; anschaulich
, übersichtlich, klar, aber in "Problematik und Würdigung
neuerer Strömungen [ Einfluß der rel.-psychol.
Gesellschaften, positive Bedeutung der Psychotherapie,
bes. der Individuaipsychologie ] verkürzt.)

Gießen. Johannes N e u m an n.

Gogarten, Prof. D. Friedrich: Die Selbstverständlichkeiten
unserer Zeit und der christliche Glaube. Berlin: Furche Verlag
1932. (70 S.) 8°. = „Stimmen a. d. deutschen christl. Studentenbewegung
" H. 75. Kasch. RM 1.80.
G. will zeigen, „daß christliche Erkenntnis nur gewonnen
werden kann, und daß christlicher Glaube nur
lebendig bleibt in der entschlossenen Begegnung mit
den geistigen Gewalten, die uns als Kinder unserer
Zeit unter ihrer Herrschaft halten wollen, und die wahrhaftig
nicht nur, wenn sie materialistisch und antikirchlich
, sondern wenn sie sittlich sind und in der
Kirche als selbstverständlich christlich anerkannt werden
, wider Gottes Herrschaft streiten" (S. 3). Er geht
bei der Verhandlung aus von den „Selbstverständlichkeiten
unserer Zeit"; denn die Frage nach Gottes Willen
muß „aus unserem geschichtlichen Augenblick heraus,
so wie wir ihn verstehen, gestellt werden". (S. 7).
Dabei exemplifiziert er auf den Nationalsozialismus, dessen
Führer „aus den Selbstverständlichkeiten dieser Zeit
heraus denken und reden" (S. 9). Den gegenwärtigen
geschichtlichen Augenblick versteht er aus den großen
Aufgaben, die uns mit den Worten National und Sozial,
mit den Ordnungen Staat und Gesellschaft gegeben sind
(S. IQ). Hat man nun eine konkrete nähere Auseinandersetzung
mit den hiermit zusammenhängenden

„Selbstverständlichkeiten" erwartet, so geht man fehl.
Ausgehend von dem Satz, daß Staat und Gesellschaft zu
i den Schöpfungswerken Gottes gehören, gibt G. in drei
| Abschnitten grundsätzliche, für alle Zeiten zutreffende,
auf lutherischer Grundlage ruhende Ausführungen über
die Schöpfung, die Erlösung und die Heiligung. Unter
den Stichworten Erlösung und Heiligung wird eingehend
vom Gesetz gesprochen. Das Gesetz wird aus dem
Glauben an Jesus Christus als das erkannt, wodurch
Gott den Menschen tötet, aber auch als das, wodurch.
Gott dem Menschen das Leben erhält, oder, was es
heißt, daß ein Mensch aus dem Glauben an Christus
das Gesetz erfüllt. Bei dieser letzteren Darlegung liegt
G. im Rahmen seines Themas vor allem an dem, was
er die „bürgerlichen Gesetze" nennt, wobei er Sitte, Konvention
usw. mit unter diesen Begriff faßt. Im Glauben
an Christus tue ich in der Erfüllung dieses Gesetzes
Gott wohlgefällige Werke; ohne diesen Glauben aber
werden die bürgerlichen Gesetze zu Göttern. Bei dieser
Darlegung kommt er mehrfach auf Staat und Gesellschaft
zu sprechen, aber meist nur andeutungsweise.
Nimmt man hinzu, daß Verf. im Schlußwort scharf gegen
die Moralisierung des christlichen Glaubens angeht, so
erkennt man auch ohne näheres Eingehen, wie er seine
Sätze verstanden wissen will. Dennoch wäre es sicher
vielen Lesern willkommen gewesen, wenn er die Anwendung
der herausgestellten Wahrheiten gerade auf unsere
Zeit nicht bloß allgemein angedeutet, sondern vollzogen
hätte.

Breslau. M. Schi an.

Wieter, Dr. theo!. Fritz: Das Ringen des Evangeliums um die
Seele Chinas. Christus oder Konfuzius? Gütersloh: C. Bertelsmann
1933. (XIII, 184 S.) gr. 8°. = Allgem. Missions-Stud. Im Auftr.
d. Deutschen Ges. f. Missionswiss. hrsg. von J. Richter u. M. Schlunk.
J4. H. RM 5.50.

Es ist sehr erfreulich, daß jetzt in Einzel studien eine
intensive, wissenschaftliche Erforschung einsetzt über
das Verhältnis des Christentums zu den großen Weltreligionen
. Die vorliegende Arbeit ist der erste gründliche
Versuch einer Auseinandersetzung mit dem Kon-
fuzianismus. Was Schlunk in seinem Buch „Die Weltreligionen
und das Christentum" darüber gesagt hat, ist
doch zu kurz und summarisch. Und meine eigenen Versuche
auf dem Gebiet waren bisher nur tastende, erste
Schritte. Wir Älteren waren ja in der üblen Lage, daß
wir auf diesem Gebiet nichts Brauchbares vorfanden.
Denn was Bousset, Troeltsch u. a. in dieser Hinsicht
geschrieben hatten, entbehrte doch der religionswissenschaftlichen
Sachkunde. Sie konnten den ungeheuren
Stoff der Religionen noch nicht so kennen, wie er uns
heute zur Verfügung steht. Und dasselbe gilt von der
Behandlung dieser Fragen in den vorliegenden Dogmatiken
, seien es nun Kähler, Schäder, R. Seeberg,
Stephan oder andere. Ich gebe auch gern zu, daß die
Kritik von Wieter an meinen eigenen Versuchen auf
diesem Gebiet berechtigt ist, wenn ich auch feststellen
muß, daß Wieter, der viele meiner Schriften zitiert, gerade
meine neusten Veröffentlichungen über dies Gebiet,
z. B. in „Deutsche Theologie" (1929, Verhandlungen
des Eisenacher Fakultätentages) und in der N.A. M. Z.
1930 nicht benutzt hat. Aber ich würde auch diese
meine letzten Darlegungen über diese Frage nicht mehr
aufrecht erhalten können. Die Frage ist nun: Hat Wieter
diese Frage: „Christus oder Konfuzius?" befriedigend
gelöst? Man wird ihm gern das Zeugnis ausstellen
, daß er sein Thema mit Sachkunde und Ernst
behandelt. Er hat sich dabei auf den eigentlichen, klassischen
Konfuzianismus beschränkt und die Seitenströmungen
, die in weiterem Sinne auch zu dem Komplexe
gehören, fortgelassen oder nur gestreift (Meti, Laotse
u. s. w.). Was er an Kritik des Konfuzianismus bietet,
ist im Wesentlichen gut und richtig. Auch die Art, wie
er den Gegensatz zwischen der Christusbotschaft und
dem Konfuzianismus darlegt und die Fassung dieses
Gegensatzes selbst kann ich weithin billigen. Hier folgt