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Ausgabe:

1933 Nr. 3

Spalte:

53-59

Autor/Hrsg.:

Elert, Werner

Titel/Untertitel:

Morphologie des Luthertums. 1. Band: Theologie und Weltanschauung des Luthertums hauptsächlich im 16. und 17. Jahrh 1933

Rezensent:

Tilemann, Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 1933 Nr. 3.

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Der Symbolwert der Mönchstracht, in der sich die
Vorstellung vom Wesen des Mönchtums sichtbar darstellt
, hätte schärfer herausgestellt und nach Landschaft
und Zeit unterschieden werden müssen. Die Zeugnisse
bedürfen der Sonderung. Hieronymus, der das Vorhandensein
der Kukulle mit erhärten muß, bekundet
erst recht die Hemmnisse, die sich ihrer Verbreitung
entgegenstellten; ist er doch selbst ihr heftiger Gegner
gewesen! Der Verf. hat statt dessen die Zeugnisse
unterschiedslos durcheinander gemengt und so den Eindruck
der Gleichmäßigkeit schon für die Zeiten erweckt,
in denen die Verschiedenheit noch vorwaltet.

Wären Absicht und Methode des um sein Thema
durchaus nicht unverdienten Verf.s in höherem Maße
historisch gewesen, so hätte seine Studie noch ungleich
tiefere Aufschlüsse für die Geschichte des Mönchtums
geben können. Es müßte z. B. ungemein reizvoll sein,
die Frage zu verfolgen, ob mit dem Siegeszug der Ideen
des ägyptischen Mönchtums auch der ihres Kleides
neben hergeht. Nur darf man dann nicht mit dem
Verf. die Deutung dieser Formen statt ihren Erfindern
erst den andächtigen Besuchern zuschreiben. Denn wie
das Leben der ägyptischen Väter, so verrät auch ihre
Tracht eine höchst bewußte Gestaltung!
Göttingen. H. Dörries.

Beiträge zur Hessischen Kirchengeschichte. Hrsg. von W. Diehl,
F. Herrmann und E. E. Becker. Bd. IX u. X, 1/2. Darmstadt:
Selbstverlag d. Histor. Vereins f. Hessen 1927-1932 (Bd. IX: 470
S. u. 1 Kte.; Bd. X, 1/2: IV, 216 S.) gr. 8°. = Archiv f. Hessische
Geschichte u. Altertumskunde. N. F. Erg.-Bd. IX, H. 1 -5 u. X, 1 u. 2.
Der neunte Band der Beiträge enthält folgende größere Aufsätze:
Fl ans Hermann Bernbeck, Das Kirchenpatronat in Hessen nebst
einer Übersicht über den derzeitigen Stand des Patronats in den übrigen
deutschen evangelischen Landeskirchen (S. 1—61); l.ebenserinnerungen des
Oberkonsistorialrats und Superintendenten D. Dr. Karl Köhler (t 30.
12. 1895). (S. 62 —112); Irwin Wiegner Bauman, Der Kampf
der Gießencr Theologischen Fakultät gegen Zinzendorf und die Brüder-
gemeine 1740—1750: Doktorschrifteines (1928—29) in Gießen studierenden
Amerikaners, die um ihres allgemeinen Interesses willen nicht übersehen
werden sollte. (S. 113—198). — P. Arsenius Jacobs, O.
M. Cap., Die Episkopalstreitigkeiten zwischen Hessen und Kurpfalz im
Oberamt Umstadt in der letzten Hälfte des 17. und im Anfang des 18.
Jahrhunderts. (S. 199—224). — Ludwig Buch hold, Religionsgeschichtliche
Bemerkungen zu dem Dieburger Sol-Mithras-Relief. (S.
225-248). — Adolf Carl Michels, Die Wahl des Grafen Johann
Friedrich Karl von Ostein zum Kurfürsten und Erzbischof von Mainz
1743. (S. 249—316). — Franz Hötzel, Religionsgravamina aus der
Pfarrei Heimersheim. (S. 317—322). — Fri edrich Knopp, Ein Beitrag
zum Verhältnis zwischen Patronat und Lehen im mittelalterlichen
Recht, gezeigt an drei Urkunden über die Kirche auf dem Johannisberg
bei Bad Nauheim. (S. 323—339). — Hans Meyer, Die Diözese
Worms im Mittelalter. (S. 340-431). Dazu Kleine Mitteilungen. —
Der zehnte Band gibt sich als Festgabe zum 70. Geburtstag des
Unterzeichneten. Inhalt: Ferdinand Heß, Die kirchliche Entwicklung
der Gemeinherrschaft Münzenberg bis zur Durchführung der Reformation
. (S. 1—43). — Otto Schaad, Die kirchlichen Verhältnisse der
Pastorei Klein-Karben im Mittelalter. (S. 45—56). — Fritz Herrmann
, Der Astrolog Johannes Indagine, Pfarrer zu Steinheim a. M. und
die Frankfurter Kaiserwahl des Jahres 1519. (S. 57—74): von allgemeinem
Interesse. — Eduard Edwin Becker, Die Kirchenordnungen im
Gebiet der Riedesel zu Eisenbach. (S. 75—132). — Wilhelm Hartmann
, Zu Johann Vietors [Hofprediger und Superintendent zu Darmstadt
, t 1628] Haushaltungsbuch [Manual - Registerlein wegen meiner
Haushaltung und Jahrbesoldung]. (S. 133 - 148). — Friedrich
Müller, Die „Institutiones catecheticae" von Konrad Dieterich [Professor
der Philosophie und Ethik in Gießen; das Buch erschien 1613]
in dogmengeschichtlicher Darslellung und Betrachtung. (S. 149- 174).—
Wilhelm Diehl, Zur Geschichte des Wiederaufbaus des kurpfälzischen
reformierten Pfarrstandes in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
. (S. 175—190). — Heinrich Bechto 1 sheimer, Zur Geschichte
der Aufklärung in Deutschland. (S. 191—216): 1. Karl Friedrich
Bahrdt als populärer Schriftsteller; 2. Zur Frage nach der Glaubwürdigkeit
Laukhards.

Gießen. G. Krüger.

Eiert, Werner: Morphologie des Luthertums, l. Bd.: Theologie
und Weltanschauung des Luthertums hauptsächlich im 16. und
17. Jahrh. München: C. H. Beck 1931. (XVI, 465 S.) gr. 8°.

RM 15-; geb. 18—.

Daß die Dogmata, wie Bengel sagt, einen Einfluß
in das ganze Betragen des Menschen haben, wird heute

kaum noch bestritten. Aber der wissenschaftliche Beweis
für diese Tatsache ist bisher in den Anfängen
stecken geblieben. Schneckenburger's vergleichende Darstellung
des lutherischen und reformierten Lehrbegriffs
ist zweifellos als ein sehr gründlicher Versuch in dieser
Beziehung zu bewerten, aber er hat nicht in dem wünschenswerten
Maße eine Fortsetzung in die ganze Breite
: des Problems erfahren. Anknüpfend an die vergleichende
Konfessionskunde, die im wissenschaftlichen Betrieb die
j Symbolik alten Stils ablöste und für ihre Zeit immerhin
I einen sehr erheblichen Fortschritt in der Beurteilung
j der Konfessionen im ganzen bedeutete, hat sich Werner
! Eiert die große Aufgabe gestellt, der Gestaltwer-
dung des Luthertums nachzugehen und ein Gesamtbild
. dieser Konfession zu entwerfen, bei dem nicht nur der
von Bengel hervorgehobene Gesichtspunkt zu seinem
i Rechte kommt, sondern auch die dynamische Wirkung
I der lutherischen Reformation in der Entwicklung der
überindividuellen Lebensformen herausgestellt werden
; soll.

Es ist daher zu begrüßen, daß der Verfasser in einer
längeren Einleitung ausführlich Rechenschaft über sein
Unternehmen ablegt.

Die Morphologie einer Konfession vollzieht sich in einem Prozeß,
der weder für das Luthertum noch für den Katholizismus heute schon
abgeschlossen scheint. Er dauert Jahrhunderte und hört nicht auf, solange
noch ein Funke von Leben da ist. Ahnten schon die alten Polemiker
, daß die konfessionelle Dynamis darauf abzielt, den Gesamtbereich
alles Menschlichen in ihren Dienst zu nehmen und zu gestalten, so
I wissen wir heute, daß es hierin einen Epochewechsel gibt, ein Stärker-
| und Schwächerwerden des Gestaltungswillens und der Gestaltungskraft.
Und anders als zu Bellarmin's und Gerhard's Zeiten ist die Erkenntnis
vorhanden, daß die konfessionelle Dynamik vielfach durchkreuzt oder
auch überwältigt wird von anderen Mächten der Geschichte. So sind
die Schwierigkeiten, die sich der Aufgabe entgegenstellen, nicht gering.
Der Verfasser hat früher ihnen von den äußersten Grenzen des geschichtlichen
Ausdrucks d. h. von solchen Erscheinungen aus beizukommen
versucht, in denen die Dynamik des Luthertums gerade noch fühlbar
ist, in Einzeluntersuchungen über das Verhältnis des Luthertums zu den
Nationen, zur Geschichte der Ehe, des kriegerischen Ethos, über die
I Wirkungen der Abendmahlslehre in der Geschichte der Weltanschauung
u. a. Aber der Weg hat nicht zum Ziele geführt. „Zu einer wirklichen
Morphologie des Luthertums gelangt man nicht unter Umgehung der
offiziellen kirchlichen Bekenntnisse". Sind sie von der alten „Symbolik"
einseitig berücksichtigt worden, so bleibt doch zu beachten, daß sie
zwar nicht als die das Ganze beherrschende Dynamis selbst zu behandeln
sind, aber als eine ihrer Ausdrucksformen. Als Quelle der Morphologie
sind sie noch etwas anders als die zu einem bestimmten Zeitpunkt geschaffenen
rechtsverbindlichen Normen der Lehre. Sie bildeten auch
in der Folgezeit, wo man sich mit ihnen zustimmend oder ablehnend
! auseinandersetzte, zum mindesten Richtpunkte des theologischen Denkens,
und wo sich das Luthertum konkurierenden Gruppen gegenüber zu be-
I haupten hatte, sind sie bis heute der Ausgangspunkt für die notwendige
! Erneuerung der Erkenntnis vom eigenen Wesen geblieben. Es will
1 beachtet sein, daß z. B. schon die einfache Aneignung des im kleinen
I Katechismus enthaltenen Lehrstoffes der wichtigste, durch Jahrhunderte
konstant wirkende Faktor auch des sozialen Lebens in den lutherischen
I Ländern gewesen ist. Indessen weisen doch auch die Bekenntnisse noch
I wieder über sich hinaus auf eine Dynamis höherer Ordnung. Gehören
die ältesten Bekenntnisse schon zu ihren Wirkungen, so muß ihr Ursprung
in den kritischen Jahren liegen, die von den Anfängen der
Reformation zur Augustana führen. Es gilt nicht eine Theologie Luthers
zu schreiben, sondern den Punkt ausfindig zu machen, der den ganzen
Bau des nachfolgenden geschichtlichen Luthertums zu tragen vermag: Der
evangelische Ansatz. Mit ihm ist das Zentrum der Dynamik bestimmt,
und die morphologische Aufgabe besteht nun darin, die nachweisbaren
historischen Wirkungen so darauf zu beziehen, daß ein möglichst vollständiges
Bild sichtbar wird. Als Hauptschwierigkeit der Aufgabe bezeichnet
der Verfasser den Epochenwechsel; die Epochen erscheinen als
Abschnitte des allmählichen Schwächerwerdens und Wiedererstarkens der
konfessionellen Dynamik. Steht für die erste Epoche das Material schier
j unerschöpflich zur Verfügung, so wird für die spätere Zeit die Frage,
j aus welchen Quellenschriften die Farben und Striche zum Bilde genommen
i werden sollen, schwieriger. Zur Vollständigkeit gehört es der Gestalt-
| werdung des Luthertums auch in den nichtdeutschen lutherischen Ländern
J nachzugehen. Der Verfasser ist sich klar darüber, daß dabei auch die
politische und Wirtschaftsgeschichte dieser Länder stark berücksichtigt
werden muß, er glaubt aber, daß es vorläufig die Fähigkeiten eines
i Einzelnen übersteigen würde, diesen Teil der Aufgabe ganz zu umfassen.
So erscheint die Aufgabe methodologisch klar
durchdacht, weit gespannt, aber doch auf das geschieht-