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Ausgabe:

1934 Nr. 18

Spalte:

324-326

Titel/Untertitel:

Palästinajahrbuch des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes zu Jerusalem ; 28 u. 29 1934

Rezensent:

Horst, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 18.

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aus zu beleuchten. Das ist der wichtigste Gesichtspunkt
für die Art, in der Kees seine Aufgabe gelöst hat, und
das ist auch die Stärke des Buches.

Kees hat sich eine ungeheure Kenntnis des Materials
erworben und hat es in erstaunlicher Weise durchdrungen
. Im Vordergrunde stehen die Texte, dahinter erst
die Denkmäler, die mehr zurücktreten, als man nach
K.'s Einstellung (S. 2 oben) annehmen sollte. Hier
liegt eine Schwäche des Buches. Man sieht zuweilen,
wie gegenüber der gründlichen Gelehrsamkeit des Textes
und der Anmerkungen der rechte „Erdgeruch" fehlt;
die Denkmäler schon der Museen, besonders aber des
ägyptischen Bodens bleiben in ihrer Wirkung abgeschwächt
. Von Ausgrabungen ist wenig die Rede gegenüber
den kulturellen und religiösen Hintergründen
der Orte, an denen sie stattgefunden haben. Deshalb
sind die geographischen Grundlagen der ägyptischen
Kultur unterschätzt, z. B. die Ortskulte in der Religion,
die Schulen in der Kunst usw. Dabei ist vom Lande
oft genug die Rede, sogar unter Beleuchtungen durch
Geopolitik, Geophysik und andere Schlagworte des Menschen
der Gegenwart.

Ich greife zwei Abschnitte zur Veranschaulichung
heraus. Zuerst den Fischfang S. 58—61: er beginnt
mit der „religiösen Lehre" (Verehrung, Eßverbote usw.).
dann kommt die Praxis mit ihren „rein volkswirtschaftlich
bedingten Wegen" (Fang und Verwendung). Vorkommen
der Fische und ihrer Arten sind erwähnt, Darstellungen
des Fischfangs sind herangezogen, und doch
gehen alle Folgerungen von den Texten, nicht von den
Realien aus. Dann die Metalle S. 126—136: Lage und
Betrieb der Bergwerke, Gewinnung und Verarbeitung
der Metalle, Arbeiten für Gerät und Schmuck, verschiedene
Techniken. Gewiß kommen hier, besonders im
letzten Abschnitt die erhaltenen Gegenstände zur Geltung
; aber immer erst in zweiter Linie. Durch diese
Kennzeichnung der vorwiegend philologischen Einstellung
von K. möchte ich aber nicht die Leistung verkleinert
sehen, die er durch sein Buch aufzuweisen hat.

Von dem Reichtum des Inhalts kann ich unmöglich
eine Vorstellung geben. Deshalb beschränke ich mich
auf den Abdruck der Überschriften, die in der Disposition
wie in der Fassung etwas von der durchaus selbständigen
Beurteilung des Stoffes durch K. ahnen lassen.
Zuerst einige Einführungen. Dann:

Kap. 1 : Die Lebensgrundlagen; Land und Volk. Landwirtschaft,
Jagd, Fischfang.

Kap. 2 (S. 62): Haushalt und tägliches Leben; Landhaus und Stadt.
Haushalt und häusliche Gewerbe. Die Familie. Schönheitspflege und
Vergnügungen. Bestattung.

Kap. 3 (S. 102): Handel und Verkehr.

Kap. 4 (S. 126): Die wichtigsten Rohstoffe, ihre Gewinnung und
Verwendung im Handwerk. Die Edelsteine und Metalle. Der Stein und
seine Verwertung. Handwerker und Künstler.

Kap. 5 (S. 172): Der Staat. Das göttliche Königtum. Die Landesverwaltung
. Recht und Gericht. Heer und Kriegsführung. Die
Priester.

Kap. 6 (S. 264): Die geistige Leistung Ägyptens. Gemeinsame
Züge, Kunstauffassung. Schrift, Sprache, Literatur. Mathematik, Weltbild
, Astronomie. Medizin. Religion.

Anhang (S. 339): Nubien.

Die den Religionshistoriker angehenden Abschnitte
sind: Bestattung S. 96—101, eingebaut in die Darstellung
des täglichen Lebens, und deshalb zugeschnitten
auf Balsamierung, Totenklage und Ritual. Dann das
„Göttliche Königtum" S. 172—185, gegliedert in „Das
Dogma" und „Das Hofzeremoniell". Endlich die „Religion
" S. 314—334; sie will hinaus „auf Klarlegung
der geistigen Eigenart des gedanklichen Aufbaues, der
hinter den führenden Systemen steht". Diese Abschnitte,
in denen ein erdrückendes Material vorgeführt wird,
enthalten eine umfangreiche Darstellung der ägyptischen
Religion, die das Buch mehr belastet als stützt. In der
Beurteilung stehen schwächere Teile neben richtigen
Würdigungen von Texten und Entwicklungen. Der
Schwerpunkt liegt auf den dogmatischen Spekulationen,

; und für dieses Gebiet ist es mir zweifelhaft, ob Kees
durch seine Darstellung dem unbefangenen Leser die
Ägypter so begreiflich gemacht hat, wie er es in seiner
Kritik fremder Bearbeitungen der ägyptischen Religion
fordert (S. 314—315).

Ein interessantes Nachwort S. 335—338 geht der
i Frage nach der Beeinflussung des griechischen Denkens
durch die Ägypter nach. K. bejaht sie. Am Schluß for-
i dert er für Ägypten die Würdigung „seiner völkisch be-
! dingten Lebensgesetze". Hier wird eine neue Auffassung
i des Ägyptertums angeschlagen, die eine Betonung ver-
; diente. Man hätte den außerordentlichen Wert Ägyptens
herausheben können als Beispiel für eine rassisch
bedingte Kultur, für die Ausbildung einer graden Linie
; kultureller Entwicklung ohne rassische Durchsetzung,
und auf der anderen Seite für die Zersetzung der boden-
i ständigen Kultur bei Rassenmischung. Eine Beurteilung
| der ägyptischen Kultur und eine Auswertung ihrer Geschichte
unter diesen Gesichtspunkten ist noch zu schreiben
; einstweilen können die Museen sie leichter zeigen
I als Bücher sie lehren.

Zum Schluß eine Nebenfrage von allgemeiner Be-
I deutung: die Umschreibung der ägyptischen Namen und
die Übersetzung der ägyptischen Titel. Ich begrüße die
: lesbaren Wiedergaben der Personennamen, z. B. Thot-
hotep (die Trennung Tho-thotep S. 204 ist wohl nur
! Druckfehler). Aber auch bei vernünftiger Praxis kann
man es hierin nie allen recht machen, und so habe auch
ich Einiges zu beanstanden. Ich würde den griechischen
! Formen und Schreibungen, die doch sicher nicht die
J wirkliche Aussprache wiedergeben, nicht allzu viel Gewicht
beilegen (weshalb z. B. Neith statt Neit?). König
j Soris statt Snofru ist unerfreulich, weil niemand den
seit langem eingeführten Namen wieder erkennt und
I weil die griechische Wiedergabe lautlich schlecht ist;
wie sollen wir dabei den ägyptischen Konsonantenbestand
anschaulich machen? Bei arabischen Ortsnamen
wie Fajjüm, Wadi Alläki usw. würde ich die arabische
Schreibung nicht verändern. Die ägyptischen Titel werden
fast nur in Übersetzung gegeben; da weiß man dann
nicht recht, welcher ägyptische Titel mit „Amtmann",
„Oberamtmann", „Landrat" usw. gemeint ist. Andererseits
sollen die Übersetzungen „Gaufürst, Nomarch,
Graf" wohl ein und denselben ägyptischen Titel h'tj-'
i wiedergeben. Eine hier und da eingestreute Umschreibung
würde Klarheit schaffen.

Die Abbildungen sind geschickt und vielseitig ausgewählt
und geben manches sonst schwer zugängliche
Stück wieder.

Hildesheim. Günther Roeder.

Palästinajahrbuch des Deutschen evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft
des Heiligen Landes zu Jerusalem. Im Auftr. d.
Verwaltungsrates hrsg. von Prof. D. Albrecht Alt. 28. u. 29. Jahrg.
(1932 u. 1933). Berlin: E. S. Mittler & Sohn 1932 u. 1933. (103 S.
m. 1 Kartenskizze u. 8 Abb. u. 103 S. u. 5 Abb. a. Taf.) gr. 8°.

je RM 4—; geb. 5.25.

PJ 28, 1932 bringt S 5—47 einen Bericht von A. Alt über das
Institut i. J. 1931. Aus dem Bericht über die Ausflüge und Reisen
seien folgende vorgeschlagene Identifikationen hervorgehoben: S. 8
dschebel er-raml bei bet süriq viell. = Ephron; S. 9 ff. chirbet bedd
fälüh = Netopha (s. u. Kob S. 47 ff); S. 14 f chirbet rüwen et-tahta
='Anim (Jos. 15, 50) = Hawini (Am.-Br.); S. 17 chirbet ed-darräme

1 viell. = Apheka (Jos. 15,53); S. 19 f Sicherung der Identifikation von
ras el-'en = Aphek gegen Garstang; S. 21—31 et-taijibe südl. tül kerm in
eingehender Beweisführung gegen Albright nicht Ophra, sondern = He-

i pher (vgl. schon PJ 22, 1926, 68 f); S. 31—34 Der Bezirk Arubbot

I (= Arabot Gh zu 1. Rg. 4, 10 = Narbata bei Josephus = Arbatta 1.
Makk. 5,23) wahrschl. das Gebiet um den teil el-asäwir (ca. 10 km östl.
Caesarea); S. 39 teil el-hamme südl. besän: dem AT unbekannt, in
ägypt. Quellen als Hammat erwähnt; S. 39 f. teil abu sifri (ca. 7 km
südl. davon) = Abel Mehola; S. 41—44 Bedenken gegen Albrights
Identif. von teil el fär 'a = Thirza. Außerdem S. 18: neue Meilensteine
an der Römerstraße Jerus. — Lydda bei Beth Horon und kurz vor

: kufr ruf. — G. 47—54 Kob: Netopha. Nicht bet nettif 20 km westl.
Bethlehem (so z. B. Buhl), auch nicht chirbet umm tüba (Guthe, Dal-
man), sondern chirbet bedd fälüh; die „Wüste Natupha" bei Kyrill