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Ausgabe:

1934 Nr. 24

Spalte:

439

Titel/Untertitel:

Der babylonische Talmud 1934

Rezensent:

Duensing, Hugo

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43! i

Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 24.

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er es nun doch einmal getan hat? In der Regel tut er es allerdings
nicht. Aber der Wortlaut ist schwer mit dieser „Regel" in Einklang zu
bringen. Und trotz allem, was der Vf. anführt, haben wir durchaus
„Grund", die Schlußdoxologieals „spätere liturgische Zutat zu fassen".

Alles in allem, diese Schrift fördert unser exegetisches
Verständnis der Bergpredigt und ist Studierenden
der Theologie und Pfarrern und Religionslehrern zum
Studium warm zu empfehlen.

Kiel. H. Windisch.

Goldschmidt, Lazarus: Der babylonische Talmud. Neu

übertragen. Baba Bathra Synhedrin (1. Hälfte). Berlin : Jüdischer
Verlag 1933. (V, 798 S.) 8°. = ibSQ TßÄn Der babylon. Talmud.
Nach d. ersten zensurfreien Ausg. unter Berücksichtigung d. neueren
Ausg. u. handschriftl. Materials neu übertragen. 8. Bd.

In Subskr. geb. RM 18—.
Dieser achte Band bringt Baba bathra ganz und von
Synhedrin, wie der Herausgeber, entgegen der jüdischen
Tradition, welche Sanhedrin ausspricht, dem griechischen
Worte sich näherhaltend, sagt, die neun ersten Abschnitt
te. Es ist erstaunlich, daß so rüstig weitergearbeitet
wird, und es macht dem Unternehmungsgeist des Verlegers
alle Ehre, daß er unverdrossen dieses wirklich
nützliche Übersetzungswerk dem Abschluß entgegenzuführen
trachtet. Von dem Inhalt dieses Bandes gilt dasselbe
, was von dem vorangegangenen gesagt werden
konnte vgl. Nr. 10 Sp. 179: er sollte auf das Interesse
weitester Kreise rechnen können. Vielleicht darf einmal
darauf hingewiesen werden, daß aus dem Talmud auch
Material zur Geschichte einzelner literarischer Gattungen
zu holen ist. Wie an anderer Stelle eine genaue Entsprechung
zu dem Apophthegmata Patrum nachzuweisen
ist, so enthält dieser Band Renommiergeschichten im
Stile Münchhausens, sämtlich erzählt von Rabba: von
dem Einhorn, das so groß wie der Berg Tabor war,
dem Frosch, der so groß wie die Burg von Hagronja
war u. s. w., alles zu Baba bathra V 1 fol. 73 f. vgl.
auch solche Erzählungen fol. 91 b.

Auch hier bleiben einige Wünsche, die leicht zu erfüllen gewesen
wären. Undeutliche Ausdrucksweise und unscharfe Uebersetzung erschweren
stellenweise dem Laien das Verständnis. Z. B. ist Synhedr. 42 a (S. 626)
der Satz „so ist es ebenso, als hätte er das Gesicht der Göttlichkeit
empfangen" unverständlich; klarer wäre gewesen: „so ist es so, als
hätte er die Gottheit (die Schekhina) begrüßt". Baba bathra 10 a muß
es statt „Fast könnte mein Feind so bestraft werden wie....." vielmehr
„Beinah wäre mein Feind (=ich) so bestraft worden wie....."

heißen. Dem Mann der Wissenschaft wäre ein Dienst geleistet, wenn
Parallelen angemerkt würden. Z. B. hätte sich leicht Baba bathra fol.
110 a (S. 295) zu dem Ausspruch des Rabh : „Schied ein Aas u. s. w."
anmerken lassen: = Pes 113 a (Anfang).

Diese Andeutungen werden genügen zu zeigen, daß
es nichts Schwerwiegendes ist, was noch verbessert werden
könnte. Es ist zu wünschen, daß Verlag und Autor
einst den Schlußstein ihres Unternehmens setzen können.
Ausstattung und Sauberkeit des Druckes sind wieder
dieselben wie in den früheren Bänden.
Goslar, Harz. Hugo D u e n s i n g.

Andersen, Prof. D. J. Oskar: Der Reformkatholizismus und
die dänische Reformation. Gütersloh: C. Bertelsmann 1934.
(55 S.) 8°. = Stud. d. Luther-Akademie, hrsg. i. Auftr. d. Vorstandes
von C. Stange, H. 7. RM 1.80.

Oskar Andersen, welcher schon so manchen Beitrag
zur Geschichte der Reformation in Dänemark geliefert
hat und von dem wir zum dänischen Reformationsjubr-
läum 1936 eine Geschichte der Reformation in Dänemark
erwarten dürfen, geht in seinem neuen Beitrag —
ursprünglich als Vorlesungen der Luther-Akademie in
Sondershausen gehalten — der Entwicklung innerhalb
der katholischen Kirche in den Kampfjahren 1526—1536
nach. Mit der Stellung der dänischen Könige von Christian
I. bis auf Friedrich I. zur römischen Kurie werden
wir bekannt gemacht. „Im Februar 1526 stehen wir
in der Geburtsstunde der kirchlichen Toleranz in den
Herzogtümern" (S. 30). Bald darauf griff die Bewegung
auf das Königreich über. 1528 erfolgte die Bildung einer

lutherischen Landeskirche im nördlichen Schleswig. Die
43 Kopenhagener Artikel — ganz gleichzeitig mit der
Augsburger Konfession — geben dem Sieg der lutherischen
Partei Ausdruck. 1536 erfolgt die endgültige Ordnung
in der dänischen Kirche.

Vorliegende Arbeit ist auch denen zugänglich, welche
die früheren Arbeiten von Oskar Andersen wegen
der Sprache nicht lesen konnten; sie darf auf das beste
empfohlen werden.

Hadersleben. Thomas Otto Achelis.

S e e b e r g, Reinhold: Die religiösen Grundgedanken des jungen
Luther und ihr Verhältnis zu dem Ockamismus und der
deutschen Mystik. Berlin: W. de Gruyter & Co. 1931. (36 S.) 8°.=
Greifswalder Stud. z. Lutherforschung u. neuzeitl. Geistesgesch. Hrsg. v.
d. Greifsw. Gelehrten Ges. f. Lutherforschg., 6. RM 2.70.

Eine reizvolle reiche Blüte seiner dogmengeschicbt-
lichen Forschung bietet deren Nestor in der nur 36 Seiten
Oktav umfassenden Kennzeichnung des Verhältnisses
des jungen Reformators zu dem Voluntarismus des
Franziskaners und zur deutschen Mystik; die Schrift
begegnet vermutlich starker Teilnahme in der Jetztzeit,
welche, vielleicht zu weitgehend, bereit ist, die Vorherrschaft
des Intellekts von einer Bevorzugung des Willens
und des ahnenden Kontaktes mit der oberen Welt ablösen
zu lassen. Nachdem der Verfasser die allgemeinen
Kräfte, welche der Reformation den Weg bahnten, aufgezählt
: Erwachendes Bewußtsein von der Eigenart und
Freiheit der Persönlichkeit mit scharfer Kritik an dem
Überlieferten, Hebung des nationalen Bewußtseins, und
! das Alles gegründet in einem Sinne für das Wirkliche,
| der sich nicht mehr mit abstrakten Geistesbildern begnügt
, zeigt er, wie es auch Luther bei dem religiösen
Grundbegriffe der Buße, an dem die Krisis einsetzte,
j um erlebte Wirklichkeit ging (S. 3—5). Dem älteren
j Franziskanismus, nach welchem Gott als der lebendige
Wille Alles zur Selbstbewegung bringt, der Mensch zur
i letzten Verwirklichung seines Wesens, aber auch zum
unbedingten Gehorsam gegen die kirchliche Lehre und
! Ordnung (Positivismus) geführt wird, nicht ohne Einschlag
augustinisch - neuplatonischer Spekulation, gab
Duns Skotus die Wendung zu dem frei wollenden Corte,
dessen potentia absoluta Alles ganz anders hätte gestalten
können, als er es tut, sodaß eine rationale Erkenntnis
der Wege Gottes ausgeschlossen ist, während
der, wenn auch schlechthin gute und vernünftige, aber
' eben frei wählende üottesgeist vermöge der potentia
ordinata die tatsächliche Gestaltung der Welt bewirkt,
welche somit nicht notwendig, sondern kontingent ist.
Hat schon Duns die neuplatonischen Elemente abgestreift
und den Voluntarismus in die rein geistige Sphäre
erhoben, so läßt der radikale Empirist und Nominalist
Ockam alle wissenschaftliche Erkenntnis sinnlich begründet
sein; der Verstand mit seinen Kategorien kann
zwar zu Gott als der ersten Ursache vordringen, aber
die übrigen Lehren der geoffenbarten Religion sind dem
Denken unzugänglich und grundsätzlich skeptisch an-
i zusehen, zumal da die Kontingenz des göttlichen Willens,
[ namentlich in der Acceptatio und Nonacceptatio der Menschen
zur Seligkeit, aller Erklärung der Wege Gottes
spottet, jene Lehren lassen sich nur durch den der Offen-
< barungsurkunde entgegengebrachten gehorsamen Glauben
erfassen (S. 6—11). Der Steifigkeit dieser scholastischen
Religiosität steht gegenüber die vitale deutsche
Mystik. Der alldurchdringende und transzendente Gott
! vereinigt sich mit dem Menschengeiste, wenn dieser dem
Irdischen entwird und aus göttlichem Lebensgeiste heraus
handelt sunder warumbde; neuplatonisch wird die ekstatische
Gottesschau als das Höchste gepriesen, doch mit
! dem Kreuze Christi im Mittelpunkte die geistige Vita-
! lität stärker empfunden und die Arbeit im Berufe dem
i beschaulichen Leben vorgezogen (S. 12—14). Lutherteilt
1 nun mit Ockam u. A. die Kontingenzidee, nach welcher
Gottes Tun freigewählt im Ursprung, notwendig in der
: göttlichen Durchführung ist, und die unbedingte Unter-