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Ausgabe:

1933

Spalte:

445

Autor/Hrsg.:

Casel, Odo (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Jahrbuch für Liturgiewissenschaft. 11. Bd 1933

Rezensent:

Schian, Martin

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1933 Nr. 24. 446

445

griffe, häufige Wiederholungen und undurchsichtige Art
der Gedankenführung.

Eidinghausen. Wilhelm S c h ü m e r.

Jahrbuch für Liturgiewissenschaft. In Verbindg. m. Prof. Dr. A.

Baumstark u. Prof. Dr. A. L. Mayer hrsg. v. D. Dr. Odo

Ca sei, O. S. B. 11. Bd. 1931. Münster i. W.: Aschendorff 1933.

(III, 453 S.) gr. 8°. = Veröff. d. Vereins z. Pflege d. Liturgiewiss.

E. V. (Sitz: Maria Laach).
Im vorliegenden Jahrgang ist der Literaturbericht
besonders reich ausgebaut; er umfaßt nahezu
300 Seiten. Neu ist, daß die monastische Liturgie (unter
dieser Bezeichnung wird nicht jede Ordensliturgie verstanden
, sondern die des eigentlichen Mönchtums und
die der gottgeweihten Jungfrauen) in einer besonderen
Abteilung, die freilich nur 3 Seiten zählt, durch M. Rothenhäusler
OSB behandelt wird. Es kommt vor, daß
eine Buchbesprechung sich zu einem Aufsatz auswächst;
K. Meisen, Nikolauskult und Nikolausbrauch im Abendlande
, ist auf fast 9 Seiten besprochen; übrigens eine
ausgezeichnet sachkundige, weiterführende Besprechung.
Der Umkreis der zur Anzeige gebrachten Schriften ist
sehr weit gezogen; alles, was irgendwie Beziehung zur
Liturgie hat, ist berücksichtigt. — Der Aufsatzteil
bringt diesmal fast nur Historisches. Burchard Thiel
legt den Entwurf zum Neubau der Liturgik vor, der vom
Mysteriencharakter der Liturgie ausgeht. H. A. Rein-
hold macht für eine Reform des Katechismus, die durch
die christozentrische Bewegung notwendig geworden sei,
Stimmung (N.B. auch dies hängt mit der Liturgie zusammen
!). Sonst ist dieser Teil mit geschichtlichen
Untersuchungen gefüllt, großenteils mit solchen sehr
speziellen Inhalts. Hans Rheinfelder handelt über
den Stil der lateinischen Orationen; er unterscheidet
Orationen im schlichtesten Gebetsstil und solche mit
relativischer Prädikation; letztere treten oft reihenweise
auf; in ihnen lebt mehr als in änderen die Eigenart der
römischen Kunstsprache weiter. Auch Odo C a s e 1 gibt
Beiträge zu römischen Orationen; er zeigt besonders die
Gegenüberstellung des äußeren, rituellen und des inneren
, übernatürlichen Elements des liturgischen Mysteriums
auf und sucht nachzuweisen, daß die römische
Liturgie die treue Hüterin und klare Deuterin der Mysterienlehre
sei. Gleichfalls Ca sei widmet dem Terminus
Jioyixfi uvffta in seiner abendländischen Umschmelzung
eine interessante Untersuchung. Aufmerksamkeit verdient
auch ein von Germain M o r i n OSB besprochenes aus
dem 10. Jahrh. stammendes Kalendarium, das aus der
Bretagne herkommt, jetzt sich nicht mehr in der Bretagne
findet (Handschrift in Bern). Sehr sorgfältig
untersucht Michel Andrieu le classement des Sacra-
mentaires. Eine Reihe kleinerer Aufsätze können hier
nicht aufgezählt werden.
Breslau. M. Schi an.

Studien der Luther-Akademie. Hrsg. von C. Stange. Gütersloh: I
C. Bertelsmann. 1932. gr. 8°.

H. 1: Die Dogmengeschichte im Lichte der Lutherforschung. Gustaf
Aulön. (40 S.) RM 1.20.

H. 2: Die Psychologie der Pseudonymität im Hinblick auf die
Literatur des Urchristentums. Von Frederik Torrn. (55 S.)

RM 1.50.

H. 3: Individuum und Gemeinschaft. Von Alfred Th. Jörgensen (34 S.)

RM 1—.

H. 4: Wie predigen wir Rechtfertigung, Versöhnung, Heiligung? Von
Ludwig Ihmels. (26 S.) RM —90.

H. 5: Die Versöhnung als Gottestat. Von Anders Nygren. (50 S.)

RM 1.50.

Die im August 1932 erfolgte Gründung der Luther-
Akademie im Schloß zu Sondershausen ist das Verdienst
der unermüdlichen Bemühungen Carl Stanges.
Als „Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft und des
geistigen Lebens im Rahmen lutherischer Ökumenizität"
ist die Luther-Akademie ins Leben getreten. Die hier anzuzeigenden
„Studien" machen einen Teil der bei der Eröffnungstagung
gehaltenen Vorlesungen weiteren Kreisen
zugänglich. -

Heft 1 hat zum Verfasser den schwedischen Theologen
Gustaf Aulen, der bisher an der Universität Lund
gelehrt, inzwischen aber das Universitäts-Katheder mit
dem Bischofsstuhl von Strängnäs vertauscht hat. Er
war in Deutschland bereits gut bekannt, besonders durch
sein in deutscher Übersetzung erschienenes Buch „Das
christliche Gottesbild in Vergangenheit und Gegenwart".
Die vorliegende Studie bringt tiefdringende Erörterungen
zur Methodik der Dogmengeschichtsschreibung. Dabei
berührt sich A. in dem Ansatz seiner Kritik der Harnack-
schen Dogmengeschichte aufs engste mit der von dem
Unterzeichneten in seinem „Wesen und Wahrheit des
Christentums" vertretenen Position. Auch Aulens weiterem
grundsätzlichen Bemühen, den Gegensatz zwischen
genuinem Christentum und „latentem Idealismus" herauszuarbeiten
, stimme ich inhaltlich weithin zu. In terminologischer
Hinsicht scheint mir allerdings sein Sprachgebrauch
in der Verwendung der Begriffe „Idealismus"
und „idealistisch" gegen Mißverständnis nicht hinreichend
geschützt zu sein. Denn er berücksichtigt nicht,
daß als Idealismus schließlich jede Weltanschauung zu
bezeichnen ist, die im Gegensatz zu positivistisch-natu-
ralistischer Denkweise auf der Anerkennung von Idealen
beruht. Mit dieser Terminologie Aulens hängt dann
aber auch seine Beurteilung Schleiermachers zusammen,
die m. E. Licht und Schatten nicht ganz gerecht verteilt.
Durchweg sind aber seine Darlegungen außerordentlich
lehrreich.

Heft 2 entstammt der Feder des durch seine Hermeneutik
wohlbekannten dänischen Theologen Frederik
Torrn. Die Frage der Pseudonymität urchristlicher Literatur
wird hier in ganz neue Beleuchtung gerückt, wobei
feinsinnige psychologische Erwägungen eine bedeutsame
Rolle spielen.

Auch der Verfasser des 3. Heftes ist ein dänischer
Theologe: Alfred Th. Jörgensen. Die Frage nach dem
Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft d. h. aber
die Grundfrage aller Ethik wird von ihm in Anknüpfung
an Gedankengänge Luthers sorgfältig und scharfsinnig
behandelt. Auch bei ihm kommen psychologische Gesichtspunkte
stark zur Geltung, so besonders in dem
Vergleich zwischen westeuropäischer und slawisch-östlicher
Mentalität.

Im 4- Heft spricht Ludwig Ihmels — inzwischen
leider heimgegangen — nochmals zu uns. Seine Behandlung
des wichtigen Themas, in schlichter edler Sprache
und klarer, zielsicherer Gedankenführung gegeben, verbindet
in glücklichster, für die Sache förderlichster Weise
dogmatische Schulung und seelsorgerliche Erfahrung miteinander
.

Heft 5. Anders Nygren — wie sein bisheriger Kollege
Aulen (vgl. Heft 1) der deutschen Theologie kein
Unbekannter — faßt sein Thema als Grundproblem aller
religionswissenschaftlich-theologischen Arbeit. Denn die
Frage der Versöhnung erscheint als die religiöse Grundfrage
, wenn Sinn und Ziel der Religion sachgemäß in
der Gottesgemeinschaft gesehen wird. Ebendeshalb wird
dann die Themafrage zur Zentralfrage speziell der christlichen
Theologie, die von hier aus als theologia crucis
im Sinne Luthers zu gestalten ist. Der Bestimmung des
Verhältnisses des christlichen Versöhnungsglaubens zu
den sonstigen Versöhnungsgedanken dient die Doppel-
these, jener verhalte sich zu diesen einerseits wie ihre
Vollendung, andererseits wie ihre radikale Aufhebung.
Es scheint mir nicht zweifelhaft zu sein, daß nur und
gerade diese doppelseitige Stellungnahme ein volles Verständnis
des in Betracht kommenden Sachverhalts ermöglicht
, ohne ihn in der einen oder der anderen Richtung
zu verkürzen. Nicht ebenso glücklich und einwandfrei
wie diese sachliche Entscheidung scheint mir aber auch
hier wieder (vgl. oben zu Heft 1) die terminologische
Ausgestaltung zu sein. Nygren gibt sie durch das Begriffspaar
: theozentrisch-egozentrisch. Nun läßt sich dies
Begriffspaar gewiß in der durch diesen Gegensatz gekennzeichneten
Bedeutung verwenden. Aber ein Mangel