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Ausgabe:

1934 Nr. 24

Spalte:

437-439

Autor/Hrsg.:

Huber, Hugo

Titel/Untertitel:

Die Bergpredigt 1934

Rezensent:

Windisch, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 24.

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erhält im Deuteronomium der dabar-Begriff den um- selbständigen Weisheitsspruch 6,34, der eben nicht über
fassenden Inhalt, den er bis in die Gegenwart behalten j die Grenzen des gegenwärtigen Äons hinausschaut und
hat" (S. 125). Auf Grund dieser Entwicklung wurde nun dessen Dynamik eine total andere ist als die des Liedes
der dabar Jahwes als „Nerv der Geschichte" gefaßt, 6,25—33; ebenso von der Spruchfolge über das Bitten
um von da auch — verhältnismäßig erst spät — als 7,7—11 die H. in den Zusammenhang einzugliedern
das wirksame Prinzip der Schöpfung und Regierung sucht mit dem Satz: Was Gewalt nicht erreicht ^erwirkt
der Natur zu erscheinen (S. 135 ff.). Endlich ergibt sich die dringliche Bitte — sehr fein ausgeführt aber im
aus dieser Entwicklung, daß debar Jahwes und heilige Text nicht gesagt und auch nicht gemeint 'liier und
Schrift (zunächst das Deuteronomium) gleichgesetzt wer- anderswo hat sich der Vf. zu wenig auf die formge-
den, daß hier also der Anfang zur Buchreligion gemacht schichtliche Analyse und die von dieser festgestellte
wird. Damit wird dem Prophetentum bewußt der Garaus oft sehr äußerliche Assoziationstechnik beachtet Er
gemacht (S.149). Wie nun das Wort Jahwes geradezu eine hat von Zahn und Schlatter gelernt und s'etzt sich mit
Hvpostase wird, wie aber auch diese sich streng in alt- diesen Exegeten auseinander, da wo er ihnen nicht fol-
testamentlichen Bahnen hält, diese Hypostase nie — . gen kann, aber ich vermisse ernsthaftere und re^el-
wie etwa bei den Babyloniern — als Gottheit auftritt, mäßige Auseinandersetzung mit Klostermann und B&ult-
vielmehr der dabar als Hypostase streng auf Gott und mann.

sein Offenbarungswalten "bezogen ist, führt der Verf. Die innere Einheit der Bergpredigt sucht der Vf

lehrreich S. 150—158 aus. — Das Schlußkapitel handelt vor allem in der s. E. überall durchleuchtenden messia-
über Name, Wort und Offenbarung Gottes, handelt über nisch-eschatologischen Abzielung der einzelnen Sprüche
das Verschiedene und auch Gemeinsame in diesen Be- darzutun (b). An den problematischen Stellen (5/38ff '
griffen, wobei dann von Bedeutung ist, daß bei dem 44ff.; 48) scheint mir das nicht gelungen. Die Bearüri-
schem das Magische mitschwingt, das ihn mit heidni- dung der hier vorgetragenen neuen Normen ist aus dem
sehen Anschauungen verbindet, während bei dem dabar Zusammenhang klar zu erkennen und das Eschatoloo-i-
„unbestritten das Offenbarungsmäßige, das außerhalb sehe kann höchstens nachträglich noch hinzugenommen
Israels keine zureichende Parallele hat", pravaliert (S. > werden. Auch messianisches Selbstbewußtsein des Snre-
177). „Dabei läßt sich die Steigerung der Transzendenz , chers ist mehrfach behauptet, wo es kaum heraustritt
der Gottesvorstellung in nachexilischer Zeit am schem ' Sehr einleuchtend (c) ist die Erfassung der Berg-
und dabar in gleicher Weise erkennen" (S. 179). Sie predigt als Jüngerrede (auf „Volksrede" deuten ei«ent
erweisen Mittlerdienste zwischen Jahwe und dem Dies- ; lieh nur die Schlußverse 7,28 f. hin und diese "sind
seits: sie werden Hvpostasen. „Die schem-Hypostase , „schriftstellerische Abrundung") Es folgt daraus daß
ist das hypostasierte Dasein Jahwes in der Offenba- ; die Bergpredigt keine Büßpredigt ist und daß dieSoiüche
rung" (S. 179). Es kommt aber im Spatjudentum so „ausführbar" gedacht sind. Die These daß die lüncrer
weit, daß Name und Wort ihren Offenbarungscharak- ! sprüche dem Gegensatz ,Rabbinen-Am-'haarez' zum Hin
ter einbüßen, sich zwischen Gott und die Welt schieben, | tergrund haben, ist nicht neu, wird aber gut durchgeführt
und so einen direkten Verkehr Jahwes mit der Welt un- Die schwierigste Aufgabe des Exegeten der Berg-'

möglich erscheinen lassen. Wie nun hier das Neue ; predigt ist (d) die richtige Erfassuno- ihrer Haltung ge-
Testament befreiend und vertiefend wirkt, zeigt der letzte | genüber Rabbinen und gegenüber der uns vorliegenden
Abschnitt in kurzen Strichen (Name und Wort im Neuen 1 talmudischen Überlieferung, sowie die richtige Erklärung
Testament und ihre Beziehung zur Trinität (S. 181—185). j der etwas disparaten Sprüche über Thora und Rabbinis-
Bonn. j.Meinhold. mus (vor allem 5,17—48!). Wenn H. die rabbinischen

--- | Parallelen diskutiert, hat man den Eindruck, daß ein Sach-

Huber.Hugo: Die Bergpredigt. Eine exegetische Studie. Güttingen: kenner am Wort ist. Seine Ausführungen über die Orio-j-
Vandenhoeck & Ruprecht 1932. (167 S.) gr. 8°. RM 6.50. nalität Jesu werden hoffentlich von den jüdischen Ge-

Ein neues, gehaltvolles Buch über die Bergpredigt j lehrten (H. zitiert öfter Klausner, Abrahams und Monte-
schreiben, ist nicht leicht. Die hier vorliegende „exege- fivre) beachtet; sie müssen natürlich in jedem einzelnen
tische Studie" (deren Besprechung sich durch meine F*U geprüft werden. So würde ich die Mt. 6, 19 f. vor-
Schuld etwas verzögert hat) kann im Ganzen als sehr Hegende schroffe Gegenüberstellung von Irdischem und
wohlgelungen bezeichnet werden. Der Vf., ein Schweizer Himmlischem doch nicht für originell erklären: ano-e-
Pfarrer und neuerdings Privatdozent für N.T. in Bern, sichts der, auch von H. angeführten, bekannten Rede
hat die Literatur gut durchgearbeitet, bringt aber doch des Königs Monbaz (Tos. Pea IV 18) ist das nicht
im Ganzen etwas Eigenes, eine vor allem vom Text angängig. Als Sachkenner erweist sich der Vf. auch
ausgehende und in die Sache hineinführende Auslegung, darin, daß er oft von „schönen Parallelen" aus der
die^on vier wesentlichen Interessen geleitet wird: einmal jüdischen Tradition spricht.

(a) die Komposition des Matth, in ihrem inneren Zusam- , Der Versuch, in den Sprüchen 5, 17—48 eine einheit-
menhang zu erfassen; weiter (b) den messianisch-escha- ''che Lehre nachzuweisen, offenbar ein starkes Anliefen
tologischen Charakter der Bergpredigt herauszuheben, des Vf.'s, gelingt ihm dadurch, daß er einmal in 5^18
sowfe (c) ihren Charakter als Rede an die Jünger, die die i;<'>c-Sätzchen betont: Jesus bejaht das ganze Gesetz
als (ehemalige) Glieder des am-haarez gefaßt sind; insbesondere das Zeremonialgesetz für die alte Weltord-
endlich (d) den Anschluß der einzelnen Sprüche an nung, aber hebt sie für die Glieder des neuen Reiches
jüdisch-rabbinische Tradition genauer zu fixieren (Si- auf — wo tut er letzteres? möchte ich fragen; sodann
räch und Hillel werden mit besonderem Nachdruck dadurch, daß er die Antithesen nicht auf die Thora des
herangezogen) und drüber hinaus die Originalität Jesu Mose, sondern auf die Halacha des Rabbinats bezieht-
zu erweisen. So trifft er aus den fast überreichlichen e>" beruft sich dafür auf die „Zusätze" in 5,21 und 43*
Parallelsammlungen eine vorbildliche Auswahl, bestätigt (erstes und letztes Beispiel). Aber die dazwischen ste-
die Bestimmung der Bergpredigt für die palästinische henden Sprüche sind reine Thora-Sprüche und 5,21 und
Kirche und lehnt das Vorhandensein hellenistischer Über- ■ 43 sind Thoraworte, die nur targumartig ergänzt sind
lieferungselemente ab. In dem allen berührt er sich stark Daß Matthäus mit seinen Antithesen auf dem Weo-e
mit Schlatter, an den auch seine Sprache oft erinnert — zu Markion ist, ist unverkennbar. s
nur ist seine Diktion immer klar und einfach und im- ( Interessant ist die Diskussion der Echtheit zu 5,2 2 b c; die Bemittelbar
verständlich. denken werden sehr ernst genommen, aber schließlich doch - wie mir
Das unter a bezeichnete Interesse zielt vor allern scheint' mit RJecht„~ abgewiesen. Gegen Weinel macht H. die Ur-
darauf ab die Zugehörigkeit auch der umstrittenen sprünglichke.t d™ B«"«« 8^»^ 5,6 und 6,33 wahrscheinlich;
tSS uS Worte zum Gatzen exegetisch festzustellen. ÄSSÄrÄ^
Die Argumente Sind je und je beach ich aber m. E. xal KXX. in der 5. Bitte des Vaterunsers. . .. unmöglich kanfteus da
nicht immer durchschlagend. Das gilt etwa für den menschliche Vergeben zum Grund für das göttliche gemacht haben." ! Wenn