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Ausgabe:

1933 Nr. 1

Spalte:

18-19

Autor/Hrsg.:

Ilgenstein, W. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

D. Traugott Hahn, weiland Professor an der Universität Dorpat 1933

Rezensent:

Usener, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1933 Nr. 1.

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Ganganellipapstes selbst. Die diplomatische Seite wird
mit großer Ausführlichkeit dargestellt. Die grundsätzliche
Gesamtwürdigung des Breves hätte man eingehender
gewünscht. Friedrichs des Großen ablehnende Haltung
wird einigermaßen befriedigend beurteilt. Auch der
Kampf des Papstes gegen den Febronianismus wird berührt
. Jedoch zeigt sich auch hier eine gewisse Neigung
zu nicht ganz berechtigter Kürze. Auf rein kirchlichem
Gebiete zieht das Schicksal der Missionen besondere
Aufmerksamkeit auf sich, während das Innerkirchliche
auch diesmal nicht ganz auf seine Rechnung kommt.
Alles in allem darf man aber auch diesen Band als eine
schätzbare Bereicherung unsers Wissens rühmen.

Hamburg._J. Hashagen.

Janentzky, Prof. Dr. Christian : Johann Caspar Lavater. Frauenfeld
: Huber & Co. 1928. (129 S.) kl. 8°. = Die Schweiz im deutschen
Geistesleben, 53. Bändchen. KM 2.40.

Eingehender hat sich zuletzt Paul Wernle mit Lavater
befaßt im III. Bande seines Werkes „Der schweizerische
Protestantismus im 18. Jahrhundert" (1925, S.
221 ff.). Neben seine in erster Linie historisch orientierte
Darstellung tritt hier eine das Philosophische in
den Mittelpunkt rückende. Sie läßt das eigentlich Biographische
ganz beiseite, vollzieht in den ersten Abschnitten
eine kurze und klare philosophie- und theologiegeschichtliche
Einordnung, um dann Lavaters eigene
Gedankenwelt auf Grund seiner Hauptschriften (Aussichten
in die Ewigkeit, Physiognomische Fragmente,
Pontius Pilatus) zu "entwickeln. Bei den eigentümlichen,
zwischen naiver Gläubigkeit und magischem Idealismus
hin- und herschwankenden Anschauungen dieser „frühidealistischen
Sondergcstalt" ist es zweifellos anregend,
sein Bild von verschiedenen Standpunkten aus sich zu
vergegenwärtigen.

Breslau._H. Lother.

Archiv für elsässische Kirchengeschichte. Im Auftr. d. Gesellsch.
f. elsäss. Kirchengesch. hrsg. v. Joseph Brauner. 7. Jahrg. 1932.
Freiburg i. Br.: Herder & Co. in Komm. 1932. (XVI, 400 S. m. 7
Abb.) Lex. 8°. RM 10-.

Die Untersuchungen zur Geschichte des Pfarrei-
Instituts im Elsaß, die Luzian Pfleger im 4. Bd. begonnen
und im 5. weitergeführt hatte, werden im vorliegenden
Band mit einem Kapitel über den Pfarrklerus beendigt
. In diesem Kapitel wird das zu großen Mißbräuchen
Anlaß gebende Institut der nicht residierenden
Pfarrer, über das in den allgemeinen Kirchengeschichts-
darstellungen meist nur wenig zu finden ist, mit besonderer
Ausführlichkeit behandelt. Dem Abschnitt über die
materielle Lage der Pfarrgeistlichen ist auf S. 66 ergänzend
hinzuzufügen, daß in denjenigen elsässischen
Ortschaften, in denen das Simultaneum eingeführt und
neben dem protestantischen Pfarrer ein eure royal eingesetzt
wurde, das Pfarrgut unter die beiden Pfarrer
gleichmäßig geteilt werden mußte. Diese nunmehr abgeschlossene
wichtige und streng wissenschaftliche Arbeit
L. Pflegers verdient es, als ein besonderer Band
weitere Verbreitung zu finden. — Derselbe Verf. bringt
ferner einen interessanten Aufsatz über das Geilerbildnis
von Hans Wächtelin, über dasjenige von Hans Burgk-
mair, das bis in die neuere Zeit fast unbekannt geblieben
ist, und über dasjenige von Lukas Cranach, dem
Älteren, das erst 1926 als solches erkannt wurde. Diese
3 erwähnten Bilder sind auf 2 Tafeln und einer Textabbildung
dargeboten. — Unbekannte Bildnisse der
Straßburger Bischöfe Friedrich von Blankenheim und
Johann von Manderscheid bringt Heinrich Neu. — In
einem 3. Aufsatz beschreibt L. Pfleger frühmittelalterliche
Stationsgottesdienste in Straßburg. — In einer sehr
eingehenden Untersuchung weist Laurent Freyther nach,
daß der bischöflich-baslerische Liber Marcarum von 1441
eine zum Zweck der Steuerveranlagung aufgestellte Einschätzungsgrundlage
des Pfründe-Einkommens ist. —
Auf Grund ausführlichen und erst in neuerer Zeit erschlossenen
ausländischen Urkundenmaterials stellt Medard
Barth erstmalig die Rolle des Dominikanerinnenklosters
St. Marx zu Straßburg von 1225 bis 1242 dar.
I — Einzelheiten über elsässische Dominikaner und Dominikanerinnen
aus dem Jahre 1750 veröffentlicht Angelus
Maria Walz auf Grund von bisher unverwerteten
Akten aus dem Zentralarchiv des Dominikanerordens.
I — Über die elsässische Kapuzinerprovinz während der
j französischen Revolution berichtet P. Archangelus von
Altdorf und bietet damit eine Ergänzung zu der 1923
über denselben Gegenstand veröffentlichten Schrift des
! Pariser Kapuziners P. Ärmel d'Etel. — Kurze Bio-
: graphien sind 4 dargeboten und zwar diejenige des
I Erasmus Schaltdorffer von Florenz Landmann und die-
I jenigen des Gregorius Rippell, des Konvertiten Michael
Wohlrab und des Weihbischofs Grafen Aidlingen von
Medard Barth. — Beiträge zur religiösen Volkskunde
sind der Aufsatz von Alfred Pfleger über den Gregorien-
tag im Elsaß, und besonders die sehr gediegene Arbeit
von Joseph Lefitz über „Die alten Heilsegen und Be-
I schwörungsformeln", zu der freilich die im Straßburger
Thomas-Archiv aufbewahrten Berichte der protestanti-
1 sehen Kirchenvisitationen noch viel wichtiges Material
hätten liefern können. — Eine kurze Abhandlung L.
Pflegers über die Verehrung der hl. Adelheid im Elsaß
bildet die Einleitung dieses Bandes. Abgeschlossen wird
derselbe durch einige kleinere Beiträge, in deren erstem
die Rede ist von der kürzlich durch Prof. H. G. Voigt
in Halle unternommenen neuen Interpretation der Urkunde
des Abtes Beatus von Hönau vom Jahre 810,
I und in deren letztem eine „christliche Ordnung" der
Klosterpfarreien der elsässischen Ci terzienserabtei Lützel
vom Jahre 1660 dargeboten wird.

Auch dieser 7. Jahrgang zeugt von reger wissenschaftlicher
Arbeit auf dem Gebiet der elsässischen
katholischen Kirchengeschichte.

Dorlisheim (Elsaß), loh. Adam.

[Hahn ] D Traugott Hahn, weiland Professor an d. Universität
Dorpat. Ein Lebensbild aus der Leidensze'rt der baltischen Kirche
v. Anny Hahn, hrsg. v. W Ilgenstein. Heilbronn: E. Salzer
1930. (240 S.) 8°. RM 3- ; geb. 4.80.

Es mag manchmal Bedenken begegnen, von verwandtschaftlicher
Hand ein Lebensbild gezeichnet zu sehen; zu leicht ist da die Gefahr
naheliegend, alles im hellsten Licht zu schauen und die Kritik zurückzustellen
, so etwas wie ein modernes Heiligenbild zu malen. Bei
diesem „Lebensbild aus der Leidenszeit der ballischen Kirche", aus dem
viel Licht leuchtet, das wir der mit des Gatten Fühlen, Denken,
Kämpfen und Glauben auf's engste verbundenen Gattin verdanken, ist
das nicht der Fall, hier hat man den ganz unmittelbaren Eindruck
völliger Wahrheit und Wahrhaftigkeit, mit der von dem Leben und
Sterben dieses Märtyrerpfarrers und -professors berichtet wird. Der ursprüngliche
Plan, Hahns Leben und Wirken von vier Personen, dem
Vater, der Gattin und zwei Schülern, die ihm Freunde wurden, schreiben
zu lassen, ist zunächst zurück gestellt; der Hauptteil, in dem die Gattin
von gemeinsamem Erleben berichtet, ist /ir rst erschienen unabhängig
von den andern Teilen, 1930 erfreulicherweise schon als 16. bis 20.
Tausend.

Kurz erfahren wir von Hahns Kindheit und Jugend; der Vater,
dessen Einfluß auf den Sohn groß ist, Pfarrer auf dem Lande in Livland,
dann in Reval. Schon in der Jugendzeit kommt es nach Hahns Selbstzeugnis
zu einer bewußten Abwendung von der Sünde und dem Ergreifen
der Gnade. Nach dem Studium in Dorpat und der Fortsetzung
der Studien in Göttingen geht es in das geistliche Amt in Reval an der
Seite des Vaters, dann wird er zum Pfarrer der Universitätskirche in
| ftorpat berufen. Verlobung, Ehe- und Familienleben werden in feiner
j Weise geschildert; die Gattin auch im amtlichen Leben wirklich die
Gehilfin des Mannes. In Dorpat gelingt dem jungen Pastor die Lizen-
tiatenprüfung, mit einer in Göttingen begonnenen Arbeit „Tycnius-
i Studien, ein Beitrag zur Geschichte des ■,. Jahrhunderts", Iso muß es
I heißen, nicht des 3 Jahrhunderts wie versehentlich in dem Buch steht)
trotz grimmiger Gegnerschaft des Kirchenhisionkers. eines Tschechen und
J fanatischen Deutschenhassers, der nachher auch die Berufung in die
I Professur für praktische Theologie wohl für einige Jahre verzögern, aber
nicht verhindern kann. Die Gattin berichtet aus dem ersten Miterleben,
z. T. auf Grund von Berichten anderer und Niederschriften ihres Mannes
| mit mancherlei guten Gedanken über Predigt und Amt, von der Tätig-
, keit des Universitätspredigers und Pfarrers, ebenso von der gesegneten
Arbeit des Professors.

Und nun der Krieg und seine Folgen, z. T. auf Grund von gleich-
1 zeitigen Aufzeichnungen, namentlich während der schauerlichen Tage der
I Bolschewikenherrschaft Wir sehen hinein in das furchtbare Los der
Balten, die in diesem Kampf gegen Mutterland und Stammesbrüder stehen,