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Ausgabe:

1933

Spalte:

137-140

Autor/Hrsg.:

Andrae, Tor

Titel/Untertitel:

Mohammed. Sein Leben und sein Glaube 1933

Rezensent:

Strothmann, Rudolf

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Theologische Literaturzeitung

BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK

unter Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖRRIES und Prof. D. Dr. GEORG WOBBERMIN, beide in Göttingen

HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER, GÖTTINGEN

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften. Bearbeitet von Lic. Dr. phil. REICH und Mag. theol. H. SEESEMANN, beide in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50

VUnuikriptc and galahrle Mitteilungen eind •aieehlieSlich an Profesaor D. BAUER in Güttingen. Dauere Eichenweg 46, «u ■enden,
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VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG, LEIPZIG C 1

58. JAHRGANG, NR.8 15. APRIL 1933

Spalte

Andrae: Mohammed (Strothmann) .... 137
Aufhauser: Umweltsbeeinflussung der

christlichen Mission (Lerche).......150

Fröhlich: Gottesreich, Welt und Kirche

bei Calvin (Niesei)............143

Guntermann: Die Eschatologie des hl.

Paulus (Michel)..............140

Herrmann: Die Protokolle des Mainzer

Domkapitels (Schornbaum)........142

Spalte

Hufnagel: Intuition und Erkenntnis nach
Thomas von Aquin (Heger)........147

Klapper: Schriften Johannes von Neumarkt
(Clemen)..............142

Lang: Bischof Sailer und seine Zeitgenossen
(Lerche)..............145

Lerche: Hundert Jahre Arbeit an der Diaspora
(Grüner)...............151

Spalte

Oppenheim: Das Mönchskleid im christlichen
Altertum (Dörries).........141

Schiel: Bischof Sailer und Ludwig I. von
Bayern (Lerche)..............145

Schwer u. Müller: Der deutsche Katholizismus
im Zeitalter des Kapitalismus
(Lerche)..................146

Uhlhorn: Die deutsch-lutherische Diasporafürsorge
(Lerche)...........150

Andrae, Prof.Tor: Mohammed. Sein Leben und sein Glaube. Göttin- (S. 67), ferner die meist übersehene Stelle LVIII 14,

gen: Vandenhoeck & Ruprecht 1932. (160S.) gr.8°. RM 7 - ; geb. 8.50. durch die Muhammed den Versuch, sich mit einem Zere-

Im letzten, VII. Kap. Mohammeds Persönlichkeit blickt ™?ie11 ™ T?«1*"' ^ckzuzfehen sich VUm-
Tor Andrae auf Vorgänger aus der Aufklärungszeit zurück. Sale, de Bou- ! laut sah (S. 14yt.). Eur das zentrale Kap. IV Die
lainvilliers, Savary erkannten Muhammed an als den Begründer eines j Lehre von der Offenbarung war Andrae VOrbe-
vernunftsgemällen Glaubens an Gott, Tugend, Unsterblichkeit und eines j reitet durch seine Schrift: Mystikens psykologi, Stockecht
aufklärerisch als zweckmäfüg begriffenen Kultus und sahen ihm , holm 1926. Sie blieb dem Ref. unbekannt, der aber in-

dafür seinen supranaturalen Anspruch, Gottes Apostel zu sein, als einen j teressiert beobachtet daß dieser neuesten Psycholocne

von) Klugheitsgründer' diktierten frommen Betrug wohlwollend nach, j wiefJer w;chti wird'dje alte prage nach dem lnspi?a.

Voltaire und Diderot faßten Muhammed gerade bei jenem Anspruch an, , a . , . . _? «__x— _a iTF>

erklärten diesen deutlicher für Schwindel und sahen dann nur einen tipnstypUS, Und daß Andrae Sich mehr für den auditiven

Betrüger, mordenden Krieger, Frauenräuber. Dem romantischen Idealismus
eines Carlyle war Muhammed die aufrichtig von der Ewigkeitsfrage
ergriffene Persönlichkeit und als solche selbst Ausfluß göttlicher Kraft,
während die vorgebliche Offenbarung nur symbolischer Ausdruck für
dieses Gotteserlebnis sei. Andrae, im Ergebnis Carlyle nahestehend,
macht wieder gerade den Apostolatsanspruch zum Entscheidenden und

als den visionären entscheidet (S. 39), genau wie mu-
hammedanische Psychologen es tun, um den Koran als
wortwörtlich von Gott kommend (matluww) zu glauben
, vgl. Ibn Chaldun: Prolegomena, ed. M. Quatremere
165 ff., besonders den in einigen Mss. fehlenden Abschnitt
172; in der Übersetzung von M. de Slane I 194 ff.

müht sich um eine ernste Studie zur Prophetologie in psychologischer i -y,,^ t_i:„„; ' +„ii,,„„ ai.,u„„„*rL]„ • '■ ,. ... '

Methode. Psychologisch vorzugehen hat zwar bereits Sprenger vermeint, Zur Hineinstellung Muharnmeds m seine religiöse Um-

der in seiner Muhammed-Forschung seit 1851 zu dem Ergebnis kam, ' weit konnte Andrae auch seinen hier in Th.Ltz. 1926,

daß Muhammed Hysteriker gewesen sei. Und obwohl dazu mit Recht ! SP- 483—87, besprochenen Aufsatz: Der Ursprung des

Snouck Hurgronje, jetzt auch in Verspreide Geschriften, Leiden 1927, j Islam und das Christentum, heranziehen in Kap. IV und

I 191, die Frage aufwarf, worin sich denn der immerhin wirkungsvolle 1 in Kap. III Mohammeds religiöse Botschaft.

Mann von den vielen anderen Hysterikern unterschieden habe, blieb etwa Einigem wird man nicht zustimmen können, da Z. B. die

für o.Stoii: Suggestion und Hypnotismus', Leipzig 1904, s. 256ff., i Lehre vom Seelenschlaf keine nestorianische Eigenheit

Muhammed „ein impressionabler Autosuggestion^", der sich durch j jgt (S 73) aber wie etwa syrisch hanpä = Ungläubiger
„Halluzinantentum . . . regelrechte epileptiforme Anfalle, wie ein sibi- , v . Begriff des Heiden zu nrnhkr-h hnnlf - Monn-

rischer Schamane" erzeugte. Auch bei Andrae begegnen der nordische , *ADer ,aen "^V T/e onu^j ■ -r i: Z ™on?

Gode, der aZientalische Kahin, der Druide, der musolepte Griechen- theist werdenl konnte (S 89 ff.) das ist vorzüglich durch-

sänger, der und die östliche oder westliche wunderbare Kirchenheilige, geführt auf Grund großer Vertrautheit mit dem Schnf-

der und die moderne europäische oder amerikanische Erweckeifin). Aber ; tenkreis von den Sethianern an bis ZU den Manichäern;

die selbst Australien, Lappland und Afrika umfassende Kenntnis reli- auch wenn für letztere der arabische Fihrist schwerlich

Eiöser Erscheinungsformen dient Andrae nur als vorsichtiges Annähe- , ein gewichtiger Zeuge ist (Anm. 67, 83 f.), SO ist hier

rungsmittel; die Entscheidung über Muhammed überläßt er dem ein- docn zweierlei erklärt: daß Muhammed zunächst nur

«gen Quellenwerk: Prophet für die Araber zu sein, und daß er bloß eine

Der Koran ist bislang schwerlich so von innen her alte wahre Urreligion wiederherzustellen beanspruchte;

Wie hier untersucht worden, auch nicht in den umfang- außerdem wird begreiflich, daß Musailima nicht erst

reichsten arabischen Kommentaren. Während diese be- durch ihn angeregt als Gegenprophet in („Jemen" auf

reits durch die späteren innerislamischen Gegensätze be- S. 90 ist verschrieben für:) Jemama auftrat. Auch in

einflußt sind, konnte Andrae unbefangener etwa den Kap. V Der Konflikt mit den Koreischiten

Widerspruch in Muhammeds Vorherbestimmungsglauben j erledigt Andrae die mekkanischen Gegner nicht einfach

nicht nur deutlich herausstellen, sondern ihn auch reli- | als Religion ablehnende Handelsherren, sondern fühlt

giös würdigen (S. 51 ff.), konnte die bekannte Schwierig- durch die koranischen Angriffe hindurch ihre Treue zum

keit .Abschaffende und Abgeschaffte Verse* aus dem religiösen oder wenigstens zum kultischen Vätererbe,

klug biegsamen Charakter des Propheten erklären (S. 1 Kap. II Von den K i ndhe its j ahren bis zur Be-

54f.). desgleichen den späteren Zusatz in Sure LXXIII, rufung läßt Andrae mager ausfallen in behutsamer

der an dem Maß der Vigilien, wie es in der ersten Be- Skepsis gegenüber der muhammedanischen Muhammecb

geisterung gefordert war, elastisch Abstriche vornahm ! Biographie; da sie für spätere Zeit auf etwas festerem

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