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Ausgabe:

1934 Nr. 1

Spalte:

272-273

Autor/Hrsg.:

Glatzer, Nahum Norbert

Titel/Untertitel:

Untersuchungen zur Geschichtslehre der Tannaiten 1934

Rezensent:

Fiebig, Paul

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Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 15/16.

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ist nichts als Hypothese. Vollends gegen die Annahme einer zeitweiligen
Katealepsie und Alalie Ezechiels schrieb König schon 1892 (Neue Kirchliche
Zeitschrift, S. 657 ff.). Vergeblich! Die Prophetie Hoseas ist „stark
noch beeinflußt durch ein persönliches Erlebnis" (S. 74). Es gibt auch
eine andere Deutung der Ehe Hoseas als gerade diese.

Schon im 1. Teil (z. B. S. 82) wird Jahwe „eifersüchtig" genannt.
Teil II, S. 19 wird ÜOE übersetzt mit „eifersüchtiger Gott" und
gedeutet: „der keinen andern neben sich dulden kann, weil er ganz
anders ist als alles, was sich sonst Gott nennt." SOj2 in diesem Zusammenhang
bedeutet aber „eifernd, d. h. ernstgesonnen, streng ahndend". Sämtliche
Bibelstellen s. v. in Königs Hebr. Wörterbuch ! Ebenfalls schon im
1. Teil (S. 84) gibt sich Jahwe als Dämonisch, Näheres über das „Dämonische
" in Jahwe findet sich im 2. Teil, S. 33 —37. Man lese die
Beweisstellen in meiner kommenden Bibelübersetzung nach und werfe
dann die Theorie vom „Dämonischen" in Jahwe als dämonisch über
den Haufen!

Teil 2, S. 116 (u. schon früher) stimmt S. Mowinkel zu, „daß in
alter Zeit, wenigstens in Nordisrael, ein Tag des Neujahrsfestes einer
besonderen Feier der alljährlichen Thronbesteigung Jahwes gewidmet
war". Nachdem König in seinem Psalmenkommentar M. widerlegt, besitzen
wir nunmehr die kleine feine Schrift von Pap, Das israelitische
Neujahrsfest (siehe Theol. Literaturzeitung 1934, Nr. 4). Damit dürfte
M's Theorie als unhaltbar erwiesen sein.

In beiden Bänden habe ich nur einen Druckfehler gefunden: II,
S. 94, Zeile 2 v. o. muß es heißen: „des (nicht das) Horebbundes".
Serock (Polen). F. K. Jonat.

Möhlenbrink, Lic. Kurt: Der Tempel Salomos. Eine Untersuchung
seiner Stellung i. d. Sakralarchitektur des Alten Orients.
Stuttgart: W. Kohlhammer 1932. (X, 160 S. m. Abb.) gr. 8°. =
Beitr. z. Wiss. vom Alten u. Neuen Testament. Begr. v. R. Kittel t,
hrsg. v. A. Alt u. G. Kittel, 4. Folge, H. 7, (Der ganz. Slg. H. 59).

RM 7.50.

Genannte „Schrift geht in ihren Anfängen auf die
Bearbeitung einer Preisaufgabe zurück, die von der Theol.
Fakultät der Universität Leipzig für das Jahr 1928/29
gestellt war". Verfasser hat sie dann noch erheblich
umgestaltet und erweitert: in dieser veränderten Form
ist sie von der Theol. Fakultät der Universität Königsberg
in Pr. als Probeschrift zur Erlangung des Licentiaten-
grades angenommen worden. Die Schrift zerfällt in die
beiden Hauptteile: I. Die Tempelanlage im ganzen
(A. Die Verbindung von Tempel und Palast. B. Die
Orientierung des Tempels. C. Die Dreiteilung des Tempelgebäudes
). II. Die Einzelteile der Tempelanlage.
(A. Die drei Haupträume: 1. Das Elam; 2. Das Hekal;
3. Das Debir. B. Jasua und Sela). Das Ergebnis des
ersten Hauptteils ist folgendes: „Wir stellen fest: I. Bezüglich
der beim salomonischen Tempel vorliegenden Verbindung
mit dem Königspalast: daß eine derartige Anlage
sich im Alten Orient nicht selten findet, daß aber
die deutlichste Entsprechung in Assyrien anzutreffen
ist. II. Bezüglich der Orientierung des salomonischen
Tempels, daß der Tempel wie sämtliche babylonischen
und assyrischen Gebäude überhaupt nach der Seite des
.günstigen Windes' (= nach Westen) hin orientiert ist.
III. Bezüglich der Dreiteilung des salomonischen Tempels
, daß diese ihre einzige voll entsprechende Parallele
im assyrischen Sakralbau hat" (S. 104). Das Ergebnis
des zweiten Hauptteils wird so zusammengefaßt:
„Wir stellen fest: I. Bezüglich des Elam: daß dieser
Raum im Torraum des assyrischen Tempels seine beste
Entsprechung findet. II. Bezüglich des Hekal: daß
Grundriß und Ausstattung es dem Hauptrawm des assyrischen
Tempels nahe einander erscheinen lassen. III. Bezüglich
des Debir: daß es als Wohnraum der Gottheit
aufzufassen ist, analog der Zella aller altorientalischen
Tempel, und daß im einzelnen auch hier wieder das
,Debir' des assyrischen Tempels eine sehr ähnliche Ausgestaltung
hat. IV. Bezüglich des Oberstocks und des
dreiteiligen Umbaus: daß jener eine vielleicht in der
altorientalischen Sakralarchitektur weiter verbreitete Anlage
darstellt, als gemeinhin angenommen wird, und daß
dieser erst eine nach dem Muster des persischen Agadana
gestaltete Erweiterung des nachexilischen Tempels
repräsentiert" (S. 152 f.). Beiden Hauptteilen geht
eine Einleitung voraus, in der „erstens das Bild des

salomonischen Tempels aus den alttest. Nachrichten soweit
wie möglich" rekonstruiert und dann zweitens der
derzeitige „Bestand an außerisraelitischen Denkmälern
der altorientalischen Sakralarchitektur" (S. 5) gebucht
wird. Sowohl in der Disposition als auch in der Ausführung
verdient die Arbeit uneingeschränktes Lob. Es
wäre sehr zu wünschen, daß der Verf. uns auch noch
eine Schrift über die Ausstattungsgegenstände des salom.
Tempels vorlegte!

Trotz allem seien folgende Bedenken angemeldet. 1. Es kann kein
Zweifel daran bestehen, daß der alte Baubericht 1. Korr. 5 ff. nicht einheitlich
ist. Verf. rekonstruiert ihn so: 5, 27 u. 28; 6, 2, 3, 14, 4,7,
10, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 23, 26, 23 b, 24, 25, 27, 29, 31, 32, 33,
34, 35, 36; 7, 12, 13, 16, 21. Bei dieser Rekonstruktion ist er nicht
ganz so radikal wie Stade, meines Erachtens aber gehen die Streichungen
immer noch zu weit, besonders was den Umbau und den Prunk des Tempels
(S.124 ff.) betrifft. Ich verweise hierzu auf meine bei W. Maus in Braunschweig
erscheinende Übersetzung und Erklärung des A.T's. Sodann hat Verf.
den Text, besonders die Zahlenangaben, auf Grund der LXX rekonstruiert.
Der Massora ist aber unbedingt der Vorzug zu geben. 7, 2 ff. z. B. sind
zwei verschiedene Grnppen von Reihen bei den Zedersäulen zu unterscheiden
. Die eine Gruppe oder Art enthält vier Reihen, die andere
Gruppe oder Art nur drei Reihen. Denn mag der Text auch noch so
knapp sein, so ist die hebr. Textüberlieferung doch nicht für so borniert
zu halten, daß sie in V. 2 b von 4 Reihen, aber in V. 3 von 3 Reihen
gesprochen hätte. Außerdem waren die vier und die drei Reihen auch
an sich unterschieden. Betreffs der 4 Reihen heißt es „indem Balken
von Zedern über den Säulen waren oder lagen" (V. 2bß), dagegen betreffs
der 3 Reihen ist gesagt: „Aber ein Gedeck von Zedern war oberhalb
der Seitenstockwerke, die auf den 45 Säulen lagen" (V. 3). Beide
Arten von Säulenreihen hat LXX vermengt. Eine Zusammenwerfung der
4 Reihen und der drei Reihen kann nicht gut geheißen werden, wenn
auch die Funktion der 4 Reihen (V. 2 b) nicht durchschaut werden kann
(gegen S. 98).

2. Es kann auch kein Zweifel daran bestehen, daß zwischen dem salom.
Tempel und den Sakralbauten der Umwelt, besonders den assyrischen, Ähnlichkeiten
vorhanden sind. Ich messe diesen Ähnlichkeiten keine größere
Bedeutung zu als etwa den im Altarbau, im Gebet, im Opfer, in der
Segnung, den unwillkürlichen Mitteln des Ausdrucks allgemeinmenschlicher
Religiosität. Viel wichtiger sind mir die Verschiedenheiten
zwischen dem salom. Tempel und den Sakralbauten der Umwelt. Verf.
hat die Verschiedenheiten gesehen. „Die Bildlosigkeit des salom. Debirs
(stellt) eine immerhin bemerkenswerte spezifisch-israelitische Eigenart des
salom. Tempels gegenüber seiner Vorlage, dem assyr. Tempel, dar. . ."
S. 141. Er denkt sich aber zu Unrecht „überall den Tempel als Wohnsitz
der Gottheit" (S. 136). Das ist der isr. Tempel nicht. Zu dem
falsch verstandenen Tempelweihspruch ist Ed. König, Gesch. der alttest.
Religion, zu vergleichen. Erscheinungsort ist noch nicht == Wohnort.
Die Verbindung des Königspalastes mit dem Tempel ist in Jerusalem
auch eine andere als in Assyrien. Es fehlt nicht an den verschiedensten
Auszeichnungen des Tempels vor dem Palast. Nicht die Quellen, sondern
der Verf. bringt einen „fremden, unisraelitischen Zug ... in die
israel. Religion" (S. 79). Oder ist es wirklich so, daß „nicht die Vermenschlichung
des Gottes die Ursache für die Idee des Tempels (ist),
sondern vielmehr die Verpflichtung des Menschen, und zwar des größten
Menschen, nämlich des Königs", daß also „der Palast Keimzelle des

| Tempels" (S. 67) ist?

3. Nach alledem erscheint es mir höchst fraglich, daß der letzte
„Ursprung des salom. Tempels .. der Kultraum der Paläste von Bog-

: hazköi (ist), aus dem als verbindendes Mittelglied der assyrische Tempel
und baldige Langhaustempel, die deutliche Vorlage für Salomos Bau,
hervorgegangen ist" (S. 120). Der letzte „Ursprung des salom. Tempels"
ist die Stiftshütte.

Serock (Polen). F. K. Jonat.

Glatzer, Nahum Norbert: Untersuchungen zur Geschiehts-
! lehre der Tannaiten. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte. Berlin
: Schocken-Verl. 1933. (VIII, 126 S.) 8°. RM 5—.
Nach Voiwort und einleitender Übersicht über die
bewegte Zeit der Tannaiten (ca. 70—200 n. Chr.) bietet
j G. 3 Untersuchungen: 1) Verhältnis der tannaitischen
Geschichtslehre zur Geschichtslehre des A.T., des Esra
; und der Apokalyptik (4. Esra); 2) Verhältnis der Tannaiten
zur Geschichte: Aktivierung der Geschichte für
die Gegenwart, Historisierung des an sich Nichtgeschichtlichen
, Umgestaltung und Anwendung der Geschichte;
3) Mensch und Gott in der Geschichte bei den Tannaiten.
Der Schluß redet von Geschichte und Erlösung. G. zieht
i die wissenschaftliche Literatur sowohl jüdischer als nicht-
i jüdischer Autoren (Hempel, Gunkel, von Gall, Weiser,