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Ausgabe:

1933 Nr. 6

Spalte:

101

Autor/Hrsg.:

Easton, Burton Scott

Titel/Untertitel:

Christ in the Gospels 1933

Rezensent:

Seesemann, Heinrich

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101

Theologische Literaturzeitung 1933 Nr. 6.

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liches Bild von dem gibt, wie er sich die Entstehung und
die Komposition dieser Bücher eigentlich denkt, und
S. 134. 135 möchte man doch die augenscheinlich vom
Verf. vertretene Meinung, daß Elia eine historische Gestalt
ist, der von ihm mitgeteilten Möglichkeit gegenüber,
daß es sich bei ihm nur um eine verklärende Nachbildung
; des Elisa handelt, etwas nachdrücklicher und deutlicher
herausgehoben sehen. Hoffen wir, daß die dem
Verf. wie den Theologie-Studierenden zu wünschende
4. Auflage des Buches beides noch besser als jetzt zu
vereinigen wissen wird: die dann nötig gewordene
Nennung noch zahlreicherer Lösungsversuche und die
scharfe Herausarbeitung der dem Verf. sicheren oder
doch wahrscheinlichen Antwort auf die betreffende
Frage.

Halle/Saale. Otto Ei ß fei dt.

Easton, Prof. Burton Scott, S. T. D.: Christ in the Gospeis.
London: Ch. Scribner's Sons 1930. (XI, 210 S.) 8°. = The Haie
Lectures, 1929-30. 7 sh. 6 d.

Der Vf. dieses Buches — Professor für N. T. am
General Theologkai Seminary, New York — ist der deutschen
Wissenschaft nicht unbekannt. Sein Verständnis
für die Evangelienkritik, insbes. für die Formgeschichte,
hat er bereits durch sein 1928 erschienenes Werk „The
Gospel before the Gospeis" bewiesen. In seinem neuen
Werk führt er nun die dort gewonnenen Ergebnisse
weiter und versucht die ursprüngliche Tradition über
Jesus herauszustellen. In den ersten vier Kapiteln wird
dazu die Vorarbeit geleistet; der Vf. bespricht hier die
synoptischen Quellen, die vor-synoptische Tradition (eine
kurze Zusammenfassung von „The Gospel before the
Gospeis"), die nicht-synoptische Tradition (Joh.ev., Man-
däer, Josephus) und zeichnet dann noch ein Bild vom
,Hintergrund', d. h. dem zeitgenössischen Judentum. Die
weiteren vier Kapitel handeln über Jesus: Jesus und
das Gesetz; Jesus und der Vater; Jesus und das Reich
Gottes; das abschließende Kapitel ist ein kurzes Leben
Jesu , wie es sich dem Vf. aus seinen Untersuchungen
ergibt.

Die Methode und die Darstellung — beides ist in
diesem Buch vorzüglich. Als Formgeschichtier muß der
Vf. eine konstruktive Methode anwenden; man hat jedoch
nirgends den Eindruck, daß er zu konstruktiv wird.
Vorsichtig wägt er stets alle Möglichkeiten ab. Daher
kann man ihm in den meisten Ausführungen — von
einigen Ausnahmen (z. B. der Stellung zu der Mandäer-
frage) abgesehen — auch ohne weiteres zustimmen. Die
Literatur, bes. auch die deutsche, ist in sehr reichem
Maße herangezogen und ausgenutzt. Es ist kaum ein
Buch, das hierhergehört und das der Vf. nicht zitiert
und verwertet. So erhält man ein gutes, abgerundetes
Bild über Zweck, Ziel und Ergebnis der Quellenkritik an
den Evangelien. Man kann den Studenten Englands und
Amerikas, die das Buch wohl in erster Linie zu Rate
ziehen werden, dazu gratulieren, daß sie eine so reichhaltige
Stoffsammlung und eine so klare Darstellung
dieser Probleme auf nur 200 Seiten erhalten haben.
Göttingen. H. Seesemann.

Resch, P.: La Doctrine ascetique des premiers maitres
Egyptiens du quatrieme siede. Paris: O. Beauchesne 1931.
(XXXIX, 286 S.) gr. 8°. = Stüdes de Theologie Historique, hrsg.
u. d. Direction des Professeurs de Theologie ä lTnstitut Catholique
de Paris.

Das Thema der Arbeit: histoire des dogmes dans
la vie chretienne ist reizvoll. Die Ideengeschichte des
frühen Mönchtums nach so ausgezeichneten Vorarbeiten,
wie sie Butler, Reitzenstein, Bousset geleistet haben,
nun in ihrem geschichtlichen Werden darzustellen, ist
eine lohnende Aufgabe. Leider ist mit der Einsicht in
die Notwendigkeit einer Arbeit nicht die Kraft, sie zu
leisten, gewährleistet!

Das Schwächste an dem Buch sind seine Grundlagen.
Der Verzicht auf Quellenkritik führt ebenso zu unberechtigter
Vertrauensseligkeit (es wäre .absurd', anzunehmen,

daß eines der von Bardenhewer oder Rauschen anerkannten
Dokumente nicht echt sein sollten!), wie umgekehrt
zu vorschneller Preisgabe der wichtigsten Zeugen
. Denn da R. den Apophthegmen nur sekundären
Wert einräumt, so gilt ihm nur die Lehre des Athanasius
als unvermittelt auf uns gekommen. Und indem er
außer Cassian und Euagrius Pontikus auch die „Reiseberichte
" außer Betracht läßt, bleibt er hinter dem Stand
der modernen Forschung, die auf die historia lausiaca

i und die historia monachorum besonderes Gewicht legt,
zurück. Nach welchen Kriterien sich ihm in den beanstandeten
Sammlungen der „verba seniorum" eine

j Stufenfolge der Brauchbarkeit doch noch herstellt, zeigt
die Bevorzung der Makar-Apophthegmen vor denen des

! Antonius: jener war denen, die die ersten Berichte verbreiteten
, noch persönlich bekannt! So wird denn den

I Apophthegmen nur auf einem Umweg eine Geltung
zugesprochen: sie spiegeln den Eindruck der Väter auf
ihre Schüler wieder und dürfen darum wenigstens in
ihren allgemeinen Grundgedanken an dem Privileg teilnehmen
, das der Verf. bereitwillig auch anderen angefochtenen
Schriften erteilt, zwar nicht für das Biogra-

phische, wohl aber für die Ideengeschichte Quellenwert
beanspruchen zu können. Bestimmtheit erscheint ihm
umso weniger nötig, je mehr auch den Fabeleien des
Schülerkreises, die den Meistern selbst nicht zugetraut
werden, „une influence heureuse" auf die traditionelle
Lehre beigelegt wird.

Das Buch beschränkt sich mithin darauf, einer Auswahl
von Vätern, Antonius, Athanasius, Makarius,

I Pachomius und seinen Schülern, Fragen vorzulegen, die,
wie die nach der unio mystica, dem Seelenführer oder
nach den Stufen der Vollkommenheit, ihre Formulierung
eher den spanischen Mystikern des 16. oder den Dogmatikern
des 20. Jahrh.s als den Anachoreten des 4.
Jahrh.s verdanken. Deren Grundgedanken, wie He-

J sychia, Theoria, Amerimnia u. a., bleiben dagegen im

j Hintergrund. Die entscheidende Rolle spielt Athanasius,
der ja auch die des Antonius im wesentlichen mitüber-

I nimmt. II est presque le maitre des maitres, und er
stellt das Band dar, das die Asketik des 4. Jahrh.s mit

I der kirchlichen Tradition und Orthodoxie verbindet. So

[ ist Athanasius der Lehrer, dessen Unterweisung nach

| R. auch die Gedankenbildung der gelehrigen Kinder

! der Wüste maßgebend bestimmt hat. Deren eigenen
Lehrbeitrag festzustellen, so bescheidet sich der Verf.,

1 fehlt uns jedes Mittel.

Daraus wird deutlich, daß es nicht das frühe
Mönchtum der Wüste mit seinen scharfen Zügen ist,

I das in dieser Schrift eine Wiedergabe gefunden hat, sondern
allein der große Bischof, der es der kirchlichen

j Ordnung eingefügt hat. Auf die Darstellung des Athanasius
beschränkt sich denn auch der Wert des Buches

I fast ausschließlich. Wer die asketischen Grundsätze des
ersten Kirchenfürsten studieren will, mag nicht ohne

j allen Gewinn zu dieser Arbeit greifen. Sie erleichtert
ihm seine Mühe durch eine flüssige Darstellung, die
auch durch die unfruchtbaren Partien sich in gefälligen

: Windungen hindurchzieht!

Im übrigen ist freilich zu sagen, daß vor aller Darstellung
des Mönchtums, auch einer solchen seiner
Ideen, die Frage nach der Rangordnung der Quellen in

I aller Schärfe gestellt werden muß, und daß erst in ge-

| nauem Zusammenhang mit ihrer Beantwortung die

j äußere und innere Geschichte des Mönchtums geschrieben
werden kann.

Göttingen._H. Dörries.

Mausbach, Prof. Dr. Joseph: Die Ethik des heiligen Augustinus
. 2., verm. Aufl. I. Bd.: Die sittliche Ordnung u. ihre Grundlagen
. II. (Schluß-)Bd.: Die sittliche Befähigung des Menschen u. ihre
Verwirklichung. Freiburg i. Br.: Herder & Co. 1929. (XI, 442 u.
VII, 431 S.) gr. 8°. RM 15.80; geb. 19.20.

Bei der Neuauflage der einzigen größeren Dar-
Stellung der augustinischen Ethik bedarf nur der auf-
I fällige Umstand einer Bemerkung, daß ihr Verf. trotz