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Ausgabe:

1934

Spalte:

241-243

Autor/Hrsg.:

Mensching, Gustav

Titel/Untertitel:

Die Idee der Sünde 1934

Rezensent:

Witte, Johannes

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung

BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK

unter Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖRRIES und Prof. D. Dr. GEORG WOBBERMIN, beide in Göttingen

HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER, GÖTTINGEN

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften. Bearbeitet v. Bibliotheksrat Lic.Dr.phil. REICH, Bonn, u.Lic.H. SEESEMANN, Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50

M k ' te und Belehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. BAUER in Göttinnen, DQstere Eichenweg 14, zu senden,
R^nsionse^mplare ausschließlich an den Verlag. GewMhr für Besprechung oder Rücksendung von unverlangt gesandten Kezensions-
eaensions p exemplaren, besonders noch bei Zusendung nach Güttingen, wird nicht Übernommen.

VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG, LEIPZIG C 1

59. JAHRGANG, NR. 14 7. JULI 1934

Spalte

Hart-Davies: The Genesis of Genesis

(Kühl)...................243

Jackson u. Lake: The Bcginnings of

Christianity (Dibelius)...........246

Koch: Christliche Symbole (Lerche) .... 263
Lachmann: Das Buch Habbakuk (Kühl) 243

Maurer: Die Erlösung (Vollmer).....252

Mensching: Die Idee der Sünde (Witte))24J
— Zur Metaphysik des Ich (Ders.) . . . ■ ■/

Spalte

Meurer: Selbsterkenntnis (Eisenhuth) . . 261
Munck: Untersuchungen über Klemens

von Alexandria (Stählin) .........248

Orient und Occident (Katlenbusch).....257

v.Rad: Das Geschichtsbild des chronistischen
Werkes (Kühl)...............245

Rahe: Johannes Lassenius (1636-92)
(Uhlhorn) .................253

Spalte

Sch midiin: Papstgeschichte der neuesten
Zeit (Lerche)................254

Tolzien: O Land, Land, Land, höre des
Herrn Wort! (Hempel)..........264

Wobbermin: Schleiermachers Hermeneutik
in ihrer Bedeutung für seine religionswissenschaftliche
Arbeit (Wehrung) . . . .?256

— Methodenfragen der heutigen Schleiermacher
-Forschung (Ders.).........

Mensching, Prof. Dr. theol. Gustav: Die Idee der Sünde. Ihre
Entwicklung in den Hochreligionen des Orients und Occidents. Leipzig
: J. C. Hinrichs 1931. (112 S.) 8°. RM 4.80.

Ders.: Zur Metaphysik des Ich. Eine religionsgcschichtl. Untersuchung
über das personale Bewußtsein. Gießen: A. Töpelmann 1934.
(VIII, 100 S.) 8°. = Aus der Welt d. Religion. Forschgn. u. Berichte
, unter Mitwirkg. von H. Frick u. R. Otto hrsg. von E. Fascher
u. G. Mensching. Religionswiss. Reihe. H. 21. RM 3.80.

Diese beiden ausgezeichneten, wirklich Neues bietenden
Bücher des Rigaer Keligionsgeschichtlers stehen in
einem inneren Zusammenhang. Beide geben in einem
großzügigen, das Wesentliche in den Hochreligionen
heraushebenden Querschnitt eine Schau über zwei wichtige
Fragen in den beiden Typen der Weltreligionen, der
unpersönlichen und der persönlichen Religionen, die sich
decken mit den beiden Typen der mystischen und der
prophetischen Religionen. Dabei lassen sich beide Typen
nicht streng geographisch scheiden, wenn auch grundsätzlich
der erste Typ allgemein der des Ostens, der

irgendwie um Ergänzungen, um nur verschieden wertvolle
Ausprägungen eines Allgemeinbegriffs Religion,
sondern es geht um sich ausschließende Gegensätze!
Die Kategorien sind die gleichen, aber ihr Inhalt in
den einzelnen Weltreligionen ist völlig entgegengesetzt.
Um auch nur Kategorien zu finden, welche alle Religionen
umspannen, muß Mensching ja schon seine
Grundbegriffe sehr weit fassen. Sünde definierte er daher
als „ein Hemmnis, das in seinen — wie immer gearteten
— Beziehungen zu einem — wie immer erlebten
oder vorgestellten — Transzendenten auftritt". Wenn
er dann aber die Art dieses Hemmnisses zu bestimmen,
anfängt, beginnen sofort die Gegensätze: Sünde als
isoliertes Sein ist eben bei dem ersten Religionstyp das
bloße Ich-Sein des Isoliertseins vom Allsein, beim zweiten
Typ das durch das Böse herbeigeführte Isoliertsein
des gottgewollten, menschlichen Ich vom göttlichen Ich.
Dort ist das Ich-Werden der „Sündenfall", hier das
Bösewerden. Das ist die „Sünde" im westlichen Ver-
zweite der des Westens ist. Aber, darauf hat schon j ständnis, gipfelnd im Christentum. In diesem Ver-
Troeltsch aufmerksam gemacht, in jedem der beiden i ständnis gibt es Sünde im Typ Ostens nicht. Man
Gebiete finden sich Ausnahmen, welche grundsätzlich I müßte daher im Titel des ersten Buches das Wort Sünde
in den andern Weltteil gehören, wie z. B. die westliche J eigentlich in Anführungsstrichen schreiben.
Mystik grundsätzlich zum Typ des Ostens gehört. Der Theologische Kritik muß ich geltend machen in BeVerfasser
ist sich bewußt, daß seine beiden Bucher Vor- ZUg auf das Kapitel über die Aufhebung der Sünde Da
arbeiten sind für eine große Arbeit der Zukunft, die wird auch geredet von der Aufhebung durch einen
Gesamtvergleichung der Wehreligionen. Was bisher auf : transzendenten Einbruch. Und hier wird der Abstand
diesem Gebiete geleistet worden ist in tastenden An- I der Ideen solchen Einbruchs in den Weltreligionen
fängen, ist, wie er richtig nachweist, durchaus mangel- und des wirklich geschichtlich-vollzogenen Einbruchs im
haft. Das gilt namentlich von den „missionsapologeti- Christentum verwischt, in dem dieser Einbruch auch
sehen" Werken dieser Art, deren Versuche, die „Uber- , im Christentum als eine Idee gefaßt wird (S 87) Das
legenheit" des Christentums zu beweisen, mit unzurei- ; ist meiner Meinung nach nicht haltbar. Gerade das ist
chenden Mitteln unternommen werden und im Ergebnis ! das völlig und einzigartig andere, daß im Christentum
nicht überzeugend sind. Da erscheint Menschings Weg | das, was in den Weltreligionen als Idee gesetzt ist
in der Tat insofern als ein Fortschritt, als sein Be- wirklich geschehen ist. In den Weltreligionen ist die
mühen ist, auf den beiden von ihm behandelten Sonder- i Idee der Menschwerdung (Bhagavadgita) die Christusgebieten
der Religionen die bei gleichen Kategorien vor- j botschaft aber sagt: Gott ist wirklich Mensch o-eWorden
handenen tiefgreifenden Unterschiede einfach festzustel- in Christus. Und zwar einmal für immer Betty Heilen
, wobei er sich jeden Werturteils enthalt. Hier müßte mann hat mit Recht überdies darauf hingewiesen diß
dann eine wirklich brauchbare „Missionsapologetik" ein- I die Idee der wiederholten Menschwerdung in [n
setzen, der es nicht genügen kann, eine „Überlegenheit" ! dien dem wahren Begriff vollzogener Erlösung wider
nachweisen zu wollen, sondern der es um die Wahrheits- ! spricht. Auch in Bezug auf die Versöhnung muß ich
frage geht. Bei dieser geht es aber dann wirklich um j sagen, daß die Darstellung Menschings dem biblischen
das Letzte, um die Wahrheit, und die kann nur eine Bestand nicht gerecht wird. Auf S. 9Q hat M meine
sein. Und, das tritt, vielleicht ungewollt, aber faktisch i Auffassung vom Nirvana als verwunderliche bezeichnet
aus den Büchern Menschings, namentlich aus dem zwei- Ich bin dabei in recht guter Gesellschaft (Oldenbero-*
ten, klar heraus, es geht bei den Weltreligionen nicht I Pischel, Dahlke u. a.). Die Berufung auf Hegel bei

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u.TÜR.

in i

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