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Ausgabe:

1934 Nr. 26

Spalte:

469

Autor/Hrsg.:

Lagrange, Marie-Joseph

Titel/Untertitel:

Le Judaïsme avant Jésus-Christ 1934

Rezensent:

Preisker, Herbert

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469

Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 26.

470

des Josephus und seiner Zeit ergeben, nicht zuletzt auch
zur Beantwortung der theologischen Fragen, die er an
seine Leser stellt. Als Hilfsmittel für alle derartigen Arbeiten
ist das Buch Rappaports auch über seinen besonderen
Zweck hinaus eine erwünschte Bereicherung unserer
Josephus-Literatur.
Tübingen. Karl Heinrich Rengstorf.

Lagrange, Le P. M. J-: Le Judaisme avant J6sus-Christ.

Paris: J. Gabalda 1931. (XXVII, 624 S.) gr. 8°. Fr. 110—.

L. behandelt in seinem umfangreichen Werk ebenso
die Geschichte des Judenrums wie dessen üedanken-
gehalt. Die Geschichte des Judentums legt er seit den
Makkabäerzeiten sehr eingehend dar, einzelne Gestalten
wie Jonathan, Simon, Joh. Hyrkanus, Aristobul I., Alexandra
, Aristobul IL, Herodes d. Gr. und seine Söhne
treten in besonderer Darstellung hervor. Ausführlich
erörtert er auch die Hauptprobleme der jüdischen Literatur
, so besonders die literarkritischen Fragen des He-
nochbuches. Eine gründliche Behandlung wird den Fragen
nach außerjüdischen Einflüssen gewidmet, so nach
iranischen, ägyptischen, griechischen Einflüssen auf die
jüdische Gedankenwelt. Als die Hauptströmungen des
Spätjudentums werden die Pharisäer, Sadduzäer, Essener
und die Apokalyptik gesondert dargestellt. Der
letzte Abschnitt des Buches befaßt sich mit dem ägyptischen
Judentum, dabei natürlich vornehmlich mit Philo.
Als Hauptthemen der jüdischen Gedankenwelt werden
die Anschauungen über Gott, den Messianismus, die
künftige Auferstehung, das Gesetz, die Gottesnamen,
das Gebet u. a. in gesonderten Unterabschnitten dargeboten
.

Das Buch gibt in der Fülle des angeführten Stoffes
und in der Mannigfaltigkeit eigener Arbeit reichliche
und wertvollste Anregungen. Besonders gelungen dürften
Ausführungen sein wie die über die Apokalyptik oder
über die Psalmen Salomos u. a. m. Anderseits wird
man wieder bedauern, daß unter der eingehenden Darlegung
der äußeren Geschichte des Judentums und der
literarischen Fragen die Behandlung des Gedankengutes
oft zu kurz gekommen ist. Das gilt besonders von den
Kap.Kap. über die Pharisäer und Sadduzäer, und noch
vieles andere, an Bousset gemessen, fehlt ganz. Die Damaskusschrift
scheint mir trotz L. aus der Zeit des Herodes
am leichtesten verständlich. Nicht überzeugt hat mich
die These, daß die Menschensohn-Kap. bei Henoch christlicher
Einschub sein sollen. Ebensowenig kann ich mich
mit der völligen Ablehnung des iranischen Einflusses
einverstanden erklären. Philos Glaube hat darin wohl
sein Charakteristikum, daß nUmq bei ihm eben nicht
die Grundfunktion der Frömmigkeit ist. Auch die Abhandlung
über die Mystik Philos läßt sich noch wesentlich
vertiefen (vgl. Pascher, H ßaoiXixi'i ööö;...).

Es würde zu weit führen, noch genauer auf Einzelheiten
einzugehen. Trotz der oben ausgesprochenen Bedenken
muß doch der Wert des Werkes als Ganzes gern
anerkannt werden.
Breslau. Herbert Preisker.

Vaganay, Leon: Initiation ä la critique textuelle nlotesta-
mentaire. Paris: BloudftGay 1934. (188 S ) kl. 8°. = Bibliotheque
catholique des sciences religieuses.
Das Buch bietet eine knappe, alles Notwendige enthaltende
Einführung in die NTliche Textkritik. Der Stoff
wird in den üblichen Teilen geboten: I. Material; II.Methode
; III. Geschichte des handschriftlich überlieferten
Textes; IV. Geschichte des gedruckten Textes. Als V.Kapitel
tritt eine kurze praktische Einführung an Hand von
3 Beispielen dazu. — Dem Verf. kommt es nicht darauf
an, die Forschung weiterzuführen; er will nur eine Einführung
bieten. Dazu ist das Buch auch durchaus geeignet
. V. beherrscht den Stoff vollständig und verzeichnet
und bespricht alle einschlägige Literatur bis in das Erscheinungsjahr
seines Buches hinein. Daß er Katholik
ist, tritt gelegentlich hervor; so bes. in der positiven

Wertung der Vulgata für die Textkritik. Bemerkenswert
ist auch der Satz in der Einleitung, daß keine Variante
irgendwie das christliche Dogma berühre. Man darf sich
darum auch nicht wundern, daß das Comma Johanneum
nicht weiter behandelt wird. Bedauerlich ist nur, daß
auch die im 5. Kap. besprochenen Beispiele nur fast
vollständig belanglose Varianten enthalten; gewiß sind
sie für ein methodisches Erlernen der Textkritik nicht
unbrauchbar — aber muß sich dem unerfahrenen Leser
seiner Einführung (und für den ist das Buch doch bestimmt
!) so nicht der Eindruck aufdrängen, daß Textkritik
eine völlig unwichtige Angelegenheit ist, mit der
zu beschäftigen sich kaum lohnt?

Etwas unglücklich scheint mir die Verteilung des
Stoffes zwischen Kap. I und III; der Verf. bringt nämlich
mehreres, was zu I (Material) gehört, erst in III
(Gesch. d. handschriftl. überlieferten Textes). Daß sich
diese beiden Kapitel leicht überschneiden können, ist
naheliegend. Wäre es da aber nicht richtiger, das Hauptgewicht
auf Kap. I zu legen, das doch wohl die meisten
Leser vor III lesen werden? Dann würde einem auch
die Enttäuschung erspart bleiben, die man beim Lesen
von I empfindet und in dem man z. B. über die vetus
latina und die vulgata kaum das Wichtigste erfährt.
Erst Kap. III wird es nachgeholt. Das trifft auch auf
andere Beispiele zu.

Wie gesagt — das Buch ist im großen und ganzen
eine gute Einführung in die NTliche Textkritik; eine
Weiterführung der Forschung bedeutet es jedoch nicht
und will es wohl auch nicht bedeuten.

Unrichtig ist die Angabe (S. 42), dali der Ambrosiaster im CSEL
Bd. 50 erschienen ist. Das stimmt nicht. — Im ausführlichen Register
am Schluß des Bandes fehlt Harnack, der im Buch mehrfach erwähnt ist.
Göttingen. H. Seesemann.

Geiselmann, Prof. Dr. theol. Josef Rupert: Die Abendmahlslehre
an der Wende der christlichen Spätantike zum Frühmittelalter
. Isidor von Sevilla u. das Sakrament der Eucharistie.
München: M. Hueber 1933. (XV, 288 S.) gr. 8°. RM 8.20.

Mit seinem vorliegenden dritten Werk zur Geschichte
der Abendmahlsforschung und des Abendmahls schrei-

; tet Geisehiuuin (der inzwischen zum Nachfolger Paul
Simons in der kath. theol. Fakultät Tübingen ist ernannt
worden) aus der Zeit der Vorscholastik (des Frühmittelalters
), in der sich seine Forschungen bisher bewegt
haben (vgl. Theol. Lit. Zeitung 1927, 178/80. 348/
50), zeitlich rückwärts in die Wende der letzten Kirchenväterzeit
(„christl. Spätantike") zum Frühmittelalter

' und bleibt stehen bei der Person des letzten abendländischen
Kirchenvaters, des Bischofs Isidor v. Sevilla

; (t 636). Aus seinen echten Schriften, zu denen aber
der Brief an Redemptus nicht gehört — Letzteres wird
in der 1. Hälfte vorliegenden Buchs vorwiegend aus
inneren Gründen in fesselnder und zweifellos abschliessender
Weise erwiesen; der Brief ist frühestens Ende
des 12. Jahrh. entstanden, denn er enthält frühscholastisches
Gut —, zeichnet ü. in der 2. Hälfte des Buchs
die Anschauungen Isidors über das Sakrament desAbend-

1 mahls, einmal seinen Sakramentsbegriff überhaupt, dann

, die Anwendung des Begriffs auf das Abendmahlssakra-
ment (Isidor glaubt, im liturgischen Vollzug des Sakraments
erfolge ein „transire" des Brots und Weins „in
sacramentum corporis et sanguinis": Anfänge des klar
ausgedrückten Verwandlungsglaubens), sodann Isidors
Ansicht von der „Form" d. h. von den Worten, durch
welche die „Konsekration" d. h. die Wandlung erfolgt
(nicht ausschließlich durch die sog. Einsetzungsworte
Jesu, sondern auch durch eine Wandlungsbitte, eine
Epiklese), eine Ansicht, durch welche Isidor noch zur
christl. „Antike" gehört, aber auch schon in die, mehr
und mehr die Einsetzungsworte als „Konsekrationsform''
betrachtende, Scholastik weist. Isidor steht also wirklich
, auch in der Abendmahlslehre, auf der Wende der
altchristl. Zeit zum Mittelalter. — Das Buch Qeiselrnanns
ist reich an dogmen- und liturgiegeschichtlichen Erkennt-