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Ausgabe:

1934 Nr. 22

Spalte:

395-396

Autor/Hrsg.:

Rose, Eugen

Titel/Untertitel:

Beiträge zur Kenntnis des śivaitischen Namenglaubens nach den Purānen 1934

Rezensent:

Haas, Hans

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 22.

39G

nis der etruskischen zu der sonstigen Trigemination nicht näher aus;
endlich Rose glaubt (S. 160ff.), daß der etruskische Einfluß auf die
römische Religion erst später begann und dann diese manchmal umgekehrt
auf die etruskische einwirkte. Doch läßt er (5,23lff.) in San
Miniato Tinia fortleben, wie andre solche Nachwirkungen der etruskischen
Religion im heutigen italienischen Volksglauben Eberh. Horn-
mel (6, 50ff.) aufweist.

Aus der griechischen Religion behandelt Maröt nach der früher
geschilderten Methode (8, 48 ff. 189 ff.) Kronos und die Titanen mit dem
Ergebnis, „daß unter dem Namen des späteren Kronos zwei, ursprünglich
wohl selbständige Gestalten verschiedenen Charakters verschmolzen
sein dürften und daß die gemeingriechische Kronosvorstellung historischer
Zeiten und die Entstehung des Sammelbegriffs TlTrjve? als Ergebnis
regelrechter, sprachlicher Schöpfungsarbeit aufzufassen sind, bei welchem
unbewußt neugestaltendes Etymologisieren seine Rolle gespielt
hatte". Über die Vorgeschichte des Dreizacks Poseidons urteilt Für-
lani (8, 42 ff.): „wir können nicht behaupten, daß man im alten
Westasien schon in alter Zeit einen wahren Gott des Dreizacks kannte, j
Aber der Dreizack war dort bekannt; einige Personen trugen ihn in
Verbindung mit religiösen Szenen und er wurde auch von Gottheiten
getragen". Über die Götter Homers handelt im Anschluß an W. F.
Ottos Buch van der Leeuw (7, lff.), über die athenischen Thargelien
Pestalozza (6, 232ff. 7, 59ff.).

Altitalische Götternamen leitet AI th e i m (8, 146 ff.) auch weiterhin
aus Griechenland her. Über den mundus sucht Rose im Anschluß an
Weinstock (Rom. Mitteil. 45, 11 lff.) folgende Sätze nachzuweisen: „Das
Wort mundus ist im Sinne einer Grube oder eines unterirdischen Gemachs
wahrscheinlich nicht lateinisch; soweit wir wissen, wurde es auf
wenigstens zwei unterirdische Bauten in Rom angewandt, den einen auf
dem comitium, den andern von unbekannter Lage, die für ganz ver- I
schiedene Gebräuche verwendet wurden oder worden waren; keiner von
ihnen hatte etwas mit der Roma quadrata oder dem lapis manalis zu tun ;
keiner von beiden hatte etwas mit dem 1914 auf dem Palatin gefundenen
sog. mundus zu tun; die Verbindung eines von ihnen mit der in der
terremare gefundnen Grube ist möglich, aber unbewiesen." Die Vene-
ralia untersucht Pestalozza (8, 176ff.), Linda Clarke Smith
glaubt (4, 106 ff.) in dem Abruzzendorf Cucullo eine Nachwirkung des
Kults der marsischen Göttin Angitia nachweisen zu können.

Die Bedeutung der finnischen Mythologie für die skandinavische
behandelt ein von Krohn auf dem religionsgeschichtlichen Kongreß in
Lund gehaltener Vortrag (6, lff.), der auch für die Beurteilung der ger-
manischen Religion selbst wichtig ist. Dagegen bildet der Artikel von |
Krappe über Othin und Gunnlodh nur ein Kapitel seiner seither erschienenen
Etudes de mythologie et de folklore germaniqtie.

Derselbe sucht (8, lff.) in Spanien Reste eines Zwillingskults nach- I
zuweisen, während va n G en n e p (6, 86 ff.) primitive Ackerbaltgebräuche |
in Savoien und der Dauphin^, sowie (5, 69 ff.) die Unterscheidung der I
Geschlechter in den savoiischen Taufgebräuchen behandelt.

So enthalten auch diese neueren Jahrgänge der Zeitschrift
zahlreiche wertvolle oder interessante Artikel und
verdiente sie in Deutschland mehr beachtet zu werden,
als dies wohl bisher der Fall ist.

Bonn. Carl Clernen.

Rose, Dr. Eugen: Beiträge zur Kenntnis des sivaitischen
Namenglaubens nach den Puränen. Eine religionsgeschichtliche
u. textkritische Untersuchung. Bonn': L. Röhrscheid 1934. (46 S.) 8°. '

RM 1.80.

Hätte i c h diese Untersuchung, unverkennbar eine ,
Bonner Dr.-Diss., zur Besprechung zu vergeben gehabt,
so wäre mir als gegebenster Berichterstatter der Leipziger
Prof. F. Weller in den Sinn gekommen, dies zwar
in Hinblick auf dessen 1928 erschienenes Buch „Tausend
Buddhanamen des Bhadrakalpa". Wenn ich, was
mir an Ort und Stelle nahe liegen möchte, die mir aufgetragene
Anzeige nicht eigenmächtig an ihn abtrete,
so wehrt mir das eigentlich nur die Besorgnis, unter der
Feder des genannten Orientalisten möchte sie umfänglicher
und gewichtiger geraten als sie dies in der Theol.
Ltztg. füglich weiden darf. Die Methode des Bonner
Indologen W. Kirfel (s. dessen 1927 herausgekommenes
Buch „Das Puräna Pancalaksana") sich zum Muster |
nehmend, legt der Verfasser eine Untersuchung vor, die
sehr viel mehr textkritisch als religionsgeschichtlich und
theologisch ist. So aber muß es hier genug sein an der
Hervorhebung, daß sie in letzterer Hinsicht einigermaßen
nur in Betracht kommt als eine Vorarbeit, die F. Heiler
in einer Neuauflage seines Werkes „Das Gebet" nicht
unverzeichnet lassen könnte. Der Verf. verweist einmal
(S. 13, Anm. 25) auf diese große Monographie, ge- ■

nauer auf die vox „Litanei" in deren Index. Treffender
wohl wäre von ihm zu verweisen gewesen auf die Vox
„Epitheta der Götter" im Sachverzeichnis bei Heiler.
Der Gott, um den es sich hier handelt, ist der indische
siva. Soweit aber von Gebet die Rede ist, ist es dieses
ganz und gar auf der magischen Vorstufe des Zauberspruchs
oder der Beschwörungspraxis. Man zwingt die
Gottheit zum Dienstmuß, indem man ihr zeigt, daß man
sie mit allen ihren Benennungen (ihren tausend Namen
) kennt. Ähnliches aus einer uns näher liegenden
Kultwelt bietet die bekannte Untersuchung von G. Appel
„De Romanorum precationibus" oder auch die Abhandlung
von Ausfeld „De Graecorum precationibus quae-
stiones". Mehr noch wird man erinnert an die geistesverwandten
altbabylonischen Beschwörungen. Bemerkt
sei, daß der Verf. noch allerhand Einschlägiges in Aussicht
stellt. Er ist von seinem Lehrer Kirfel offenbar
nachhaltigst angeregt.
Leipzig. Hans Haas.

W ei n r e i ch , Otto: Menekrates Zeus und Salmoneus. Religionsgeschichtliche
Studien z. Psychopathologie d. Gottmenschentums in
Antike u. Neuzeit. Stuttgart: W. Kohlhammer 1933. (VIII, 130 S.)
gr. 8°. = Tübinger Beiträge z. Altertumswiss. Hrsg. v. J. Mewaldt,
W. Schmid, O. Weinreich. XVIII. H. RM 12—.

Den Fall des theomanen Arztes Menekrates, der im
4. Jahrhundert v. Chr. in Syrakus lebte und sich Zeus
nannte, hat Weinreich zum Gegenstande einer schon
früher versprochenen besonderen Untersuchung gemacht.
Die historische Analyse dieser eigenartigen Erscheinung,
von der die Forschung sonst nicht viel Aufhebens gemacht
hat, verbindet er mit einer psychiatrischen Beurteilung
und läßt in einem dritten Teile eine Deutung
der Gestalt des sagenhaften Königs Salmoneus folgen.
So ist ein Buch entstanden, das die Aufmerksamkeit des
Religionshistorikers und -psychologen ebenso wie die
des Psychiaters beanspruchen darf.

Menekrates muß zu seiner Zeit immerhin einiges
Aufsehen erregt haben, obwohl die damalige Welt an
Apotheosen gewöhnt war. Seine Person, seinen göttlichen
Namen, seine Heilungswunder, seine Umgebung
arbeitet W. im ersten Kapitel aus den Quellen philologisch
heraus. Durch genaue Interpretation des Athe-
näustextes gelingt es ihm, die Frage zu beantworten,
warum Menekrates sich gerade dem Zeus und nicht,
wie vielleicht zu erwarten wäre, dem Asklepios gleichsetzte
: der Arzt fühlte sich eben wie Zeus als Lebensspender
, und hierbei bediente er sich, wie der Text in
Verbindung mit einer Äußerung des Menekrates selbst
noch erkennen läßt, der alten Ableitung des Zeusnamens
(Akkusativ Zfjv) von dem Verbum £i}v und der Gleichsetzung
des Akkusativs Aiu mit der Präposition Swi
Auch die besonders aus dem Sarapiskult bekannten und
in die Sprache der Christen übergegangenen novog- oder
eI? -Akklamationen müssen in seinem Kreise erklungen
sein, wenn er nicht selbst damit Reklame gemacht hat.
Die von Menekrates geheilten Epileptiker sind seine
ftoOXoi. W. bringt das mit orientalischen Herrschergewohnheiten
in Zusammenhang; man darf hierbei aber
wohl auch an den Einfluß der religiösen Sprache, jedenfalls
des Orients, denken, wenn wir das biblische öoiUoc,
■freoü und ooOXoc. Xpun»ij zum Vergleich heranziehen (vgl.
Lietzmann zu Roe. I 1), ebenso wie das von W. gleichzeitig
erwähnte ipi/.o? (H-oü dort seinen Platz hat (Peterson,
Zschr. f. Kirchengesch., N. F. V 1923). Hinzu kommt
der Götterornat, den Gepflogenheiten eines Alexander
oder Kaligula, aber auch schon des Malers Parrhasios
erklären, so daß wir solche Gewohnheiten bis in den
Ausgang des 5. Jahrhunderts hinauf verfolgen können.
Kein Ptolemäer hat seine Göttlichkeit so betont wie
Menekrates, der sich im Briefe an Philipp von Makedonien
als Menekrates Zeus bezeichnet, ein Beweis, daß
ein Briefwechsel dieser Art nicht aus einer Rhetorenwerk-
statt stammt, sondern echt ist; dagegen wird man den
von Plutarch erwähnten Brief an und von Agesilaos