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Ausgabe:

1934 Nr. 25

Spalte:

451-452

Titel/Untertitel:

Bibliotheca philologica classica ; 57-59 1934

Rezensent:

Dibelius, Martin

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4ö 1

Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 25.

452

ren besondere Art erkennen läßt: das ein für allemal
feststehende Ziel ist das Festhalten an der Tradition
von dem mosaischen Ursprung des Dt. „Letztere Forderung
ist der katholischen Forschung ausdrücklich vorgezeichnet
durch eine Entscheidung der Bibelkommission
vom 27. Juni 1906, die sich mit der mosaischen Authen-
tie des Pentateuchs befaßt. " Soweit es dieser Rahmen
zuläßt, haben sich aber die katholischen Alttestament-
ler den Ergebnissen der Kritik gegenüber sehr zugänglich
verhalten, und die Annahme eines alten („mosaischen
") Kernes, der im Laufe der Zeit „lebend sich
entwickelt" hat, ist in seiner Vereinigung des konservativen
und des evolutionären Moments gar nicht so weit
von der heute auch im protestantischen Lager vorherrschenden
Meinung entfernt. Wie denn überhaupt
— Junkers Kommentar zeigt es wieder evident — gerade
auf alttestamentlichem Gebiet von einer weitgehenden
Arbeitsgemeinschaft der Forscher beider Konfessionen
gesprochen werden darf. Besonders sei noch hervorgehoben
, daß J. in seiner Auffassung stark von Oun-
kels stilgeschichtlicher Methode beeinflußt worden ist.

Die eigentliche Übersetzung ist klar und wirklich
lesbar, mehr, als es J. in seinem Vorwort selbst anzur
nehmen scheint. Der Kommentar selbst vergißt über
der notwendigen Einzelerklärung nicht die großen Lebensfragen
und geht an sie mit einer erfreulichen „Gegenwärtigkeit
" heran.

Das aber ist alles, was man billigerweise von einem
Kommentar zum Dt. erwarten darf.
Düsseldorf. Gustav Würtenberg.

Bibliotheca philologica classica. Bd. 57—59. 1930—32. Bearb.von
Wilhelm Rech n i tz. Beiblatt z. Jahresbericht ü. d. Fortschritte d. klass.
Altertumswiss. Jahrg. 56-58. 1930 — 32. Leipzig: O. R. Reisland
1932—34. (VII, 284; XVI, 264 u. VI, 230 S.) 8°.

Bd. 57 u. 58 je RM 13—; Bd. 59 RM 15—.

Ich habe dieses bibliographische Werk, das auf
geringem Raum eine erstaunliche Fülle von Titeln (auch
Rezensionen!) bietet, in Nr. 31 des Jahrgangs 1931 dieser
Zeitung zuletzt besprochen und einige Desiderien
hinsichtlich der Unterbringung theologischer Werke gemacht
. Der neue Bearbeiter hat jetzt eine, soviel ich
seile, vereinfachte Gruppierung durchgeführt, zu der
ich im allgemeinen meine Zustimmung aussprechen kann.
Man findet jetzt z. B. alles Kommentarartige in dem Abschnitt
„Griechische Schriftsteller" unter dem Stichwort
„Testamentum, Novum". Dort stehen zuerst Ausgaben,
dann nach Autoren geordnet, die Interpretations-Werke
(dabei ist allerdings manches, was unter den Kommentaren
stehen müßte, unter die Ausgaben geraten). Weiter
folgt unter „Testamentum, Vetus", die Septuaginta-
Literatur. Der Abschnitt „Religionsgeschichte" bringt
dann eine große Abteilung „Urchristentum und Anfänge
der christlichen Kirche", nach Autoren alphabetisch geordnet
; allgemeine Übersichten bibliographischer Art stehen
voran und beieinander. Die Abgrenzung zwischen
dem Schriftsteller-Teil und der religionsgeschichtlichen
Abteilung mag schwierig sein, und ich habe alles Verständnis
für gewisse Ungleichmäßigkeiten, aber etwas
mehr Konsequenz könnte hier immer noch gefordert
werden. Mir ist unerfindlich, warum in Bd. 59 Carl
Schneiders „Volks- und Heimatgefühl bei Paulus" bei
den Schriftstellern, Mundles „Glaubensbegriff des Paulus
" unter „Religionsgeschichte" steht. Auch daß in
Bd. 58 meine eigene Arbeit „Glaube und Mystik bei
Paulus" in den „Neuen Jahrbüchern" wo anders zu finden
ist als Allevis „L'Ellenismo di S. Paolo", leuchtet
mir nicht ein. Aber das sind keine grundsätzlichen Ausstellungen
; wer sucht, wird doch beide Abteilungen kontrollieren
. Hingewiesen sei auch noch auf den Abschnitt
„Geschichte der Philologie", wo man Jubiläumsartikel
und Nekrologe in erstaunlicher Vollständigkeit findet.
Überhaupt ist der Spürsinn zu rühmen, mit dem Entlegenes
, auch Fremdsprachliches, entdeckt worden ist.
Das Gefühl, mit dem man dieses reichhaltige Werk
durchblättert, ist ein doppeltes. Zunächst stellt sich die

| Beschämung ein: was hätte man lesen sollen und hat
| es nicht gelesen! Dann aber überwiegt der Dank für das
i ausgezeichnete, auf unendlicher Mühe und Sorgfalt be-
! ruhende Hilfsmittel. Und die Achtung vor dem Fleiß
und der Treue, mit der es geschaffen ist.
Heidelberg. Martin Dibelius.

Schmidt, cand. theol. Wolfgang : Die Kirche bei Irenäus. Akademische
Abhandlung. Helsingfors: Akad. Buchhandlung 1934. (183 S.)
8°- Finn. M 45—.

Hofmann, Dr. theol. Fritz: Der Kirchenbegriff des hl. Augustinus
in seinen Grundlagen und in seiner Entwicklung. München:
M. Hueber 1933. (XX, 524 S.) gr. 8°. RM 15.50; geb. 18—.

Eger, Hans: Die Eschatologie Augustins. Greifswald: L.Bamberg
1933. (92 S.) gr. 8°. = Greifswalder Theol. Forschgn. Hrsg. von
D. Deißner u. D. Dr. Frhr. v. d. Goltz. Bd. 1. RM 2.80

Wir nehmen hier zur Besprechung drei Arbeiten
zusammen, von denen die erste die Kirche bei Irenäus,
die zweite den Kirchenbegriff Augustins und die dritte
seine Eschatologie zum Gegenstand hat.

1. Die Kirche bei Irenäus ist auf evangelischer Seite
zwar häufig in Gesamtdarstellungen der Entwicklung des
ältesten Christentums und in Werken über den Kirchenvater
einbezogen, aber, wie es scheint, noch nicht gesondert
untersucht worden, wie es neuestens auf katholischer
Seite von L. Spikowski (Straßburg 1926) geschehen
ist. Schmidt hat sich bei seiner, der theologischen
Fakultät von Helsingfors vorgelegten Abhandlung
„die Aufgabe gestellt, nur die Kirche b e i Irenäus
oder den Kirchen g e d a n k e n des Irenäus darzustellen
, ohne auf alle mehr oder weniger wichtigen Züge
eines Kirchen begriff s einzugehen" (S. 31). Eine Unterscheidung
, die ich nicht recht verstehe. Tatsächlich
faßt er, natürlich in dem durch den Entwicklungsstand
der Frühzeit bedingten einfacheren Maße, so ziemlich
alle die Züge ins Auge, die auch Hofmann in seinem
Werke über den Kirchen begriff Augustins erörtert
hat. Nach einer Einleitung über den Stand der Frage
stellt er die Inhalte heraus, die die Kirche bei Irenäus
als die apostolische, die eine katholische und die heilige
in sich schließt, und untersucht deren Sinn und Bedeutung
im Hinblick auf Vergangenheit und Folgezeit.
Die Arbeit trägt die Merkmale einer Erstlingsschrift
deutlich an sich: eine gewisse sprachliche Unbeholfenheit
— das Deutsche scheint nicht die Muttersprache des
Verf.s zu sein trotz seines Namens —, formalhafte Übergänge
, eine etwas abgehackte Darstellungsweise und
mancherlei Irrtümer. Der Druck der griechischen Sätze
wimmelt geradezu von Fehlern, und bei der regelmäßigen
Wiederkehr bestimmter Formen wird man sie leider
J nicht durchweg dem Setzer zur Last legen können. Wenn
i man vollends S. 51 im Anschluß an einen irenäischen
| Satz lesen muß: „Seine Lehre ist also ein Sanum, ein
I stabiliurn" (statt stabile), S. 80: „Sodann ist sie (die
römische Kirche) omniwtn cognita,e", S. 161: „Sie (die
Gnostiker) finden eine operatio peccata und turpis sogar
nützlich" (bei Iren.: in unoquoc/ue peccatorum et tur-
pium operationum), so sieht man mit Bedauern, wie die
Kenntnis der klassischen Sprachen beim jungen Nachwuchs
abgenommen hat. Trotzdem hat sich Sch. nicht
I ohne Erfolg bemüht, in die Gedankenwelt des Irenäus
einzudringen, er hat die bisherige Forschung sorgfäl-
i tig herangezogen und bekundet ein vorsichtig abwägen-
I des Urteil. Im Schlußwort (S. 170 ff.) faßt er dann die
Ergebnisse kurz und bündig zusammen.

S. 22: „Ansätze zu diesem ,älteren' Kirchenbegriff findet er (Har-
I nack) auch noch bei Irenäus" — es muß natürlich heißen „Reste",
j S. 71: „Allerdings hat der Bischof (bei Ignatius) nur Bedeutung als
! twcoc, xov naxQoq und weil er eis tojtov ■O'Eoö da ist" — ist das nicht
gerade genug ? Der Brief bei Euseb. H. E. V, 24, 2 ff. stammt nicht von
Irenäus (S. 76), sondern vom Bischof Polycrates von Ephesus. Die An-
i gäbe bei Euseb. H. E. V, 2, 5 geht allerdings „nicht auf Irenäus zurück",
! aber auch nicht „auf Euseb." (S. 136), sondern auf die Gemeinden von
Lyon und Vienne. Was Irenäus adv. haer. I, 28, 1 sagt, bezieht sich
nicht auf Marcion (S. 146), sondern auf Tatian. Das ey.x?.r|civ xov
deoü adv. haer. IV, 18, 5 (S. 140) ist eine falsche Lesart für emxfaoiv,
die u. a. für die Pfaff'schen Irenäusbruchstücke zum Verhängnis wurde.