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Ausgabe:

1934 Nr. 11

Spalte:

201

Autor/Hrsg.:

Felder, P.

Titel/Untertitel:

Die Antoniuswunder 1934

Rezensent:

Dörries, Hermann

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Seite 1

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201

Theologische Literaturzeitung 1934 Nr. 11.

202

geben hat, auf S. 470—652 eine kritische Ausgabe
des noch Vorhandenen, das — wenigstens für die ersten
Briefe — sich mit dem Werke selbst im Großen und
Ganzen decken dürfte. St. kennzeichnet die Arbeit des
Photius als „eine Leistung, wie sie Jahrhunderte vor
und nach ihm ihresgleichen nicht findet" (S. XLIV),
den Autor als einen „Mann, der die ganze Tiefe der pau-
linischen Gedanken zu erfassen sucht" (ebda). Auch
für den „Meister der Sprache" und den „scharfblickenden
Philologen" findet er Worte hohen Lobes (XLV).
So erhalten wir vollgültigen Ersatz für den uns entschwindenden
Ökumenius.

Den Abschluß bildet Arethas von Caesarea (etwa
860—940), dessen Hinterlassenschaft aber lediglich in
einigen Glossen besteht.

Das vorliegende Werk gehört nicht zu denen, die
der Rezensent lediglich zum Zwecke der Besprechung
vornimmt, um sie dann für immer beiseite zu räumen.
Vielmehr wird er es bei jeder eingehenderen Beschäftigung
mit den paulinischen Briefen erneut hervorholen.
Und, da der Appetit mit dem Essen zu wachsen pflegt,
wird er den Wunsch nicht unterdrücken können, auch
für die Katenenüberlieferung der übrigen ntl. Bücher,
in erster Linie der Evangelien, ähnlich gut versorgt zu
werden, wie es dank der hingebenden Mühewaltung
Staabs jetzt hinsichtlich des Paulus geschehen ist.
Göttingen. w- Bauer.

Felder, Dr. P., O. M. Cap.: Die Antoniuswunder nach den
älteren Quellen untersucht. Paderborn: F. Schön in gh 1933. (164 S.)
8». kart. RM 4 — ; geb. 5.50.

Die kleine Schrift hat einen eigentümlichen Charakter: mit guter
Kenntnis der Überlieferung und mit den Mitteln historischer Kritik sucht
der Vrf. das volkstümliche Fortwuchern der Legende von den Angaben
der ältesten Berichte zu sondern. Der populärste aller Heiligen wird
damit aus dem großen Wundertäter wieder zu dem asketischen Prediger
und Bettelmönch. Wenigstens bei seinen Lebzeiten. Denn nach seinem
Tode beginnt die approbierte Thaumaturgie, denn das ist das Ziel: mit
den Mitteln der Wissenschaft die echten Wunder von den falschen zu
unterscheiden und in augenscheinlichem Überschreiten der Grenzen der
Forschung die Echtheit nicht der Berichte, sondern der berichteten Wunder
durch die historische Untersuchung zu beweisen !

Göttingen. H. Dörries.

Jüssen, Dr. theol. Klaudius: Die dogmatischen Anschauungen
des Hesychius von Jerusalem. I. Tl.: Theologische Erkenntnislehre
und Christologie. Münster: Aschendorffsche Verlagsbchhdlg.
1931. (XII, 184 S.) gr. 8°. = Münsterische Beitr. z. Theologie, hrsg.
v. F. Diekamp u. R. Stapper, H. 17. RM 9.80.

Palästina ist in der alten Kirche stets Kriegsgebiet
der großen dogmatischen Richtungen gewesen, wo
Alexandria und Antiochien um den Vorrang stritten.
Dies geistige Ringen in den Schriften eines angesehenen
jerusalemischen Lehrers und namhaften Exegeten, der
m der Zeit besonders lebhafter Kämpfe lebte, zu verfolgen
, wird umso mehr anziehen, als dabei noch eine
andere' Frage mitbehandelt werden muß, nämlich die,
wieweit außerhalb der eigentlichen Kampfschriften und
abseits der Schlagworte die inneren Antriebe der theologischen
Parteien sich geltend machten und sich so als
echt erwiesen.

J. nimmt diese Aufgabe in Angriff, indem er in der
noch eine Fortsetzung versprechenden Arbeit die theologische
Erkenntnislehre und die Christologie des Hesychius
darstellt. Die dogmengeschichtliche Bestimmung
soll zugleich die umstrittene Echtheit mehrerer Schriften
dem Hesychius sichern.

Danach erscheint nun — und man kann dieses Ergebnis
annehmen — Hesychius als Repräsentant der
alexandrinischen Theologie, doch ohne deren Schulsprache
voll aufzunehmen. Es wird verständlich, auch
wenn der Vrf. die Berechtigung dazu in Abrede stellen
möchte, daß Hesychius Späteren als Parteigenosse der
Monophysiten erschien, in der gleichen Weise, wie diese
Kyrill, besonders in seinen zugespitzten Formeln, für
sich in Anspruch nahmen.

Die Verwandtschaft mit Kyrill, H.s großem Zeitgenossen
, ist nun aber bis in die einzelnen Wendungen hin-
I ein so groß, daß man bei diesem allgemeinen Resultat
nicht stehen bleiben sollte, sondern durch den Vergleich
| mit Kyrill die Besonderheit dieses Theologen inner-
! halb der alexandrinischen Richtung aufzeigen müßte,
um erst so ein Urteil über das Maß seiner Selbständigkeit
zu gewinnen; der Hinweis auf die biblische Färbung
seiner Sprache reicht nicht aus.

Dazu ist freilich erforderlich, mit Beachtung der
feineren Unterschiede des Ausdrucks den Gehalt der
; wichtigsten Begriffe sowohl in ihrer geschichtlichen Her-
I leitung wie ihrer spezifischen Prägung verständlich zu
| machen. .Theologia' ist z. B. nicht einfach ,Offen-
barungswissenschaft', sondern wie Kattenbusch gezeigt
hat und wie etwa die technische Verwendung des Worts
bei einem anderen Zeitgenossen des Hesychius, Dia-
dochus von Photike, erkennen läßt, in der origeni-
stischen Tradition ein der Gnosis verwandterer Begriff
als der Wissenschaft; ,Theologie' bleibt auch bei He-
' sychius eine charismatische Größe, wenngleich eingeschränkt
auf das, quae incarnatus dominus tradidit. —
Auch sonst wird von J. dem Lehrer des 5. Jhds. nicht
selten eine nicht auf dessen Holze gewachsene Denkweise
aufgenötigt; so, wenn aus dem Vorwurf der
Schriftentstell ung, der allen Parteien nicht nur jener
Zeit gegen ihre Gegner eigen ist, die Anerkennung eines
richtenden kirchlichen Lehramtes, das die eigentlichen
Dogmen bestimme, herausgelesen wird (S. 60). ,Ju-
daeorum littera' (S. 57) geht gewiß nicht auf .jüdische
heilige Schriften', sondern auf den Litteralsinn. Bei der
Rolle, die gerade die Beschuldigung des Judaisierens'
in der Polemik des 5. Jhds. spielt, wird man gut tun,
nur bei ganz unmißverständlichen Hinweisen an wirkliche
Juden zu denken.

Nicht erwiesen scheint mir die Autorschaft des Hesychius
bei dem Psalmenkommentar, der m. E. viel
eher einem sich dem zur Herrschaft gelangten Sprachgebrauch
anpassendem Antiochener eignen dürfte:
,alexandrinische' Wendungen sind ja bei Unionstheologen
, wie etwa Theodoret, ganz geläufig. Umgekehrt
sind die vom Vrf. als antiochenische Anleihen behandelten
Bilder von der Menschheit Christi als einem Mantel,
einem Vorhang, einer Wolke, gut kyrillisch.

Was aber auch in Hesychius den Unionstheologen
— nur von alexandrinischer Seite aus — verrät, das ist,
daß neben der Warnung vor der dogmatum impietas
als der schlimmsten aller Sünden die dringliche Mahnung
einhergeht, nicht exquirere substantiam Dei et
discutere Christi divinitatem et ingredi interiora vela-
minis intellegibilis. Velamen enim Christus habet car-
nem tegumentum divinitatis suae: das ist für griechische
Ohren in eigentümlich theologischer Form die
Warnung vor der Theologie!
Göttingen. H. Dörries.

Rucker, Ignaz: Florilegium Edessenum anonymum (syriace
ante 562). München : Bayer. Akad. d. Wiss. C. H. Beck in Komm.
1933. (XXIV, 92 u. 8*S.) 8°. = Sitzungsberichte der Bayer. Ak. d.
Wiss. Philos.-Hist. Abt. 1933, H. 5. RM 8—.

Der gelehrte und sprachenkundige kath. Pfarrer von
Oxenbronn bei Günzburg a. D., dessen Forschungen
zum Konzil von Ephesus ich in dieser Ztg. 1933,
Sp. 285 f. kurz angezeigt habe, veröffentlicht hier nach
Cod. syr. 729 addit. 12156, fol. 69—80 des Britischen
Museums ein syrisches, gegen den Nestorianismus gerichtetes
apollinaristisch-monophysitisches Florilegium
mit 86 Väterstellen von Ignatius von Antiochien bis
Cyrill von Alexandrien. Die Stellen des ganzen umfangreichen
Corpus (fol. 1—136) wurden schon bisher von
zahlreichen Forschern herangezogen. Namentlich verwertete
Ed. Schwartz die erste Hälfte der Handschrift
(fol. 1—62) nach Lichtbildern, deren Herstellung in
den Inflationsjahren eine großherzige Spende des Papstes
Pius XI. ermöglichte, und er konnte wie für den