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Ausgabe:

1934 Nr. 13

Spalte:

233-234

Autor/Hrsg.:

Lindner, Benedikt Max

Titel/Untertitel:

Die Erkenntnislehre des Thomas von Strassburg 1934

Rezensent:

Betzendörfer, Walter

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 13.

234

schichte darf man wahrscheinlich auf dem Wege über
Caesarea mit Origenes in Verbindung bringen, wenn
auch die Beziehungen hier nicht so enge sind, wie im
Falle des Römerbriefes. Die Collation (mit Lloyd's
Oxf. ed.) vermittelt uns eine genaue Kenntnis dieses
bedeutsamen Codex, der uns auf drei Tafeln auch im
Bilde vorgeführt wird. Vier andere Tafeln gelten, nebenbei
bemerkt, den Stücken 1. 2. 3. und 6.

6) Codex Patmos, Johanneskloster 16 (= Gregorv
1175, v. Soden a 74), 10. Jahrh. Inhalt: Apostel-
gesch. kath. u. paulin. Briefe. Hieraus empfangen wir
den Text der Apostelgeschichte, der deshalb besonders
lehrreich ist, weil die Handschrift vor und nach dem
6. Kapitel einen andersartigen Charakter aufweist. Der
erste Teil bietet den „neutralen" Text, d. h. den der
alten griechischen Majuskeln, gegebenenfalls mit Bevorzugung
von A. Im zweiten Abschnitt ist die Grundlage
noch neutral, jedoch die Richtung auf den „Kir-
chen"text genommen mit unverkennbarem „westlichem"
Einschlag. Demgemäß stimmt jetzt unter den Unzialen
öfters C bei. Um eine gründliche Prüfung des Sachverhaltes
zu ermöglichen, wird zunächst die gesamte
Apostelgeschichte mit dem Vaticanus (B) verglichen,
sodann Kap. 1—10, 16 mit Lloyd's Oxf. ed. Die Fragen,
auf deren Lösung es besonders ankommt, werden kurz
gestellt.

Göttingen. W. Bauer.

Lindner, Dr. P. Benedikt, O.E.S.A.: Die Erkenntnislehre des

Thomas von Straßburg. Nach d. Quellen dargest. Münsteri.W.: von M. H. Dziewicki ediert. Thomsen srhiHH J.,v,o

Aschendorff 1930. (X, 141 S.) gr. 8°. = Beiträge z. Gesch. d. Philos. u. Ausgabe eine Einleituno- wvraiic in £1 » ■

Theologie d. Mittelalters. Texte u. Untersuchen, begr. v. C. Baenmker. In MioF nLf L XVn,mmL ?V "S' 2er ,er €lnen Uber"

seiner Kritik (Hist. Jahrb. d. Görresges., Bd. 52, H. 2,
S. 218) dem Verf. nicht gerecht, wenn er (im Gegensatz
zu L.) die Meinung des Thomas dahin interpretiert,
als wolle dieser sagen: jeder geistig normale Mensch
müsse die Existenz Gottes bejahen. Tatsächlich führt
Th. aus, daß jedem Weisen (d. h. jedem, dem der
Inhalt des Begriffes „Gott" klar ist) seine Existenz
an sich gewiß sei. — Der Wert des Buches besteht nicht
zum geringsten Teil auch darin, daß der Verf. die Ansichten
des Thomas von Straßburg stets zu denen anderer
Denker der Hoch- und Spätscholastik in Beziehung setzt,
sodaß auch deren Stellung zu den betr. Fragen klar
heraustritt. Insofern stellt das Werk einen dankenswerten
Beitrag zur Geschichte der scholastischen Erkenntnistheorie
dar.

An Druck-, bezw. Schreibfehlern fielen mir bes. auf: „1354" statt
„1345" (S. 2, Z. 11), „Wickliff" (S. 6, Anin. 6 u. S. 130), „Dyonisius"
(S. 7, Z. 14 v. u.), ,,jtctÖT|Ti.x6o-" (S. 17, Z. 8), an Mängeln des Ausdrucks
z. B.: „Mißtrauen auf" (S. 110, Z. 11) sowie die 3 letzten Zeilen
des Textes von S. 98.

Ludwigsburg. Walter Betzendörfer.

Wyclif, Johannis: Summa de ente libri primi tractatus ori-
mus et secundus ed. S. Harrison T ho m so n , Ph D B Litt Ox
ford: Clarendon Press 1930.

Das Buch stellt eine mit Varianten- u Zitatenapparat
versehene Ausgabe der zwei ersten Trakfite
des ersten Buches von Wiclifs Summa de ente dar Der
3. und 4. Traktat des 1. Buches wurde bereits 1909

Theologie d. Mittelalters. Texte u. Untersuchgn. begr. v. C. Baeumker. In
Verbdg. m. F. Ehrle u.a. hrsg. v.M. Grabmann, XXVII. Bd.4./5.H. RM 7.80.

Wir besitzen nur wenig Einzeluntersuchungen über
die Augustinereremitenschule. Darum ist die vorliegende
Studie über die Erkenntnislehre des langjährigen Ordensgenerals
Thomas von Straßburg (gestorben 1357 in
Wien), dessen Sentenzenkommentar die Studien des Ordens
nachhaltig beeinflußte, besonders willkommen. Th.
ist Aristoteliker und Vertreter des gemäßigten Realismus.

Er schätzt bei aller Achtung vor den Autoritäten die induktive
Methode hoch. — Die vernünftige Seele gilt ihm als die einzige Form
des Menschen, als unkörperlich und unvergänglich. Sie ist nicht aus
Materie und Form zusammengesetzt. — Erkenntnis entsteht nach Th. dadurch
, dali das erkennende Subjekt nach seiner Art das zu erkennende
Objekt aufnimmt. Th. lehnt als Aristoteliker angeborene Erkenntnisse
ab. Sinnliche und intellektuelle Erkenntnis trennt er scharf. Der Sinn
erkennt durch die raum-zeitlich bestimmten sinnlichen Erkenntnisbilder
nur die Einzeldinge. Die Verstandeserkenntnis setzt die der Sinne voraus.
Das eigentümliche Objekt des Verstandes ist das Allgemeine. Die species
intelligibiles, welche die Wesenheiten der Einzeldinge darstellen, werden
vom intellectus agens durch Abstraktion geschaffen und vom intellectus
possibilis aufgenommen. Der informierte Verstand geht in Tätigkeit

über und verursacht den Erkenntnisakt. Dann erkennt der Verstand | p f. ~A~~7,~—.-—•• =» »suis Lcnre von
sein eigenes Erkennen und schließlich durch das Phantasma auch das | yott- Liott gilt ihm als das erste Erkennbare als
Einzelding. Demgemäl! lehrt Th., daß das geistige Gedächtnis das i <Jas ""verursachte erste Seiende, das Ursache und Zweck

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blick über die Wiclif-Forschung seit dem Erscheinen
der grundlegenden Werke von G. Lechler gibt. Darauf
folgt eine Beschreibung der beiden dem edierten Text
zugrundeliegenden Hss: Cod. Bibl. Coli. Trin., Cambridge
B 16, 2ff., 5A—13 B (Codex A) und Cod. Pal.
Vindob., Nationalbibl. Wien, 4307 ff., 158 a—177 b (Codex
B). — Cod. A, der aus dem Ende des 14. oder
dem Anfang des 15. Jbds. stammt, wird von Th. (im
Gegensatz zu Dziewicki) als zuverlässig und dem Urtext
näher stehend bezeichnet und daher bevorzugt.
Andererseits beurteilt Th. den Cod. B., der, von
tschechischer Hand geschrieben, von 1433 datiert ist
(im Gegensatz zu R. Beer) als einen minderwertigen
Text, der dem Urtext ferner steht. Die Authentizität
der beiden Abhandlungen wird vom Herausgeber einleuchtend
dargetan. Er vermutet, daß sie um 1365 verfaßt
wurden. — Die Ausgabe der beiden Traktate, die
von den grundlegenden Begriffen der Philosophie Wiclifs
handeln, läßt uns interessante Blicke in die Geisteswelt
des englischen Reformators tun, nicht bloß in seine
Erkenntnistheorie, sondern auch in seine Lehre von

Einzelne als solches aufbewahren könne. Was die Selbsterkenntnis der der verursachten Wesen ist Er htZuZtTTJl ^weck

Seele betrifft, so erklärt Th. in aristotelischer Weise, daß sie sich in auf Aristoteles a!I | ,,nH A ' U"ter Berufung

ihrer Tätigkeit nur nach ihrer Existenz, nicht nach ihrer Natur erkenne Dasein und JugUS III Und AnselmUS Cantuar das

Bezüglich der Go tte se r ke n n t n i s erklärt er: der unbewegt reiner Akt^un'd das'volR ß er ei"fach und

Satz: „Gott existiert" ist nicht allen, aber den Weisen ist. Was die Frinich der r>pf?nv°"ITnS*e Wesen

unmittelbar gewiß. Doch erweist er diese unmittelbare Natur betrifft sö fibt W unterem* " deS göttliche"

Gewißheit nicht wie Anselm von Cant aus der Gott I de catwüTder' ZSSanSSJ^"* *" Liber

wesentlichen denkbar höchsten Vollkommenheit, son- I affirmativen ^ a€n Vorzu2 vor der

dem daraus, daß dem Subjekt „Gott" das Prädikat Ludwigsburg' w „ „

„Sein" notwendig und unmittelbar zukomme. Dem Wei- i ————1__r Be,zendörfer.

sen ist dieses Sein Gottes „unmittelbar" gewiß weil uh . "--_

er weiß, daß unter Gott ein Wesen zu verstehen ist dem Ne^rlan^scn Archief voor Kerkgeschiedenis. N S xxv/xxv,

notwendig und immer das Sein zukommt Freilich kann G™vmh^: «• 1933. (249 „. 304 S.) gr. 8°' XXV/XXVI-

der kritische Leser fragen, ob man noch von einer un- a„f AC[u B?"t TV"d/r,offnet mit einem warmen Nächst

mittelbaren Gewißheit reden kann, wenn man lehrt f !. Albert Fekh?f (^est 23- März 1933) auf n f

der Weise erkenne die Wahrheit dieses Satzes aus den „ff™ ™«.J-> i ndeboom. Wer den feinsinni

Wirkungen Gottes. Thomas meint, beim Betrachten de" ^'g" holländischer. Gelehrten, von dem auch ein ^ill

Welt werde dem Weisen die enge Verkettung der ße ^'gegeben ist, kannte, wird Lindebooms Urteil JjÜd

griffe „Gott" und „Sein" ohne weiteres klar C E£:„ »™ .va" ha*> yroom van zin, hoog van^S™

e. Diese Darstellung Lindners entspricht m. E dem ^"r^^^^^^^^^ormomh^^^

d- «- ^ Und A Koch'wird'Tn sÄldSn£ ÄK^£ä|