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1933 Nr. 17

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299

Titel/Untertitel:

Gandhi, der Heilige und Staatsmann in eigenen Aussprüchen. Ausgewählt u. eingeleitet v. B. P. L. Bedi u. Freda M. Houlston 1933

Rezensent:

Merkel, Franz Rudolf

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299

Theologische Literaturzeitung 1933 Nr. 17.

300

Gandhi, der Heilige und Staatsmann in eigenen Aussprüchen.

Ausgewählt u. eingeleitet v. B. P. L. Bedi u. Freda M. Houlston.

Mit einem Geleitwort v. Prof. D. Dr. Rudolf Otto. Übersetzung nach

d. engl. Manuskript von Ada Ditzen. München: E. Reinhardt 1933.

(80 S.) gr. 8°. RM 1.80.

Gegenüber vielen populären Darstellungen der dem
Abendländer so fremdartig anmutenden Persönlichkeit
des Mahatma Gandhi hat diese Schrift den Vorzug, uns
eine höchst instruktive ,Auslese aus Reden und Aufsätzen
Gandhis' zu bieten, die vor allem seine Religiösen
Lehren' (Ahimsä oder Nicht-Schädigung; Brahma-
carya oder Keuschheit; die Bhagavad^Glta) sowie seine
Religiösen Grundsätze in ihrer Anwendung auf soziale,
wirtschaftliche und politische Probleme' (Gesetz des
Svadeshi oder der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der
indischen Nation; Satyägraha oder auf der Wahrheit
geistiger Kraft bestehen; Svaräj oder Selbstläuterung;
„Verpflichtung zur Gehorsamsverweigerung für den, der
nicht gemeinsame Sache mit dem Übel machen will")
zum Gegenstand haben. Eine Anzahl berühmter Aussprüche
Gandhis sowie die Schilderung ,eines Besuchs
in Mahatma Gandhis ,Ashrama' in Sabarmati' von dem
Mitarbeiter Prof. D. R. Ottos, dem schwedischen Pfarrer
Birger Forell, beschließt die Schrift, der Rudolf Otto
selbst ein religionsgeschichtlich orientiertes Geleitwort
beigegeben hat. „Gandhi will die Freiheit und Unabhängigkeit
seines Landes und Volkes. Aber dabei will
er ein Indien, und auf indische Weise. Er lehnt
nicht nur .England' ab, sondern ebenso lehnt er .Europa'
ab. In der westlichen Mechanisierung, Maschinisierung,
Technisierung des Lebens, in der Modernisierung', die
die alte Geisteshaltung seines Volkes und seine Seele
selber, wie er glaubt, bedroht, sieht er die vielleicht hoch
schlimmere Gefahr als in der Beugung unter fremde
politische Gewalt und in der wirtschaftlichen Ausbeutung
" (13). R. Otto bemerkt noch (S. 14 f.), daß Gandhis
hingebender Kampf für die Parias nicht nur dem
indischen Erbe (Buddhas Milde) entstamme, sondern
auch durch „das Vorbild des Islams, durch christliche
Mission und christliches Liebeswerk, ja auch durch westliche
soziale Ideen" beeinflußt wurde.
München._R. F. Merkel.

Kalt, Prof. Dr. Edmund: Biblisches Reallexikon. 3. u. 4. Liefg. (Schluß).
Paderborn: F. Schöningh 1932 (Sp. 545 — 1050). Lex. 8°. RM 11—.

Das Werk wahrt in seiner zweiten Hälfte den Charakter
, der schon näher beschrieben wurde Thl. Ltztg.
1932 S. 241. Die Einzelartikel sind knapp gehalten
bis auf die reichliche Wiedergabe von Schriftworten,
auch aus den Apokryphen; als Ersatz oder Vervollständigung
kurzer Angaben dienen Literaturnachweise, die
freilich nicht jeden Artikel begleiten; so fehlen dem
Artikel „Lachen" Titel von Arbeiten über die Heiterkeit
Christi, aber auch schön ein Hinweis auf den Namen
Isaq. — Sp. 108 erwähnt den „protestantischen Exe-
geten Sellin" z. d. St. (= Mi. 5); aber wo soll der Anfänger
die Äußerung finden, um sie zu kontrollieren? —
Den Nachteil der Kürze beobachtet man an Bemerkungen
wie Sp. 111 zu „Markus": Wahrscheinlich identisch mit
jenem Jüngling, Mk. 14, 51 F. Der Leser erfährt nicht,
daß die Gleichsetzung aus einer Deutung der angeführten
Worte stammt, welche von einer (umstrittenen) Gesamtanschauung
vom Vf. und von der Entstehung des
2. Ev. getragen ist. — In dem Artikel „Zahn" fehlt
das Gesetz Ex. 21,27 und die talio V. 24; beide hätten
dazu gedient, zu zeigen, was der Zahn dem antiken
Halbkultur- und Naturkinde wert war, im Gegensatze
zu uns. Ein ernsteres Bedenken wendet sich gegen die
nicht ganz seltenen Proben einer Auslegung, die nicht
mit einem evangelischen Schriftbegriffe vereinbar wäre,
aber z. B. Sp. 108 schon durch konfessionell neutrale
Instanzen widerraten würde: Jer. 31,22 Ende soll heißen
„ein Weib wird einen Mann umschließen". 1. ruht der
Satz auf einseitiger schwacher Bezeugung. 2. ist zu bestreiten
, daß ein Embryo oder ein Tragkind1 geber
hieße oder daß sbb Pi einen physiologischen Zustand

bezeichne. Sagt der überlieferte Satz aber erst nichts
über eine Mutterschaft aus, wieso wäre sein Inhalt
„neu" — wie man nach der ihm im Originale gegebenen
Einleitung erwarten müßte, — und mit welchem Rechte
kommt die Stelle neben Mi. 5? Dieser Nachweis beansprucht
nicht wenig Raum, welcher zweckmäßiger für
eine Vergegenwärtigung der in der Deutung bestehenden
Unsicherheit verwendet worden wäre. Wenn der Artikel
Leben 2. das höhere 3. das ewige und 4. noch das
übernatürliche umfaßt, so liegt eine Trennung beider
Testamente zu Grunde, nach welcher kein durchschlagendes
Bedürfnis besteht; solche Einteilung bringt dem
Ganzen Beeinträchtigung. — Derartige Einwürfe, deren
Zahl nicht vermehrt werden soll, berühren einen nicht
individuellen sondern schulmäßigen und herkömmlichen
Mangel, und es sei auch ferne, zu glauben, er beschränke
sich auf eine kirchliche Gestaltung des Christentums
und deren Bibelwissenschaft. Das Buch, das an ihm
teil nimmt, hat auf die große Zahl der Begriffe, einschließlich
der biblisch-theologischen, Wert gelegt, und
stammt von einem Vf., der in einem nicht gewöhnlichen
Maße in zwei Bibelwissenschaften zuhause ist.
Kiel. Wilhelm Caspari.

Klamroth, Lic. Erich: Lade und Tempel. Gütersloh: C. Bertelsmann
1932. (VIII, 143 S.) 8°. RM 5.40.

Die vorliegende Arbeit sucht erstens „den Beweis
dafür zu erbringen, daß die Lade in keinem Tempel
Heimatrecht besaß und auch in den Salomonischen nur
als Fremdkörper eindrang" (S. 2). Die Beweisführung
geht von 1. Kö. 8, 8 aus, wonach „Bau und Einrichtung"
des Debir „nicht den Eindruck machen" „wirklich von
Anfang an zur Aufnahme der Lade" bestimmt gewesen
zu sein. Eine ausführliche Exegese der fraglichen Stelle
zu geben, ist aus Platzmangel unmöglich. Aber überzeugend
ist die Folgerung des Verf.'s nicht: Wenn die
Knäufe der Tragstangen der Lade in die Eingangstür
oder sogar aus ihr heraus ragten, dann hatte der sah
Tempel „ursprünglich eine andere Bestimmung... als
die, der Lade zur Behausung zu dienen" (S. 5). Den Beweis
, daß der sah Tempel „ursprünglich mit der Lade
gar nicht gerechnet hatte" (S. 10), hat Verf. nicht erbracht
, und konnte er auch nicht erbringen. Damit erledigt
sich von selbst die weitere Folgerung: „Ist die
Lade als ein Fremdkörper in den Salom. Tempel eingedrungen
, so wird sie auch in den sonstigen Heiligtümern
nicht heimisch gewesen sein" (S. 13). Nun denke
man sich einmal Silo ohne Lade! Und war nicht die
Veranlassung zum salom. Tempelbau, daß „die Gotteslade
nur in einem Zelt wohnte"? Schließlich 2. Kö.
22,8: die bei der Bundeslade verwahrte Schrift wurde
zugleich mit dieser unter Manasse, von dem dies, da er
das Jahwehaus gleichsam andern Göttern weihte, erwartet
werden kann, bei Seite gestellt und erschien jetzt
nach einem halben Jahrhundert, als sie von dem die
Räumlichkeiten des Tempels wegen der beabsichtigten
Ausbesserung durchsuchenden Hohenpriesters bei der
beseitigten, aber noch im Tempelbau befindlichen Lade,
aufgefunden wurde, als etwas Neues. Treffende Bemerkungen
jedoch finden sich über die ganze kleine, fleißige
Schrift verstreut über die Herkunft der Lade. Schade,
daß der Verf. nicht davon ausgegangen ist! Die Lade
ist nicht erst in Kanaan entstanden, sondern bei der Einwanderung
bereits mitgebracht worden (S. 17). „David
hat die Lade nicht erst nach Israel importiert, sondern
bereits vorgefunden" (S. 31). Sie kann nur „auf das
religiöse und nationale Werk des Mose zurückgehen"
(S. 31). „Heutzutage ist man bestrebt, das Werk des
Mose von aller kultischen Belastung zu befreien und ihn
auch von der Lade möglichst zu entfernen. Ein solcher
modernisierter Mose paßt schlechterdings nicht in die
alte Zeit" (S. 34). „Die Mosegestalt der modernen
Forschung krankt an einer blassen Geistigkeit, der man
sonst im alten Orient nicht begegnet; sie kann erst dann
gesunden und lebenswahrer werden, wenn man ihr wie-