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Ausgabe:

1934 Nr. 23

Spalte:

421-422

Autor/Hrsg.:

Dölger, Franz

Titel/Untertitel:

Antike und Christentum ; 2-4 1934

Rezensent:

Dibelius, Martin

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Seite 1

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4SI

Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 23.

422

verschwommenen Begriff einer vita Pauli nachjagt, son- j teressant ist dabei der Nachweis, daß das berühmte
dem sich begnügt, die äußere, zeitliche und sachliche , Homerzitat B 204 von dem Philosophen und Christen-
Folge von Gefangenschaften und Reisen zu „rekonT feinde Kelsos als ööYMa gewertet worden ist (Origenes,
struieren". Aber man darf gerade dann betonen, daß j Contra Celsum VIII, 68). Unmittelbar nach dem Über-
diese Rekonstruktion eine scharfsinnig und lebendig | tritt Konstantins setzen, so zeigt Dölger, die Versuche
vorgetragene Möglichkeit unter anderen bleibt, die von : der christlichen Kaiser ein, ihre Herrschaft auch auf die
Schwierigkeiten nicht unbelastet ist, und daß jede Rekon- j Kirche auszudehnen. Zu den mutigen Bischöfen, die sich
struktion° nur ein Hilfsmittel zu der geschichtlichen und ! dem widersetzen, gehört Hosius von Corduba mit seinem
sachlichen Erklärung der Paulusbriefe sein kann.
Breslau. Ernst Lohmeyer.

Brief an den Kaiser Constantius, dessen Warnungen mit
dem Satze schließen: xavra uiv oüv xt)Ö6uevoc, xfj? aij? acorn-

oia; Ypdcpo). Wenn D. am Anfang dieses Aufsatzes die
Dölger Prof Dr Franz: Antike und Christentum. Kultur-und ! Stel'€ a"s Josephus über den Essenereid zitiert („Treue
reiStonseesSichtHche Studien. Bd. Ii—IV. 3. Heft, (je Bd. 4 Hefte.) , ™ bewahren gegen alle, in ganz besonderem Maße gegen
Münster I w- Aschendorff 1930 33. (Bd. II: VIII, 371 s. u. 16 j die Herrschenden, denn keinem werde die Herrschaft
Taf • Bd III- VIII, 320 S. u. 16 Taf.; Bd. IV, H. l—3: 232 s. u. | ohne Gott zuteil", BellumJud. II, 8, 7), so wundert
8 Taf.) gr. 8°. ie Heft RM 5_• 1 es mich, daß er hier nicht den Eid des Ordens schärfer
Es erscheint angebracht, wieder (vgl. diese Zeitung von der Philosophie des Josephus scheidet. Die Essener
193^ S 78) auf diese erstaunliche „Zeitschrift" hinzu- schwören die Treue natürlich ihren Ordemsoberen, Jo-
weise'n in der ein Mann die Fülle seiner Kenntnisse und : sephus aber nützt diesen Eid im Sinn des Loyalitätsgeseiner
' Kombinationsgabe immer wieder erweist, deren ; dankens und, wenn man so will, des Gottesgnadentums
Kostümierung als Zeitschrift nur bisweilen das Bedauern ; überhaupt aus. Ich darf in diesem Zusammenhang vielweckt
daß manche Anregung eben nur als Anregung leicht auf meine Rektoratsrede über „Urchristentum und
Platz'findet Auf der anderen Seite erlaubt der Stil der i Kultur" Anm. 18 verweisen. Und da ich einmal beim
periodisch erscheinenden Zeitschrift gerade in den letzten ; Ergänzen bin, will ich zu dem interessanten Aufsatz über
Jahrgängen, daß sich eine fruchtbare Beziehung zwi- j die Ächtung des Ehebruchs in der Kultsatzung (111,2)
sehen dem 'Autor und seinen Lesern anbahnt. Manches noch eines bemerken: die von Dölger zitierte Warnung
wird von dankbaren Lesern aufgenommen und vervoll- Epiktets, nicht beim Anblick einer Frau zu sagen „glück-
ständiot und erscheint dann in der Rubrik „Echo aus j selig der Mann einer solchen Frau", weil das eine Art
Antike0 und Christentum" — gewiß eine erfreuliche Art j Ehebruch sei, entspricht ganz den Gedanken, die Hermas
der Forschungsgemeinschaft. in der romanhaften Einleitung seines „Hirten" zum Aus-

Der Reichtum dieser letzten Jahrgänge ist beträcht- j druck bringt,
lieh, und ich kann hier lediglich eine Auswahl aus dem i Für die Leser dieser Zeitschrift dürfte auch der
Gebotenen erwähnen. Bisweilen handelt es sich um ! Aufsatz über den Vorwurf des Kinderschlachtens gegen
größere Arbeiten, bisweilen nur um Hinweise in Form j die Christen Interesse besitzen. Dölger möchte dem Vorkurzer
Artikel. Da mit Abbildungen und zwar sehr guten i wurf gegen die Juden, sie schlachteten in bestimmten
Abbildungen auf Tafeln nicht gespart wird, können ge- j Zeiträumen einen Fremden, keine allzugroße Bedeutung
rade solche Hinweise sehr wertvoll sein; ich hebe die für die Anklage gegen die Christen zusprechen. Es
ausgezeichnete Reproduktion der griechischen Grabin- | handelt sich dabei um eine Schwindelnachricht, die den
schritt des Zotikos hervor, die in Rom 1931 im Handel , Tempelraub des Antiochus begründen soll. Wichtiger

aufgetaucht ist und die über den 5 Schriftzeilen Anker
und Delphin — und zwar ausgespart im Rahmen eines
Rechtecks — zeigt (Band III, Heft 3).

Als Muster eines großen archäologischen Aufsatzes

für die antichristliche Polemik seien gewisse sagenhafte
Nachrichten über alte Verschwörungsrituale gewesen und
andere Nachrichten über ritualen Kindermord in der Zauberpraxis
. Gerüchte über unsittliche gnostische Sekten

IO IfIMJlV. ■ ^ - W----------

will mir in 111,2 die Arbeit über Anhängekreuzchen I und Mißverständnisse der christlichen Äbendmahlsworte
und Ring mit der Kreuzpartikel erscheinen. Sie nimmt I v°r WPi in loh. 6, hätten dann die Übertrao-Un<r solcher
ihren Ausgang von einer Stelle der Vita Macrinae des Geruchte auf die Christen gefördert. Diese Beobach
Gregor von Nyssa, nach der an der toten Heiligen ein Jungen helfen zweifellos weiter; für die durchschlagende
Kreuz als Phylakterion und ein Fingerring mit einem 1 Losung der Frage kann ich sie noch nicht halten^ weil
Teilchen des echten Kreuzes gefunden wird. Daran man nicht sieht, was für die Anklage eigentlich ent
schließt sich eine Studie über Kreuze und Kreuzpartikel i scheidend war. Aber der Aufsatz ist bezeichnend für
als Phvlakteria; am Ende steht eine für den Volksglau- i d'e weitgespannte Art der Untersuchungen Dölcrers-
ben bezeichnende Geschichte aus der um 500 entstände- ! lernen kann man immer bei ihm, und kein Heft wird man
nen syrischen Vita Petrus des Iberers. Dessen Kreuzes- ohne Gewinn aus der Hand legen,
reliqu'ie verwandelt sich, als ein Unwürdiger sich mit ihr Heidelberg. Martin Dibelius

segnen will, in eine weiße Taube, die einen Ausgang aus '------__

dem Hause sucht und findet. Material zur Geschichte des i lFare|. Ouill«ume:J Guillaume Farel 1489—1565. Biographie
Volksglaubens erhält der Leser VOn „Antike und Chri- '■ nouyelle, ecrite d'apres Ies documents originaux par un groupe d'hi-
stentum" überhaupt fast in jedem Heft: ich nenne die ; v0-r.'?s' Professei,rs etpasteurs de süisse, de France et d'italia. Neu-

chatel: Delachaux & Niestie 1930. (780 S. m. 1 Bildn. u. 25 Taf) 4»
— 1530—1930. Quatrieme centenaire de la reformation Neuchateloise!

Fr. 25-; geb. 30—.

Zum vierten Centenarium der Reformation in Neu-
chätel wird diese Festschrift herausgegeben. Sie geht
zurück auf den Vorsitzenden der „Societe d'histoire de
l'eglise neuchateloise", Pfarrer Gustav Borel-Girard, der
1925 ein „Comite Farel" ins Leben rief, aus dessen

Ausführungen über die Hörner als Trauerinstrumente
(II, 1), über die Wunde am Körper des im Hades weilenden
Toten (ebenda) und über den Kuß des Altars
(II, Heft 3). Nicht ohne Skepsis stehe ich dem Ergebnis
des Aufsatzes über des Teufels Großmutter" (III, zurück auf den Vorsitzenden der „Societe d'histoire dp"
3) gegenüber; es wird da versucht, aus Magna Mater
Deum die Magna Mater Daemonum und daraus eine

grand'mere abzuleiten Ob da nicht das volkstümliche Schöße das Werk hervorging. Wie sogleich hemP"rW
Element in der Wendung unterschätzt ist? Das Heft, sei: in einer ausgezeichnetenfvietfach ?ol endeten Au^
in dem eine Äußerung über den Fluch „Herkuless noch führung. Das Einzige, was man vielleicht Mtte u^n"
emol!" steht ist mir nicht zugegangen ebenso das Heft sehen können, wäre eine etwas SpaSSSf
das das Hakenkreuz auf einem M.thrasdenkmal be- ! des petit-Druckes, der den Augen wehe tut I g
spricht; ich habe in der Besprechung von Saxl's Mithras- werden Gründe der Sparsamkeit mitgespielt haben und
buch (diese Zeitschrift 1934, Nr. 10) bereits darauf wir sind dankbar, daß wir so viel erhalten! könnt™ p
verwiesen. handelt sich um ein Kollektivwerk zahlreicher MiHrh^i

Ein wichtiges Problem wird in dem großen Aufsatz ter, aber, anders als in der prächtigen ZwhwriiW [ ■£
über das Gottesgnadentum (111,2) angeschnitten, in- von 1919, um eine fÄi^iS*ÖS