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Ausgabe:

1933 Nr. 3

Spalte:

46-47

Autor/Hrsg.:

Heinemann, Isaak

Titel/Untertitel:

Philons griechische und jüdische Bildung 1933

Rezensent:

Preisker, Herbert

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Theologische Literaturzeitung 1933 Nr. 3.

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H ä n e I, Prof. D. Joh.: Das Wort Gottes und das Alte Testament.

Gütersloh: C.Bertelsmann 1932. (47 S.) 8°. RM 1.20.

Die Schrift enthält 3 Vorträge, die für die Möllner
Theolog. Konferenz bestimmt gedacht waren. Ihre Gedanken
berühren sich mit den Schluß-Ausführungen des
bedeutsamen Werkes: „Die Religion der Heiligkeit",
1931. Es sind dessen letzte beiden Paragraphen, die
ebenfalls auf die vorliegende Themastellung eingehen:
„Der Offenbarungscharakter der Heiligkeitsreligion" und
„Die Offenbarungseinheit der Heiligkeitsreligion". Der
Verf. rechtfertigt die erneute und selbständige Erörterung
mit der Wichtigkeit des Themas sowie mit geschehenen
Ergänzungen.

Der Verf. will 1. Die Gewißheit vom Alten Testament
als dem Wort Gottes auf religionsphilosophischem Wege, zur Ablösung
der Verbalinspiration und neben dem Geistzeugnis, erheben. Von
der Feststellung ausgehend, daß das Wesen der Religion im Erleben der
Heiligkeit Gottes liege, vergleicht er die isr. Rel. mit den andern außer-
christlichen und kommt zum Resultat, daß bei ihnen die Heiligkeitsvorstellung
zwar auch vorhanden, aber verschüttet sei. Allein in der
alttest. Rel. dominiert sie und erhebt sich zu ihrer reinsten Gestalt.
Darum ist sie die ungebrochene Offenbarung, das bindende Wort Gottes.
Es kommt als 2. Die Einheit des Wortes Gottes in den
beiden Testamenten zur Behandlung. Im A. T. steht die Vollkommenheitsheiligkeit
, in der Welt der prophetischen Religion, ebenbürtig
der des N. T. zur Seite. Der Glaubensgedanke der zuvorkommenden
Sündenvergebung ist im stellvertretenden Opfer des Gottesknechtes vorhanden
. Die Idee des Neuen Bundes erklärt die Unerfüllbarkeit des
Moralgesetzes aus menschlicher Kraft. Die Gerechtigkeit Gottes wird zu
seiner sündenvergebenden Gnade. Es gibt keine Erkenntnis grundsätzlicher
Art im N. T., für die sich nicht im A. T. das Gegenstück aufzeigen
ließe. Der 3. Vortrag erörtert Die Einheit des Wortes
Gottes im Alten Testament. „Es bleibt der Zwiespalt zwischen
der unzweifelhaften Schichtung im A. T. und seiner Kanonizität". Die
„schriftgemäße" Auslegungsmethode, als Krönung der historisch-kritischen
Exegese, soll über den Schichten zur Einheit führen, indem sie die
Einzclstclle in das Licht des Schriftganzen rückt. Die Richtschnur für
diese typologische Erklärungsweise bietet einerseits die Vollkommenheitsheiligkeit
des A. T. selber, andererseits die Schau vom N. T. her.

Es ist ein Anzeichen für die ernste Selbstbesinnung
der alttest. Theologie in der Gegenwart, daß die Erörterung
der vorliegenden Fragestellung mehrfach als nötig
erwiesen wurde. Hempel z. B. schreibt in „Altes Testament
u. Geschichte", 1930, S. 82 f.: „So liegt die Schwierigkeit
einer theologischen Erfassung des A. T. nicht in
der zeitgeschichtlichen Bedingtheit in allen ihren Ausprägungen
, sondern darin, daß sich uns nicht das Ganze
des A. T. als lebendiges Gotteswort bezeugt." Er spricht
auch von der Aufgabe der theologischen Neufundierung
des Kanons. Zur Frage äußert sich ferner W. Caspari
in: „Das alttestamentliche Wort", Neue Kirchl. Zeit-
schr. 1931, S. 752 ff. Zu nennen ist hier auch H.
Schmidt: „Das Wort Gottes im A.T.", Deutsche Theologie
III, 1931. Fühlung mit der Kirche und Bewußtsein
von der Verantwortung ihr gegenüber ist in früheren
Jahrzehnten vielfach, und nicht nur innerhalb der alttest.
Disziplin, von der historischen Theologie vernachlässigt
worden. Der Kampfcharakter der Gegenwart gestattet
die Haltung des non liquet nicht mehr.

So ist es dem Verf. zu danken, daß er die Frage
nach der Verpflichtungskraft und dem Werte des A.T.
für den christlichen Glauben so mutig angefaßt und so
entschieden bejaht hat. Er hat damit wieder einen gewichtigen
Beitrag zur Klärung des Ringens um das
A.T. gegeben. Daß die Kanonsfrage wieder aufgerollt
wurde, ist nur zu begrüßen. Ob ihre Lösung Sache des
Historikers ist, darüber kann man freilich auch anderer
Meinung sein. Jedenfalls geht der vom Verf. eingeschlagene
Weg der Religionsvergleichung zur Erhebung der
Höhenlage und Bedeutung des A.T. nicht über die
Schranken dessen, was des Alttestamentlers Arbeitsgebiet
ist.

Daher möchte man dem Schi iftchen rechte Verbreitung
wünschen und es auch Laienkreisen anempfehlen. Dem
engeren Theologenkreis mag es zugleich interesseerweckender
Hinweis auf das Studium des eingangs genannten
wertvollen Buches des Verf.s werden.

Es sei dem Rezensenten gestattet, einige Anmerkungen
zu machen, durch die er den Wert des anregenden
Schriftchens keineswegs schmälern, sondern mit seinem
Verf. in Diskussion treten möchte. Leider bringt
es der Rahmen der Abhandlung mit sich, daß nicht allerorts
genau Belege gegeben werden können, sodaß manche
Ausführungen der Schrift unbewiesen anmuten.
Zu 1.) Den Heiligkeitsbereichen der außerchrist-
! liehen Religionen scheinen doch die Ausführungen auf
I S. 17 nicht ganz gerecht zu werden. Man muß die Er-
j lebnisarten des Heiligen innerhalb der Religionstypen
' beachten. Gerade primitive Religionen lassen kaum
, irgend ein profanum bestehen. Allerdings hat der Verf.
insofern Recht, als es darauf ankommt, wieweit die
theistisch-ethische Heiligung das Leben überzieht.

Zu 2.) Man hatte sich bisher schon an die Behauptung
gewöhnt, daß kaum eine wichtige Aussage, zumal
ethischer Art, im N.T. vorhanden sei, die man nicht in
Parallelen der spätjüdischen Literatur belegen könne.
Vielleicht ist es nun doch zu stark gesagt, daß im A.T.
'■ schon Gegenstücke für alle wichtigen Glaubenserkenntnisse
des N.T. vorliegen. Jedenfalls wird hier ebenso wie
hinsichtlich des Spätjudentums die Frage wach werden
; und zu beantworten sein, was denn nun das Neue und
Besondere der christlichen Botschaft sei.

Zu 3.) Hier wird eigentlich nur eine Methode anempfohlen
. Gerade zu ihrer Prüfung hätte man gerne
i einige Proben gesehen. Das angeführte Beispiel der
! Beschneidung ist in seiner Behandlungsweise doch nicht
; so geeignet, die typologische Betrachtungsweise als Hilfe
[ einleuchtend zu machen. Sie geht notgedrungen auch
i lediglich von dem Buche aus; Schichtungen sind doch
Niederschläge wirklichen frommen Lebens. Kann nicht
i gerade die trömmigkeitsgeschichtliche Betrachtungsweise,
l indem sie die Niederungen religiösen Lebens in Men-
I schenseele und Volk im Blickfeld der Höhepunkte schaut
j und schauen lehrt, auch dem Laien eine wirklichkeits-
j nähere Hilfe geben als der vorgeschlagene Weg, ich
: meine also die Führung vom Buch zum Leben? Kann
und wird nicht die typologische Exegese zu Künstlich-
j keiten und Überhöhungen führen? Müßten, ihre Richtig-
; keit vorausgesetzt, nicht auch außerbiblische Quellen ihr
offen stehen? So scheint mir gerade diese Partie der
Ausführungen angrifflich. Eine Scheidung innerhalb der
j alttestamentlichen Literatur unter Herausstellung der wesentlichen
Höhepunkte hat mehr für sich. Muß denn
i alles im A.T. für den Christen von Bedeutung sein
I bzw. bedeutungsvoll gemacht werden?

Ober-Breidenbach i. Hessen._ Adolf Wendel.

' Heinemann, Prof. Dr. Isaak: Philons griechische und jadische

j Bildung. Kulturvergleichende Unters, zu Philons Darst. d. jüd. Gesetze.
| Breslau: M.& H.Marcus 1932. (598 S.) gr. 8°. RM 34—; geb. 37 .

Die Philoforschung steht vor einer Fülle sehr ver-
■ wickelter Probleme. Eine der Hauptfragen ist die, wie-
! weit er Jude, und wieweit er Hellenist ist. Bisher hat
die wissenschaftliche Arbeit an Philo nur immer fest-
! gestellt, daß er sowohl aus der jüdischen wie aus der
hellenistischen Welt zu verstehen ist; dabei weichen die
Urteile stark voneinander ab: während die einen For-
i scher vorwiegend die jüdischen Elemente betonen, ist
: nach andern (z. B. Wendland, Hirzel, Fuchs) fast ohne
• Einschränkung die hellenistische Vorstellungswelt als
entscheidender Faktor anzusehen. H. stellt nun ganz
scharf das Problem nach der Synthese beider Kulturen
in Philo. Daß diese Fragestellung auf besondere Schwierigkeiten
stößt, liegt daran, daß beide Kulturkreise bei
aller Verschiedenartigkeit doch auch mancherlei Berührungen
gerade in ihren Seitenlinien haben. H. hat in
voller Erkenntnis dieser Sachlage daher zunächst die
Stoffgebiete untersucht, wo Hellenismus und Judentum
'. am ehesten in der Verschiedenheit ihrer Grundsätze zu
erkennen sind, auf dem Gebiet des profanen und reli-
i giösen Rechts. Er untersucht hier die Vorstellungen
über Tempel und Opfer, Eid und Gelübde, Feiertagsgesetze
, richterliches Verfahren. Im zweiten Teil seiner