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Ausgabe: | 1933 |
Spalte: | 465-470 |
Autor/Hrsg.: | Warburg, A. |
Titel/Untertitel: | Gesammelte Schriften. Bd. 1 u. 2: Die Erneuerung der heidnischen Antike 1933 |
Rezensent: | Pevsner, Nikolaus |
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Theologische Literaturzeitung
BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK
unter Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖRR! ES und Prof. D. Dr. GEORG WOBBERMIN, beide in Göttingen
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER, GÖTTINGEN
Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften. Bearbeitet von Lic. Dr. phil. REICH und Lic. H. SEESEMA1NN, beide in Göttingen.
Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50
Manuskripte nnd gelehrte Mitteilungen sind anaachlienlich an Profeaaor D. BAUER in Göttingen, DUatere Eichenweg 14, zu «enden,
Rezensionsexemplare ausschliefilich an den Verlag. Gewähr für Besprechung oder Rücksendung von unverlangt gesandten Rezensionsexemplaren
, besonders noch bei Zusendung nach Güttingen, wird nicht übernommen.
VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG, LEIPZIG C 1
5». JAHRGANG, nr. 26 23. DEZEMBER 1933
Spalte
Bastgen: Erzbischof Graf Spiegel von Köln
und der Heilige Stuhl (Lerche)......479
Budde: Die biblische Paradiesesgeschichte
(Schmidt)..................470
Deissmann: Forschungen und Funde im
Serai (Nestle)...............474
D i e h 1: Pfarrer- u. Schul meisterbuch (Schorn-
Spalte
bäum)....................478
Guignebert: Jesus (Preisker)......473
Junge: Die Tierlegenden des hl. Franz von
Assisi (Lempp)...............478
Laiblc: Neue Kraft für jeden Tag (Haun) 480
Meinertz: Einleitung in das neue Testament
(Schütz)...............472
Spalte
Neuß: Die Apokalypse des Hl. Johannes in
der altspanischen und altchristlichen Bibelillustration
(v. Campenhausen)....... 474
Sachsenspiegel (Lerche)............ 478
Theologiae Dogmaticae Manuale (Jelke) . . . 479
Warburg: Gesammelte Schriften (Pevsner) 465
Warburg, A.: Gesammelte Schriften. Hrsg. v. d. Bibliothek bürg zählen so zu den lebendigsten Zentren der heutigen
Warburg. Unter Mitarbeit v. Fritz Rougemont hrsg. v. Gertrud Kunstgeschichte. In Wien lautete das Schlagwort: Kunst-
Bing. Bd. 1 u. 2: Die Erneuerung der heidnischen Antike Kultur- geschicMe als üeistesgesctlicllte. Bei Warburg geht es
2L?£S»*m£ TggfZ cFEZmoS! (XXv, ; jP» kunstgeschichtliches Arbeiten auf kulturwisleLhaft-
725 s. u. 96 Taf). 4° = Veröff. d. Bibliothek Warburg Bd. 142. ; "che Ziele hin. Gemeinsam ist den beiden Schulen, ganz
RM 40—; geb. 45-. lm Norden und ganz im Süden von Deutschland, der
Die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg be- I )^ille> freiwillig die Kunstgeschichte einem größeren
ginnt den Nachlaß ihres 1929 verstorbenen Schöpfers j Qlnz™ einzugliedern. Er kommt dem allgemeinen Wun-
iu veröffentlichen. Als erste beide Bände der Gesamt- sehe der jungen Generation nach Dienst für eine höhere
ausgäbe liegen die zu seinen Lebzeiten erschienenen | a!s dle fachwissenschaftliche Aufgabe entgegen, - mag
Schriften vor. Warburgs Texten folgen in Anhängen ; dlesek schließlich auch recht anders aussehen, als es
seine eigenen späteren Nachträge und die der Heraus- Harburgs Ideal hatte sein können Gleichviel, die un-
geber. Der Text umfaßt etwa 475 Seiten, die Anhänge gliche Verbundenheit der außerordentlichen Wirkung
über 170, das Register 56 Seiten. Es bedeutet einen ! Harburgs; mit dem Besonderen und Einmaligen seiner
Persönlichkeit wird es zur Genüge berechtigt erscheinen
lassen, den Inhalt der beiden vorliegenden Bände
in der Weise zu besprechen, daß den Entstehungsjahren
der einzelnen Schriften gefolgt und so der Versuch
gemacht wird, die persönliche Entwicklung Warburgs
aus seinem Lebenswerk abzulesen.
außerordentlichen Genuß, die Bände durchzuarbeiten,
einen Genuß, der nicht allein auf dem stupenden Wissen
beruht, das sich da entfaltet, sondern gleichermaßen auf
der seltsamen und mitreißenden Persönlichkeit, die aus
dem Ganzen und dem Einzelnen so vernehmlich zum
Leser spricht.
Warburg war Kunsthistoriker von Ausbildung. Sein ! Was einem solchen Verfahren vornehmlich Erfolg
Geburtsjahr, 1866, stellt ihn neben Julius von Schlosser, verspricht, ist die wunderbar folgerichtige Entfaltung
Es zeigt sich da wieder einmal jene unerklärliche Auf- Warburgs von seiner ersten bis zu seiner letzten, bei
gabengemeinschaft der durch Generationsgleichheit Ver- seinem Tode noch unvollendeten Arbeit. Aus der gebundenen
. Schlosser in Wien und Warburg in Harn- | samten Breite der Kultur- oder Geistesgeschichte ist es
bürg haben ihre Ausbildung noch im Geiste des mitt- ein einziges Problem gewesen, das ihn zu allen Zeiten
leren 19. Jhdts., philologisch-historisch streng und zu- seines Lebens „kommandiert" hat, — allerdings ein Progleich
kulturhistorisch breit, empfangen. Beide haben '< blem von umfassender Größe: die Erneuerung der heid-
tn diesem Geiste Kunstgeschichte zu treiben begonnen, nischen Antike in der abendländischen Renaissance auf
Beide haben seit ihren Anfängen neben sich eine andere, [ Grund ihres Weiterlebens im Mittelalter und auf Grund
effektvollere, sehr bald einflußreichere kunstgeschicht- der neuen Aspekte in Philologie und Philosophie des
liehe Methode sich entwickeln sehen, die Wölfflins. Humanismus. In drei Stufen hat sich Warburgs Persön-
Beide aber haben diese wegen ihres einseitigen Ästheti- lichkeit an diesem Problem entfaltet, so wie der Verlauf
sierens abgelehnt. Ja, gerade gegen die erzwungene Ein- eines Stromes von der Quelle bis zur Mündung wohl in
schränkung der Kunstgeschichte auf Formprobleme, ge- die drei Abschnitte des Oberlaufes, Mittellaufes und
gen das engherzige „Grenzwächtertum", wie es Warburg Unterlaufes gegliedert wird. Zuerst beschäftigte Wareinmal
nennt (S. 227), ist beider Front gerichtet. Das bürg ausschließlich das Florentiner Quattrocento, dann
Besondere an der wissenschaftsgeschichtlichen Stellung wurde der Norden und seine Auseinandersetzung mit der
Beider ist nun aber, daß sie mit dieser Haltung nur italienischen Renaissance hinzugezogen, am Ende — das
vorübergehend und nur scheinbar „Retardisten" gewesen mächtige Strömen nahe der Mündung — umspannte
sind. Denn tatsächlich haben Beide, als ihr Alter heran- Warburgs Interesse den ganzen Umkreis der Verwandnahte
, das Glück empfinden dürfen, daß eine neue Ju- i hingen antiker Gestalten durch Mittelalter, Renaissance,
gend, in begreiflicher Reaktion auf die individualistische Reformation und Barock. Denn es waren die Gestal-
lsolierung der Kunstgeschichte als forrnalistisch-ästheti- ten, die, in ihrer Erscheinung bald gleichsam zu Formeln
sierende Einzelwissenschaft, sich zu ihnen und ihren | erstarrt, immer erneut den Gegenstand von Warburgs
Idealen bekannt hat. Der Wiener Kreis, als dessen Re- gelehrten Beweisführungen bildeten. Die Besprechung
Präsentant neben Schlosser bald der jüngere Dvofäk am der einzelnen Aufsätze und Vorträge soll nun in seine
bekanntesten wurde, und der Hamburger Kreis um War- Lebensarbeit einführen.
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&TÜB.
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