Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1934 Nr. 22

Spalte:

405-408

Autor/Hrsg.:

Hegel, Eduard

Titel/Untertitel:

Die kirchenpolitischen Beziehungen Hannovers, Sachsens und der norddeutschen Kleinstaaten zur römischen Kurie 1800 - 1846 1934

Rezensent:

Lerche, Otto

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

-105 Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 22. 406

Vorherwissen in dem Umfang und der Wirkung, wie Bischof in gewissen Hinsichten von ihm abhängig ist";
Duns es annimmt, die Frage nach dem Verhältnis Gottes der König möge auch eines der Mitglieder des bischöf-
zur menschlichen Willensfreiheit und Sünde auftaucht, liehen Konsistoriums ernennen. Dabei dachte die hanno-
S. beschreibt zuerst die Lehre des Duns Scotus nach dem versehe Regierung auch auf diesem Gebiete rein parti-
Opus Oxoniense und den Reportata. Er kommt dabei kularistisch, sie dachte nur an eine katholische L a n d e s-
so ziemlich auf dasselbe Ergebnis, wie es schon R.See- kirche bezw. an Landes bistümer in Hildesheim und
berg in seiner Theologie des D.S. herausgestellt hat, Osnabrück. Der Gedanke einer katholischen N a ti o n a 1-
daß nämlich D. S. zwar den theologischen Determinismus kirche in bezw. für Deutschland, wie ihn Wessenberg
und zugleich die ungeschmälerte Willensfreiheit des Men- vertrat, kam garnicht in ihren Gesichtskreis. Aber der
sehen behauptet, daß er aber den Zwiespalt zwischen bei- bei dieser Haltung im ganzen abstruse Gedanke eines
den wohl noch nicht so ganz empfunden hat (S. 90). Konkordats mit Rom wurde erst 1817 endgültig fallen
Nachdem S. sodann die Lehre, des Duns Scotus mit gelassen. In der Instruktion, die der für Rom bestimmte
der des Thomas von Aquino und Heinrichs von Gent Gesandte, Friedrich von Ompteda, erhielt, hieß es- Die
verglichen hat, zeigt er, wie die ersten Kritiker Thomas Gesandtschaft wird dem päpstlichen Hofe von ihren
Anglikus, Petrus Aureoli, Thomas von Wilton, Wilhelm ersten Anträgen an bemerklich machen, daß die Landes-
von Occam die skotistische Lehre als unannehmbare herrschaft für sich gar kein Interesse bei der Unter-
Neueruno- erklärt, und die gleichzeitigen Franziskaner- handlung habe, sondern bloß zu der Beruhigung des Ge-
theologen Robert Cowton und Alexander von Alexan- wissens und Zufriedenheit ihrer katholischen Untertanen
drien und die unmittelbaren Schüler des Duns Antonius 1 die Ausübung der geistlichen Gewalt so reguliert zu
Andreas, Franziskus Mayronis, Wilhelm von Almwick wissen wünsche, als die Rücksichten auf die bürgerliche
u. a. sowie die übrigen Skotisten des 14. Jahrhunderts, Ordnung erfordern und dazu dienen, Kollisionen vorzu-
unter den Johan de Ripa und Thomas Bradvvardine her- beugen. In diesem Sinne wird sie die ganze Unterhand-
vorragen, die Lehre des Meisters verstanden und wei- lung führen und erklären, daß sie alle Modifikationen
tergebildet haben. Wenn man heutzutage an der Hand des vorzuschlagenden Regulativs, die mit dem wesent-
eines so kundigen Führers sich in die mit unglaublichem liehen Zwecke übereinstimmend gefunden werden, gerne
Scharfsinn ausgesponnenen Gedankengänge der Schola- annehmen werde." Sollte da nicht der Einfluß Wilhelm
stiker über Dinge, über die wir der Natur der Sache nach von Humboldts maßgeblich gewesen sein, der als preußi-
durchaus gar nichts wissen können, einführen läßt, so scher Ministerresident am päpstlichen Hofe auch Hessenkann
man sich nur schwer dem Eindruck entziehen, den Darmstadt vertrat, und seine beiden Souveräne immer
Matthias Claudius in den bekannten Worten wiedergibt: wieder zur Zurückhaltung gegenüber Rom ermahnte und
Wir stolze Menschenkinder sind eitel arme Sünder und , auf die Nutzlosigkeit eines Konkordats, das lediglich
wissen gar nicht viel; wir spinnen Luftgespinste und im Interesse Roms nicht aber überwiegend protestanti-
suchen viele Künste und kommen weiter von dem Ziel, scher Staaten liege, hinwies (vgl. Kurt Walter: Hes-

Stuttgart. _Ed. Lempp. | sen-Darmstadt und die katholische Kirche in der Zeit

von 1803—1830, 1933 — Theol. Lit. Ztg. 1934 Nr. 8

Hegel, Dr. Eduard: Die kirchenpolitischen Beziehungen ! j„ 5g)? Dfc maßgebliche Auslassuno- Wilh^m ,,™
Hannovers, Sachsens und der norddeutschen Kleinstaaten j^^dts fjnde? sj?i? n Pr^Ren „n^rf^ r u
zur römischen Kurie 1800-1846. Ein Beitrag zur Geschichte - r i o u u u " reul?!n und die katholische
1" ResTaurano,, Paderborn: Bonifacius-Druckerei 1934. (209 s.) Kirche" Band 8, bearbeitet von Hermann Granier, 1902,
gr. 8°_ RM 5-. i 592 ff., Nummer 446. Es handelt sich da um Streitig-
Der von Hegel hier behandelte Zeitraum 1800 bis keiten der Klöster in den neuerworbenen südpreußischen
1846 ist gegeben durch die Pontifikate Pius' VII. 1800 Departements mit ihren Diözesanoberen in Fragen der
bis 1823, Leos XII. 1823—1829, Pius' VIII. 1829/30 , Kirchenzucht und der kirchlichen Vermögensverwaltung
und Gregors XVI. 1831— 1S46. Behandelt werden außer Von Seiten der beteiligten Regierungsstellen in Süd-
Hannover und Sachsen die thüringischen Herzogtümer preußen war daher der Gedanke eines Konkordats mit
und Fürstentümer, Oldenburg, Lippe, Waldeck, Braun- : dem Vatikan in Erwägung gezogen. Wilhelm von Hum-
schweig, Anhalt, Mecklenburg, Hansastädte und dasApo- boldt lehnt eine Verfolgung dieses Gedankens in einem
stolische Vikariat des Nordens. Nur für Hannover jedoch tiefgegründeten Schreiben an den Geheimen Legationsrat
hat der Verfasser, der wichtige Abschnitte in Schmidlins von Raumer ab (2. Juli 1802). Es heißt da: „Der König
Papsttum und Päpste im Zeitalter der Restauration darf sich nicht in die Notwendigkeit setzen, dem Papste
(vgl. Theol. Lit. Ztg. 1934, Nr. 59 Jg. 14) bearbeitet hat, etwas aus eigener Pflicht, vermöge eines ihn selbst bin-
archivalische Quellen herangezogen. Im übrigen beruht deiiden Vertrages, schuldig zu sein; der einzige Gmnd,
die Darstellung auf gedruckten Quellen und Monogra- sich mit demselben in Unterhandlungen einzulassen, muß
phien. immer nur freie Gunst gegen seine katholischen Ünter-
Wie Hannover den größeren Teil des Buches in I thanen oder die landesherrliche Vorsorge seyn, den
Anspruch nimmt, so sind auch die hier erstmalig aus durch die unmittelbaren Verwendungen in Rom zu be-
den Akten dargestellten Beziehungen zwischen der groß- sorgenden Nachteilen vorzubeugen. . . Es ist ein unbritannisch
-hannoverschen Regierung und der päpstlichen streitbares Recht des Landesherrn, bei der Art der VerKurie
besonders interessant. Es entbehrt nicht eines ge- vyendung der Kirchengüter wirksam zu coneurrieren, und
wissen Reizes, wenn man liier bestätigt findet, daß die ein, wie ich aus anderen Verhandlungen gesehen habe,
hannoversche vor allen deutschen Regierungen bestrebt om Ministerio anerkannter und mehrmals behaupteter
war, besonders enge Beziehungen zum Papst anzuknüp- j>atz, daß der Papst sich in nichts, was die Temporalia
fen und zu pflegen. Ohne Rücksicht auf den überwiegend betrifft, einmischen darf. . ." Am Ende dieses umevangelischen
Charakter des Landes waren Monarch und 1 fangreichen Schreibens bemerkt S. 599f. von Raumer-
Regierung nicht durchaus abgeneigt, ein Konkordat mit I »»zeugt von grosser und tiefer Einsicht. Ein Conoordat
der Kurie abzuschließen. Freilich hoffte man dabei in setzt Gegenvortheile voraus und widerspricht der Grund-
Hannover in manchen Beziehungen landeskirchliche Wün- 'dee und dem Wesen eines protestantischen Fürsten. . "
sehe durchzusetzen; neben die lutherische Landeskirche ! ,n den hier ausgesprochenen Gedanken bewegte sich
wollte man unter wesentlich gleichem staatlichem Ein- auch die Instruktion, die Kg. Friedrich Wilhelm III. am
fluß eine katholische Landeskirche setzen. Offenbar war 22. August 1802 Humboldt erteilte, als er ihn zu seinem
hier der Einfluß Wessenbergs recht stark und der Residenten am römischen Hofe bestimmte (a a O S
Hildesheimer Generalvikar und spätere Weihbischof von 630 ff. Nr. 473). Als dann der päpstliche Hof einen
Osnabrück, Freiherr von Gruben, bewegte sich ganz und Gesandten beim Reichstage in Reo-ensbure eins^pn
gar in febronianischen Gedanken: Der Bischof möge ' wollte — einen Plan, den Hegel auch betr H™™r
vom Regenten ernannt und vom Papste bestätigt wer- erörtert - dringt Humboldt darauf, daß Preußen sich
den; „für die Regenten ist es weit bequemer, wenn der von diesen Verhandlungen ausschließen möoe (a a O