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Ausgabe:

1933 Nr. 6

Spalte:

99-100

Autor/Hrsg.:

König, Eduard

Titel/Untertitel:

Zentralkultstätte und Kultuszentralisierung im alten Israel 1933

Rezensent:

Hertzberg, Hans Wilhelm

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99

Theologische Literaturzeitung 1933 Nr. 6.

100

melfleiß doch immer wieder die großen Zusammenhänge
und Linien herausheben müssen. Namentlich wäre ein
Eingehen auf die religionspsychologischen Motive der
einzelnen Legenden wünschenswert gewesen, um auch
die seelischen Nötigungen ihrer Verwertung in der Dichtung
aufzuzeigen. Um nur ein Beispiel herauszuheben,
wie in dieser Hinsicht die Arbeit des Autors uns weitergeführt
hätte: In dem Abschnitt ,The Salvation of Satan
in modern Poetry' wird Lord Byron wohl erwähnt,
aber wie lehrreich wäre es gewesen, wenn eine Analyse
der berühmten Dichtung Manfred (vgl. dazu H. Richter
,Lord Byron. Persönlichkeit und Werk', 1929, S. 282 ff.)
aufgezeigt hätte, auf welchen Quellen diese poetische
Sublimierung persischer Vorstellungen letztlich beruht.
Oder was haben wir davon, wenn M. Rudwin S. 228 f.
von Hoffmanns „famous work" ,Die Elexiere des Teufels
'(1815) eine kurze Inhaltsangabe gibt, aber sich nicht
bemüht, die literarischen Zusammenhänge mit der Geistesstruktur
der Romantik bloßzulegen - Doch vielleicht wollte
der Verfasser gar kein wissenschaftliches Buch schreiben
und sollte es nur zur Unterhaltung und Aufklärung derjenigen
Kreise dienen, die in Europa wohl immer weniger
werden. Darauf weisen auch die beigegebenen Illustrationen
hin, die insofern nicht hereinpassen und beinahe
unverständlich wirken, als ein größerer Abschnitt
über die Darstellung des Teufels in der Kunst fehlt;
sie sind auch zu wahllos verschiedenen Werken entnommen
und verwerten Klischees aus den Anfängen
der Illustrationstechnik. — Summa summarum: Das
Thema des Buchs wäre außerordentlich reizvoll und
legt die Hoffnung nahe, daß es einmal im oben gezeichneten
Rahmen eine tiefgründige Bearbeitung findet — in
der vorliegenden Form gehört das Buch wohl zur gehobenen
Unterhaltungslektüre, aber nicht zu den die
Wissenschaft bereichernden Studien.

München. R- F- Merkel.

König, Prof. D. Dr. Eduard: Zentralkultstätte und Kultuszentralisierung
im alten Israel. Gütersloh: C. Bertelsmann 1931.
(84 S.) 8°. = Beiträge z. Förderung christl. Theologie, hrsg. v. A.
Schlatter und W. Lütgert, 34. Bd., 3. H. RM 2.50.

Das Buch ist eine ausführliche Kritik des ebenfalls
in den Bertelsmann'schen Beiträgen erschienenen Heftes
von Th. Oestreicher „Reichstempel und Ortsheiligtümer
in Israel" 1930. Es wird in der Geschichte der Wissenschaft
kein alltäglicher Fall sein, daß auf eine Schrift
von 56 Seiten eine kritische Auseinandersetzung von 84
ergeht, und es ist zu wünschen, daß Oe. nicht in dem
gleichen Verhältnis eine Gegenantwort liefert! In der
Tat hätte K. seinen Standpunkt ebensogut kürzer zur
Geltung bringen können, schon deswegen, weil seine
Arbeit eine Reihe von Dingen enthält, die er in der
durch Oe.s „Deuteronomisches Grundgesetz" (1923) angeregten
Deut.-Debatte schon früher vorgebracht hatte.
Andererseits ist das Problem wichtig genug; es geht um
die Frage, ob das Deut, wirklich der josianisehen Kultusreform
zugrunde gelegen hat oder nicht, womit die
Frage nach Alter und Entstehung des Deut.s zusammenhängt
. Oe. hatte bekanntlich 1923 den Versuch unternommen
, die josianische Reform für eine wesentlich
politische Maßnahme zu erklären, die nichts mit Kultuszentralisation
zu tun gehabt habe; ebensowenig liege eine
solche im Deut. vor. In seiner neuesten Arbeit hat er
das nun unterbauen wollen durch Herausarbeitung des
Unterschiedes zwischen hekhal (Reichstempel) und bama
(Lokalheiligtum), analog Kaaba und Moschee. Eine
Kultuszentralisation habe nie stattgefunden, — was Josia
tat, sei als vorübergehende Maßnahme gedacht gewesen,
— sei aber auch nicht nötig gewesen, da man ja den
Reichstempel hatte. Dazu nimmt K. Stellung. Nach einem
ausführlichen Vorwort, worin er seinen eigenen
Anteil an der Pentateuchforschung grundsätzlich (und
richtig) zusammenstellt, — Betonung des Übereinstimmenden
in den einzelnen Quellenstücken, Hervorhebung
des Trennenden gegenüber außerisraelitischem Material,

Anwendung der grammatisch-historischen Methode, —
i stellt er im ersten Teil (S. 15—36) fest, daß das Vor-
| handensein einer Zentralkultstätte neben den Bamoth
der Forschung seit langem eine geläufige Tatsache sei.
I Oe. habe hierin also nichts Neues gebracht. Die Folgerung
, die Oe. aus seiner These zieht, lehnt K. dann im
I zweiten Teil (S. 36—84) zwar unter Aufwand einer
i unnötigen polemischen Schärfe, aber immerhin mit meist
überzeugenden Gründen ab. Weder für II. Reg. 22f.
I noch für Deut. 12 lasse sich die Kultuszentralisation
bestreiten, und ebensowenig läßt sich die Verbindung
zwischen beiden Stellen leugnen. Wenn man auch gewünscht
hätte, der Senior der alttestamentliehen Forschung
hätte dabei statt des von ihm geführten Kleinkrieges
lieber in ein paar kräftigen Strichen die Lage der
Deut.-Forschung im allgemeinen und die Bedeutung der
Abwehr der Oe.sehen Aufstellungen im besonderen gezeichnet
, so darf seine Schrift doch das Verdienst in Anspruch
nehmen, dazu geholfen zu haben, daß der wichtige
Festpunkt der alttestamentliehen Forschung, den
die Reform Josias und ihre Verbindung mit dem Deut,
darstellt, unerschüttert stehen bleibt.
Caldern (Marburg). H. W. Hertzberg.

Meinhold, Prof. D. Dr. Johannes: Einführung in das Alte Testament
. Geschichte, Literatur und Religion Israels, 3. Aufl. sorgfältig
durchges. und vermehrt. Gießen: A. Töpelmann 1932. (XI,
372 S.) gr. 8°. = Sammlung Töpelmann. Theologie im Abriß: Bd. 1.

RM 8 - ; geb. 9.75.

Die in meiner Anzeige der 1926 erschienenen 2.
Auflage von Meinholds „Einführung in das Alte Testament
" (ThLZ. 1927, Sp. 314 f.) zuversichtlich ausgesprochene
Erwartung, daß mit ihr die Lebensdauer des
Buches nicht erschöpft sein werde, hat sich als berechtigt
erwiesen: 6 Jahre später ist eine neue Auflage nötig
geworden. Durch sorgsame Einarbeitung der inzwischen
erschienenen gelehrten Literatur beweist sie, was schon
bei der zweiten Auflage angedeutet wurde, daß Meinhold
mit seiner, „Geschichte Israels", „Israelitische Religionsgeschichte
" und „Einleitung ins AT." bzw. „Israelitische
Literaturgeschichte" glücklich vereinigenden Darstellung
eine Form gefunden hat, die auch die Ergebnisse der
weiter fortschreitenden Forschung in sich aufzunehmen
vermag, ohne dadurch entstellt oder gar gesprengt zu
werden. Meine 1927 geltend gemachten vier Desideria
bleiben aber auch jetzt noch beachtenswert, und ich
erlaube mir hier das dritte zu wiederholen, weil besonders
seine Befolgung die doch immerhin am Horizont
auftauchende Möglichkeit der Sprengung des Rahmens
zu bannen vermag: „Hier und da könnte der Verf.
seine eigene Auffassung doch vielleicht etwas stärker
unterstreichen, ohne daß der sehr anerkennenswerte Vorzug
seines Buches, daß es sich einer ganz objektiven
Berichterstattung über die verschiedenen Lösungen strittiger
Fragen befleißigt, dadurch beeinträchtigt zu werden
brauchte. So hätte ich gern bei der Frage nach dem
Aufbau der Bücher Josua, Richter und Samuel des
Verf.'s eigene Meinung etwas entschiedener ausge-
; sprochen gefunden". Je zahlreicher und verschiedener
I die von dem Verf. zu berücksichtigenden Antworten auf
I die einzelnen Fragen werden, um so mehr muß ja das
in dem Leser jeweilig entstehende Bild an Schärfe ver-
j Heren, wenn der Verf. bei allem ernsten Bemühen,
auch der anderen Auffassungen zu nennen und ihnen
gerecht zu werden, nicht eine bestimmte Auffassung als
die seinige klar herausarbeitet. Als Beispiele nenne
ich zwei der hier inbetracht kommenden Fälle, wovon
der eine, schon 1927 berührt, von umfassender Bedeutung
ist und große Teile des Buches angeht, der andere
aber sich nur auf eine, immerhin bedeutsame Einzelheit
bezieht. Gegenüber der sehr entschiedenen Bejahung der
Urkundenhypothese im Pentateuch fällt auf, daß der
Verf. bei der Analyse von (Josua) Richter, Samuel und
Könige eigentlich nur im Negativen, in der Ablehnung
ihm unzureichend erscheinender Lösungsversuche entschieden
ist, dagegen dem Leser kein wirklich anschau-