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Ausgabe:

1934 Nr. 1

Spalte:

273-275

Autor/Hrsg.:

Wenschkewitz, Hans

Titel/Untertitel:

Die Spiritualisierung der Kultusbegriffe 1934

Rezensent:

Kümmel, Werner Georg

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Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 15/16.

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a u^rrt cHne Sätze durch logie verbunden. Die Rabbinen mußten nach der Tem-

Schaeder usw.) heran und Ibelegt s« 'h über. pci/erstörung die kultischen Gebote umdeuten, konnten

Stellennachweise und wörtliche Zitate_v " 'aber dabej an äKere Ansatze anknüpfen. Sie gaben

Setzung) aus dem tanna.tischen >'m V€rständnis des zwar die Hoffnung auf die Wiederherstellung des Tem-

Diese Arbeit is nament icn im ^ lkultus nicht m? aber sie suchten bestimmte Leistun-

N.T.s von seiner Umwelt au. lenrre . u ,cben. wi€ Torastudium, Gebet, Wohltun, Fasten, Buße

Augen dafür offnen, daß in de' [aD™n ör des Tem- Iis Äquivalente für das Opfer zu deuten. Doch muß

diges Ringen vorhanden isr uie B Hadrian auch hier der Opferersatz jeweils in der Tora als geboten

pels 70 n. Chr., der Druck unter lj> ^ ^ ^ ^ | auf iesen werden. Die Vergeistigung des Kultus hat

zeigen die Schwere der «nvu ^ bd den Rabbinen darum hauptsächlich in der Form

die jüdische Religion. JaDn^' y ■ ' sich an das j der Substitutionstheorie vollzogen. Der Tcmpelbegriff

Orte, die uns sichtbar rnacnen, ^ ^ ^ ^ ^ aber nicht spirituaUsiertj wohl aber di€ Gegenwart

Gesetz und an das U «™ j flüchtete nicht, wie Gottes nicht mehr an den Tempel gebunden. Die Be-

schütterung zu ubers*e^n- ™* Aug vielen Mosaik. : ziehuilg des Priesterbegriffs auf die Gelehrten ist sehr

die Apokalyptik, nur « a« J Bi,d zusamm€nsetzen. G. I selten. Dagegen kennen Apokryphen wie Rabbinen die

stucken muß man sicn zwischen den Ein- Vorstellung vom himmlischen Heiligtum und seinem

scheidet übersichtlich und aur^"M^ ,L'ä ■ Gottesdienst

zelbelegen und dem gewonnenen d . Verstand Die Stoiker halten den offiziellen Kultus eigentlich

Unsere deutsche Ge&™f Von da aufsieht man ; für unnötig Aber sie wünschen doch seine Beibehaltung,

nis für Geschichte gewonnen, von, u : und so entsteht bei ihnen eine unklare Haltung. Seneca

die Geschichtslehre des A.T.s und der spateren zxien ^ ^ können darum durchaus das ethische Han-

„icht minder die Geschichtslehre de; N.l* '" neuem , ^ ^ ^ jnner,iche Anbetung als wertvolleren

Lichte. Es treten nun auch die Aussag an Gottesdienst bezeichnen. Und die Hermetica spirituali-

naiten und derQ^%^d^eSSfchte uS Sciö^ ! sieren den Opferbegriff: Dank ist die <h,o£ geg?-

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genwart hinein usw. Die gesamte reichhaltige Arbeit
O s ist für die christliche Theologie und überhaupt
für Geschichtsdenken, namentlich auch für das völkisch

Mit Recht wird erst jetzt Philo herangezogen. Denn
es zeigt sich auch hier, daß Philo zwischen Judentum
und Hellenismus steht. Philo bestreitet zwar die gänz-

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religiös-ethische Geschichtsdenken, lehrreich. Es wäre j liehe Aufhebung des Wortverständnisses der Kultus

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gut, die tannaitische Zeit auch noch unter anderen Ge
Sichtspunkten neu zu untersuchen und darzustellen.
Moore, Bacher, Klausner, Schlatter usw. haben schon
viel Vorarbeit geleistet. Als solche Gesichtspunkte kämen
in Betracht: die Neuordnung des synagogalen Kultus
, das rationale und das mystische Denken, der Messia-
nismus, die Eigenart der einzelnen Rabbinen, Polemik
und Apologetik usw.

G. polemisiert mehrfach gegen Dubnow, der ihm
die Tannaiten zu nahe an die Apokalyptik heranzurücken
scheint. Zeigt nicht aber gerade 4. Esra, daß es in tan-
naitischer Zeit eben doch auch starke apokalyptische
Strömungen gegeben hat? G. will seine Arbeit als einen
Anfang aufgefaßt wissen, der weiterer Ausführung bedarf
. Dann wird man über dem Geschichtsdenken, über

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gesetze, aber deutet sie doch stark allegorisch um:
Priester ist der rechte Weise, ja, alle sündenfreien Menschen
sind Priester, es „ergibt sich für Philo ein Schwanken
zwischen einer Idealisierung der Priester und einer
Spiritualisierung des Priesterbegriffs" (S. 76). Genau
so verschärft Philo die ethischen Bedingungen für das
Opfer, bezeichnet dann aber direkt den guten Willen
als das rechte Opfer. Und die gereinigte Seele wird zum
Tempel, in dem Gott Wohnung nimmt. Neben einer
solchen Anschauung war die Bindung an den jerusalemer
Tempel nur noch Sache der Tradition.

Jesus erkennt den Tempelkultus als gottgewollt an,
beansprucht aber für seine Person das Recht zur Beseitigung
der Kultusmißbräuche. Mt. 12, 6 nimmt Jesus
sogar das Recht zum Bruch mit dem Tempelkultus für
sich in Ansprach. Er bezeichnet sich da selbst als den

haurit dem mehr rationalen Denken, das mystische Ele- sich in Ansprach. Er bezeichnet sich da selbst als den
ment der Tannaitenzeit nicht übersehen dürfen. G. bietet rechten Tempel, und darum sind die Jünger Priester, die
die eine Linie und ist sich dessen bewußt. Das alles den Sabbath brechen dürfen. Der Tempelkult ist hier

nur -

aber mindert den Dank nicht, den insbesondere vonseiten
der neutestamentlichen Wissenschaft seine Arbeit verdient
.

Leipzig. P- F i c b i g.

W e n s ch k e w i tz , Hans: Die Spiritualisierung der Kultusbegriffe
. Tempel, Priester und Opfer im Neuen Testament. Leipzig
: E. Pfeiffer 1932. (166 S.) Lex. 8°. = AITEA02. Archiv f.
neutest. Zeitgesch. u. Kulturkunde. Beihefte, hrsg. v. O. Polster. H. 4.

RM 10-.

überwunden durch die Erscheinung einer vollkommeneren
Offenbarung in Jesus. Das mehrfach verschieden überlieferte
Wort vom Abbruch und Wiederaufbau des Tempels
durch Jesus ist mit Joh auf Tod und Auferstehung
Jesu zu beziehen und zeigt ebenfalls, daß Jesus den
Tempelbegriff auf sich bezog. Mk. 10,45 und die Abendmahlsworte
aber zeigen, daß Jesus seinen Tod als Sühnopfer
betrachtete, wobei die Sündenbeseitigung ein Vorgang
zwischen Gott und Jesus ist. Die wesentlichsten
Gedanken der Kultusfrömmigkeit werden also von den
kultischen Institutionen abgelöst und auf Jesus übertragen
. Diese Umdeutung der Kultusbegriffe ist nur
von dem Hoheitsansprach Jesu aus verständlich.

Der Verfasser der vorliegenden, sehr nützlichen Untersuchung
, Privatdozent an der Theologischen Fakultät
des Herder-Instituts in Riga, leitet seine sorgfältigen
Einzciuntersuchungen mit der Feststellung ein, daß zwar I Die Urgemeinde hat sich nicht vom Tempel "elöst

uns der übertragene Gebrauch von kultischen Begriffen darum den Kultus nicht spiritualisiert. Doch hat auch

ganz geläufig sei, daß dieser Sprachgebrauch im Alter- sie den Tod Jesu als Opfer gedeutet. Paulus dagegen

tum aber etwas durchaus Ungewöhnliches war. Die für dessen Gemeinden der Tempelkult jede Bedeutung

Spiritualisierung der Kultusbegriffe ist immer Zeichen verloren hatte, hat den Tempelbegriff auf die einzelnen

einer irgendwie gebrochenen Stellung zum Kultus. Es Christen und die christliche Gemeinde angewendet Das

lohnt sich daher, der Vorbereitung des neutestamentlichen geschieht im Anschluß an stoische Gedankengänge - daß

Sprachgebrauchs in der Umwelt sorgfältig nachzugehen, freilich der Leib Gottes Tempel genannt wird ist für

Die jüdischen Apokryphen zeigen Opferfreudigkeit den Stoiker eine unmögliche Ansicht, die für' Paulus

und Opferkritik unverbunden nebeneinander. Der Opfer- Folge des Auferstehungsglaubens ist; und die Anwen-

begriff wird von ihnen spiritualisiert im Sinne von Sühne dung des Tempelbegriffs auf die Gemeinde ist ein rein

oder Leistung, aber erst im 4. Makk. wird der Gedanke christlicher Gedanke. Den Opfergedanken bezieht auch

des stellvertretenden Sühneleidens mit der Opferterrnino- Paulus auf Christus, und zwar in erster Linie auf den