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Ausgabe: | 1934 Nr. 24 |
Spalte: | 446-447 |
Autor/Hrsg.: | Dackweiler, Edgar Werner |
Titel/Untertitel: | Katholische Kirche und Schule 1934 |
Rezensent: | Heger, Adolf |
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445 Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 24. 446
vorzudringen vermag, so berührt es doch besonders wohl- befreiender Gottesgnade anzuleiten vermögen (trotz Trill-
tuend, feststellen zu können, wie der Verfasser sich j haas u. a. „Theologen" ist das des Recensenten eigen-
bemüht, die Auseinandersetzung möglichst sachlich zu ste „Erfahrung"). Man wird feststellen können, daß
gestalten. Kennzeichnend dafür ist der in der Einleitung i Schleiermacher auf der Kanzel nicht nur „natürliche
u. a aufgestellte Grundsatz: Theologie" getrieben hat, sondern durchaus zur Natür-
Wir sind kritisch o-enug, Schleiermacher nicht nur ^hkeit auch die Deutung, die Auslegung, eben die
unseren Lehrer sein zu lassen, bescheiden genug, Theologie geboten hat (gegen Trillhaas S. 204, vgl. die
nicht als seine Richter aufzutreten." ^/f«? ,Ha"f tandsPredigten" 1860, S. 23. 24. 38f.
Doch scheint sich der Verfasser nicht immer bewußt 47', ?9' 8.3- a- HV W€n" Schumacher auch
ienua a diesä seinen Grundsatz gehalten zu haben, nicllt ™ den k'rchlicherse.ts gewohnten Gedankengängen
wie for allem der II Hauptteil über Predigt und Text ™rt Sunde und Gnade predigt zu kurz kommt die Evan-
(S 132-237) vermuten läßt. In der Lelfre von der i gel.umsverkundigung trotz all' unseren heut.gen Beden-
Analogie von Text und Bewußtsein „die subjektivi- 11 " ,. , . . . ,
s i s° h e Theorie des Textes" zu sehen (S. 135 u. 150ff.) . A"c!|'st ,n einer Andacht Friedrich Naumanns, auf
fst eineAuffaung, die Schleiermacher nicht gerech den Trillhaas u. a hinweist (S. 197 , selbst bei einer
wird Und es nimmt nicht Wunder, daß dann verschie- 1 ^stste lung prastabiherter Harmonie von Natur und
dene all"emeinGewählte Beispiele (S. 137) als Beweis i Evangelium" mindestens ebensoviel Evangel.umsverkün-
fü" derSaftGebracht werden: Schleiermacher ist „der d'gung wie z. B. in einer Predigt von Fezer, Karl Barth,
eroße Kronzeuge für die Textgebundenheit der Predigt, i Kharl "*im A^ch S1C ^T" lrgendwie dle, Ahnen
und hat döc^ gleichzeitig den Text bis zum Motto ent- I christlicher Verkündigung nicht leugnen - Nur allzusehr
kerer können" (S.138) Wohl vermag der Verfasser ""d allzulange mangelte der evangd.schen Predigt wahr-
diesen wie auch andere Widersprüche aufzuhellen und ; ha« fromme Naturbetrachrung ,m Sinne Jesu Doch das
zü erklären aber seine Erklärung läßt neue weit schwie- fuhrt j** den Rahmen dieser Besprechung hinaus, die
rLre Fragen als die nach dem grammatischen und psv- wlr schließen wollen mit einem Worte Schieiermachers,
choloaSen Wesen der Schleiermacherischen Hermeneu- das er dem evangelischen Prediger zuruft:
tik auftauchen Es wird zwar immer wieder versucht , »Ein wirkliches Leben in der Schrift ist
zu zeigen wie Schleiermachers „hermeneutische Rieh- | d l e G r u n dlage zu a 11 er re 1 i g i ö s e n B i ld ung",
tung" °auc'h als theologische Hermeneutik „ein geistes- ! wobei er an die Gemüts- und Herzensbildung und wahrwissenschaftliches
, nicht theologisches Ziel" hat (S. 143) haft evangelische Lebensgestaltung vor allem gedacht
und somit über eine Klärung unseres Selbstbewußtseins haben mag.
mittels der Hl. Schrift nicht hinausgelange (S. 145, An- I Ellensen in Hannover. Martin Nöldeke
merk. 2). Ist das etwa Hofmann, den Trillhaas als----_:_
Zeugen gegen Schleiermachers Auffassung anführt, | D a c k w e i 1 e r, Dr. jur. Edgar Werner: Katholische Kirche und
gelungen? Freilich können auch wir dem Verfasser dann Schule. Eine Untersuchung über die historische u. rechtliche stel-
beipflichten, daß oftmals der Prediger dem Text g e - lang d. kathol. Kirche zu Erziehung und Unterricht m. bes. Berück-
gen das Verständnis der Gemeinde „Recht geben muß" sichtigung d. Verhältnisse in Preußen. Paderborn: F. Schöningh 1933.
einen Anspruch des göttlichen Wortes an den Hörer aus- (264 s.) gr. 8°. = Qörres-Qes. z. Pflege d. Wiss. i. kathol. Deutschzurichten
hat, wofür er auf Hofacker hinweisen kann, 'and. Veröff. d. Sektion f. Rechts- u. Staatswiss. 62. H. RM 12.80.
der bringt, was Schleiermacher vermissen lasse (S.150). ; Der Verfasser schrieb seine Abhandlung, die im Jahre
Es bleibt aber nachzuweisen, daß Schleiermachers Pre- 1933 im Druck erschien, im Jahre 1932. Seine Absicht
digten „in Wahrheit nicht Predigten", sondern „Dar- war eine durchaus gegenwartsmäßig bestimmte, während
Stellungen" sind, und die nicht „geglaubt" oder „befolgt" der schulpolitisch so bewegten Zeit in dem drohenden
werden* sondern Verständnis schaffen wollen. Dieser unheilvollen „Kampf um die Schule" ein klärendes Wort
Nachweis ist, trotz vieler und guter Ansätze dazu, auch zu sagen und beizutragen zu dauernder Sicherstellung
nicht in den vorletzten Kapiteln 7 und 8 erbracht und der Rechtsansprüche von Kirche und Staat auf die Schule
darum kann der kritische Ertrag, den das 9. Kapitel bie- ! (s. Vorwort). Seine Ausführungen schließen mit der
tet auch nicht völlige Zustimmung erwarten lassen, Erörterung der Schulbestimmungen im bayrischen Kon-
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jierung
L-i uui >— — — -- — • ist der
lassen wollen ... (S. 205), um sogleich aber wieder Kampfsphäre mit der marxistischen Weltanschauung ent
Schleiermachers „ganzen Irrweg" in seiner optimistischen ; noinmen, ein neues Konkordat ist zwischen dem lieut
Wirklichkeitsdeutung, in seiner Verklärung des ganzen sehen Reich und dem päpstlichen Stuhl geschlossen
Lebens (vgl. Kap. 5) zu behaupten. Doch statt all' der Diese letzte Entwicklung fehlt also noch in der vorlie-
zu erhebenden Einwände und Bedenken — auch schon j genden Studie. Manche Grundgedanken würden heute
gegenüber von vorgefaßter theologischer Einstellung anders beleuchtet werden. Trotzdem hat die Arbeit in
des modernen Dialektikers getragenen Ausführungen im ihrer historischen Darlegung der Stellung der katholi-
f. Hauptteil könnten sie noch reichlich vermehrt werden sehen Kirche zu Erziehung und Unterricht in den ver-
— wird man der Auseinandersetzung mit der Auffassung i schiedenen Zeiten der deutschen Geschichte ihren un-
von Trillhaas sich nicht entziehen können, und sich im- geschmälerten Wert.
mer wieder ernstlich prüfen müssen, wie die heutige Die Abhandlung gliedert sich in zwei große Teile
Evangeliumspredigt als Grundfrage der Homiletik zeit- Nach einer einleitenden Skizze der Entwicklung d£
und ewigke.tsgemaß zugleich zu gestalten und zu he- Schulwesens von Bonifatius bis zum Beginn des 19
antworten ist. Man wird vor allem Schleiermachers Jahrhunderts behandelt der erste Hauptabschnitt die
Predigten selbst, wie all' die Predigtwerke unserer großen Schulfrage im 19. Jahrhundert mit der Erörterun" der
Theologen noch ganz anders daraufhin prüfen als das Tcilfragen Ausbildung und Anstellung der Lehrer ä*nl
bisher häufig geschehen ist. ; aufsieht, Religionsunterricht, Schulgottesdienst KuhW
Man wird die schlichtesten Predigten Schumachers, kämpf usw. (S. 56-156). ' Dargestellt wirdI wie ri.r"
die Predigten über den christlichen Hausstand etwa Staat von seiner Schutzpflicht gegenüber der vnn
lesen, um unvoreingenommen festzustellen, daß es Kirche geleiteten Schule weiterschreitet zum Auf^hf
wirkliche „Predigten" sind, weil sie noch heute den recht und schließlich zur Alleinherrschaft über die Sehn2"
Bibeltext zum Reden bringen und zum Glauben als noti- Diese Entwicklung wird an Hand der verschied™
tia, fiducia und assensus zugleich im Sinne der Refor- ; staatlichen Gesetze und Verordnungen aufaewiesenT
matoren, im Geiste des Evangeliums als Frohbotschaft ■ zweite Teil behandelt die Schulfrage in der^neueren' Zeit