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Ausgabe:

1934

Spalte:

411-413

Titel/Untertitel:

The Mishnah of Rabbi Eliezer or the Midrash of thirty-two hermeneutic rules 1934

Rezensent:

Duensing, Hugo

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Theologische Literaturzeitung; 1934 Nr. 23.

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zuheben." Seine wertvollen Ausführungen schließt Bertholet
mit den Worten: „Aufs Große gesehen, glauben
wir zwar den Gedanken eines Geschlechtes der Gottheit
als etwas nur Zwischenhineingekommenes und darum
für die Religion nicht primär Bedeutungsvolles
beurteilen zu sollen; in Wirklichkeit freilich ist die Frage
ihres Geschlechtes innerhalb der Religionsgeschichte von
nicht zu unterschätzender Bedeutung geworden" (S. 25).
Zahlreiche knappe Anmerkungen belegen diese erweiterte
Ausgabe eines Vortrags, der in der Religionswissenschaftlichen
Vereinigung in Berlin gehalten wurde und
die souveräne Beherrschung des oft entlegenen Stoffes
überall erkennen läßt.
München. R. F. Merkel.

E n e 1 o w , H. G.: The Mishnah of Rabbi EHezer or the Midrash
of thirty - two hermeneutic rules. Edited from old manuscripts. New
York: The Bloch Publishing Company 1933. (69 S. engl. u. 395 S.
hehr. Text u. 3 Taf.) gr. 8°. geb. $ 5—.

Die vorliegende Veröffentlichung ist von erheblichem
Werte, weil sie ein verschollenes Werk ans Licht zieht.
Es handelt sich um den Midrasch der zweiunddreißig
Regeln des Eliezer, des Sohnes Jose's, des Galiläers.
Bei der Prüfung jemenitischer Manuskripte im November
1932, die von der Bücherei des „Jewish Theological
Seminary of America" erworben waren, entdeckte der
Herausgeber ein Fragment des vorliegenden Werkes,
das seine Ergänzung in einem andern Fragment gleicher
Herkunft fand, das einige Jahre zuvor in Jerusalem
von Dr. Lewin erworben war und dem Herausgeber
zur Verfügung gestellt wurde. Beide Fragmente, die
aus derselben Hs. stammen, bezeichnet der Herausgeber
mit Ms. A. Dazu gesellt sich ein weiteres jemenitisches
Fragment, das schon vorher von jener genannten Bibliothek
erworben war, als Duplikat zu A, unter der Bezeichnung
S F. Dieses ist gesondert von Ginzberg in
Tarbis IV (1933) p. 297 ff. zusammen mit einem Artikel
von Epstein herausgegeben. Einem Sachkundigen fiel
dann ein Ms. ein, das 1926 in New York auf einer Auktion
erworben und der oben genannten Bibliothek geschenkt
worden war. Es stellte sich heraus, daß es eine
vollständige, wenn auch bisweilen variierende Kopie des
Werkes war. Diese Kopie (vom Herausgeber mit B
bezeichnet) trat ein, wo in A etwas fehlt. Endlich wurden
Citate in einer Midrasehsammlung entdeckt, die in
einem jemenitischen Manuskript enthalten waren, das
in Wien zum Kauf angeboten wurde.

Die beiden ersten Kapitel des Werkes bieten inhaltlich
nichts Neues. Sie enthalten die 32 Regeln des Rabbi
Eliezer b. R. Jose hag-Gelili, wie sie von Rabbi Simson
aus Chinon um 1300 in sein Sepher kerituit aufgenommen
und von da in Talimudausgaben hinter dem ersten Traktat
eingefügt worden sind. Als eine Art Übergang zum
Folgenden wird ein 49 facher Sinn der Schrift festgestellt
. Einige weitere Materien führen zu einem Midrasch
über Sprüche 30. Wenn auch Parallelen und Citate aus
dem Midrasch anderswo in reichem Maße nachweisbar
sind, so ist dieses midraschische Werk als Ganzes etwas
Neues. Dibre, das erste Wort der Überschrift, wird erklärt
als Worte der Zurechtweisung, exemplifiziert
an der Überschrift zu Arnos und Kohelet, bis S. 57
Z. 10 die Überschrift „Worte Agurs, des Sohnes Jaqeh"
citiert und besprochen wird. Um zu beweisen, daß auch
seine Worte dibre tökhachöt sind, wird auf 30, 24 hingewiesen
. S. 58 wird V. 25, S. 59 Z. 1 —10 V. 26, Z. 11
— S. 60 Z. 3 V. 27, Z. 4 — S. 61 V. 28 abgehandelt.
Z. 9 faßt der Schlußsatz das Dargelegte zusammen.
Kapitel 4 beginnt mit der Erklärung: „Agur ist Salomo."
Eine lange Ausführung über das in dem hebräischen
„Friedrich" steckende Wort „Frieden" folgt, bis wir
S. 88 erfahren, warum für Salomo der Name Agur eingesetzt
ist. Mit Kapitel 5 wird das nächste Wort der Überschrift
„Sohn" in Angriff genommen, welches ebenfalls für
einen Namen Salomos erklärt wird. Es wird das Verhältnis
von Väter und Söhnen erörtert. Unvermittelt

j setzt S. 100 eine Erörterung von Lev. 23 V. 40 ein.

Kapitel 6 beginnt mit der Erörterung des Wortes ham-
; massä, eines der angeblich 10 betragenden Wörter für
Prophetie im A. T., von denen 6 sanft und 4 streng
sind. Die verschiedenen Unterschiede zwischen den Propheten
werden erörtert und schließlich noch der zwischen
der Offenbarung an diese und an die Weisen, gipfelnd
in dem Satz „daß der Weise (Gelehrte) in deinem Ge-
I schlecht ist wie Moses in dem seinigen". Kapitel 7 be-
j schäftigt sich mit den auf die Überschrift folgenden
Worten „Ausspruch des Mannes". Das nächste und über-
j nächste Kapitel behandeln die nächsten Worte le'lthl'el
le'ithi'el, wobei hauptsächlich der Sinn der Verdoppelung
des Namens herausgestellt wird, im Übrigen aber recht
weit abliegende Stoffe besprochen werden. Kapitel 10
kehrt mit Vers 2 zum Bibeltext zurück; Kapitel 11 fährt
mit der ersten Hälfte von Vers 3 fort. Die zweite Hälfte
des Verses ist offenbar in Kapitel 12 citiert gewesen,
fehlt aber in dem vorliegenden Text. Der Vf. scheint
V. 3 b in dem Sinn verstanden zu haben „ich besitze
j Kenntnis der heiligen Dinge"; denn jedes der folgenden
: Kapitel führt einen Gegenstand an, dem das Prädikat
| der Heiligkeit zukommt: Opfer, die Torah (Kap. 13),
j der göttliche Thron (Kap. 14), die Himmel (Kap. 15),
| Israel (Kap. 16), die Propheten (Kap. 17 und 18), der
i Erstgeborene (Kap. 19), die Sabbathe (Kap. 20).

Die obige Inhaltsangabe tut unwiderleglich dar, daß
hier ein Midrasch über Prov. 30,1—3 vorliegt. Der Vf.
meint nun, daß dieser Teil mit den vorangegangenen
Middoth des Rabbi Eliezer das einheitliche Werk: „Die
i Mischna des Rabbi Eliezer" gebildet habe. Das kann
| man bezweifeln. Der Übergang von Kapitel 2 zu Kapitel
! 3 ist recht künstlich. Der dann folgende Stoff, nämlich
I der Midrasch verhält sich disparat, als etwas Zufälliges
j zu den einleitenden Sätzen über die Midraschforschung
mit dem 49 fachen Schriftsinn, ein Satz der unangewandt
stehen bleibt. So gewinnt ein eigenartiges Licht und Gewicht
die Erwähnung des Midrasch Agur auf der Titelseite
der Schete Jädöth des Rabbi Menachem von Lon-
zano. Und nun hat Gaster Titelblatt und einen Teil der
Vorrede zum Midrasch Agur, der 1587 von Rabbi Menachem
von Lonzano in Safed veröffentlicht wurde,
entdeckt und behandelt. Wenn der Vf. meint, Rabbi
Menachem habe nicht erkannt, daß sein sog. Midrasch
Agur mit den 32 Middoth des Rabbi Eliezer zusammengehöre
, so kann man umgekehrt der Meinung sein, daß
Rabbi Menachem die zutreffende Bezeichnung gehabt oder
| gefunden hat und daß die Verbindung dieses Teiles mit
der Baraitha des Rabbi Eliezer sekundär ist. Diese An-
! sieht läßt sich dadurch stützen, daß in dem vorliegenden
Text, der ja nach Enelow angeblich von Rabbi Eliezer
1 stammt, dieser vielmehr citiert wird S. 181 „Rabbi
i El'azar (sie!), der Sohn Rabbi Joses, des Galiläers,
sagt". Noch weniger durchschlagend ist das, was der
Vf. über die Zeit der Entstehung des vorliegenden Werkes
sagt. Auch wenn man die offensichtlich späteren
Zutaten (sogar arabische sind darunter!) streicht, erscheint
die Priorität des Werkes vor den im Traktat
Chullin fol. 89 a wiederkehrenden Materien unglaublich.
' Bestenfalls kann man, wenn man das Verhältnis nicht
! geradezu umkehren will, wozu man Anlaß hätte, sagen,
daß an beiden Stellen der Niederschlag der mündlichen
' Lehrüberlieferung vorliegt. Der Herausgeber denkt ja
1 doch auch nicht daran, die an der gleichen Stelle sich
findenden anerkennenden Worte des Rabbi Eliezer, des
Sohnes des Rabbi Sime'ons, über die haggadische Forschung
unseres Rabbi Eliezer, die bei ihm das Ms. einleiten
, diesem als dem Original zuzuschreiben, sie kehren
ja an verschiedenen Stellen wieder. Auf jener fälschlich
angenommenen Priorität und den vorkommenden Tan-
1 nä'im läßt Enelow die Bestimmung der Abfassungszeit
; sich ergeben: sie soll das Ende des vierten Jahrhunderts
i sein. Credat Judaeus Apella.

Aber auch wenn man die Altersbestimmung ab-
| lehnt, bleibt bestehen, daß hier eine wertvolle Bereiche-