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Ausgabe:

1934 Nr. 22

Spalte:

404-405

Autor/Hrsg.:

Schwamm, Hermann

Titel/Untertitel:

Das goettliche Vorherwissen bei Duns Scotus und seinen ersten Anhaengern 1934

Rezensent:

Lempp, Eduard

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Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 22.

404

Pammachius und Oceanus (M L 30, 239—242) und dem
Briefe ad quemdam qai in saeculo paenitebat (ML 30,
242—245, beide Ps.-Hieron.), dem Briefe ad virglnem
devotam (Ml. 17, 579—584, Ps.-Ambros.), dem Briefe
de ferendis opprobriis (ML. 30, 282—288) und in der
Consolatio an eine verbannte Jungfrau (ML 30, 55—60),
sowie im Briefe ad Marcellam: exhortatur ut adversa to-
leret (ML 30, 50—55), endlich in den beiden Briefen
de contemnenda haereditate (ML 30, 45—50) und de vera
circumcisione (ML 30, 188—210) — alle wieder, wie
durch eine Bosheit des Schicksals, unter den Werken
des Hieron. — Spuren, die auf Pelagius weisen. Eine
eigene Stellung nimmt die in englischen und französischen
Handschriften erhaltene Schrift de induratione
cordis Phantoms ein, die 1914 daran war von ü. Morin
veröffentlicht zu werden, als der deutsche Einmarsch in
Belgien die Druckbogen zerstreute, sodaß Morin selbst
nur noch vereinzelte Blätter in Händen hat, in die er
dem Verf. Einblick gestatte. Sie verrate einerseits unzweifelhaft
pelagianische Gedanken und einen nicht gewöhnlichen
Geist, weiche aber anderseits in ihrer nachlässigen
Sprache von den sonstigen Werken des P. bedeutend
ab. PI. vermutet deshalb, sie könnte ein Entwurf
sein und zu den übri gehören, von denen P. -nach
einer Mitteilung Augustins selbst geklagt habe: inemen-
datos sibi fuisse subreptos (was sich aber auf den dogmatischen
Inhalt, nicht auf die Form bezog!). Zum
Schluß erwähnt PI. noch einige Schriften, die sich deutlich
als Nachahmungen des Pelagius zu erkennen geben:
den von Caspari an die Spitze gestellten Brief Honori-
ficentiae tuae, die ebenda gedruckte Aufforderung zu
asketischem Leben Magnum cumulatur, und den von
Morin entdeckten und Arnobius dem Jüngeren zugeschriebenen
Uber ad Gregoriam in palatio constitutum. Mit
ihrer nachahmenden und zusammenstoppelnden Haltung
bilden sie eine Art Gegenprobe für die Echtheit der andern
Schriften, die ihnen zur Vorlage dienten. Den in
mannigfacher Hinsicht an den Pauluskommentar erinnernden
.Interl'inearkommentar' zu Job. (PL. 23, 1407
bis 1475) will PI. noch eigens behandeln. Es könnte
scheinen, daß der französische Gelehrte dem Briten oder
Iren etwas viel oder zu viel an Schriften zuschanzen
wolle, aber sein Beweis verläuft in guten Bahnen. Zwar
ist die ,docurnentation', wie schon bemerkt wurde, ziemlich
gedrängt, stellt aber tatsächlich auffallende gedankliche
und sprachliche Übereinstimmungen heraus, und
in den Anmerkungen wird zur Nachprüfung auf etliche
weitere Vergleichsstellen hingewiesen. Da mich die Frage
reizte, habe ich sämtliche in Betracht kommende Schriften
durchgenommen und dabei zahlreiche, die Ergebnisse
de Plinvals bestätigende und seine Belege ergänzende
Beobachtungen gemacht, die ich andern Orts veröffentlichen
werde. Besonders wichtig ist die ps.-athana-
sianische Schrift Virginitatis laus, da sie die Brücke von
der Schriftengruppe des Pelagius zu der bisher dem
Fastidius zugeteilten Gruppe bildet, und gerade von ihr
glaube ich mit PI., daß sie dem Pelagius zugesprochen
werden muß. Die Belege dafür lassen sich vielfach ergänzen
und verstärken. Aufgefallen ist mir auch, daß
durch alle diese Schriften eine nicht unbedeutende Kenntnis
und Benützung Cyprians geht, was die mit andern
Mitteln erwiesene Herkunft von einem und demselben
Verfasser nur bestätigen kann. Gewiß wiederholt sich
dieser Verfasser häutig, aber das haben auch andere
altchristliche Schriftsteller getan, und bei Pelagius ergibt
sich dies leicht aus der nahen Verwandtschaft der behandelten
Gegenstände. Zudem sagt er selber ein paarmal,
daß er das absichtlich tue.

Es stehen freilich auch Schwierigkeiten entgegen. So weichen z. B.
in den von Caspari veröffentlichten Schriften die Texte aus den pau-
linischcn Briefen, die ich verglichen habe, häufig von den Texten im
Kommentar des Pelagius ab. Dabei ist freilich zu beachten, daß in den
Handschriften nirgends so viel herumverbessert wurde wie an den Schriftstellen
, und daß, wie Vogels in der Theol. Revue 25 (1926) Sp. 124f.
gezeigt hat, der von Souter in seiner Ausgabe gewählte Schrifttext an
vielen Stellen nicht der ursprüngliche ist. In manchen Fällen stimmt

auch der Text bei Caspari mit dem von Souter im kritischen Unterbau
angegebenen überein. Bei der Einheit des Verfassers muß man auch
hinnehmen, daß dieser in De div. 18,5 (S. 57 Caspari) und in De op
i fid. 8 (S. 27 f) die Unterscheidung zwischen vita aeterna und regnum
coelorum entschieden ablehnt, in De cast. 8, 2 (S. 136) jedoch annimmt.
' Dieser Widerspruch hat aber auch Caspari und seine Gefolgschaft nicht
I abgehalten, alle drei Schriften dem britischen Bischof Fastidius zuzuweisen.
München. Hugo Koch.

Grabmann, Martin: Studien über den Einfluß der aristotelischen
Philosophie auf die mittelalterlichen Theorien u. d. Verhältnis
von Kirche u. Staat. München : Bayer. Akademie d. Wiss., in
! Komm. C. H. Beck 1934. (163 S.) gr. 8°. = Sitzungsber. d. bavr.
Akad. d. Wiss. Philos.-hist. Abh. Jahrg. 1934, H. 2.

Nachdem 1231 das vorher verbotene Studium des
' durch die Araber bekannt gewordenen Aristoteles kirch-
licherseits freigegeben war, hat sich bekanntlich der
Einfluß dieses Philosophen und auch seines Kommen-
j tators Averroes in der Scholastik des Mittelalters, besonders
in den Auseinandersetzungen über das Verhältnis
von Kirche und Staat bald deutlich und dauernd bemerk-
; lieh gemacht. G. unterscheidet drei Formen der Stellung-
i nähme der mittelalterlichen Scholastik zur aristotelischen
>. Philosophie 1) den von Albert d. Gr. in Angriff ge-
I nommenen und von Thomas von Aquino vollendeten
christlichen Aristotelismus, der eine potestas indirecta
papae in temporalibus behauptet, 2) den von Marsilius
von Padua und Occam vertretenen lateinischen Averroismus
, der den Principat des Staates über die Kirche, der
Philosophie über die Theologie vertritt 3) den gegenteiligen
hierokratischen Standpunkt, der eine potestas
directa des Papstes in zeitlichen Dingen verkündet, von
Augustin ausgeht, aber doch von der aristotelischen
, Philosophie ausgiebigen Gebrauch macht (S. 6 f.).

Im ersten Kapitel kommt deshalb vor allem Thomas
von Aquino zu Wort, daneben Remigio de Girolami von
Florenz und kurz behandelt eine Anzahl von meist dem
Dominikanorden angehörigen Theologen, die in den Spuren
des Aquinaten gehen. Im zweiten Kapitel wird besonders
darauf hingewiesen, daß Marsilius und Occam
den echten gegenüber dem nach ihrer Meinung von den
Staatsrechtslehrern verfälschten Aristoteles vertreten wollten
. Das dritte Kapitel behandelt die zahlreichen theologischen
Vertreter des hierokratischen Systems, unter denen
Guido Vernani von Rimini hervorragt. Zum Schluß
weist G. auf Torqueineda und BeUarmin, durch die die
Theorie von der potestas indirecta ausgestaltet und in
der Kirche zur Herrschaft gebracht wurde. Ein Anhang
bringt den Text des Literaturberichts des Laurentius
de Aretio über kirchenpolitische Traktate und den Kommentar
von Vernani zur Bulle Unam sanetam. — Im
ganzen bestätigt die Arbeit G.'s aus dem behandelten
' Gebiet die bekannte Tatsache, daß der neuentdeckte Aristoteles
für die Scholastik des Mittelalters zwar nicht
: die einzige, aber die von allen Seiten anerkannte, wenn
auch verschieden verstandene grundlegende philosophische
Autorität war.

Störend wirken die vielen, z. T. allzu umfangreichen
(z. B. S. 73—7ö!) Citate, die den Fluß der Darstellung
immer wieder unterbrechen und besser in die Anmerkungen
zu verweisen gewesen wären; zur Begründung soll
wohl die Bemerkung in der Einleitung S. 5 dienen, daß
in dieser Abhandlung nur Übersichten und Ausschnitte
geboten und in erster Linie bisher unbekanntes Material
bearbeitet werden soll, aber der Gesamteindruck der
Arbeit leidet dadurch.
Stuttgart. Ed. Lempp.

Schwamm, Dr. Hermann: Das göttliche Vorherwissen bei
Duns Scotus und seinen ersten Anhängern. Innsbruck: F.
Rauch 1934. (III, 344 S.) gr. 8°. = Philosophie u. Grenzwissenschaften
. Schriftenreihe, hrsg. v. Innsbrucker Inst. f. scholastische
Philosophie. V. Bd. 1./4. H. RM 10 — .

Ein besonders schwieriges Stück der Lehre des doctor
subtilis ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit,
schwierig und heikel deshalb, weil mit dem Göttlichen